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ag-landwirtschaft - Re: [Ag-landwirtschaft] Nutztierpraxis aktuell: "Antibiotika - Wo ist der Skandal?"

ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Landwirtschaft

Listenarchiv

Re: [Ag-landwirtschaft] Nutztierpraxis aktuell: "Antibiotika - Wo ist der Skandal?"


Chronologisch Thread 
  • From: "Friedhelm Blücher" <bluecher-f AT gmx.de>
  • To: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-landwirtschaft] Nutztierpraxis aktuell: "Antibiotika - Wo ist der Skandal?"
  • Date: Wed, 09 May 2012 11:42:06 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-landwirtschaft>
  • List-id: <ag-landwirtschaft.lists.piratenpartei.de>


Die Forderung nach Transparenz und Verantwortung kann ich nur begrüßen. Der
Unterschied der Piraten zu anderen Parteien ist nicht, womit man sich
auseinandersetzt, sondern wie man sich auseinandersetzt - nämlich
transparent, offen, tatsachenorientiert.
Da staunen die Wähler.

Gruß
Friedhelm


-------- Original-Nachricht --------
> Datum: Tue, 8 May 2012 10:59:38 +0200
> Von: "Bernhard Mikus" <bmikus AT gmx.net>
> An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
> Betreff: Re: [Ag-landwirtschaft] Nutztierpraxis aktuell: "Antibiotika -
> Wo ist der Skandal?"

> Danke Detmar für deine Gedanken zum Thema, kann mich deinen
> Schlussfolgerungen anschließen!
>
> Ich denke auch es geht nicht darum alle Details bis auf die letzte
> Kommastelle genau zu berechnen. Die Richtung der Entwicklung müssen wir
> erkennen.
> Dort wo unbekannte Mengen (wird meines Wissens nicht erfasst) Antibiotika
> verbraucht werden kann Gefahr für alle versteckt sein.
>
> Auch deine Frage nach der "Verantwortung" die du stellst, ist so glaube
> ich eine Schlüsselfrage für gute LW-Politik.
> Bisher haften die meisten Bauern noch mit ihrem gesamten Vermögen (Hof
> und Privatwohnung) für Fehler und Verstöße gegen Regeln und übernehmen
> somit auch sehr viel Verantwortung.
> Fast alle Lieferanten für Betriebsmittel, die ich auf meinem Betrieb
> habe übernehmen nur sehr begrenzt Verantwortung für ihre Produkte (Dünger,
> Futter, etc. ) sie haben ihre Haftung beschränkt. Ein Wortspiel: Sie sind
> ihre Verantwortung los....verantwortungslos!
> Wenn aber die Familienbetriebe weniger und größer werden (müssen) oder
> auch nach und nach in GmbH s umgewandelt werden, dann ist das eine
> Entwicklung die macht mich als Landwirt nicht glücklicher, einige wenige
> Kollegen
> vielleicht reicher. Für die Gesellschaft ist nichts erreicht außer
> vielleicht das kurzfristige "Vergnügen" billiger Lebensmittel. Der Kater
> kommt
> dann später mit Resistenzen gegen Antibiotika und ähnlichem mehr ...
>
> Vielleicht kann man da mal anfangen Piratenpolitik zu machen in dem wir
> nach Transparenz und Verantwortung fragen.
> Und bitte nicht breit über moralische Aspekte der Verantwortung
> diskutieren, sondern ganz praktisch bei jedem Problemzusammenhang immer
> danach
> fragen, wer bezahlt die Musik (...den Schaden, das Risiko, tritt in die
> Haftung
> ein).
> Es darf z.B. den Chemieherstellern nicht erlaubt werden sich mit dem
> Kleingedruckten auf den Verpackungen aus der Verantwortung zu stehlen. Wer
> hier
> keine Rechtsabteilung hat versteht kaum wie geschickt alle Verantwortung
> auf den Anwender abgeladen wird und welche Auswirkungen das haben kann.
> Andererseits wenn gut erkennbar für den Anwender/Verbraucher ist, dass er
> Gift kauft dann muss er das Risiko übernehmen.
> Wenn ich z.B. rauche oder Fallschirmspringer bin, muss ich auch das
> Gesundheitsrisiko tragen und evtl. höhere Beiträge für Versicherungen
> bezahlen. Hier ist das Risiko auch offen erkennbar . Wenn es nun z.B. der
> Industrie
> gelingt Risiken zu verschleiern, dann sollte Piraten Politik dafür
> sorgen, dass die Zusammenhänge transparent werden und die richtigen
> Adressen mit
> der Frage nach der Verantwortung konfrontiert werden.
>
> Wenn z.B. für die Kernenergieerzeugung die Verantwortung in Form einen
> Haftpflichtversicherung nötig gewesen wäre, dann hätte sich die kWh schon
> früher so stark verteuert (Experten sagen auf 3 Euro/kWh), dass die
> Unternehmen nach anderen Lösungen für die Energieerzeugung hätten suchen
> müssen und können.
>
> Bitte nicht Politiker Verantwortung für diese Dinge übernehmen lassen,
> denn die sind im Zweifelsfall gerade nicht da wenn ein Störfall oder
> Supergau eintritt. Oder wenn doch übernehmen sie bestenfalls die moralische
> Verantwortung und treten dann zurück. Ausbaden muss es dann die
> Gesellschaft,
> siehe Fukushima.
>
> Dieses Prinzip ließe sich auch auf Arzneimittel und andere bedenkliche
> Stoffe anwenden, die im Bereich der Landwirtschaft verwendet werden.
> Für Piraten hätte es vielleicht den Vorteil, dass man sich nicht in
> endlosen Diskussionen über die richtigen Wege und Ziele mit ihren
> moralischen
> Aspekten verliert, sondern ganz pragmatisch auf einen guten Weg kommt. Und
> sich nebenbei auch von der Politik der anderen Parteien mit ihren
> Glaubenssätzen abhebt.
> Ich glaube an den freien Markt... Ich glaube an die Biolandwirtschaft....
> Ich glaube an die Zukunft der Gentechnik....
>
> Wenn man sich an diesen Dogmen abarbeitet entwickeln sich dann schier
> endlose Argumentationsketten und es werden keine Entscheidungen getroffen.
> Selbst Experten verlieren da den Überblick in so einem komplexen System,
> gerade in der Landwirtschaft.
>
> Zusammengefasst:
> Haftungsfragen/Verantwortung besser organisieren und transparenter machen.
> Keiner soll sich mit 25000 Euro GmbH aus der Verantwortung stehlen können
> nicht die Lieferanten und nicht die neuen Großbetriebe die mit viel
> Fremdkapital sehr profitorientiert in der LW tätig werden wollen.
>
> Hier auch noch ein Feature das die Abhängigkeiten in der
> Geflügelproduktion verdeutlichen will:
>
> http://medien.wdr.de/m/1333523352/radio/dok5_feature/wdr5_dok_5_das_feature_20120409_1200.mp3
>
> Hoffe habe nicht so viele von euch gelangweilt...
> Gruß
> Bernhard
> (Aktiv in : Ackerbau, Imkerei, und noch ein paar Nebenjobs)
>
>
> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de
> [mailto:ag-landwirtschaft-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von
> Detmar Kleensang
> Gesendet: Montag, 7. Mai 2012 20:07
> An: ag-landwirtschaft AT lists.piratenpartei.de
> Betreff: Re: [Ag-landwirtschaft] Nutztierpraxis aktuell: "Antibiotika - Wo
> ist der Skandal?"
>
> Allerdings. Ich zitiere mal einen Abschnitt aus dem von Stephan verlinkten
> Artikel:
>
> Zitat:
> Eine genauere Betrachtung der dieser Zahl zugrunde liegenden Studie zeigt,
> dass bei 83% der untersuchten Mastdurchgänge mindestens eine
> Arzneimittelbehandlung vorgenommen wurde, während bei 17% der Durchgänge
> keine
> Behandlung stattfand. Aber auch diese Zahl liefert keinen Hinweis, wie viele
> Hähnchen tatsächlich mit Arzneimitteln behandelt wurden, da sich die Anzahl
> der Hähnchen je Mastdurchgang stark unterscheidet. Mehr Aufschluss liefert
> eine repräsentative Untersuchung des Niedersächsischen Ministeriums für
> Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, die
> die tatsächliche Anzahl der behandelten Masthühner ausweist. Nach dieser
> Studie wurden 76% der Masthühnchen in Niedersachsen mit Antibiotika
> behandelt.
> /Zitat
>
> Das hatten wir in einem Fachforum auch schon mal, diese Diskussion. Imho
> ist es auch von Seiten des Ministeriums eine kaum belegbare wirklich
> gültige Zahlenschubbserei mit ihrer "Gegenstatistik". Vertraue keine
> Statistik,
> die du nicht selber... und so weiter.
> Aber eine realistische Zahl dürfte auf jeden Fall eine der beiden letzt
> genannten sein. Irgendwo in diesem Bereich jedenfalls.
>
> Für die Tierhaltung und für die Verbraucher ebenso muss ich allerdings
> sagen, spielen diese Zahlen keine so große Rolle. Ob es nun 96% sein sollen
> oder 83% oder doch "nur" 76% des Geflügels, dass wenigstens einmal mit
> Antibiotika behandelt wurde, dass reisst einfach nicht viel raus. Die Zahlen
> sind so oder so deutlich zu hoch!
>
> Da ist es kein Wunder, wenn einige auf systematische Fehler in den
> Geflügelhaltungssystemen deuten, wenn so viele Tiere behandelt werden
> müssen und
> das mit Medikamenten, mit denen man im Sinne der Gefahr von
> Resistenzbildungen und späterer Unwirksamkeit, äußerst sparsam und wenn
> überhaupt
> sehr genau arbeiten sollte.
>
> Und auch wenn ich selber kein Geflügelhalter bin: es kann mir niemand
> erzählen, dass Hähnchen einzeln behandelt werden, wenn sie krank sind. Das
> ist bei den heute üblichen Stallgrößen überhaupt nicht möglich. Da
> werden Medikamente ins Futter gemengt oder dem Tränkesystem beigefügt. Und
> dann kriegen es eben ganze Partien. Auch wenn nicht alle Tiere dort erkrankt
> sein sollten.
>
> Ist eben auch schwierig, da einen vernünftigen Mittelweg zu finden.
> Anders rechnet sich die Geflügelhaltung derzeit offenbar kaum. Wohl auch,
> weil
> die Geflügelhalter selber oftmals gar keine freien Bauern mehr sind. Sie
> sind keine eigenständigen Unternehmer mehr, sondern in ein System aus
> Schlachtereiunternehmen und Futtermittelkonzernen vertikal integriert.
>
> Bei diesem System ist der Einkauf der Futtermittel vertraglich vorgegeben
> und an einen Hersteller gebunden. Die Futterpreise können nicht verhandelt
> werden. Die Abnahme der schlachtreifen Hähnchen ist ebenso an ein
> Schlachtunternehmen gebunden und die Abnahmepreise ebenso. Weder beim Ein-
> noch
> beim Verkauf ist der eigentliche Geflügelhalter frei noch hat er irgendeine
> Verhandlungsmacht. Preise werden diktiert. Aufzuchtmethoden werden
> diktiert. Selbst die behandelnden Tierärzte werden teils aus diesem System
> heraus
> gestellt.
> Und seit geraumer Zeit sind Futtermittelhersteller und Schlachtunternehmen
> auch noch ein und der selbe Konzern. Die Bauern hängen nur in der Mitte
> als quasi Scheinselbstständige, die die Arbeit machen und die das Risiko
> tragen, sollte mal was schief gehen. Bei der Haltung des Geflügels wie
> finanziell.
>
> Aber nur so lassen sich derzeit anscheinend die Mengen und auch die
> Ladenpreise realisieren.
>
> Möchte man etwas anderes, dann sollte man ersteinmal dieses völlig
> geschlossene System aufsprengen und transparenter machen. Dann bekommen wir
> vielleicht mehr Möglichkeiten, im Sinne aller einzugreifen, wo etwas nicht
> so
> läuft, wie wir es uns wünschen.
>
> Vor allem müssen auch die Landwirte in die Lage versetzt werden, ganz
> selbstständig wieder wirtschaften zu können und auch Teile des Risikos an
> andere abgegeben zu können. Man erinnere sich an den Dioxin-Futtermischer
> hier im Norden: der konnte nichts dafür und hat sich nachher durch eine
> Pleite endgültig aus der Verantwortung gezogen. Die landwirtschaftlichen
> Betriebe aber, die haften mit allem ihrem Eigenkapital, Grund und Boden und
> dem
> letzten Hemd am Leib.
> Hier sollte also auch dringend etwas an der Aufschlüsselung der
> Verantwortlichkeiten getan werden.
>
> Zurück zum Thema (fast): So sollte man etwa bei "Antibiotika-Skandalen"
> auch erstmal genau hinsehen, wer verantwortlich war. Hat der Landwirt und
> Geflügelmäster Schuld, wenn zu viel Antibiotika im Hähnchen ist? Oder
> wurde der für den Betrieb zuständige Tierarzt vom "Mutterkonzern"
> Schlachtunternehmen eingesetzt? In letzterem Falle wäre eine
> Schuldzuweisung über
> systembedingte oder Einzelfehler unbedingt dem Konzern im Hintergrund
> anzulasten, nicht dem Bauern!
> Der Bauer hat nämlich durch dieses integrierte System so gut wie keine
> Entscheidungsbefugnisse mehr was die Art der Haltung und die Weise der Mast
> angeht. Also darf ihm nicht die Schuld für Missstände gegeben werden.
> Einzig zum Vorwurf könnte man ihm machen, dass er bei derlei fragwürdigen
> Wirtschaftskostellationen überhaupt mitspielt. Aber auch dieses wäre
> vielfach der Not geschuldet, den Betrieb am Laufen zu halten...
>
>
>
> Am 07.05.2012 um 19:10 schrieb Stephan Verbücheln:
>
> > Die Studie wurde auch zur Unstatistik des Monats gekürt.
> >
> >
> <http://www.rwi-essen.de/forschung-und-beratung/fdz-ruhr/unstatistik-des-monats/archiv/#headline_970>
> >
> >
> > Gruß
> >
> > --
> > Ag-landwirtschaft mailing list
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> > https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-landwirtschaft
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