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Re: [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie
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- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie
- Date: Sun, 28 Sep 2014 09:25:21 +0000
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Bezeichnend ist auch, daß beide Diskurse - der öko-apokalyptische und der neoliberale - nicht nur zeitgleich dominant wurden (Ende des Systems von Bretton Woods 1971, 1. Club-of-Rome-Bericht "Grenzen des Wachstums" 1972, Gründung der Grünen Anfang der 80er, Lambsdorff-Papier und Ende der sozialliberalen Koalition 1982).
Sondern auch, daß beide Diskurse ihre Ziele gegenüber der "Masse" mit angstbesetzter Rhetorik durchdrücken, mit scare-taktiken:
Wenn wir nicht alle ... (weniger CO2 produzieren / den Gürtel enger schnallen) werden wir alle (von der Natur bestraft und sterben / von den Chinesen überrollt werden).
Das paßt wunderbar zum großen ökonomischen Zyklus, dessen Scheitelpunkt (mit Peak der Gewerkschaftsmacht) nach dem langen optimistischen Aufschwung der 50er und 60er dann Anfang der 70er erreicht war. Der lange Abschwung seit dem Ende des Bretton-Woods-Systems war verbunden mit dem Drehen des Weltbilds ins Pessimistische und dem Drehen der Argumentationstaktiken zu Scare-Taktiken.
Will sagen: womit wir in erster Linie zu Kämpfen haben, ist das Weltbild und Überzeugungssystem einer ganzen Generation, nämlich der Generation der Nachkriegsgeborenen Wohlstands-Babyboomer, denen jegliche Erfahrung der 30er Jahre fremd ist und die diese Zeit nie realistisch analysiert, sondern (als Aufstand gegen ihrer Elterngeneration) nur abstrakt moralisch abgelehnt haben.
Für die heutige Situation nach der Finanzkrise 2007ff. und speziell die Politik, die in Europa gemacht wird, sind aber die 30er Jahre und die dort gemachten, heute verdrängten und vergessenen Lernerfahrungen (Lautenbach, Gestrich, Keynes, etc.) höchst relevant.
moneymind schrieb:
Hallo Thomas,
Also, ehrlich gesagt ist mir nicht so ganz klar worauf du hinaus willst.
Deine Aussage verstehe ist ungefähr wie folgt:
Die Klimadiskussion lässt sich wunderbar missbrauchen, weil sie ohnehin in die wachstumsfeindliche Grundeinstellung der Grünen (oder der 68er Generation) passt. Und sie wird tatsächlich missbraucht, um... den Neoliberalismus zu fördern?
Sie wird nicht bewußt mißbraucht, aber unbewußt besteht eine Kompatibilität mit den realen Ergebnissen der gewerkschaftsfeindlichen neoliberalen Politik, nämlich sinkende BIP-Wachstumsraten und steigende Arbeitslosigkeit. Beides sind nicht die offiziell vorgegebenen Ziele neoliberaler Politik, aber die realen und implizit auch angestrebten Ergebnisse. Hauptziel neoliberaler Politik war eindeutig die Brechung der Ende der 60er Jahre auf ihrem historischen Höhepunkt angekommenen Macht der Lohnabhängigen und ihrer Organisationen. Und dies geht über die Erzeugung von Arbeitslosigkeit
Diese These erscheint mir doch reichlich seltsam.
Dass der Neoliberalismus wachstumsfeindlich ist, wäre mir jedenfalls neu. In den USA z.B. gebärdet sich der Neoliberalismus zumindest nicht gerade als Naturschützer. Die sogenannten "right-to-work-laws" (eine perfekt Orwellsche Sprachverdrehung) beinhalten so weit ich weiß meist erhebliche Bestandteile, welche eher die Namensgebung "right-to-pollute-the-environment-laws" rechtfertigen würden.
Ich sage eben: diesem oberflächlichen Gegensatz stehen verdeckte Gemeinsamkeiten gegenüber: nämlich eine Politik, deren praktische Ergebnisse (Neoliberalismus) und erklärte Ziele (Ökos: niedrigere Wachstumsraten, höhere Arbeitslosigkeit wird nicht als Problem sondern eher als wünschenswert angesehen) gegen die Interessen der Lohnabhängigen gerichtet sind.
Und dass es sich bei der Klimadiskussion um "Klimaapokalyptik" handelt, halte ich auch für eine recht gewagte These.
Falls du auf die angebliche Umstrittenheit des antropogenen Klimawandels anspielst, bitte ich dich, folgende Links anzuschauen:
http://www.zeit.de/2012/48/Klimawandel-Marc-Morano-Lobby-Klimaskeptiker
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/ursachen-des-klimawandels-umfragen-unter-klimaforschern-zum-konsens-a-900562.html
http://www.eike-klima-energie.eu/climategate-anzeige/saekularer-und-aktueller-meeres-anstieg-pegel-16-mmjahr-oder-sat-altimeter-32-mmjahr-was-ist-richtig/
http://www.john-daly.com/ oder sein schon 1989 erschienenes Buch "The Greenhouse Trap":
http://www.amazon.com/greenhouse-trap-effect-will-earth/dp/0947189777/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1411894268&sr=8-1&keywords=john+daly+greenhouse+trap
Wir können jetzt natürlich eine Link-Schlacht betreiben. Nachdem ich jahrelang selber auf die Ökoapokalyptik und abstrakte Wachstumskritik hereingefallen bin (die Frage nach den Gründen der angeblichen Notwendigkeit von "Wachstum" war für mich der Ausgangspunkt, mich überhaupt mit Gesellschaftstheorie und Ökonomie zu beschäftigen), habe ich das eben auch hinterfragt und bin dabei zu der Überzeugung gekommen: die Klimamodelle sind keineswegs so eindeutig, wie seitens der in 30 Jahren mächtig gewachsenen Klimakatastrophenlobby und des IPCC vorgespiegelt wird. Zusätzlich betreiben die Klimapropheten eine regelrechte Hexenjagd auf Kritiker des Treibhaus-Modells und der "Hockey-Stick"-Kurve ("Klimaleugner" etc.), wie unschwer z.B. an den editwars auf den einschlägigen wikipedia-seiten zu beobachten ist.
Daß der globalwarming-scare eine fundamentalistische Religion darstellt, wurde mir aber - zusammen mit den Gründen für seine emotionale Überzeugungskraft - erst so richtig bewußt, nachdem ich das rhetorische Grundmuster als Wiederverwendung eines alten, religiösen Denkmusters in säkularem Gewand erkannt habe.
Und Flassbecks Position ist ja nun keinesfalls, dass Klima- bzw. Umweltschutz nicht notwendig oder sinnvoll ist, sondern, dass dieser eben NICHT zwangsläufig im Widerspruch zu Wachstum steht.
Flaßbeck möchte die Klima-Aktivisten natürlich im Boot haben, was verständlich und vielleicht sogar eine politisch sinnvolle Strategie ist. Sie wird aber m.E. deswegen nicht funktionieren, weil diese Leute rationalem Denken nicht zugänglich sind: es ist eine apokalyptische Glaubensgemeinschaft, Klimaapokalyptiker sind religiöse Fundamentalisten.
Meines Erachtens muß man dieses, in den 80er Jahren entstandene und auf sehr alte religiöse Wurzeln zurückgreifende Glaubenssystem sehr viel grundlegender angehen und in Frage stellen.
Was für eine Position wolltest du ihm denn mit deiner Mail übermitteln? Dass Umweltschutz und Wachstum doch Widersprüche sind? Oder dass Umweltschutz (oder in diesem Falle Klimaschutz) Quatsch ist, um den man sich nicht kümmern sollte?
Daß die Klimakatastrophengläubigkeit und abstrakte Wachstumskritik plus makroökonomische Inkompetenz, die seit den 80er Jahren als Leitdiskurs die Köpfe beherrscht, neben dem neoliberalen Glaubens- und Machtsystem (mit dem eine heimliche Kompatibilität besteht) die größten Hindernisse in den Köpfen sind, die man im Interesse einer makroökonomisch sinnvollen Änderung der kapitalistischen Spielanordnung zu einer der nach dem 2. Weltkrieg angezielten und tlw. verwirklichten zu überwinden hat.
Es gibt eine implizite, unerkante Allianz von Neoklassikern + Öko-Ökonomen; beide fundamentalistischen Weltsichten - Markt- und Ökofundamentalismus - beruhen auf Glaubenssätzen, die in der Wirklichkeit mit allen Mitteln der Macht durchgedrückt werden. Es sind in erster Linie arbeitnehmerfeindliche Machtsysteme bzw. Machtdiskurse.
- [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie, moneymind, 18.09.2014
- Re: [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie, Thomas Schindler, 19.09.2014
- Re: [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie, moneymind, 24.09.2014
- Re: [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie, moneymind, 28.09.2014
- Re: [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie, moneymind, 28.09.2014
- Re: [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie, Thomas Schindler, 19.09.2014
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