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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Zusammenfassung Diskussion

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Zusammenfassung Diskussion


Chronologisch Thread 
  • From: Morgan le Fay <input.output AT freenet.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Zusammenfassung Diskussion
  • Date: Sun, 11 Apr 2010 19:22:53 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Am 11.04.2010 15:26, schrieb Privacy:
Am 11.04.2010 14:13:49 schrieb Morgan le Fay (evtl. zitierend!):


Hallo Morgan,
Wie soll das konkret aussehen? Da bist Du als Medizinrechtler sicher
besser informiert als ich, doch noch nicht einmal das
Augenoptikerhandwerk darf als "fahrendes Gewerbe" ausgeübt werden und
erfordert als sog. "gefahrengeneigter Beruf" eine lückenlose
Meisterpräsenz.
Selbstverständlich muss Arztpräsenz gewährleistet sein - ggf. über
organisierte Bereitschaftsdienste.
Und wir sind sowieso - und auf dem Land "fahrende Gesellen" (nein, kein
Gewerbe) - wir arbeiten als Konsiliarien, Vertretungen etc.

Warum nicht z.B. in gemeinnützige /Eigenbetrieben der
Gebietskörperschaften (besser als in Klinik MVZ!) ?

Mit Basisgehalt, ggf. Leistungszulagen.


Ist das nicht eine linke Position? Ein angestellter Arzt, ein Basisgehalt, das "basischer" nicht sein kann...
Ich meine, ich wäre ja durchaus für so eine Option, aber Du selbst schließt weiter unten ja linke Ansichten aus, wenn ich Deine Sarkasmus richtig deute.


Um wieviel mehr wird man die Ausübung der Heilkunst reglementieren?
Die inhaltlichen Anforderungen will ich auch nicht unbedingt ändern.

Oder doch?
Warum nicht den modularen Facharzterwerb?

Als Rechtsanwalt z.B. darfst Du selbstverständlich eigenverantwortlich
Fälle übernehmen, sobald du approbiert bist.

Und immerhin sind die Ärzte hochqualifizierte Akademiker. Es hat mir
schon immer missfallen, wie unser Berufsstand mit jungen Kollegen
umging. Da gab es die "Aip"-geeigneten Fortbildungsveranstaltungen -
welche Anmaßung ... wie jugendfreies Kino. Als ob nicht die jungen
Kollegen gerade wissenschaftlich besser drauf sind als altgediente Hasen.

D.h.
Ein Modell:
Jungarzt fängt als Arzt in Weiterbildung unter einem Weiterbilder an.
Er kann Bereiche der Weiterbildung komplettieren - z.B.
Ultraschallqualifikation. Sobald er diese hat, trägt er im vollen Maße
die Verantwortung für seine Befunde und darf auch an der
Patientenversorgung eigenständig teilnehmen.

Derzeit darfst Du zwar ambulant einen Weiterbildungsassistenten
einstellen - nur ... die KV schreibt die Zuständigkeiten bis auf's
i-Tüpfelchen vor - und die Assistenten haben z.B. keinerlei eigene
Rechte gegenüber der Regulationsbehörde.

Bei rein klinischen Bereichen bestätigt der Weiterbilder jeden Abschnitt
mit einem Zeugnis. Andere Abschnitte - z.B. Notfalltraining können mit
Kursen kombiniert werden.

So kann die Weiterbildung auch zu großen Teilen im ambulanten Bereich
durchgeführt werden. Eine Gemeinde kann z.B. einen Kooperationsvertrag
mit einem Krankenhaus zur Rotation der Mitarbeiter eingehen.


Solche Denkmodelle gibt es einige. Ich hatte schon vor einiger Zeit angeregt, niederlassungswilligen Ärzten eine auf Staatskosten eingerichtete Praxis zur Verfügung zu stellen. Das hätte mehrere Vorteile für alle Beteiligten auf die ich jetzt nicht nochmal eingehe, jedenfalls wäre auch die flächendeckende ärztliche Versorgung gewährleistet.
Das führt mich übrigens zu meiner ersten Frage im Piratenforum, nachdem ich in die Partei eingetreten bin und nun stelle ich Dir und ZweiPi diese Frage auch:
Wie radikal wollen wir umstrukturieren? Schmeißen wir das gesamte SGB V über den Haufen oder versuchen wir erst einmal, das beste daraus zu machen?
Meine Meinung ist, dass man nicht versuchen sollte, ein totes Pferd zu kurieren.
Rückt man jedoch von diesem geballten und über Jahrzehnte zusammengeschusterten Quatsch ab, gibt es jede Menge Optionen für Problemlösungen.


An dieser Stelle vielleicht mal etwas Grundsätzliches an alle: Wir
versuchen hier doch, ein piratisches Konzept zu erarbeiten, mit dem man
beim Wähler um Stimmen wirbt, oder sehe ich das falsch?
Richtig - sieh dir mal mein Konzept an - das hebt genau darauf ab.

Ich glaube ohnehin, dass wir in der Sache weitgehend einer Meinung sind.

Was wir hier also gestalten, muss einerseits unserer Parteiphilosophie
entsprechen, andererseits ein Stück weit "leicht verdauliche",
meinetwegen auch populistische Kost sein,
Dann schreib's halt bei den Linken ab! Du wirst im gesamten sozialen
System immer nur mehr staatliche Verteilung bekommen (und als Folge
Reglementierung), wenn du populistisch bist.

Das war so nicht gemeint. Nichts liegt mir ferner als Unredlichkeiten. Wikipedia erklärt das gut: Populismus ist "Nähe zum Volk", weil die meisten eben komplexere Sachzusammenhänge nicht begreifen oder diese sie nicht interessieren. Wir müssen davon ausgehen, dass für die meisten der Strom aus der Steckdose kommt und dann können wir ihnen z.B. halt nichts von der Ungerechtigkeit einer von den KVen gebeutelten Ärzteschaft berichten, sondern müssen sagen, dass es dringend erforderlich ist, in der Medizin neue Rechtsverhältnisse zu schaffen, um eine angemessene ärztliche Betreuung für die Zukunft sicherzustellen und das wir Piraten dafür einstehen.
In solch einem Sinne wollte ich das verstanden wissen. Man kann es auch Allgemeinplätze oder Binsenweisheiten nennen, aber wir können nicht beim Wähler mit Sachverhalten auftreten, die vertieftes Hintergrundwissen erfordern.

Warum strebt ihr Optiker nicht an, dass Fielmann als staatliche
Organisation betrieben wird und genau festgelegt, wo welcher Optiker
wieviele Brillen von welchem Modell verkaufen darf?

Wo ist da jetzt eine Analogie??

Gerade der Optiker-Markt ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Rückzug
des Staates (aus der Brillenfinanzierung) das Gewerbe hat aufblühen
lassen - es ist vieles billiger und vielfältiger geworden.

Wie bitte? Aufblühen? Reihenweise gehen Zulieferer den Bach runter, sogar der Welt größter Fassungshersteller, die Fa. Safilo, die Toplevel-Marken vertreibt, hat Anteile an die Optikerkette mit dem griechischen Gott verkauft. Rodenstock machte zuletzt Defizite und hat seine einst stolze Seele auch jenem Griechengott als Basislieferant verkauft.
Hier bist Du echt auf dem Holzweg. Richtig ist nur: Vieles ist billiger, aber auch schlechter geworden.


Ja - und ich bin Jahre lang nur "Lesehilfen" aus dem Kaufhaus sehr
zufrieden gewesen (auch die gab's erst nachdem sich die Kassen
zurückgezogen hatten)

Stimmt auch nicht. Lesehilfen gibt es schon ziemlich lange, aber erst seit 2004 gibt es, bis auf ein paar Ausnahmen, keine Festbeträge für Erwachsene mehr.
Ich will nicht missverstanden werden - natürlich kann
Gesundheitsversorgung nicht komplett einem freien Markt überantwortet
werden - nur die komplette Ausschaltung letzteren - bzw. deren Ersatz
durch den Wettbewerb staatlicher Zwangsorganisationen (KV, GKV)
entmündigt die eigentlichen Vertragspartner - auch und gerade die Patienten.

Richtig. Das ist ein ganz wesentlicher Aspekt, der auch mir sehr am Herzen liegt. Rechte des Versicherten, die er durch Zahlung seiner Beiträge erwirbt, müssen bis zum tatsächlichen Leistungerbringer durchschlagen. Ein bisschen mehr privatvertragliches Recht nach BGB, ohne das Solidarprinzip aufzugeben, würde dem ganzen ein ganz neues Gesicht verleihen.
Solange er selber nicht an den Kosten der Medis beteiligt ist. Du kannst
nicht zu mehr Markt und Eigenverantwortung kommen, wenn du dem
durchschnittlichen Bürger nicht zumutest, zu verstehen was er bezahlt.

Mal ehrlich: Verstehst Du es? Stichwort: Avastin und Lucentis
Kann der Patient wissen, was tatsächlich indizierte Therapie und was "Gewinnoptimierung" ist? Der Arzt wird seine Behandlungen immer begründen können und dem Patienten bleibt nichts, als es abzunicken.

Ein erster kleiner Schritt ist hier getan - ich begrüße den Vorstoß von
Minister Rößler bzgl. der Generika-Verordnung - ich hatte genau so eine
Petition vor einem halben Jahr eingebracht.

Richtig, hoffentlich wird das mit ganzer Konsequenz umgesetzt. Ich erlaube mir aber, Zweifel anzumelden.


D.h. Pat. will unbedingt die originale blaue Pille, obwohl es eine
wirkungsstoffgleiche von einem anderen Hersteller gibt - er kann sie
bekommen - dies ist nicht eine fachliche Frage an den Arzt, sondern eine
Frage ob ihm dies Aufpreis wert ist.

Gleiches sollte auch mit den Hilfsmittel geschehen - hier werden gerade
die kleinen Betrieb vor Ort, die auch mal schnell einen Rollstuhl
reparieren kaputt gemacht, weil die Kassen Massenverträge mit
Billigprodukten von Lieferanten in Hinterposemuckel aushandeln.

Festpreis-Zuschuss - und gut!


Ich freue mich, dass im Gegensatz zu früher hier richtige Fachleute
mitwirken, aber wir müssen aufpassen, dass wir im Sinne der Bürger
argumentieren und nicht Pfründeschutz betreiben.
Das ist richtig. Aber die Gefahr sehe ich derzeit nicht. Bei den Ärzten
gibt es einige wenige, die richtig gut verdienen. Die meisten Kollegen
an der Basis - zumindestens hier in Neufünfland - leben in
Mietwohnungen, haben gemietete Praxen und fahren allenfalls
Mittelklassewagen. Lediglich Urlaub (mussten) sich einige Kollegen seit
ein paar Jahren mehr gönnen (wenn nämlich das Budget verbraten ist und
jeder zusätzliche Patient eigentlich ein Defizit produziert ... ).

Und wenn du dir die durchschnittlichen Vergütungen aus der GKV pro Jahr
und Kassenarzt ansiehst - und hier gibt es praktisch keine
Privatpatienten ausser ein paar Basistariflern ( ich habe 3 bei 900
Patienten) - dann weißt du, dass das betriebswirtschaftlich knapp ist.

Lt. Ulla Schmidt gingen im Jahre 2008 im Schnitt(!) an jede Arztpraxis 230.000 Euro aus der GKV. Stimmt das?

@ Hans Jürgen Fischer

Das Thema ist für mich abgehakt. Ich wünsche mir, dass wenn wir uns mal kennenlernen, wir unverkrampft ein Bierchen zwitschern und uns gut und gedeihlich miteinander unterhalten können.

Grüße

Morgan le Fay





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