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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Pharma-Industrie und AWBs

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Pharma-Industrie und AWBs


Chronologisch Thread 
  • From: "Jörg H" <joergdr24 AT googlemail.com>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Pharma-Industrie und AWBs
  • Date: Mon, 15 Aug 2011 23:21:30 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Am 14.08.2011 13:59, schrieb syna:
> Ja: Pharma-Industrie und AWBs ... was hat es damit auf sich?
> Ich denke, dass dies auch ein Thema für uns Piraten ist. *Es ist
> nämlich so:*
>
>
> --------------------------------------------------------------
> *Wenn der Patentschutz abläuft,* werden oft Scheininnovationen
> hinterhergeschoben, damit wie bisher weiter Geld verdient werden kann.
> Dabei werden oft sichere Medikamente durch weniger sichere ausgetauscht,
> nur damit die Preise steigen. Und da schlägt die Stunde der
> "habilitierten Mietmäuler", die erklären, dass das neue Medikament eine
> riesige Verbesserung darstelle.
>
Woher nimmst Du nur deine "Weisheit" her?

Normalerweise werden die Schrittinnovationen als Arzneimittel mit
verbesserten Produktprofile beworben. Die Nebenwirkungshäufigkeit ist
oft niedriger als des Vorgängerproduktes. Das ist unstrittig in
Fachkreisen, natürlich sind nicht alle Patienten gleich anfällig für
Nebenwirkungen, daher bekommen auch nur ein Teil die neuen Präperate.
Das hängt sehr von dem individuellen Gesundheitszustand ab und dem Arzt
natürlich.

Ich beobachte das jetzt schon fast 2 Jahrzehnte, aber von einem
Nachfolgeprodukt, welches schlechter als das sein Vorgänger ist, habe
ich nicht gehört. Das wäre auch nicht zu erwarten, weil sich die
Anforderungen an die an die Zulassungsunterlagen, in den letzten 2
Jahrzehnten bis ins absurde gesteigert haben. Das Produkt wäre schon in
der Entwicklung abgebrochen worden. (Die Kundschaft ( Ärzte) ist doch
nicht blöd.)

Faktisch sinkt der Umsatz des Originators nach Ablauf des Patentschutz
immer deutlich. Schau in die Finanznachrichten.

Mit den Kosten für die GKV ist das nicht immer so. Wie die Generika
häufig so viel günstiger sind, werden Sie für die Ärzte
wirtschaftlicher. Da die Generika-Firmen in der Vergangenheit auch
(Allgemein)mediziner besucht haben, die vom Originator nicht besucht
wurden, wurde der neue Generische Wirkstoff breiteren Kreisen bekannt.
Durch die Rabattverträge wurden der Wettbewerb hier stark vermindert und
heute haben viele Generika unternehmen keinen Aussendienst dafür mehr.
Es bleibt abzuwarten, ob durch diesen Effekt der Rabattverträge neudings
günstige nebenwirkungsärmere Arzneimittel langsamer verbreiten lässt.
> *Und hier gilt: * Je teuerer das Medikament, desto höher die
> Umsatzzuwächse.
Binsenweisheit
> Während bei uns mehr als die Hälfte der Patienten mit
> Bluthochdruck gar nicht behandelt wird, bekommt die andere Hälfte oft
> Medikamente, die viel kostspieliger als gleichwertige Alternativen sind.
> Trotz enormer Ausgaben sind unsere Behandlungsergebnisse im Bereich des
> Bluthochdrucks im internationalen Vergleich darum eher schlecht. Es
> erleiden bei uns überdurchschnittlich viele Menschen einen Schlaganfall
> mit oft katastrophalen Folgen.
>
Blutdruck wird im Vergleich zu andere Volkskrankheiten relativ gut
therapiert. Wo hast Du nur diese These her? Lass uns mal deine Quellen
hören!
> *Die Ärzte* bekommen von der Herstellerfirma Geld dafür, dass sie
> besonders teure Medikamente verschreiben. Da eine direkte Bezahlung für
> die Verordnung nicht erlaubt ist, wird das Geld in der Regel durch
> sogenannte Anwendungsbeobachtungen (AWB) ausgeschüttet. Die indirekte
> Bestechung wird auf diese Weise gesetzlich toleriert.
In der Vergangenheit wurde von einigen Firmen rechtswidrig Geld gezahlt.
Der letzte groß bekannt gewordene Fall war vor einigen Jahren
Ratiopharm. Aber die Leute wurden verurteilt.
>
Du vergisst zu erwähnen, das die Ärzte für das Geld auch eine Leistung
erbringen. ein 4-5 Seitiger AWB-Bogen, den ich letztlich gesehen habe
war kein Vergleich mehr zu dem Jahrzehnte alten anderthalb seitigen,
aber die Bezahlung war heute niedrigen. Da scheint sich sehr viel
verändert zu haben. Es würde mich aber nicht verwundern, wenn im Markt
der sehr teuren Spezialpräparaten (>=1000 euro/Dosis) noch einiges
gemauschelt würde, auch wenn ich nichts mehr davon gehört habe.
> *Der Patient * wird dabei nicht gefragt oder informiert, seine Daten
> gehen ohne sein Wissen an die Pharmafirma.
Daten werden anonymisiert weitergegeben.
> Macht die Krankenkasse bei der
> Erstattung Probleme, behauptet der Arzt, die Kasse wolle Kosten sparen
> und das notwendige Medikament nicht bezahlen.
AWB sind nur für zugelassene Arzneimittel erlaubt, also muss die Kasse
Sie auch bezahlen. Probleme könnte die Kasse nur im nach hinein machen.
Das sind die unter Ärzten gefürchteten Regresse. Bei Lifestyle
Arzneimittel werden immer alle Vertreter eine Klasse ausgeschlossen.
> Oft ist der Patient so naiv
> und begleicht die Differenz zum billigeren Medikament aus eigener Tasche,
> ohne je zu erahnen, dass dies allein dem Arzt nützt, der damit die AWD
> weiter abrechnen kann.
Dieses Senario ist aufgrund des Systems s.o. nicht möglich. Wie kommst
Du Syna zu dieser Behauptung
> Sie bringt in der Regel 100 bis 300 Euro je
> Patient.
Ich habe von Preisen von 50 bis 80 Euro gehört.
>
>
> Der Einsatz teurer *Scheininnovationen* , zu denen es preiswertere
> Alternativen gäbe, kostete das deutsche Gesundheitssystem im Jahr 2005
> 1,6 Milliarden Euro. Ein Verbot der AWDs wurde in der Gesundheitsreform
> 2007 von der CDU/CSU blockiert.
>
Zu diesen "Scheininnovationen" gehörten die besten und sichersten
Generika. Nach einer Stellungnahme eines Ausschusses der DPHG sind unter
den häufigsten Generika nur ca. 50 % die ersten Wirkstoffe dieser Klasse
alle anderen kamen später sind also Schritt- oder wie Du sagst
"Scheininovationen". Aber diese Fakten sind Dir sicher bekannt.


Gruß
Jörg




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