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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen


Chronologisch Thread 
  • From: "Dr. Alessandro Cavicchioli" <cavicchioli AT t-online.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen
  • Date: Thu, 24 May 2012 14:58:08 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

momentmal!

das ist nicht ganz korrekt. Zunächst gibt es einen hausärztlichen Bereich mit vielen Pauschalen. Hier ist es ökonomisch sinnvoll, wenn der Pat. zwar öfter wiederkommt, aber erst im nächsten Quartal. Welcher Pat. würde denn bei so einem Hausarzt lange bleiben?

Im fachärztlichen Bereich gibt es in der Psychiatrie und Psychotherapie teilweise horrende Wartezeiten. Hier neigt man dazu, die Pat. so schnell und nachhaltig, wie möglich zu "heilen". In anderen fachärztlichen Bereichen bestehen z.T. auch längere Wartezeiten. Auch hier wäre es ökonomisch unsinng, einen Pat. längere Zeit zu behandeln, als nötig.

Weiterhin gibt es nicht nur ein EBM und eine GOÄ, sondern auch die 73b und 73c-Verträge. Hier ist die Vergütung, z.B. in BaWü beim AOK-Vertrag deutlich höher. In den Facharztverträge (Gastro, Kardio und Psychotherapie) sind auch sehr kurze Wartezeiten die Bedingung für eine Teilnahme. Dort ist die Honorierung z.B. in der Psychotherapie deutlich höher als beim EBM und der GOÄ. Die Bürokratie ist abgebaut und es gibt keine flottierenden Punktwerte, wie beim EBM.

Ich komme immer wieder auf den Punkt, dass es sehr mühsam ist, immer wieder das Gleiche zu schreiben und vermisse in der PP klare Ankerpunkte, was genau bisher konsentiert wurde. Eine nachträgliche Veränderung sollte natürlich auch möglich sein, nur irgenwann sollten wir auch zu Potte kommen. Deswegen sollte es einfacher sein (an den MODERATOR) an die bisherigen benchmarks zu kommen. Es ist mir bewußt, dass die Ergebnisse irgenwie irgendwo niedergeschrieben sind, nur nicht so übersichtlich....

Alessandro

Am 24.05.2012 11:41, schrieb syna:
Meier schrieb:
bernd.braegelmann schrieb:
... De facto wird der EBM als Gebührenordnung verwendet. Wenn ich das richtig verstanden habe, melden die KV Ärzte ihre Leistungen in EBM Punkten an die KV und die KV verteilt dann das für die Arzthonorare zur Verfügung stehende Geld anhand der gemeldeten Punkte auf die Ärzte.
...
Ja so ist es.

Die Krux im EBM System liegt darin, dass der Arzt wenn er keine Patienten hat, einfach nur Geld via Privatabrechnung verdienen kann.

Aus dieser Krux resultieren zwei Dinge:

- Erstens hat jeder Arzt bei Strafe seines Unterganges ein Interesse daran, sich mit jedem GKV - EBM Patienten einen Dauerlutscher zu bauen. D.h. er bestellt ihn einfach immer wieder, immer wieder, immer wieder. Nur so kann er via EBM abrechnen. Bleibt der Patient mal ein Quartal weg, kann er dies nicht.

- Zweitens hat jeder Arzt natürlich ein Interesse, anstelle von GKV Patienten Privatversicherte in seiner Praxis zu haben.

Die Anzahl Privatpatienten ist natürlich in strukturschwachen Regionen per se geringer als in Ballungsgebieten wie München, Stuttgart, Frankfurt etc.

Das erklärt wiederum, warum der § 100 SGB V nicht das Papier wert ist, auf dem er steht.

Ganz genau.

Die *Duale Vergütungsstrukur* (GKV-EBM versus PKV-GOÄ) treibt den
einzelnen Arzt in ein *Gewissensproblem.* Ich als Arzt sage mir: "Ich
habe den hippokratischen Eid geleistet - dem Sinne nach. Und ich möchte
den Menschen helfen. Ich möchte jedem Menschen helfen - ohne
Unterschied seiner Person (Status, Einkommen, Glaube usw.). Deswegen
auch habe ich überhaupt diesen Beruf gewählt.

*Andererseits *sieht die reale Praxis-Welt leider anders aus: Um überhaupt
einigermaßen finanziell über die Runden zu kommen (Kredit auf Praxiskauf,
... ) muss ich mich mit meiner Einnahmesituation auseinandersetzen. Ich
brauche also quartalsmäßig wiederkehrende GKV-Patienten. Aber noch
besser wären mehr PKV-Patienten. Deshalb muss ich Tricks und Kniffe
ersinnen und meine Privatpatienten hofieren und - auch wenn ich
eigentlich alle Patienten gleich (gut) behandeln will.

Das ist der Konflikt, dem eigentlich jeder Arzt ausgesetzt ist ... und jeder
geht damit unterschiedlich um.

Warum können wir diesen Konflikt nicht grundsätzlich aus der Welt schaffen?



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