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Betreff: Schiedsgericht-Koordination
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- From: Florian 'branleb' Zumkeller-Quast <branleb@googlemail.com>
- To: schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [Schiedsgericht-Koordination] Der kBuVo und Parteiausschlussverfahren
- Date: Wed, 16 Jul 2014 03:39:47 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/schiedsgericht-koordination>
- List-id: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination.lists.piratenpartei.de>
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Am 16.07.2014 02:41, schrieb Flauschpolizei:
> Hallo!
>
> Ich habe da mal eine mehr oder weniger knifflige Frage, bei der ich mich
> momentan auch nicht so richtig für eine Antwort entscheiden kann, und
> zwar:
>
> Kann der kBuVo Parteiausschlüsse beantragen?
>
> […]
> Aber, wie gesagt, ich kann mich nicht so recht entscheiden. Wie seht ihr
> denn das?
>
Meine Überlegungen dazu:
Ich halte eine streng wörtliche Auslegung für äußerst problematisch. §§
133, 157 BGB stellen ein VERBOT der rein wörtlichen Auslegung dar. Diese
gelten, zumindest im Bereich der zivilrechtlichen Erfüllung der Satzung
(Verhältnis Mitglied <> Partei) unbestritten, solange es keine
verfassungsrechtlichen Bedenken gibt. Und derartige Bedenken aus Art. 21
GG kann ich mir hier soweit nicht erschließen.
Nun kann man neben der rein wörtlichen Auslegung noch anführen, die
Entscheidung über ein Parteiausschlussverfahren sei, da es sich um die
ultima ratio der Auseinandersetzung mit einem Mitglied handele, nicht
für gedeckt von der nur übergangsweisen Geschäftsführung der
kommissarischen Vertretung.
Das vermag aber zumindest mich nicht zu überzeugen. Das
Bundesschiedsgericht hat in seiner ständigen Rechtssprechung seit BSG
12/14-H S mehrfach die korrekte und vollwertige Außen- und
Innenvertretung der kommissarischen Vertretung festgestellt und sie als
Vorstand im Sinne der §§ 11 PartG, 26 BGB gesehen. So etwa in BSG
21/14-H S (http://piraten-bsg.de/#1253577705) – »Die kommissarische
Vertretung gemäß § 9a Abs. 10 Satz 3 der Bundessatzung vertritt in
vollem Umfang die Piratenpartei.«. Daraus würde mMn folgen, dass die
kommissarische Vertretung auch gerade das Recht
Parteiausschlussverfahren einzuleiten hat.
Auch würde ich dem noch entgegenhalten, dass gerade angesichts der
temporal beschränkenden Klausel eine zeitige Einreichung eines
Parteiauschlussverfahrens geboten ist. Da eine kommissarsiche Vertretung
mehrere Wochen im Amt sein kann, dieses abwarten aber den Schaden ggf.
weiter vergrößert, kann dies der Partei nicht zumutbar sein. Warum aber
sollte man das Recht, die ultima ratio einzusetzen, nun willkürlich auf
den Fall drohenden akuten Schadens begrenzen, wenn die Satzung nichts
derartiges auch nur andeutet?
Die im Gegensatz zu Ordnungsmaßnahmen weiche Fristenklausel hat mMn auch
nicht den Effekt, dass das PAV damit zeitlich rausschiebbar ist, da eine
so eintretende Hemmung den Sinn und Zweck der Frist, auch wenn sie nur
weich ist, unterlaufen würde. Eine nicht stattfindende Hemmung ohne die
Möglichkeit zum Antrag auf ein PAV würde aber dem Sinn und Zweck der
Geschäftsfortführung durch die kommissarische Vertretung zuwiderlaufen.
Auch übernimmt die kommissarische Vertretung durch Geschäftsübernahme
evtl. bereits laufende Parteiausschlussverfahren (sowie sämtliche
anderen laufenden Verfahren) und das trotz Fortexistenz des (allerdings
handlungsunfähigen) Organs Bundesvorstand (die verbleibenden Mitglieder
sind ja nicht zurückgetreten und haben immer noch Bestellfunktion für
eine kommissarische Vertretung inne). Diese werden aus Gründen des
effektiven Rechtsschutzes nicht auf Eis gelegt. Aber ein Verfahren
entscheidet sich nicht (nur) mit Eröffnung oder gar der Anrufung,
sondern während des Verfahrens. Warum also sollte die kommissarische
Vertretung derartige Verfahren selbständig führen, aber nicht einleiten
können? Das erscheint mir widersprüchlich. (Genauso übernimmt der
(neugewählte) BuVo nach § 9a Abs. 10 S. 4 Bundessatzung die Verfahren
der kommissarischen Vertretung. Dies ist sogesehen eine Art
Organkontinuität.)
Zuletzt würde ich sogar noch weiter gehen und sagen, dass die
kommissarische Vertretung im Rahmen ihrer Geschäftsführungsbefugnis
sogar dazu verpflichtet ist, derartige Ermessensentscheidungen zu
treffen, da sie nur so evtl. drohenden weiteren Schaden abwenden und
ihrer Befugnis somit gerecht werden kann.
Zusammenfassend heißt das für mich: Sinn und Zweck der Satzungsnormen
räumen der kommissarischen Vertretung das Recht dazu ein während die
dagegen sprechenden Argumente angesichts der Rechtssprechung zur
kommissarischen Vertretung sowie der §§ 133, 157 nur sehr schwer
vertretbar sind.
Soweit zumindest mal meine spontane paar Cents…
Ich hoffe, meine Gedanken helfen bei der Entscheidungsfindung.
- Florian
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- [Schiedsgericht-Koordination] Der kBuVo und Parteiausschlussverfahren, Flauschpolizei, 16.07.2014
- Re: [Schiedsgericht-Koordination] Der kBuVo und Parteiausschlussverfahren, Florian 'branleb' Zumkeller-Quast, 16.07.2014
- Re: [Schiedsgericht-Koordination] Der kBuVo und Parteiausschlussverfahren, Emanuel, 16.07.2014
- Re: [Schiedsgericht-Koordination] Der kBuVo und Parteiausschlussverfahren, Joachim Bokor, 16.07.2014
- Re: [Schiedsgericht-Koordination] Der kBuVo und Parteiausschlussverfahren, Simon Gauseweg, 16.07.2014
- Re: [Schiedsgericht-Koordination] Der kBuVo und Parteiausschlussverfahren, Christian Reidel, 17.07.2014
- Re: [Schiedsgericht-Koordination] Der kBuVo und Parteiausschlussverfahren, Joachim Bokor, 16.07.2014
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