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schiedsgericht-koordination - Re: [Schiedsgericht-Koordination] Einstweiliger Rechtsschutz

schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de

Betreff: Schiedsgericht-Koordination

Listenarchiv

Re: [Schiedsgericht-Koordination] Einstweiliger Rechtsschutz


Chronologisch Thread 
  • From: Florian 'branleb' Zumkeller-Quast <branleb@googlemail.com>
  • To: schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Schiedsgericht-Koordination] Einstweiliger Rechtsschutz
  • Date: Wed, 22 Oct 2014 15:02:04 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/schiedsgericht-koordination>
  • List-id: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination.lists.piratenpartei.de>

Hallo,
Am 22.10.2014 um 14:15 schrieb Simon Gauseweg:
> Hallo zusammen!
>
> Vorab: Ist etwas dringend. Kurze Antworten vorab und längerer Vortrag
> später (in Abgrenzung zu "alles später") sind durchaus gern gesehen. ;-)
>

Ich mache einfach beides jetzt ;-)

> Also zur Frage:
> Ist zur Erhebung einer Klage im einstweiligen Rechtsschutz eine
> Klageerhebung in der Hauptsache zwingend notwendig? Oder kann ein
> Begehren auf einstweilige Anordnung auch ohne ein bestehendes
> Hauptsacheverfahren bzw. ohne gleichzeitige Klageerhebung zulässig
> geltend gemacht werden?
>

Kurz: Ich bin aus systematischen und teleologischen Erwägungen der
Ansicht, die Verfahrensarten sind getrennt einzeln statthaft.

Längere Antwort:

Vorab: Historische Auslegung (Wortlautänderung ggü. Vorversion sowie
deren Antragsbegründung, und ja, die historische Auslegung wird vom BGH
als nicht anwendbar für Vereine und damit wohl auch Parteien angesehen)
ergäbe ganz klar die Eigenständigkeit, siehe auch
http://wiki.piratenpartei.de/Antrag:Bundesparteitag_2013.2/Antragsportal/S%C3%84A002.

> Der Wortlaut der SGO lässt sich so auslegen, dass zwingend eine
> Hauptsache notwendig ist: § 11 Abs. 1 SGO spricht vom "in der Hauptsache
> zuständigen Gericht" (was den allg. Regeln für Zuständigkeit entspricht
> bzw. bloß auf sie verweist, Regelungsgehalt könnte allenfalls der
> explizite Verweis auf "die Hauptsache" haben) und vom
> "Verfahrensgegenstand" (nicht etwa vom "Streitgegenstand" wie VwGO und
> ZPO).
>

Auch wenn der Wortlaut hier eher in Richtung Verbindung der
Einstweiligen mit einer Hauptsache deutet, finde ich in der Systematik
des § 11 SGO einige Punkte, die dem entgegen sprechen:

1) Die eigene, unabhängige Beschwerde und Berufungsfähigkeit nach § 11
Abs. 5 S. 2, Abs. 6 SGO.

Durch den Instanzenzug wären plötzlich Hauptsacheverfahren und
einstweiliger Rechtsschutz trotz Abhängigkeit bei unterschiedlichen
Gerichten. Wenn eine einstweilige Anordnung vom BSG für zulässig erklärt
wird, müsste darauf auch eine Eröffnung vorm LSG gemäß § 8 Abs. 6 S. 5
SGO analog erfolgen, da sonst eine wiedersprüchliche Rechtslage vorliegt.

(Schwach, aber für mich schonmal eine Tendenz)

2) Die Analoge Anwendung der Hauptverfahrensdokumentationspflicht nach §
11 Abs. 7 SGO.

Wieso sollte eine eigene Dokumentation nötig sein, wenn der
Satzungsgeber den einstweiligen Rechtsschutz als Teil des
(Hauptsache-)Verfahrens erachten würde? Die wäre doch schon aus der
Hauptsache heraus geboten.

3) Die andere Handhabung des Verfahrenslaufs nach § 11 Abs. 3 SGO.

Wenn Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz nur im anhängigen
Hauptsacheverfahren möglich sind, aber ggf. es dem Zweck des Antrag
wiederspricht, diesen den vor Bescheidung der Gegenseite zu übermitteln
und dort aber ggf für die Hauptsache relevanter Vortrag enthalten ist,
wird das extrem komplex. Wesentlicher einfacher wäre daher, hierin eine
Bestätigung für die getrennte Handhabung zu sehen.

4) Gleichbehandlung grundsätzlicher einstweiliger Verfahren und
Instant-PAV-Schutz, § 11 Abs.1 S.2 SGO.

Gegen die Suspendierung der Mitgliedsrechte kann unabhängig vorgegangen
werden von einem Hauptsacheverfahren, bzw. § 11 Abs.1 S.2 SGO stellt das
Verfahren gegen diese PAV-Begleitgmaßnahme klar als eigenständige
Kategorie auf. Warum aber sollten andere einstweilige Verfahren anders
behandelt werden?


Weiter: Die Abhängigkeit von einer Hauptsache würde eigentlich eine
Eröffnung dieser voraussetzen da ansonsten über ein Teil des Verfahrens
ohne Eröffnung beschieden würde. Diese kann aber das Verfahren verzögern
und somit evtl. dem Sinn eines einstweiligen Rechtsschutzes zuwiderlaufen.


Hinweis: Das BSG hat unterschiedliche Aktenzeichen für Verfahren im
einstweiligen Rechtsschutz und Hauptsacheverfahren. Die Rechtsansicht
des BSG zur Frage dürfte allein dadurch schon klar sein.

Auch z.B. BSG 33-14-E A.pdf ( http://piraten-bsg.de/#424585601 ) legt
dar, (ohne Begründung, weil Frage im Verfahren nicht aufgeworfen) , dass
das BSg eigenständige unabhängige Verfahren im einstweiligen
Rechtsschutz als statthaft erachtet.

Auch schon BSG 11/14-E S ( http://piraten-bsg.de/#553873875 ) deutete
auf diese Ansicht hin (wiederrum ohne diesbezügliche Begründung aus dem
selben Grund), da lediglich die rechtskräftige Erledigung der Hauptsache
dem einstweiligen REchtsschutz entgegensteht, nicht aber ein eigenes
Hauptsacheverfahren als Vorraussetzung gestellt wurde (die
logischerweise vor deren Erledigung zu prüfen gewesen wäre)

Das LSG Hessen übrigens hat jüngst explizit festgestellt, dass Verfahren
im einstweiligen Rechtsschutz unabhängig oder auch parallel zum
Hauptsacheverfahren genutzt werden können (LSG-HE 2014-04-23 II, S. 4,
http://wiki.piratenpartei.de/Datei:LSG-HE-2014-04-23-II_anonym.pdf ),
hat allerdings auch eine strenge Verknüpfung an die Zulässigkeit der
Hauptsacheanträge (zumindest bei parallelem Ersuchen) gezogen (LSG-HE
2014-04-23 S.4,
http://wiki.piratenpartei.de/Datei:LSG-HE-2014-04-23_anonym.pdf ).
Allerdings hat das LSG Hessen seine Auslegung hier diesbezüglich auch
nicht für weiter begründenswert gehalten.

> Allerdings hat auch die Systematik von ZPO/VwGO etwas für sich, die ein
> Hauptsacheverfahren nur dann notwendig macht, wenn die Beklagte darauf
> hinwirkt bzw. das Gericht dies anordnet (§ 926 ZPO).
>

Dafür haben wir das Mittel des Widerspruchs, § 11 Abs. 4 SGO. Eine
Hauptsacheklageerzwingung haben wir nicht explizit, ob die analog
anzuwenden ist, bezweifle ich daher eher.


> Eine teleologische Auslegung des § 11 SGO könnte also auch zu dem
> Ergebnis kommen, dass Anträge auf einstweilige Anordnung neben einer
> Klage in der Hauptsache ein vollständig eigenes Verfahren sein können
> (das dann ggf. zur Hauptsache führt). § 11 Abs. 2 SGO wäre dann eine
> echte Statthaftigkeitsregel und nicht nur ein Kriterium für die
> letztendliche Entscheidung.
>

Aus oben genannten Gründen schließe ich mich dieser Auslegung an.
Der Vollständigkeit halber sollten auf dem nächsten BPT der Wortlaut
dahingehen klargestellt werden.

-Florian

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