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ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Schulterschlussantrag - Preisgünstige Verfügbarkeit von Energie

ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-umwelt mailing list

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Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Schulterschlussantrag - Preisgünstige Verfügbarkeit von Energie


Chronologisch Thread 
  • From: Johannes Nix <johannes.nix AT gmx.net>
  • To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
  • Cc: 'Mailingliste der AG Energiepolitk' <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>, mmarichter AT aol.com, ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Schulterschlussantrag - Preisgünstige Verfügbarkeit von Energie
  • Date: Wed, 17 Oct 2012 23:35:28 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Hallo,

Am Wed, 17 Oct 2012 22:11:50 +0200
schrieb "Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>:

> „Wir befürworten eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft und
> Maßnahmen, welche die Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren Energien
> mit nicht nachhaltigen Energieträgern unterstützen, um auf diese
> Weise dauerhaft eine preisgünstige Verfügbarkeit von Energie
> sicherzustellen.“

finde ich so wesentlich klarer. Wenn wir nur "preisgünstige Energie"
fordern, wird erstens nicht klar, ob wir generative/regenerative/
erneuerbare Energieträger meinen (oder vielleicht doch Atomstrom?).
Wenn das so stehen bleibt, dürfen wir uns nicht wundern, wenn
uns unterstellt wird, wir wollten das EEG schleifen bzw.
wort- und tatlos zusehen wie die Regierung das tut. Jeder der
die letzten 2 Wochen mal eine Zeitung aufgemacht hat, sollte
mitbekommen haben, dass das EEG unter massivem Beschuss steht.


Zweitens wird die alter Formulierung der Tatsache nicht gerecht,
dass bei den meisten "erneuerbaren" die Investition und die Kosten nun
mal am Anfang stehen. Deswegen sind sie im Anschub teurer als
die Verfeurung von fossiler Energie. Auf der anderen Seite
führen Erneuerbare Energien im Betrieb zu sehr niedrigen
Grenzkosten - das haben sie paradoxerweise mit der Atomenergie
gemeinsam. (Was sie nicht mit der Atomenergie gemeinsam haben,
ist dass die ganz dicke Rechnung für die Endlagerung zum Schluss kommt).

Drittens wird aus dem weiterem Verlauf unseres Antrags ja auch
klar, dass Energie nicht bloss aus der Steckdose kommt
und die re/generative Stromerzeugung der einfachere Teil ist.


Viertens sollte irgendwie noch möglichst deutlich werden,
dass wir nichts davon halten, dass die Energiewende zu einem
weit überproportionalen Anteil von Geringverdienern getragen wird.
Da haben wir ja auch einen Antrag zur Stromsteuerermäßigung.
Ich würde *DRINGEND* empfehlen, das zu konkretisieren
- ¿¿ wie wollen wir sonst in der wichtigen Wahlkampfphase
pointierte Pressemitteilungen herausgeben, verdammt ??

[Moritz]
> Dass Recycling weniger Energieintensiv als Berbau ist, hat René ja
> bereits dargelegt, der zweite halbsatz muss also weg.

Definitiv. Hab ja schon neulich geschrieben, wie ich das sehe:

......................
" Dieser - vielleicht lesenswerte - Bericht der Bundesregierung
nennt hingegen für die Industrie nur Kostenanteile zwischen
1 % und 10 %:

http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/B/bericht-der-bundesregierung-zur-oel-und-gasmarktstrategie,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf

Man sieht auf Seite 25 auch deutlich, dass Metallerzeugung,
Papierproduktion und Bergbau die höchsten Energiekostenanteile
haben - das heißt ganz klar, bei niedrigen Energiekosten wird
es billiger, Stoffe bergmännisch oder durch Neuproduktion
zu gewinnen, als Altmaterial zu recyclen.

"
.......................


Und noch mal eine Klarstellung, warum ich leicht
penetrant "Energieträger" schreibe statt "Energie": Der Mensch kann
keine Energie herstellen - der Energieerhaltungssatz gehört zu
den Grundfesten der modernen Physik. Alles was wir tun können, ist die
Träger von Energie in Umwandlungsverfahren zu nutzen, sei es
Kohlenwasserstoffe, Photonen, Wind oder Wellen. "Energieträger"
mag zwar etwas hölzern klingen aber ist physikalisch korrekter.

Und bezüglich "unerschöpfliche erneuerbare Energieträger"
- wäre mein unqualifizierter Versuch, das Schlachtfeld
regenerativ/generativ mit einem inhaltlich äquivalentem,
deutschsprachigen Ausdruck zu befrieden. Wenn ich
es richtig verstanden habe, ging es bei der "generativ"
Wortprägung doch um den Aspekt der Nachhaltigkeit
im Sinne einer dauerhaften Nutzbarkeit.


Viele Grüße,

Johannes


.............................................................

Start weitergeleitete Nachricht:

Datum: Wed, 3 Oct 2012 10:18:37 +0200
Von: Johannes Nix <johannes.nix AT gmx.net>
An: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Cc: bernd.schreiner AT piraten-thueringen.de, Mailingliste der AG
Energiepolitk <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>,
ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de, mmarichter AT aol.com Betreff:
Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] LQFB: Antrag Schulterschluss - Warum
endliche Energieressourcen relevant sind


Hallo Bernd,

Am Tue, 2 Oct 2012 15:26:47 +0200
schrieb Bernd <bernd.schreiner AT piraten-thueringen.de>:

>
> Am 28.09.2012 um 22:45 schrieb Johannes Nix:
>
> > Ressourcenschonung ist die Zielsetzung
>
> Nein, ist sie nicht.
>
> Nur die Schonung/Vermeidung der verbrauchenden Nutzung endlicher
> Ressourcen oder die nachhaltige Nutzung regenerativer Ressourcen
> sind Zielsetzungen.

Das verkürzt meine Argumentation. Ich beziehe mich natürlich
auf endliche Ressourcen. In dem Abschnitt waren vor allem
Rohstoffe gemeint, die z.B. durch Bergbau gewonnen werden.
Billige Energie macht die Ausbeutung dieser Rohstoffe
gegenüber einer kapital- und arbeitsintensiveren
Wiedergewinnung attraktiver, weil der Energieverbrauch
bei der Erstgewinnung höher ist. Da hat Moritz
völlig recht.

Ressourcen, die nicht endlich sind, braucht man
natürlich nicht zu schonen. Wenn ein erhöhter Verbrauch
unerschöpflicher Ressourcen aber bedeutet, dass man auch
von den endlichen Ressourcen mehr verbraucht,
hat man logischerweise keine positive Gesamtbilanz.

Dazu kommt, dass auch die Nutzung erneuerbarer Energieträger
endliche Ressourcen kostet. Windanlagen zum Beispiel
brauchen massenweise Zement, Stahl und (bei heutiger Technik)
Neodym für die Magnete in den Generatoren.

Am Tue, 2 Oct 2012 15:35:08 +0200
schrieb Bernd <bernd.schreiner AT piraten-thueringen.de>:

> Energie ist etwas positives.
>

Das kommt darauf an, wie man sie einsetzt. Energienutzung ist
- genauso wie Mobilität - kein goldenes Kalb, das man
anbeten müßte, sondern immer Mittel zum Zweck.
Dass bei einer Atombombenexplosion Energie umgesetzt
wird, macht daraus keine Gute Sache (TM).

>
> Das Nutzen von Energie ebenso.

Vielleicht habe ich versäumt, zu betonen, dass es mir
um die INTELLIGENTE Energienutzung geht. Es geht
darum, intelligent die jeweiligen Zwecke zu erreichen.
Wenn ich eine Dose aufmache mit einem 50ger Jahre
Dosenöffner und dabei zehnmal soviel mechanische
Arbeit aufwenden muss wie mit einem modernen,
macht das nichts positives daraus.

Wenn ich 5000 Kilometer zu einem Meeting über
Softwareentwicklung jetten muss, nur weil meine
schriftsprachlichen Fähigkeiten nicht ausreichen, ein
Designproblem per EMail klar darzulegen, sehe
ich da ebenfalls nichts Positives.



> Dabei sparen ist nicht generell sinnvoll.

Doch. Und zwar weil bisher der ganz überwiegende
Teil der Energienutzung auf fossilen, sich bald
erschöpfenden Ressourcen beruht und wir noch lange
nicht so weit sind, diese völlig durch nicht
erschöpfbare Energieträger zu ersetzen.

Konkret decken wir in Deutschland rund 30 % des
Primärenergiebedarfs aus Erdöl und weitere 30 %
aus anderen fossilen Quellen.

Wenn ich also z.B. Strom aus nicht erschöpfbaren Ressourcen
verschwende, muss ich mehr fossile Energieträger aufwenden, um
den Bedarf zu decken.

Die Situation ist bezüglich der fossilen Reserven so ähnlich,
als wenn jemand 100000 Euro geerbt hat und mit einem Nebenjob
noch 500 Euro monatlich verdient - aber 5000
Euro monatlich ausgibt. Das ist ganz klar nicht
tragfähig. Die Piraten sind, soweit ich das
verstehe, in der Finanzpolitik gegen ein derartiges
Wirtschaften. Warum sollte man das bei der
Energienutzung gut finden??

Diese Grafik hier zeigt noch einmal die zeitliche
Entwicklung von Ölfunden und Ölförderung:

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Olfunde.png&filetimestamp=20080613175600

(Der Kontext hierzu:
http://de.wikipedia.org/wiki/Peak_Oil#.C3.96lreserven
)

Diese Grafik zeigt, wie viel Öl neu gefunden werden _müsste_,
um den zukünftigen Bedarf zu decken:

http://www.heise.de/tp/artikel/33/33646/1.html

Dunkelblau sind darin die gegenwärtig produzierenden
Felder. Man sieht, dass diese rasch zurück gehen,
Schätzungen der internationalen Energieagentur sagen
etwa 5.8 % jährlich.

Hellblau sind Felder, die man noch gar nicht gefunden
hat. Man müßte also die Funde *exponentiell ausweiten*,
um den Bedarf zu decken. Vergleicht man das
aber mit der tatsächlichen Entwicklung der
Neufunde, die seit Jahrzehnten stetig zurück gegangen sind,
ist das komplett unrealistisch.

Es besteht also in Zukunft ganz klar eine
Versorgungslücke. Und das nicht erst in 30 Jahren,
sondern, wie man an der Grafik auch sehen kann,
wenn nicht genug "unentdecktes Öl" gefunden wird,
vielleicht schon in fünf Jahren.

Diese Versorgungslücke wird sich nicht nur im
Bereich der direkten Ölverwendungen auswirken,
sondern bei allen Energieträgern, die mit Öl
substituierbar sind. Und das schließt Strom mit ein.
Wie wollte man es einer alten Oma verbieten, ihre Wohnung
mit dem elektrischen Heizlüfter zu heizen statt mit
einer unbezahlbaren Ölheizung?

Es gibt einen amerikanischen Physiker, Tom Murphy,
der hat sich daran gemacht, die Alternativen
zu fossilen Energieträgern durchzurechnen.
Er war anfangs recht optimistisch, aber das Ergebnis
war für ihn nicht nur ernüchternd, sondern wirklich stark
beunruhigend. Hier ist eine Zusammenfassung seiner
Untersuchung:

http://physics.ucsd.edu/do-the-math/2012/02/the-alternative-energy-matrix/

und in Bezug auf die Ölversorgung:

http://physics.ucsd.edu/do-the-math/2011/11/peak-oil-perspective/

- sehr lesenswert!


Und die Folgen dieses energetischen Defizits werden
anders sein als bei einer Überschuldung, wo halt Leute rote
Zahlen schreiben und die Stirn runzeln. Die
Natur gibt keinen Kredit auf Energie, es kann
daher nur die Frage sein wofür sie denn
eingesetzt wird. Wird Energie für wichtige
Verwendungen knapp, so wird es zu einer regelrechten
Versteigerung kommen, was man technisch so ausdrückt,
dass die Preiselastizität beim Öl gering ist.
Kleine Schwankungen des Angebots führen zu
großen Schwankungen beim Preis.

>
> Es muss "nur" auf vernünftigen Grundlagen erfolgen... daran arbeiten
> wir.
>

Rational wäre, es sich erst einmal einzugestehen,
dass ein weiteres exponentielles Wachstum so
gar nicht möglich ist. Alles andere heißt lediglich,
sich um Realitäten herum zu drücken. Sich da
in Antragstexten rein auf die Stromerzeugung zu
konzentrieren ist aus meiner Sicht Schönbeterei.

Insbesondere die deutsche Volkswirtschaft ist
von der Autoindustrie abhängig, und das heißt
auch: Uns steht ein rasanter Strukturwandel bevor, gegen
den die Aufgabe der Kohleproduktion im Ruhrgebiet
(Peak Coal war in Deutschland um 1950) ein
Kindergeburtstag war.

Die Abhängigkeit unserer Zivilisation vom
Erdöl ist schon häufig als eine Art Sucht
beschrieben worden, und eines hat sie auf jeden Fall
mit Süchten gemeinsam: Es bestehen offensichtlich
massive psychologische Barrieren, das Problem
überhaupt wahrzunehmen, statt dessen wird rationalisiert,
was das Zeug hält.

>
> Einfache "Sparideologie ohne Differenzierung" betreiben schon die
> Grünen. Das brauchen wir nicht wiederholen.
>
>

So wie ich das oben beschrieben habe, bewegen
wir uns mit dem Vehikel "industrielle Zivilisation"
flott auf eine harte Wand endlicher Ressourcen zu.

Ich verlange noch gar nicht mal, dass diese Gesellschaft
darauf verzichtet, den Schlitten vor die Wand zu fahren.
"No risk, no fun". Ich würde mich nur dafür aussprechen,
den Fuss soweit vom Gas zu nehmen, dass noch eine Chance besteht da
einigermassen heil raus zu kommen.

Grüsse,

Johannes






Am Wed, 17 Oct 2012 22:11:50 +0200
schrieb "Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>:

> Hallo zusammen,
>
>
>
> noch ein Vorschlag:
>
>
>
> „Wir befürworten eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft und
> Maßnahmen, welche die Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren Energien
> mit nicht nachhaltigen Energieträgern unterstützen, um auf diese
> Weise dauerhaft eine preisgünstige Verfügbarkeit von Energie
> sicherzustellen.“
>
>
>
> Von: Jan Bühler [mailto:jan.buehler AT piraten-ufr.de]
> Gesendet: Mittwoch, 17. Oktober 2012 17:07
> An: Mailingliste der AG Energiepolitk
> Cc: Moritz Richter; ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de; AG
> Umwelt Betreff: Re: [Energiepolitik] Schulterschlussantrag -
> Preisgünstige Verfügbarkeit von Energie
>
>
>
> Ahoi,
>
> „Dazu zählt eine preisgünstige Verfügbarkeit von Energie, denn damit
> ist die Ressourcenschonung durch Kreislaufwirtschaft möglich.“
>
> Dass Recycling weniger Energieintensiv als Berbau ist, hat René ja
> bereits dargelegt, der zweite halbsatz muss also weg. Das Ziel der
> preisgünstigen Verfügbarkein von Energie wiederspricht
> Effizienzzielen sowie der Idee der (aufkommensneutralen)
> Energiesteuern. Diese fand im Liquid leider nur eine 58%-ige Mehrheit
> (bei sehr geringer Beteiligung), ich bin sehr dagegen uns diesen Weg
> zu verbauen.
>
> Liebe Grüße,
> Jan
>
>
>





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