ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: AG Gesundheit
Listenarchiv
- From: "Dr. Holger Scholz" <praxis AT dr-scholz.de>
- To: "AG Gesundheit" <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen
- Date: Sun, 6 May 2012 15:57:29 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
- List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
Eben, deshalb meine ich, dass man durch ein gutes staatliches Wesen die
Anreize für Menschen, in die PKV zu wechseln einfach reduzieren sollte.
- Ein Grund, warum Menschen in die PKV wechseln, sind die Beiträge. Wenn
jeder, egal was er privat zusätzlich macht, die GKV über die Steuer bezahlen
muss, dann fällt diese Motivation v.a. bei den von der PKV so gesuchten
jungen Menschen weg, denn die zahlen dann nicht weniger, sondern mehr,
nämlich GKV + ihre PKV.
- Ein weiterer Grund, warum Menschen in die PKV wechseln, sind die
(angeblich) besseren Leistungen. Wenn aber alle Bürger in die GKV einzahlen
MÜSSEN, dann sind die GKV am Ende eher besser gestellt als die PKV, die
Leistungen werden also in der GKV verbessert werden können. In so einem
Szenario bleiben für die PKV am Ende wohl nur Nischen und
Zusatzversicherungen.
Ansonsten gebe ich dir aber Recht, der privat versicherte Patient ist relativ
alleine gelassen. Das hat er sich aber übrigens selber ausgesucht.
VG
HS
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ag-gesundheitswesen-bounces AT lists.piratenpartei.de
[mailto:ag-gesundheitswesen-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von
Dr. A. Cavicchioli
Gesendet: Sonntag, 6. Mai 2012 15:45
An: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen
Ciao,
weil es z.B. für den Laien nicht leicht ersichtlich ist, ob eine Behandlung
notwendig ist und welche die beste Behandlung ist. Wenn wir alles dem Markt
überlassen, dann ist der Pat. letztendlich der Dumme. Er muss eine faire
Möglichkeit erhalten, zu geigneten Informationen zu kommen. Auch ist gut
bekannt, dass die Behandler sich durch die Privatversicherte quer
finanzieren. Das bedeutet im Unkehrschluß, dass die Privatversicherte zu viel
zahlen und nicht "nur", dass die gesetzlich Versicherte zu wenig.
Viele Grüße
Alessandro
Am 06.05.2012 15:34, schrieb Dr. Holger Scholz:
> Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum es im PKV Bereich überhaupt allzu
> starke staatliche Eingriffe geben sollte. Der Bereich ist, wie der Name
> schon sagt, privat. Die beste "Waffe" gegen die PKVen ist eine
> leistungsfähige, steuerfinanzierte medizinische Grundversorgung. Daran muss
> gearbeitet werden. Was und warum der einzelne dann privat macht, ist privat.
> VG
> HS
>
> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: ag-gesundheitswesen-bounces AT lists.piratenpartei.de
> [mailto:ag-gesundheitswesen-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im Auftrag
> von syna
> Gesendet: Sonntag, 6. Mai 2012 15:13
> An: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
> Betreff: Re: [AG-Gesundheit]Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen
>
>
> Wolfgang Gerstenhöfer schrieb:
>> Ahoi Syna,
> Sorry Wolfgang,
>
> leider dauert es manchmal lange, bis ich Zeit für Antworten habe.
> Shame on me! Aber jetzt will ich gerne Stellung nehmen:
>
> Wolfgang Gerstenhöfer schrieb:
>> zu dieser Thematik eine E-Mail von mir vom 10. Februar:
>>
>> ....
>>
>> Ich stehe für eine Reform, die zu einer generationengerechten,
>> möglichst zukunftssicheren und bezahlbaren Krankenversicherung führt,
>> die größtmögliche Wahlfreiheit mit der medizinisch notwendigen
>> Vorsorge, Untersuchung und Behandlung verbindet.
> Na, das hört sich ja gut an. Aber das sagt sinngemäß auch JEDE Partei in
> ihrem Parteiprogramm - aber lesen wir mal weiter:
>
> Wolfgang Gerstenhöfer schrieb:
>> Kern meines Vorschlags ist deshalb die Umstellung des
>> Finanzierungssystems vom Umlage- auf das Kapitaldeckungsverfahren und
>> gleichzeitig die Verlagerung des Sozialausgleichs in das Steuersystem
>> und damit auf eine wesentlich breitere Basis (alle Bürger und
>> Unternehmen), ohne den Menschen eine Einheitsversicherung oder
>> überhaupt einen bestimmten Versicherungsschutz aufzuzwingen.
> Lieber Wolfgang,
>
> das bereitet mir in der Tat *Kopfschmerzen*. Gerade das Gebaren der PKVen
> in bestimmten Situationen/Bereichen - also das Schließen des Pools, die
> Steigerung der Beiträge, das Ansteigen der Inkasso-Verfahren - wirft ein
> bezeichnendes Licht auf die PKVen.
>
> Es macht mir auch Kopfschmerzen, dass die höchste Maxime der PKVen, wie für
> jedes privatwirtschaftliche Unternehmen, die *Rendite-Maximierung* ist.
> Schön als Antrieb für schlankere Strukturen und die Aktionäre. Aber
> schlecht für Bürger und Patienten: Die Kosten für Vorstand und
> Administration sind in der PKV die Höchsten:
>
> Verwaltungskosten pro Mitglied in der PKV: 377€ Verwaltungskosten pro
> Mitglied in der GKV: 115€
>
> Quelle:
>
> http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion_sosi.html?guid=WZDR7I&sosi_
> guid=AAA741&sosi_lt=AAA739#AAA505
>
> Führungskräfte der PKV und ihre Vertreter verdienen besonders durch
> Provisionen! Bei ca. sechs oder sieben Monatsbeträgen Abschlussprovision
> sind es im Standard-Tarif 2.100,-€ Provision, für den Basis-Tarif aber
> 4.200,.-€. (2011).
>
> Denn die PKV zahlen ihren Vorständen mehr Geld, sie zahlen hohe
> Provisionen für Neu-Abschlüsse, und sie zahlen Dividenden aus. Und sie
> bezahlen Kosten für Werbung, Marketing, Produktentwicklung. *Das alles
> müssen GKVen* (bzw. muss eine Bürgerversicherung) *nicht zahlen.*
>
> Aber auch die Gegenüberstellung Kapitaldeckungsverfahren versus
> Umlagefinanzierung finde ich nicht sehr gelungen. Beide Verfahren haben
> ihre Schwachpunkte. Gerade in der Finanzkrise hat sich gezeigt, dass das
> Kapitaldeckungsverfahren sehr anfällig ist, wenn das Kapitel auch
> "eingesetzt" wird. Wird es dagegen nicht eingesetzt, ist die Verzinsung
> extrem niedrig bzw. man hat sehr hohe Inflationsverluste.
>
> Da bevorzuge ich schon eher das *Umlageverfahren*, welches generell ja auch
> im Sozialhaushalt so benutzt wird - und welches - mit variablen
> Anpassungsparametern ausgestattet - durchaus zukunftssicher ist. Der
> Gedanke hinter dem Umlageverfahren ist ja auch ein eher solidarischer,
> demokratischer Grundgedanke.
>
> *Auch der zweite Punkt* "Steuerermäßigung bzw. Ausgleich bei
> Geringverdienern" funktioniert nicht. Ganz einfach, weil viele
> Geringverdiener, Rentner und Studenten unterhalb des Existenzfreibetrags
> liegen und deshalb gar keine oder nur wenig Steuern zahlen. Wie sollen
> diese dann eine Steuerermäßigung bekommen? Nur wer viel Steuern zahlt kann
> auch von einer Ermäßigung profitieren.
>
> Oder soll es - auf Antrag - eine *Zahlung vom Finanzamt geben?* Wollen
> Sie also hier den Bürokratie-Apparat weiter aufblähen: Muss also jeder
> Kleinst- und Geringverdiener eine Steuererklärung abgeben und zweitens
> einen Antrag auf Zahlung eines "Gesundheitsausgleichsbetrags" stellen?
> Wie soll das vor sich gehen: Die wenigsten, die betroffen sind, füllen
> überhaupt eine Steuererklärung aus. Für Hartz-IV-er ist es eine zusätzliche
> Bittstellungs-Komponente - eine schon heute diskriminierte und psychisch
> kleingehaltene Klientel? Wollen Sie dort noch zusätzlich "draufschlagen"?
>
> ----------------------------------------------------------------------
> --
>
> *Lieber Wolfgang,* ich sehe für Ihren Vorschlag genaugenommen eigentlich
> gar keinen Spielraum bei den Piraten.
>
> ----------------------------------------------------------------------
> --
>
> Auch die Floskel "überhaupt einen bestimmten Versicherungsschutz
> aufzuzwingen" finde ich nicht gelungen. Jede Art von Solidarität bedeutet
> ja immer, dass einige Gutverdienende mehr zahlen müssen als
> Geringverdiener, das ist der Inhalt von Solidarität. Sie posaunen ja oben
> lautstark in das Horn der Solidarität! Aber jede Solidarität hat - leider
> immer ein bißchen - mit Zwang bzw. Ansprüchen an die, die ja auch die
> Gewinner bzw. Profiteure unseres marktwirtschaftlichen Systems sind, zu tun.
>
> Ich finde auch *Freiheit und Liberalität* sind wichtige und großartige
> Werte - sie sollten Grundmaximen sein. Deshalb ja auch: Freies Internet,
> keine GEZ- und Kulturflat- oder sonstige Abgaben usw.
>
> Aber im Bereich Gesundheit bewegen wir uns auf anderem Terrain - dies ist
> *existenziell für das Dasein des Einzelnen* und damit letztlich auch für
> die Demokratie. Deshalb ist hier auf der Einnahmeseite des
> Gesundheitswesens Solidarität eine Voraussetzung für unser Gemeinwesen -
> und deshalb ist hier auf der Einnahmeseite ein Solidarzwang gegenüber den
> Profiteueren unverzichtbar.
>
> Wolfgang Gerstenhöfer schrieb:
>> Was bei einer Einheitskrankenversicherung - vielleicht auch noch in
>> Form eines Staatlichen Gesundheitsdienstes - geschieht, kann man sich
>> durchaus in verschiedenen Ländern ansehen. Dort entsteht nämlich
>> quasi ein zweiter, privater Gesundheitsmarkt, den sich dann nur noch
>> sehr wenige leisten können.
>>
>> Dann haben wir nicht mehr "nur" die Unterscheidung zwischen Kassen-
>> und Privatpatienten, die ich beseitigen möchte, sondern die
>> Unterscheidung zwischen "Staatspatienten" und Selbstzahlern.
>>
>> Die Rationierung der Gesundheitsleistungen wird dann noch stärker als
>> bisher auf dem Rücken der im Gesundheitswesen Beschäftigten
>> ausgetragen und eine gute bis optimale Versorgung können sich nur
>> noch die leisten, die es aus der eigenen Tasche - also ohne die Hilfe
>> einer Solidar-, einer Versichertengemeinschaft - bezahlen können.
>>
>> Dann haben wir tatsächlich eine Zwei-Klassen-Medizin, die ich nicht
>> erleben und auch meinen beiden Töchtern nicht wünschen möchte.
> Auch hier malen Sie ein* schiefes Bild.* Nur weil im NHS in England nicht
> alles super funktioniert, nehmen Sie auschließlich die negativen
> Erscheinungen dieses Systems auf. Die Lebenserwartung ist in England höher
> als in Deutschland. Gleichzeitig sind die Gesundheitsausgaben niedriger als
> in Deutschland. Für mich sind das Kennzeichen eines überlegenen Systems -
> trotz aller seiner Schwächen in manchen Details.
>
> Die Ärzte innerhalb des NHS können sich zudem wirklich *um die Patienten
> kümmern*, müssen sich nicht - wie in Deutschland teilweise - dem Diktat des
> Khs-Controllers oder dem Diktat ihrer Praxiserwerbs-Schulden unterwerfen.
>
> Wenn man dagegen das System in den *USA als Vergleich* nimmt - ein rein
> privatwirtschaftliches System, wie Sie es ja auch hier propagieren - dann
> sieht es ganz anders aus: Die Gesundheitsausgaben in den USA sind mit
> Abstand die höchsten überhaupt (über 15% des BIP). Da zeichnet sich ein
> desaströses Bild des rein privatwirtschaftlichen Vorzeige-
> Gesundheitswesens ab.
>
> Wenn es in diese Richtung geht, dann müssen Ihre Töchter schon viel Glück
> haben (gute Heirat oder sehr hohes Einkommen!), um auf Dauer für ihre
> Gesundheit und die ihrer Familie sorgen zu können. Überlegen Sie mal!
>
> Wolfgang Gerstenhöfer schrieb:
>> Wir brauchen nach meiner Überzeugung eine radikale und solidarische
>> Reform. Mehr Menschen in ein schon lange nicht mehr zeitgemäßes
>> System zu zwingen, macht es nicht besser. Es mag sein, dass wir damit
>> die Probleme noch ein paar Jahre, vielleicht sogar noch das eine oder
>> andere Jahrzehnt aufschieben, aber aufgeschoben ist bekanntlich nicht
>> aufgehoben.
>>
>> Jetzt gilt es, die Finanzierung unseres Gesundheitswesens bzw.
>> unserer Krankenversicherung auf eine zukunftsorientierte Basis zu
>> stellen und das Problem nicht weiter zu vertagen.
> Ja, Wolfgang: Diesen Allgemeinplätzen kann ich zustimmen. Sie sehen aber:
> In der konkreten Ausgestaltung bin ich - aus guten Gründen - ganz anderer
> Meingung. Sie umrahmen Ihre Vorschläge immer mit Attributen wie
> "solidarisch" und "zukunftssicher" - in der realen Ausgestaltung kommen
> Ihre Vorschläge diesen Attributen aber kaum nahe.
>
> Einen schönen Sonntag wünsche ich Ihnen,
>
> Greetings, Syna.
> --
> AG-Gesundheitswesen mailing list
> AG-Gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen
--
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- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, syna, 06.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Dr. Holger Scholz, 06.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Dr. A. Cavicchioli, 06.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Dr. Holger Scholz, 06.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, syna, 06.05.2012
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- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Dr. Holger Scholz, 08.05.2012
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- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Dr. Alessandro Cavicchioli, 08.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Meier, 08.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Meier, 08.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, syna, 08.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Birger Haarbrandt, 08.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Dr. Holger Scholz, 08.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Dr. Holger Scholz, 08.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, syna, 08.05.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Dr. Holger Scholz, 06.05.2012
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- Re: [AG-Gesundheit] Die "Duale Vergütung" im Gesundheitswesen, Dr. Holger Scholz, 06.05.2012
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