Re: [Ag-umwelt] Größte Stromverbraucher werden von Netzentgelten ganz befreit

[Nils Faerber <nils.faerber AT dpin.de>]

Am 24.10.2011 12:28, schrieb Pirat Jens:
> Grüße,
Ahoi!

> Am 24.10.2011 12:05, schrieb Nils Faerber:
>> aber eine platte Ausnahme für alle über einem
>> gewissen Energiebudget ist eine Ohrfeige für alle, die Energie sparen.
> 
> Das eine hat aber nichts mit dem anderen zu tun, wie soll da also
> Gerechtigkeit rein gebracht werden?

Ganz einfach: Indem man nicht pauschal eine Ausnahme macht und alle
zunächst gleich behandelt.

> Ohne jetzt einen auf Lobbyvertreter zu machen, aber die Gewinnmargen für
> Hochenergiedurchsetzer (Verbraucher macht keinen Sinn) sind äußerst
> gering und selbst wenn es Möglichkeiten gäbe, in so einem Betrieb 1%
> Energiedurchsatz einzusparen würde das niemand bezahlen können.
> 
> Innerhalb einer Branche kann man hingegen schon auf "Gerechtigkeit
> achten" und die Bedingungen einigermaßen gleich halten, was schwer genug
> ist, wenn in Drittländern der Konkurenz massivst Subventionen in den
> Popo geblasen werden, was den Wettbewerb ordentlich verzerrt.

Was aber auch kein Argument dafür ist, es unbedingt denen gleich tun zu
müssen, oder?

> Summa summarum kann man genauso wenig pauschal Energie "sparen" wie
> pauschal für alle die gleichen Tarife verlangen.

Das sagt ja auch keiner.
Wie gesagt hätte ich persönlich bspw. keine großen Probleme damit, wenn
man fallbezogen Ausnahmen macht.
Das bedeutet aber dann, daß diejenigen, die gerne eine Ausnahme in
Anspruch nehmen möchten, dies auch hinreichend begründen müssen und dann
kann fallbezogen entschieden werden, ob die Ausnahmegemacht werden soll
und wenn ja in welcher Höhe.

So wie es jetzt ist, wenn ich das richtig verstanden habe, ist es ein
Freibrief für alle oberhalb einer gewissen Grenze. Das kann für mein
Empfinden nicht sein.

> Kein ganz einfaches Thema, aber da fehlt uns glaube ich noch das
> Detailwissen um akkurate Aussagen darüber treffen zu können, wo die
> Industriegeschenke anfangen und wo die Lebenserhaltung aufhört.

Na, Lebenshaltung ist das gewiss nicht, jedenfalls bezogen auf die
Freibriefe.
Ich denke halt auch, daß man nicht zu rücksichtsvoll sein darf, wenn es
um solcherlei Prinzipien geht. Ein Freibrief geht viel zu weit! Ein
Verringerung der Belastung, daß mag vielleicht noch angehen. Wenn sich
irgendwann herausstellt, daß bestimmte Produktionsverfahren nicht mehr
rentabel darstellbar sind, dann schlägt der Markt-Darwin zu - dann wird
diese Branche eben sterben, vielleicht sogar sterben müssen. Wir haben
dieses ganze Theater in den letzten 50 Jahren mit der Kohleförderung
doch schon durchexerziert. Da wurde lange von, wie man heute sagen
würde, "Systemrelevanz" gesprochen, die ganzen Arbeitsplätze, die daran
hingen etc. Welche Situation haben wir heute? Trotz dieser ganzen
Argumente werden die massiven Subventionen runtergefahren und damit die
ganze Branche sukzessive ebenso. Das ist natürlich bitter für alle
Arbeitsplätze und Leute die da dranhängen, aber ein notwendiges Übel -
denn alles andere bedeutet ein totes Pferd partout reiten zu wollen, was
sich aber nur noch bewegt, weil es massiv angeschoben wird.

Wenn die Subventionierung zum Lebenserhalt einer Branche Maxime wird,
finden sich schnell noch dutzende weitere "arme und Not leidende"
Branchen, die unbedingt unterstützt werden müssen. Ich habe ein kleines
IT Unternehmen, 50% unserer Betriebskosten sind Strom und unsere
Lohnkosten sind zehn mal so hoch wie die in Indien - ich will sofort
Billig-Strom und Lohnkostenhilfen! Aber so läuft das nicht. Ich muß dann
eben mit meinem Unternehmen zusehen, wie ich trotz der höheren Kosten
einen Mehrwert darstellen kann, der meine Firma für Kunden dennoch
attraktiv macht. Das bedeutet vielleicht, bestehende Kunden zu
verlieren, kann aber dann zu neuen Kunden führen.

Deswegen lieber jetzt klar machen, daß dies keine generelle und
dauerhafte Lösung ist und das diese Branche sich ggf. mal um
Alternativen bemühen muß - oder eben die steigenden Kosten auf die
Produkte umlegen.
Was im Übrigen mal eine wichtige Frage wäre: Kann irgendjemand konkret
beziffern, welche Kostenauswirkung die normalen Netzentgelte auf eben
bspw. die Alu-Produktion hätte? Also ganz konkret, um wieviel (% oder
Euro) wird 1kg Alu teurer? Ist das überhaupt relevant? Und wenn ja, in
welchen Bereichen?

Der einzige wirklich Wermutstropfen ist die Abwanderung der Produktion
in Schwellenländer, die dann mit der Umwelt vor Ort "nicht sorgsam"
umgehen. Doch auch dies ist IMHO lösbar, wenn auch mit Aufwand, bspw.
durch Zertifizierungsprozesse, wie sie jetzt auch langsam bei den
Bio-Ölen/Fetten kommen (und nicht richtig funktionieren, ich weiß, aber
das hat andere Gründe...).

Also meine Position wäre: Ausnahmen im Einzelfall ja, aber keine
pauschale Ausnahme, wie sie jetzt Gesetz wird/werden soll.

> MfG
> Jens
Viele Grüße
  nils