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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung


Chronologisch Thread 
  • From: Dietmar Brinkmann <dietmar.brinkmann AT piraten-hh.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Finanzierung des Gesundheitswesens bzw. der Krankenversicherung
  • Date: Fri, 10 Feb 2012 22:40:50 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

danke
+1

Am 10.02.2012 22:25, schrieb checkinger:
>
> Wolfgang Gerstenhöfer schrieb:
>> Es gibt keine sicheren Kapitalanlagen, und es hat sie auch noch nie
>> gegeben.
>
> Da setze ich jetzt mal ein DICKES: !
>
>> Die Bildung von Alterungsrückstellungen, also von Rückstellungen, die
>> dazu dienen, die mit zunehmendem Alter steigenden Krankheitskosten zu
>> finanzieren, funktioniert.
>
> Das klingt auch unheimlich logisch. Marktgesetzeskonform.
>
> Ich zweifle trotzdem. Ist die PKV vielleicht das grösste
> Schneeballsystem von allen ? (Unterstützt durch den durch das
> Wirtschaftwunder verstärkten Aufsättigungseffekt: am Anfang waren es
> wenige Mitglieder und geringe Kosten. Dann waren es viele Mitglieder und
> geringe Kosten. Heute sind es viele Mitglieder und hohe Kosten.) Die PKV
> kommt an Ihre Grenzen. Viele Mitglieder können die immer teureren Tarife
> nicht mehr bezahlen.
>
>> und des medizinischen Fortschritts - bei vertraglich garantierten
>> Leistungen, die nicht durch Gesetz jederzeit und einseitig gekürzt
>> oder gestrichen werden können.
>
> Stimmt so nicht. Die Leistungen der PKV sind kodifiziert in der GOÄ
> (Gebührenordnung für Ärzte). Verkürzt gesagt: Durch die PKV
> erstattungsfähig ist nur diejenige Leistung, die in der GOÄ ausgewiesen
> ist. Die GOÄ ist (nicht durch die ärztliche Selbstverwaltung bestimmt,
> sondern) ein Gesetz, das durch den Bundesrat beschlossen wird. Die
> letzte inhaltliche Änderung der GOÄ datiert auf das Jahr 1996. Das
> relativiert gleich beide Deine Aussagen:
> 1. Fortschritt: Der Fortschritt hat seit 1996 in der GOÄ keinen
> Niederschlag gefunden. Neuartige Leistungen erhielten also keine
> Abrechnungsziffer. Diese Leistungen müssen durch teilweise abstruse,
> sog. Analog-Ziffern abgerechnet werden. Ob diese Analog-Leistungen im
> Einzelfall erstattet werden, unterliegt einem undurchsichtigen
> Gemauschel der einzelnen Kasse, das Faktoren wie Charisma, Bekanntheit,
> Institution unterliegt. Nach GOÄ hat ein medizinischer Fortschritt nicht
> stattgefunden.
> 2. "Vertraglich garantierte Leistungen, die nicht durch Gesetz...": s.o.
> Die GOÄ ist ein Gesetz ! Warum? Und: Warum wurde die GOÄ seit 1995 nicht
> geändert ? Weil der Staat der grösste Empfänger=Zahler von
> GOÄ-Leistungen ist ! Alle seine Beamten erhalten vom Arzt eine
> Privatrechnung nach GOÄ. Eine Anpassung der GOÄ an die allgemeine
> Preissteigerung hätte zum ultimativen Kollaps der Staatsfinanzen geführt.
> Streng genommen, wurde die Vergütung für keine einzige privatärztiche
> Leistung an die Inflation / Anstieg der Lebenshaltungskosten angepasst.
> Privatärzte haben seit 1995 keine Lohnanpassung erhalten. (2001 wurde
> lediglich irgendwas für de Podologen=Fusspfleger und die EURO-Umrechnung
> (auf 5-Stellen hinter dem Komma) eingefügt). Die goldenen Zeiten für
> Ärzte sind also auch im KV Bereich vorbei. Trotzdem ist die
> GOÄ-Liquidation auch heute noch der Bringer für jede Arztpraxis. Die
> GKV-Scheine erwirtschaften lediglich die Kosten...
>
> Mehr zur GOÄ hier:
> http://de.wikipedia.org/wiki/Geb%C3%BChrenordnung_f%C3%BCr_%C3%84rzte
> (Lesenswert !)
>
>> Das Umlageverfahren aus den 1880er Jahren fährt mit künftigen
>> Verhältnissen von einem Erwerbstätigen zu einem Rentner und dann sogar
>> von nur noch zwei Erwerbstätigen auf drei Rentner vor die Wand. Das
>> ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
>
> Das sehe ich nicht so skeptisch. Die Produktivität ist seit den 30er
> Jahren enorm gestiegen. Gleichzeitig haben sich die Lebens-Arbeitszeiten
> deutlich reduziert. (Frankreich hat -noch- die 35-Std-Woche).
> Offensichtlich können heute weniger Leute (jaja, ich weiss: Die CDU
> sagt: "Wir hatten noch nie so viele Erwerbstätige") in kürzerer Zeit
> einen höheren Wohlstand erzeugen. Wenn jetzt die Arbeit noch besser auf
> mehr Köpfe verteilt wird.. Und im Sozial-Bereich soviele Jobs entstehen,
> wie dort wirklich gebraucht werden... Und mehr für qualifizierte soziale
> Arbeit bezahlt wird... Dann stimmen Deine Zahlenverhältnisse garnicht...
>
> Ausserdem: Der Staat übernimmt soviel Daseinsvorsorge, dass wir heute in
> weiten Bereichen von einer Vollversorgung ohne existentielle Risiken
> sprechen können. (Ich weiss, jetzt kriege ich Dresche !)
>
> Sorry, Ironie: Hier kommt Hoffnung ins Spiel:
>> Das Kapitaldeckungsverfahren in Kombination mit dem Sozialausgleich
>> über das Steuersystem (und nur dort spielt das Einkommen eine Rolle)
>> kann die Situation nur verbessern. Es mag zwar sein, dass es keine
>> Nettoverzinsung von 9 und mehr Prozent mehr gibt, aber dass gar keine
>> Zinsen irgendwo auf der Welt mehr zu erwirtschaften sind, halte ich
>> für äußerst unwahrscheinlich.
>>
>> Es kann also nur besser werden.
>
> Ja, diese hohe Verzinsung erhältst Du derzeit beim Kauf von
> Staatsanleihen aus den PIG-Staaten. Sonst gibt es bei seriösen
> Geschäften wohl niemals solch hohe Zinsen. (Ausser man heisst:
> Zuckerberg, Page, Gates, Jobs o.ä.)
>
>> an verfassungsrechtliche Grenzen stoßen.
>
> Bitte erkläre mir das einmal genauer. Welches Grundrecht wird da verletzt ?
>
> Vorab: Ich habe mehrfach reiche (privatversicherte) Menschen
> kennengelernt, die entsetzt waren über die Arbeitsbedingungen im
> Gesundheitswesen und die gerne viel Geld bezahlt hätten, wenn sie im
> Krankheitsfall (von Angehörigen) auf glückliche, enspannte, kompetente
> zeithabende Ärzte oder Pfleger gestossen wären.
>
> Wir wollen doch ein gerechtes System. Gerecht ist nicht, wenn jeder
> nominell den gleichen Betrag bezahlt. Gerecht ist, wenn der Betrag den
> jeder bezahlt, jedem "gleich weh" tut.
>
> Piratig-solidarische Grüße und ein schönes Wochenende
>
> Der Alex





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