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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Cannabis und andere BtM Stoffe als Medikamente

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Cannabis und andere BtM Stoffe als Medikamente


Chronologisch Thread 
  • From: Der Moonopool <the.moonopool AT googlemail.com>
  • To: BäDa <baeda76 AT googlemail.com>
  • Cc: Gesundheitspiraten <Gesundheitspiraten AT lists.piratenpartei.de>, AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>, Jan Kabus <j.kabus AT posteo.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Cannabis und andere BtM Stoffe als Medikamente
  • Date: Fri, 25 Jul 2014 12:02:23 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Mojn BäDa,

verhaltene Zustimmung.

Inhaltlich ist das Argument absolut gültig, dass der Cannabis-Gehalt schwer kontrollierbar ist und daher die Dosierung bei Selbstanbau problematisch. Dieses Problem ließe sich – bei gutem Willen – auch dadurch lösen, dass den Patienten, die selbst anbauen, eine Möglichkeit der Analyse bereitgestellt wird. Zudem kann man davon ausgehen, dass das eine oder andere Patient nicht wirklich etwas dagegen hat, wenn die berauschende Wirkung nicht auf das absolut medizinisch erforderliche Minimum beschränkt bleibt.

Würden wir "nur" den von Dir vorgeschlagenen Zug nehmen, dann würden wir akzeptieren, dass Cannabis weiterhin als "böse" eingestuft wird und eine Art §218a für medizinische Anwendung unterstützen. (Ja, dieser Vergleich hinkt.)

Bei Betrachtung unseres Programms kann man, isoliert, durchaus so argumentieren: Wir treten für eine Emanzipation cannabinoidhaltiger Medikamente, incl. Blüten, ein und fordern, dass sie wie alle anderen Medikamente auch – und natürlich in der immer erforderlichen Nutzen-Risiko-Abwägung – verordnet werden dürfen und übernommen werden müssen. Lediglich wegen der idiotischen Kosten bietet hier der Eigenanbau – bei Bereitstellung geeigneter Testmöglichkeiten – eine Alternative. Aber natürlich auch eine problematische, weil viele Patienten das vermutlich gar nicht gebacken kriegen und dann immer noch die Konzentrationsfrage bleibt und das mit der erlaubten Menge. Außerdem die, dass ein Konsum über Inhalatoren besser wäre u.v.a.m.

Aber: Wir sind eine Partei mit einer sehr ausgeprägten programmatischen Aufstellung zum gesamten Themenbereich. Und das werden wir nicht ausklammern. Denn wie sind eine Partei, die für beschlossene politische Positionen eintritt. Nach außen. Aktiv. Nachhaltig. Auch wenn es einzelnen Piraten nicht gefällt, wie die Beschlusslage ist.

Was ich in der ÖA allerdings durchaus tun kann, ist:
a) bei Texten die beiden Aspekte besser trennen und
b) den negativen Einfluss der ideologiebasierten Drogenpolitik auf die aus ganz anderen Gründen wünschenswerte medizinische Verwendung separat thematisieren.
Der nächste Text zu diesem Thema (vermutlich am Wochenende) wird das beides versuchen. Ich wäre für Feedback dankbar.

Dennoch würde ich darum bitten, dass wir inhaltliche Diskussionen nicht auf mehreren Mailinglisten gleichzeitig führen. Vor allem nicht auf Listen, die "orga" im Namen tragen. Deswegen hab ich jetzt mal reduziert und hoffe, dass ich die richtige Listen gewählt habe und auf die überhaupt durchgelassen werde :)

Lieben Gruß,
Dirk
@moonopool


Am 25. Juli 2014 09:19 schrieb BäDa <baeda76 AT googlemail.com>:
Hallo,

zuerst eine Vorbemerkung: 
Mit Pad und Co. bin ich nicht vertraut. Also schreibe ich Mails. Diese Mail kann dann gerne als Pad Entwurf verwendet werden. Sollte der Inhalt der Mail nicht den Ansprüchen der Gruppe genügen, so bitte ich um einen sachlichen Hinweis. So ein Hinweis umfasst m.M.n. auch eine Liste von Verbesserungsvorschlägen bzw. Hinweisen, was konkret besser gemacht werden kann.

===Cannabis und andere BtM Stoffe als Medikamente===

=Grundlagen:=
Hier werden zwei unabhängige Gesetzbücher berührt: das AMG, welches sich mit Arzneimitteln, ihrer Verschreibung, Abgabe, Zulassung etc. beschäftigt und das BtMG, in welchem der Umgang mit Suchtstoffen geregelt ist. Das ist deshalb so wichtig, da das AMG die Zulassung, die Rezepttypen (Kassenrezept, BtM Rezept oder T-Rezept) und die Abgabe regelt und bestimmte Medikamente vom AMG ins BtMG verschoben werden. Beim BtMG geht man i.d.R. von einer erhöhten Suchtgefahr für Patienten aus. 

(Über Sinn und Unsinn der Regelung soll sich bitte die Drogen AG kümmern! Hier geht es rein und ausschließlich um den medizinischen Einsatz!)

Die meisten BtM Stoffe, die in der Medizin ihren Einsatz finden, werden als Schmerzmittel eingesetzt. Es betrifft also vorwiegend chron. Schmerzpatienten. (Tipp: https://de.wikipedia.org/wiki/Chronisches_Schmerzsyndrom) um das Thema jetzt nicht extrem aufzublähen, beschränkte ich mich im Folgendem auf diese Patientengruppierung.

Zur Therapie von Schmerzen wurde von der WHO ein Stufenschema entwickelt. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Punkt, dass es ursprünglich für eine effektive Schmerztherapie bei Tumorpatienten in Entwicklungsländern entwickelt wurde. Das ist deshalb wichtig, da es in Deutschland für fast alle Schmerztypen eingesetzt wird.

Somit wird in Deutschland sehr früh an den Einsatz von Opioiden gedacht. Deshalb sind diese BtM Stoffe sehr anerkannt und als Kassenleistung zugelassen.

Hier kommen wird zu einem zentralen Problem und Hauptargument der Zulassungsbehörde BfarM im OVG Köln Prozess, dessen Urteil wir kennen: das BfarM sagt nun, dass beim Eigenanbau keine gleichbleibende Qualität (=Wirkstoffgehalt und Reinheit) garantiert werden kann. Die garantierte Qualität eines Arzneimittels ist aber Voraussetzung für Zulassung und Inverkehrbringen eines Arzneimittels!

Soweit die Grundlagen...

=Ist-Situation:=
Es gibt medizinisches Cannabis, welches kontrolliert angebaut wird und bei dem eine regelmäßige Kontrolle stattfindet. Es kann von Ärzten bei bestimmten Diagnosen verschrieben werden. Der Erwerb über eine Apotheke, der Besitz und Transport dieser Substanz ist legal!

Deshalb ist es keine Legalisierungsdebatte!

Allerdings ist Cannabis als Medikament keine Kassenleistung. Somit muss der Patient die Kosten (vgl. Klageschrift vor OVG Köln) selbst tragen. Das können schon mal um die 1.000€ pro Monat und mehr sein. 

Wichtig: wir sprechen von schwer Kranken. Die meisten sind aufgrund der Erkrankung EU Rentner! (Themenschnittpunkt mit Sozialpiraten bzgl. Angemessenheit von EU Renten)

Das OVG Köln hat in seinem Urteil auch eindeutig auf die Kostenseite verwiesen. (Wie auch ich in vorangegangenen Mails)

=Ansatzpunkt für Veränderungen:=
Auch wenn es unpiratig ist, so sind wir aktuell in einem System eingebunden, welches einigermaßen funktioniert. Aber das ist auch eine andere Baustelle!

M.M.n. sollte der Ansatzpunkt für Veränderungen das SGB sein. Die Piraten sollten sich für eine Kostenerstattung der Therapie stark machen und einen breiteren und ggf. früheren Einsatz von Cannabis in der Therapie. Immer unter Beachtung mögl. negativer Auswirkungen (z. B. Entwicklung einer COPD) und ärztlicher Verordnung. Damit hilft man den Betroffenen und begibt sich nicht in eine Fundamentalopposition. 

Geht es um eine Ideologie oder um Menschen?

Leider ist, wie gestern (24.07.2014) im Mumble erwähnt, schon Prof. Karl Lauterbach auf diesen Zug aufgesprungen. 

VG

BäDa 

Von meinem iPad mini gesendet




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