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ag-meinungsfindungstool - Re: [Ag Meinungsfindungstool] 11.06.2012 Mumble Treffen Kernfunktionen Anforderungsanalyse

ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-meinungsfindungstool mailing list

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Re: [Ag Meinungsfindungstool] 11.06.2012 Mumble Treffen Kernfunktionen Anforderungsanalyse


Chronologisch Thread 
  • From: Alexander Praetorius <alexander.praetorius AT serapath.de>
  • To: ag-meinungsfindungstool AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag Meinungsfindungstool] 11.06.2012 Mumble Treffen Kernfunktionen Anforderungsanalyse
  • Date: Wed, 20 Jun 2012 05:05:20 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-meinungsfindungstool>
  • List-id: <ag-meinungsfindungstool.lists.piratenpartei.de>

2012/6/16 Slash <pirate_slash AT yahoo.com>

Ich möcht' mal meine kritischen Gedanken zum besagten Treffen kund tun:

*1. Ich sehe relativ wenig Nutzen im sehr aufwändig gestalteten Prozess für das Definieren von Begriffen.*

Da geht es nicht um eine Endgültigkeit der Begriffe, es geht nur darum hier in der Mailingliste zu wissen worüber wir reden und die Software zu designen. Später dürfen dir ruhig anders heissen.
 

Das liegt hauptsächlich daran, weil die Maßgabe für Begriffe nicht von uns
ausgeht, wie wir es uns schön zurecht legen, sondern vom Benutzer, der
die Begriffe so auffasst, wie er sie kennt.
Kein Nutzer studiert erst mal, was unter "Diskurs" und "Diskussion" zu
verstehen ist; er verwendet sie einfach so, wie er sie aus dem Alltag kennt
(bzw. nicht kennt).
Wenn der Begriffe-foo für den Entwicklungsprozess notwendig ist, bitte;
dann machen wir's halt so; dann ist das wirklich okay so.
Wir sollten uns allerdings von der Vorstellung verabschieden, dass jene
Begriffsdefinitionen im praktischen Gebrauch des Endprodukts fortbestehen
werden oder Nutzer gar dazu genötigt werden können.

*2. Der Kern der Sache wird nicht ausführlich genug gehandhabt.*

Absurderweise ließen wir bei der Frage nach den harten Funktionen -
also dem Gag an der Sache; dem unique selling point; dem, was das
Endprodukt von LQFB unterscheidet - die Gründlichkeit vermissen, die
wir bei dem Begriffe-foo zu Tage blicken ließen.
Vielleicht lag' das daran, dass dieses Thema im Rahmen der Iteration noch
nicht dran ist, aber wenn ich mir so den Titel des Treffen anschau...
"Kernfunktionen..." dann kann's das eigentlich nicht sein; dann müsste
genau jetzt der Zeitpunkt sein, um sich ausführlich über harte Funktionen
auszulassen...
aber alles was da kam, waren flapsig-lapidare Einwürfe, à la
"bla bla bla... das kann man ja mit 'nem Bewertungssystem für Beiträge
machen... bla bla bla", obwohl man alleine über den Gesichtspunkt
"Bewertungssystem für Beiträge" schon einen ganzen Abend lang
diskutieren kann.
Was soll bewertet werden ?
Thematische Relevanz ?
Zustimmung bzw. Ablehnung ?
Gewichtigkeit ?
Korrektheit ?
Nur mal um ein paar Denkanstöße zu geben...

Gebe ich dir Recht, ich bin gegen Bewertungen von irgendwas.
Da verliert man sich im Detail.

 
Nicht nur die Tiefe, sondern auch die Bandbreite an Diskurs-optimierenden
Funktionen, die zur Sprache kam, war recht dürftig... ein Bewertungssystem
für Beiträge ist bei Weitem nicht alles, was man tun kann, um Diskurse zu
optimieren... (wär' ja traurig, wenn's so wär' ...)
*
3. Diskussions-Aufsplittungen muss fundamental entgegen gewirkt werden.
*

NEIN!!!  :-)
Das sehe ich anders. Diskussionsaufsplittung muss genauso möglich sein wie Diskussionsverschmelzung.
Es erlaubt nämlich einer Community die sich zerstritten hat erstmal unter sich weiterzumachen und sich zu sammeln.
Wenn dann Ergebnisse fortgeschritten sind, kann man sich erneut zusammentun oder auseinandersetzen.

Der Anreiz für ein Fork ist real oft gegeben und muss vom Tool unterstützt werden, wenn dieses genutzt werden soll.
Der Anreiz für ein Merge ist oft nicht gegeben und wird auch seltener umgesetzt ist mein subjektiver Eindruck.
Anreiz wäre, dass jene, die Mergen mit gemeinsamer Stimme sprechen und mehr Stimmgewicht erhalten.
Das gäbe einen starken Anreiz sich mit anderen auseinanderzusetzen um an Stimmgewicht zu gewinnen.

 
Wo kommt die bessere Verfassung bei raus:
Wenn 600 Abgeordnete sich zusammen setzen, um eine Verfassung
auszuarbeiten, oder wenn 82.000.000 Menschen dies tun ?

Wenn 82.000.000 dies tun wird die Verfassung PERFEKT.
Wenn 600 Abgeordnete es tun kommt nur Schwachsinn dabei heraus.
Wenn die 600 Abgeordneten sich aus einem umfangreichen Netzwerk (Lobby und andere) Unterstützung holen, kommt SOLALA dabei heraus, leider wird die Verfassung irgendwie verzerrt sein.
 

Die Antwort dürfte klar sein. Deshalb ist das Aufsplitten einer Diskussion
aus Sicht von Schwarmintelligenz als herber Verlust einzustufen, der
unbedingt vermieden werden sollte.

Na da bin ich ja froh, das wir uns hier scheinbar einig sind, das 82.000.000 Augenpaare und potentiell schreibende Hände eine vergleichsweise perfekte Verfassung hinbiegen, während die 600 Abgeordneten nur Blödsinn zustande bringen können.

 
Bei Kampfabstimmungen bleibt immer mindestens eine Interessensgruppe
auf der Strecke, und das ist nichts, was man in Kauf nehmen sollte, wenn
man versucht, einen Diskurs zu optimieren.

+1 (Deshalb sollte auch ein FORK möglich sein)
 
Auch an der Stelle wäre ausgiebigere Diskussion bei besagtem Treffen
wünschenswert gewesen, weil das doch eine sehr wichtige Grundsatz-
Entscheidung für das Tool ist.
Warum kommt es innerhalb einer Diskussions-Gruppe zu einer Spaltung ?

Aufgrund unterschiedlicher Perspektiven, Aufgrund fehlender Information, Aufgrund von "Nasenfaktor", ...usw...
...ist doch egal, gibt bestimmt Millionen Gründe :-)
 
Aus einer unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheit; beim Treffen
hieß es, dass man schnell an einen Punkt gerät, an dem Positionierung
zur Glaubensfrage wird.
Aber verhält es sich nicht ganz anders ? Verhält es sich nicht eher so,
dass Meinungsverschiedenheiten aus unterschiedlichen Informationslagen
entstehen ? Ich denke schon.

Was auch immer? Ist das wichtig?

 

Ein Beispiel:
Häufig kommt es bei Urheberrechts-Diskussionen vor, dass Urheber Piraten
als Feinde wahrnehmen. Wenn sie allerdings die Fülle an freizügigen
Geschäftsmodellen aufgezeigt bekommen, die aufzeigen, dass die
Diskussion mehr eines Vermarktungs- als Rechtsfrage ist, dann sagen
sie verdutzt "oh" und sehen die Sache auf einmal ganz anders.

Stellt euch vor, statt des ausgiebigeren Austausches an Informationen
hätte es einen Aufbruch in 2 Lager gegeben, die von diesem Zeitpunkt an
allein ihr Süppchen brühen; dann hätte die eine Gruppe niemals ihre
Informationsgrundlage korrigiert bekommen - das wär' doch schrecklich !

Auch Funktional ist dies kritisch zu sehen:
Ich hab' im Entwuf multifunktionaler Architektur die Erfahrung gemacht,
dass am Ende nichts Halbes und nichts Ganzes bei rauskommt, wenn
man versucht, in einem Produkt 2 widersprüchliche Funktionen zu
vereinen; und genau das liegt ja hier auch vor, wenn man Aufspalt-Optionen
bei einem Meinungsbildungs-Tool einrichtet.

Sehe ich nicht so. Ziel ist natürlich der Merge, aber der wird vielleicht langfristig nur erreicht wenn man auch mal forken zulässt.
Denkst du nicht?
Wenn ein flacher Hügel vor einem Berg liegt auf den man will, aber man lässt nicht zu, dass man auf dem Weg nach oben auch mal Bergab fahren darf, so wird man den Berg nie erreichen und auf dem flachen Hügel gefangen sein.

 
Insofern geh' ich davon aus, das bei so einer Vereinigung dann weder
das gemeinsame Diskustieren, noch das getrennte Arbeiten unter
Gleichgesinnten im Rahmen des Tools sondernderlich toll funktionieren würde...

Grade das vorübergehende freiwillige "wegforken" einer bestimmten Gruppe ermöglicht vielleicht erst bei beiden einen Erkenntnisgewinn um zu späterem Zeitpunkt erneut aufeinander zuzugehen.

 

Außerdem geht mit dem Umschwenk in den Kampfabstimmungs-Modus
noch etwas einen Irrweg:

Sobald nicht mehr alle bemüht sind, an einem Strang zu ziehen, sondern
2 Lager sich bekämpfen, geht's nicht mehr um die Suche nach Wahrheit,
sondern darum, zu gewinnen !

Warum? Weil Menschen so sind? Oder eher weil klassisch die Hürden sich umzuorganisieren viel höher sind, als einfach versuchen einen Lagerkampf zu gewinnen?

 
Die Auseinandersetzung wird irrational; man dichtet sich die Welt rund,
und genau das ist es doch, wogegen sich ein diskurs-optimierendes
Tool entgegenstellt !

Ist doch egal ob es irrational wird oder nicht. Wenn alle irrational sind sollten sie in einer Demokratie das Recht darauf haben.
Normalerweise würde ich aber sagen, das es schon großer Zufall sein muss, das mehrere in gleicherweise irrational sind und deshalb wird jemand der irrational ist normalerweise keine nennenswerte Zustimmung finden.

 

Bevor man sich aufsplittet, sollte man also sicher stellen, dass beide
sich abzeichnenden Seiten bei ihrer Meinungsbildung von exakt
dem gleichen Informations- bzw. Erfahrungshorizont ausgehen,
und Meinungsverschiedenheiten eher als Anlass zu nehmen,
die Informationsgrundlage gründlicher auszudiskutieren, anstatt
sich freimütig zu trennen, als sei die andere Seite schlicht zu doof
eine "vernünftige" Meinung aus der Informationslage zu bilden.

Eine Diskussion hat einen Sinn:
Die Informationslage in Gemeinschaft kritisch zu reflektieren - welches
Argument macht Sinn ? Welches nicht ? Was ist das gewichtigste Argument ? Etc.
Wenn dieser Prozess perfekt durchgeführt ist, dann gibt es nur eine Meinung. *provozier*

*4. Keine Angst vor formalen Eingriffen in den Diskurs !*

Ich hatte den Eindruck, dass eine Scheu vorlag, den Diskurs formal
zu gestalten - da war dann häufig von "Korsett" die Rede -, aber
Leute: Wenn jemandem das Tool nicht passt, dann soll er's halt nicht
verwenden.

Was ist das Ziel des Tools? Für mich ist es nicht die Benutzeroberfläche auch wenn die am Ende das wichtigste ist.
Aber es geht darum eine Plattform zu erschaffen, auf die sich jeder mit seiner persönlichen Frontend-Software hinzugesellen kann.
Das Internet ist eine Plattform für alle. Wem das Internet nicht passt, der kann leider kein anderes Internet nutzen!
Das gleiche gilt für Facebook und für alles was "NETZEFFEKTE" hat.
Also sollten Korsetts nur OPTIONAL sein für jene die wollen.
 
Man kann's nicht allen Recht machen und das Tool fährt erst dann seine
Stärken aus, wenn die formalen Regeln in's Spiel kommen, die beispielsweise
Trollerei unterbinden oder den Einstieg in's Thema erleichtern, oder
die Wertung der Informationslage harmonisiert und erleichtert, oder
die Diskussion on-topic hält, etc. und deshalb muss man auch genau auf
genau diese Karte setzen.

Das Internet macht es allen Recht, genau wie ein Computer.
Auf die gleichen Grundprinzipien kann jeder Anpassungen und Spezialnutzung so anpassen wie er es mag.
Der Grundkonsens muss für ALLE gut sein. Alles andere sollte Optional sein.


 
'ne Konsens-Box über der Diskussion, oder eine Zeichenbeschränkung
für Beiträge macht das System nicht so abgedreht komplex, dass die
Einstiegshürde jeden Laien überfordert.

Es macht das System zu Müll.
Adhocracy gibts schon. Und es gibt 100derte Tools, jedes mit eigenen Ansätzen.
Die Piraten sind europäisch oder sogar weltweit aktiv. Es wäre Dumm ein weitere Spezialtool zu entwerfen was keine größere Verbreitung findet.
Das hab ich alles schon durch. Ich würde gerne allgemeine Prinzipien haben, die ein "FACEBOOK für MEINUNGSFINDUNG" ermöglicht, das aber nicht Zentral ist. Jeder kann die offene API nutzen und es wächst ein P2P-System. Welche konkreten formalen Abläufe und Benutzeroberflächen einzelne Gruppen beim diskutieren verwenden ist egal. Wichtig ist, das sie alle auf einem Grundkonsens, bzw. einem Standard aufbauen.

Also quasi dem, was für das Internet zb. IP's sind :-)
Welche Basiselemente kommen in jedem vorstellbaren Meinungsfindungstool vor?
Die müssen in den Minimalstandard und dann kann man beispielhaft zur Nutzung bei den Piraten eine spezialisierte Benutzeroberfläche inklusive qKonsens als formalem Prozess implementieren. Wichtig ist, das aber jeder jederzeit seine eigenen Prozesse nutzen kann in dem er ne eigene Software schreibt und die Ergebnisse die er mit seinen Mitdiskutanten erreicht dann in das gleiche System einspeist.


 

*5. Ich hab' die Sorge, dass das Endprodukt fürchterlich kompliziert sein wird.
*

Kann ich mir nicht vorstellen.
Nach meiner Vorstellung hat es:

Für jeden Teilnehmer ne Profilseite,  in der er seine "Standpunkte" sammeln kann.
Es gibt ne Suche nach Themen und meinetwegen auch ne alphabetische Liste, die einem alle Standpunkte zu Themen raussucht, aber wichtiger als das oder wenigstens genausowichtig, alle "Communities" raussucht die zb. über Mumble, Livetreff, Mailingliste, usw... darüber diskutieren und wie groß die jeweilige Community ist.

Nun kann man sich in die Communities einklingen und mitreden und Ergebnisse und Teilergebnisse kann jeder Teilnehmer in seinem persönlichen Standpunkt im Profil aufschreiben.
Jeder Teilnehmer kann ein DIFF-Vergleich zu Standpunkten anderer Teilnehmer durchführen und Unterschiede die ihm im Fremden Standpunkt gefallen einfach per Klick übernehmen. und schon hat ein Standpunkt oder Teile von ihm ein erhöhtes Stimmgewicht.

Was braucht man denn bitte sonst nocht?

 
Niederschwelligkeit muss ein zentrales Anliegen in der Entwicklung sein,
wenn das Endprodukt mit einer Fülle an unendlichen Möglichkeiten und
Ausgestaltungs-Optionen aufwartet, die aber nur 3 % der User blicken,
dann ist damit niemandem geholfen.

Deshalb ist doch die Diskussion so mühselig, weil es eben nicht um endlos Features geht, sondern um nur die essentiellen und den Rest optional machen... aber was sind diese? Da muss man sich erstmal einig werden und das ist mühsam.
 

Insgesamt empfand' ich das Treffen aber als sehr angenehm; menschlich
sowieso.

Viele Grüße,
/ aka Oliver

--
Ag-meinungsfindungstool mailing list
Ag-meinungsfindungstool@lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-meinungsfindungstool



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