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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Es werde Geld

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Es werde Geld


Chronologisch Thread 
  • From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Es werde Geld
  • Date: Wed, 26 Oct 2016 11:04:22 +0200

Hallo UKW,

wie bereits an Christoph geschrieben ist mein Anliegen die Darstellung von belastbaren Grundlagen. Hierzu gehört eine Auseinandersetzung mit den beiden heute noch vorherrschenden Theorien über die Herstellung unseres "Geldes". Weitere Anmerkungen unten im Text.

Am 25.10.2016 um 23:28 schrieb ukw:
Hallo Rudi, hallo Christoph

Ich finde Rudis Betrachtung "leicht" befremdlich. Bei Christoph ist es nur Schuldgeld. Ich war auch der Meinung, das es nur nur Schuldgeld gibt.
Auch meiner Meinung nach existiert heute nur Schuldgeld, abgesehen von dem 1948 bei der Währungsreform verteilten Kopfgeld in Höhe von ca. 3,5 Milliarden DM.
Nun steht im Raum, das es sowohl um bereits vorhandenes "Sachwertgedecktes Geld" handeln könne (entspringt Rudis Staatliche Theorie des Geldes)
Hier möchte ich Dich berichtigen.  Die "Staatliche Theorie des Geldes" ist nicht meine Theorie sondern ist der Titel von Georg Friedrich Knapps Buch über die staatliche Festlegung des in seinem Hoheitsgebiet geltenden Zahlungsmittels.
oder um Schuldgeld handeln könne (das was Christoph und ich meinen), wenn  es z.B. heißt : die Menge des Geldes und die Menge der Schulden sind exakt gleich hoch.
Wie bereits zuvor erwähnt handelt es sich bei unserem heutigen "Geld" nur um ein Zahlungsmittel, welches zu 98 % durch Schulden entstanden ist. Die staatliche Sichtweise auf "Geld" ist zwar in einigen Gesetzen verankert, spiegelt aber nicht die Realität wieder.

Ist es also so, das drei Arten Geld im System zirkulieren (wen sie Grade nicht gespart werden)?

1. Das Geld, welches Geschäftsbanken durch Kredit schöpfen (Schuldgeld)
2. Das Geld, mit welchem Geschäftsbanken Anlagegüter kaufen (Büroeinrichtung, Autos, Häuser / Glitzerpaläste im Frankfurter Bankenviertel, Filialgebäude wenn sie nicht angemietet sind...
Beides ist mE Schuldgeld, s.o.
3. Das "alte Münzgeld, welches durch durch die verwendete Kupfer, Messing, Nickel, Silber, Goldanteile "werthaltig" war ...
Kurantgeld ist heute eine Ausnahmeerscheinung, wie z. B. der Krügerrand.

Gibt es laut Rudi Müller eine vierte Art Geld, welches ich als das Geld welches durch Schuldverschreibungen (Wechsel) entsteht. Diese Wechsel können durch Faktorising monetarisiert werden?
Das Wort Wechsel kommt in meinem Text nicht vor. Eine Schuldverschreibung unter Privatleuten wie auch eine Schuld gegenüber einer Bank wird allgemein nicht als "allgemein anerkanntes und akzeptiertes Zahlungsmittel" gesehen. Erst die Schuld der Bank gegenüber dem Bankkunden erfüllt diese Anforderungen.

OK. Es geht mir einmal um die Erfassung der grundsätzlich verschiedenen Arten wie Geld entstehen kann.
Dann kann ich (für mich) feststellen, das es nur werthaltiges Geld gibt, egal auf welche der vierte Arten dieses Geld entstanden ist, es ist werthaltig und das Geld verschwindet mit der "Reduzierung des Gegenwertes.
Der Begriff werthaltig verwirrt mich etwas. Als werthaltig betrachte ich den "Krügerrand". Du verstehst unter dem Begriff werthaltig jedoch die Deckung des Zahlungsmittels mit Aktiva. Somit existieren Kreditgeld (gedeckt) und Willkürgeld (ungedeckt). Das Kopfgeld der Währungsreform 1948 zählt zum Willkürgeld.

 
Für alle 3 oder 4 Geldentstehungsarten durch dekliniert:

1. beim Schuldgeld verschwindet Geld durch Tilgung
Jegliches "Geld" welches wir heute besitzen ist Schuldgeld also auch Giralgeld, Banknoten und Münzen.
2. Durch dieses leicht inflationäre hausinterne Geld, welches Banken schöpfen können (nicht müssen)
Wenn sie in unserem heutigen System überleben wollen dann "müssen".
wenn sie ein Anlagegut auf der Aktivseite Einbuchen und den "Hausinternen Geldschöpfungsvorgang" auf der Passivseite dagegen buchen (Bilanzverlängerung um den Wert des Anlagegutes).
Bis hierhin verständlich.
Für die Geschäftsbank bleibt als "selbst erarbeiteter Betrag" lediglich die gesetzliche Mehrwertsteuer, der so nicht finanziert werden kann sondern tatsächlich aus dem Cash flow entnommen werden muss. Aber - da Banken keine Umsatzsteuer abführen sind Bankleistungen auch Mehrwertsteuerfrei- (noch) 
Das habe ich jetzt nicht verstanden. Wenn keine MWST abgeführt werden muss ist der Absatz doch überflüssig oder sehe ich das falsch?
Durch Abschreibung verschwindet das virtuell geschöpfte Geld wieder. Nicht vergessen => Der Lieferant des "Anlagegutes" wird vor der Bestellung höflich aufgefordert ein Konto bei der bestellenden Bank zu eröffnen. Verweigert der Lieferant die Eröffnung des Kontos bei der bestellenden Bank, so müsste die Bank das Anlagegut aus dem Cash Flow (Summe aus Zins und Gebühren) bezahlen... die Frage ist, ob sie das tut.... 
Diese Behauptung zweifle ich jetzt stark an. Die Nordbank hat eine neue Computeranlage gekauft. Ist der Lieferant Kunde der Südbank dann muss die Nordbank den Kaufpreis an die Südbank überweisen. Hierzu muss sie einen Kredit bei der Zentralbank aufnehmen und ZB-Geld überweisen oder aber einen Kredit bei der Südbank aufnehmen und die Südbank veranlassen, den Kaufpreis von ihrem BKK (Bankenkontokorrentkonto) auf das Konto des Lieferanten zu überweisen. Unter "Bilanzen der Geschäftspartner" ist dieser Vorgang detailliert beschrieben.
3. Das Münzgeld bleibt werthaltig um den geprägten Betrag. Erst durch endgültigen Verlust der Münze wäre der Betrag vernichtet. Da es aber unmöglich ist die Summe(Betrag) der verlorengegangenen Münzen zu erfassen, wird dieser Fall wohl nicht in irgendeiner Berechnung erfasst sein.
Auch das Münzgeld gelangt, wie die Banknoten, nur über eine Verschuldung bei einer Geschäftsbank in Umlauf. D. h. auch mit dem Münzgeld kannst Du Deine Schulden bei der Bank tilgen.
Im eventuell vorhandenen vierten Fall, bei dem Geld durch Wechsel (Schuldscheine) entsteht, die faktorisiert werden (nicht prolongiert!) kann "Geld" entstehen. Diesen "Wert" kann der Remittent einfordern. Die Summe = Geld sollte aber durch die Zahlung der Summe beim "Begünstigten" verschwinden, weil dieser Vorgang dem vollständigen Tilgen eines Kredits entspricht. In der Zwischenzeit können die Inhaber der Wechsel "Diskont" fordern . Der Diskont entspricht hier dem Zins bei banküblichen Krediten.
Wie bereits oben erwähnt zählt der Wechsel (oder auch eine andere Form von Schuldschein) nicht zu den "allgemein anerkannten und akzeptierten Zahlungsmittel", umgangssprachlich zu Geld.

Diesen Sachverhalt habe ich deswegen so deutlich ausformuliert, weil ich an dieser Stelle sicher stellen möchte, das die Personen (Christoph, Rudi, Comenius) wirklich von den von mir beschriebenen Geldentstehungsarten sprechen.
Unser heutiges Geld entsteht nur durch Schulden!



Pause...


Nun heißt diese AG Geldordnung und Finanzpolitik
Es gibt also noch einen politischen Aspekt und den möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich zur Sprache bringen.
Der Politische Aspekt wird nämlich meistens nicht einmal erwähnt. Der politische Aspekt der Geldschöpfung wird völlig vergessen. Der Politische Aspekt der Geldschöpfung ist (meiner Meinung nach) aber der wichtigste von allen Aspekten überhaupt.

Was meine ich, wenn ich vom politischen Aspekt der Geldschöpfung spreche?

Ganz einfach: Es ist ein Fakt, das Geld nur durch Schuldgeschäfte oder durch geschaffene Werte zu Stande kommt.
Die Fähigkeit Werte zu erzeugen bedeutet:
- man schürft Edelmetalle, Diamanten, Erdöl, oder andere Bodenschätze
- oder man verfügt über Produktionsanlagen (Acker oder Waldfläche) sodass man mit geringstem Einsatz (Samen) Produkte heranwachsen lassen kann, weil die Ressourcen "Sonnenlicht" und "Regenwasser" kostenlos erhältlich sind.
- oder man verfügt über (Fabriken) Produktionsanlagen, die nicht (mehr)  kreditfinanziert sind und erhält die Rohstoffe kostenlos oder sehr günstig direkt aus der "Natur". Sobald Kultur im Spiel ist, wird es teuer. Mehrwertsteuer, Lohnkosten, Energiekosten/Transportkosten  usw...



Ich stelle fest, die wenigsten sind in dieser Situation (wie oben beschrieben).
Für alle Menschen, die nicht auf vererbte oder geschenkte/Gottgegebene Ressourcen zurückgreifen können, entsteht ein grundlegendes Problem:

Die Finanzierung.

Sobald Geldbedarf entsteht wird es politisch. Der Debitor muss irgendwie an Geld kommen. Außerdem sind die Gesellschaften  auf Liquidität angewiesen. Ohne Geld sind die heutigen Gesellschaften und der gesamte Wirtschaftskreislauf gar nicht denkbar und möglich.

Entweder der Debitor spart,
oder der Debitor leiht sich das Geld von anderen Sparern
oder der Debitor ist auf eine GESCHÄFTSBANK angewiesen, die die "Geschäftsidee" finanziert.

Ist das nicht interessant?
Es gibt kein Gesetz, das eine Geschäftsbank verpflichtet einem Staat oder einen Debitor Kredit zu geben. Die Geschäftsbank(en) können sich einfach weigern Kredit zu geben. Niemand kann eine Geschäftsbank verklagen, weil sie keinen Kredit gegeben hat. An dieser Stelle wird es schon sehr politisch, denn hier begegnet der forschende Geist der absoluten Macht. Galt früher "Gott" als Schöpfer dieser Welt, so sind es heute faktisch die Geschäftsbanken, die "gottgleich" bestimmen,
- wer
- zu welchen Konditionen
- wieviel Geld bekommt.
 
Geschäftsbanken haben das Geldschöpfungsmonopol. Ratingagenturen und Bonitätseinstufungen (Basel I - III) bestimmen Zinssätze.
Zinssätze sind sehr viel effektiver als jede Steuer, die vom Staat erhoben wird, weil eine staatlich erhobene Steuer kann man umgehen, ein Zinssatz ist fundamentaler Bestandteil des Kreditvertrages. Da der Debitor (Kreditnehmer) vor Auszahlung des Kredites die Sicherheitsübereignung an die kreditgebende Bank leisten muss, trägt die Bank niemals ein ernsthaftes Risiko.
Und noch ein Punkt. Die Bank "prüft" die "Geschäftsidee" bevor sie einen Kredit vergibt. Der Kreditnehmer muss also die Hosen vollständig "runterlassen" bevor die Geschäftsbank sich entscheidet einen Kredit zu vergeben oder auch nicht.
Abgesehen von den ganzen Sicherheiten, die der Kreditnehmer sowieso hinterlegen muss, ist die Geschäftsidee das eigentlich wirklich Wertvolle bei diesem Vorgang - genau Genommen ist die Geschäftsidee so wertvoll, das man diese Idee niemals und niemand anvertrauen sollte.

Rudolf Müller (Rudi) warum hast Du diesen (m.E.n.) sehr wichtigen Aspekt bei deinem Text überhaupt nicht berücksichtigt?
In meinem Text habe ich neben dem von Dir erwähnten sicherlich "sehr wichtigen Aspekt" noch viele andere Aspekte unberücksichtigt gelassen. Die Aufgabenstellung lautete:
"Ziel der vorliegenden Schrift war zu klären, ob die „Staatliche Theorie des Geldes“ oder aber die „Theorie vom Schuldgeld“ die Entstehung von „Geld“ zutreffender beschreibt."
Eine Wertung des bestehenden Systems war von mir bewusst ausgeklammert. An den obigen Diskussionspunkten wird jedoch ersichtlich, dass bereits die vielleicht simple erscheinenden Grundlagen Probleme bereiten.
 
Also lassen wir die Grundlagen beiseite und steigen gleich eine Stufe höher ein und diskutieren die erforderlichen Änderungen?
Änderungen an den Grundlagen, auch wenn diese noch nicht verstanden sind?

Zielführend finde ich das nicht, auch wenn es der Praxis bei vielen Experten und Politerkern entspricht.

Beste Grüße
Rudi Müller

Leben wir in einer Demokratie oder leben wir in der Welt, die uns die Geschäftsbanken finanzieren?

Das ist die politische Frage die viel mehr diskutiert werden könnte.

mfg
ukw




 

Am 24.10.2016 um 20:22 schrieb Rudolf Müller:

(An alle Leser, die nicht auf der Attac-Liste mitlesen.)

Für viele sicher eine müßig erscheinende Beschäftigung mit einem wenig Nutzen einbringenden Grundlagenthema. Die Probleme liegen doch ganz woanders. Da aber die Art der Geldentstehung für viele unserer Probleme verantwortlich gemacht wird, wollte ich es genauer wissen.

    Ist die Aussage, dass unser "Geld" zu 90 % aus dem "Nichts" entsteht haltbar?
    Löst dementsprechend eine Beseitigung dieses Umstandes unsere Probleme in der Finanzwelt?

Wenn schon das Fundament instabil ist, wie kann eine darauf aufbauende Theorie über die heutige Geldentstehung haltbar sein?
Ist u. a. die Stichhaltigkeit von einigen Geldreformer-Standpunkten damit nicht auch in Frage zu stellen?

Hinter dem "Geld aus dem Nichts" stehen einige äußerst unsauber konstruierte Annahmen, denen


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