sgprogramm AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Sgprogramm
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- Subject: Re: [Sgprogramm] [Sg-presse] Ganz kurzer Nachtrag
- Date: Mon, 12 Mar 2012 18:07:05 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/sgprogramm>
- List-id: Sgprogramm <sgprogramm.lists.piratenpartei.de>
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René Heinig schrieb:
Stimme mit dir grundsätzlich überein,....und der ESM mindestens eine kurzfristig greifbare Lösung dafür ist.
Dann sind wir uns darin einig. Ein ESM ist eine kurzfristig machbare Lösung welche Zeit erbringt. Zeit welche man allerdings nutzen und dies auch diese Nutzung vorhaben muss. [ich würde m.E. einem ESM welchem nicht mehr folgt eigentlich auch eher ungern zustimmen, das möchte ich erklärend einfügen.]
Es ist im übrigen auch nicht sinnvoll wie in der Gegeninitiative in LQFB zum Antrag der AG Europa einheitliche Steuersätze oder Maßnahmen gegen sog. "Lohndumping" den wir begehen würden zu fordern.
Wieso "sog."? Natürlich haben wir extremes Lohndumping in Deutschland, wir sind eines der wenigsten Länder Europas ohne Mindestlohn und damit auch eine Sozialbremse für andere Länder die ihren gern anheben wollen. Den Mindestlohn haben wir sogar in Offenbach ins Wahlprogramm aufgenommen, genauso wie die Begrenzung der Leiharbeit, das sind massive Probleme, die in ihrerer letzten Konsequenz unsere Exporte verbilligen und dafür sorgen dass andere Länder ihre eigenen Produkte nicht mehr losbekommen und ihre Wirtschaft zunehmend destabilisiert.
Lohndumping ist ein sagen wir sehr interpretationsbedürftiger Begriff. Das andere Länder ihre Mindestlöhne noch höher haben möchten würde implizieren das wir deren Low-Cost-Jobs gewissermaßen "klauen" würden.
Das und auch die Leiharbeit hat auf dieser(!) Ebene nur wenig mit der Außenhandels-Problematik zu tun.
Das ist nicht so einfach zu erklären. Sagen wir es einmal so: wir exportieren keine Frisuren und keine Pflegekraft-Leistungen. Das sind keine Export-Produkte welche mit spanischen Orangen oder Griechischen Oliven konkurrieren.
Ich mache ein Beispiel:
Deutscher D produziert eine Maschine für 30 Euro Stundenlohn und lässt sich frisieren für 8 Euro.
Grieche Georgios schüttelt Oliven von den Bäumen für 7 Euro die Stunde.
Nun wirken diverse Heckscher-Ohlin/Samuelson-Kräfte etc. und etwas HartzIV wegen mir und in Deutschland spreizen sich die Löhne (messbar). D produziert nun eine bessere Maschine für 33 Euro, der Friseur erhält 6 Euro/h. Die Produktivität steigt.
Der Grieche Georgios verkauft noch für 7 Euro seine (gleiche Anzahl) Oliven, benötigt eine Deutsche Maschine sowie sagen wir ein neues Handy aus Germany. Die kostet nun mehr. Deutschland hat einen Exportüberschuss und D leiht Georgios das geld für Die Maschine.
Folge: Flassbeck und Lagarde reden über Lohnstückkosten, andere Linke über Mindest-Löhne.
Aber: Alle diese reden (ganz offensichtlich) an der Problematik VORBEI.
"Deutsche Exportvormacht erzürnt EU-Partner ....
Ach, Lagarde und Flassbeck. Muss mir einmal alte Blogbeiträge heraussuchen. Die hängen an alten Problemen und alten "Linken" Modellen. Selbige gehen jedoch an der Globalisierung vorbei. S.o..
Auch dafür kann man sich den Samuelson-Effekt ziehen.
Der Samuelson-Effekt bedeute doch nur, dass Lohnsteigerungen sich auf die gesamte Produktion auswirken und nicht nur auf die Produktion handelbarer Güter und es somit auch zu Inflation kommt. Das bedeutet jedoch in keinster Weise, dass Lohnsteigerungen von Grund auf schlecht wären, wäre ja auch etwas weit hergeholt, denn irgendjemand muss ja schließlich auch das mehr an Geld in der Tasche haben, um das was durch das Wirtschaftswachstum mehr entsteht auch kaufen zu können bzw. führt sogar ein mehr an Geld auch zu einer höheren effektiven Nachfrage und zu mehr Wirtschaftswachstum.
Ich kombiniere einmal Samuelson-Effekt mit Heckscher-Ohlin/meinen Ausführungen im Beispiel oben:
//Wikipedia Samuelson//
Er geht daher davon aus, dass stark wachsende Schwellenländer vor allem im Tradeables-Sektor starke Produktivitätszuwächse verzeichnen. Dies führt (bei angenommener Grenzproduktivitätsentlohnung) zu höheren Lohnwachstumsraten.
Im Sektor handelbarer Güter dürften die Preise folglich kaum steigen, da die Lohnsteigerungen ja durch das Produktivitätswachstum ausgeglichen werden. Die höheren Löhne werden aber auch im Sektor nicht-handelbarer Güter gezahlt, da sonst alle Arbeitnehmer dieses Sektors in den handelbaren Sektor wechseln würden.
//
Wie man anhand des Beispiels oben gesehen hat ist
eingetreten in Deutschland:
- höhere Lohnzuwachsraten bei tradeables
- keine(!) höheren Lohnzuwachsraten bei nicht-handelbaren Gütern
Grund:
1. ein Friseur kann nicht in den Maschinenbausektor wechseln (daher wurde Samuelson in den 60ern auch von Sraffa etwas abgeügelt)
2. die freigesetzten "Olivenbauern" (Billiglöhner; Textilindustrie etc.) drücken auf den Arbeitsmarkt
eingetreten in Griechenland:
- der Olivenbauer kann (entgegen Samuelson) nicht unbedingt starke Produktivitätszuwächse verzeichnen
Das geht m.E. nur bei vergleichbaren Gütern. Bei der Kapitalkontroverse (mit Sraffa) hat da die Neoklassik (hier: Samuelson) voll ausgebootet.
Nur das mit den für eine Angleichung nötigen und folgenden Lohnsteigerungen in Schwellenländern kann Samuelson m.E. teilw. recht behalten. Verstärkt durch die Mindestlöhne DORT.
Vulgo:
-- man hat sich dort teilweise selbst Schachmatt gesetzt.
-- den Rest hat H.-O. besorgt und eine nicht erfolgte Anpassung der Gesetzgebung bei uns. Wir müssten (de facto) nicht pauschal höhere Löhne haben sondern insgesamt mehr aus dem Ausland beziehen. WIE man das macht ohne gleichzeitig den unteren Lohnsektor noch weiter auszudünnen darüber sinniere ich bekanntlich schon länger. Das ist der Grund für die empfohlene Lohnsummenausgleichssteuer. Diese erhöht den Nettolohn des o.a. Friseurs über eine Erhöhung des Maschinenbauer-Lohnes und leichte Senkung des Gewinnes des Maschinenbauers.
Man kann so und u.U. auch anders machen und da sind wir dann in Begründung und Ausführung bei den Arbeiten der Uni Essex und dem MIT:
http://logicorum.wordpress.com/2011/05/15/steigende-lohnunterschiede-sind-durch-outsourcing-und-staatlicher-forderung-bedingt/
http://logicorum.wordpress.com/2011/05/21/essensmarken-und-hartziv-sind-handelspolitik-arbeitsplatzeffekte-des-handels-mit-china/
Das ist also nicht so einfach zu erklären. Mindestlöhne für Deutsche Friseure und Pfleger bringt m.E. eher nichts oder ist womöglich kontraproduktiv. Denn die Maschinenbauer können sich die Pflegekraft weiterhin leisten... nur die "Masse" derjenigen welche das tun können schmilz evtl. WEITER dahin weil nicht alle Maschinenbauer sein können. (Gleichgewicht bei Unterbschäftigung)
>> Dinge wie ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht sind neutral
Auch dafür haben wir keine programmatische Grundlage, obwohl ich mit dir da inhaltlich einer Meinung bin.
Dafür gibt es keine Grundlage, ist aber m.E. so trivial wie eine Forderung nach einem möglichst ausgeglichenen Haushalt. Sie sollte sich von selbst verstehen.
Grüße
Otmar
- [Sgprogramm] Ganz kurzer Nachtrag, aloa5, 12.03.2012
- Re: [Sgprogramm] [Sg-presse] Ganz kurzer Nachtrag, René Heinig, 12.03.2012
- Re: [Sgprogramm] [Sg-presse] Ganz kurzer Nachtrag, aloa5, 12.03.2012
- Re: [Sgprogramm] [Sg-presse] Ganz kurzer Nachtrag, René Heinig, 12.03.2012
- [Sgprogramm] Und zurück über Euro zum ESM, aloa5, 13.03.2012
- Re: [Sgprogramm] [Sg-presse] Und zurück über Euro zum ESM, Anita Möllering, 13.03.2012
- [Sgprogramm] Und zurück über Euro zum ESM, aloa5, 13.03.2012
- Re: [Sgprogramm] [Sg-presse] Ganz kurzer Nachtrag, René Heinig, 12.03.2012
- Re: [Sgprogramm] [Sg-presse] Ganz kurzer Nachtrag, aloa5, 12.03.2012
- Re: [Sgprogramm] [Sg-presse] Ganz kurzer Nachtrag, aloa5, 12.03.2012
- Re: [Sgprogramm] [Sg-presse] Ganz kurzer Nachtrag, René Heinig, 12.03.2012
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