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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] die ideologische wirtschaftspolitische Funktion der Klimakatastrophen-Ideologie
  • Date: Wed, 24 Sep 2014 21:12:30 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Thomas,

ich werde versuchen, mal zu verdeutlichen, was ich meine, wenn ich mir auch dessen bewußt bin, daß ich da vermutlich gegen Windmühlenflügel anrede und kaum eine Chance habe, auch nur angehört zu werden: zu stark sind mittlerweile die ja wie neoliberale Glaubenssätze seit 35 Jahren eingehämmerten Öko-Klischees und Glaubenssätze.

Doch genau da muß hinterfragt und angezweifelt werden. Denn das größte Problem, das wir heute haben, ist in den Köpfen: es ist die Wahrnehmung der Welt, die in uns seit den 80er Jahren als "selbstverständlich", "offensichtlich" und "alternativlos" eingehämmert wird. Ob das nun einzelwirtschaftlich-neoliberales Denken oder Ökoapokalyptik ist.

Neoliberale Ideologen /geben sich /wachstumsfreundlich, sie /behaupten/, ihre Politik führe zu mehr Wachstum und Beschäftigung.
/
Real /ist das Gegenteil der Fall, wie die Empirie seit den 80er Jahren (seit denen neoliberale Politik gemacht wird) eindeutig zeigt (Wachstum ist seither gesunken, Arbeitslosigkeit gestiegen).

Wenn Du also neoliberales Gerede für bare Münze nimmst, klebst Du an der Oberfläche.

Das liegt nicht nur an der falschen Theorie, die die neoliberalen Ideologen zugrundeliegen (neoklassische Ökonomie), sondern auch daran, daß das eigentliche Ziel dieser Politik in einer Schwächung der Lohnabhängigen und ihrer Organisationen (Gewerkschaften) bestand: ein Ziel, das über höhere Arbeitslosigkeit erreicht werden sollte und wurde (dafür wurde u.a. eine angeblich "natürliche" Arbeitslosenrate definiert - vgl. dazu die hier https://news.piratenpartei.de/showthread.php?tid=462246 verlinkten Nachdenkseiten-Artikel). Und diese höheren Arbeitslosenraten wurden durch eine Dämpfung der Wachstumsrate und damit der Investitionen erreicht (durch eine Kombination von Hochzinspolitik der Bundesbank mit einer Zinsrate über der Wachstumsrate, plus bedingungsloser staatlicher Sparpolitik.

Ich will nun darauf hinaus, daß die diffuse und abstrakte "Wachstums"-Kritik der Ökobewegung nicht nur inhaltlich gegenüber dem, was "Wirtschaftswachstum" tatsächlich bedeutet (nämlich ein Wachstums nicht von stofflichen, sondern völlig unstofflichen monetären /Vermögensgrößen/), völlig am Punkt vorbeizielt.

Von irgendeinem realen Verständnis der realen Bedeutung von BIP-Wachstum für die Beschäftigung und die gesellschaftlichen Teilnhabemöglichkeiten der Lohnabhängigen mal ganz zu schweigen - letztere sind für die Ökos kaum ein Thema, weil der Ökodiskurs von einer Wohlstandsgeneration auf dem Höhepunkt der Macht der Arbeiterbewegung entwickelt wurde, für die drohende Arbeitslosigkeit gar kein Thema war.

Ich will v.a. darauf hinaus, daß aus dieser Sicht "niedrige Wachstumsraten" für die Ökofreaks positiv sind und nicht nur hingenommen, sondern sogar begrüßt werden - in völliger Verkennung von deren tatsächlichen Bedeutung für die Beschäftigung, damit für die Macht der Lohnabhängigen und damit für die Reichtumsverteilung insgesamt. So besteht eben ein heimlicher Konsens zwischen Ökos und Neoliberalen derart, daß die Ergebnisse neoliberaler Politik (niedrige Wachstumsraten, hohe Arbeitslosigkeit) von den Ökos a priori für wünschenswert befunden und daher weder verstanden noch kritisiert werden. Hinzu kommt die Linke, die darin eine willkommene Krise des Kapitalismus sieht, kann sie sich so doch dessen nahendes Ende zurechtfantasieren.

Siehst Du das gemeinsame eschatologische Hintergrundmuster, die Untergangsgläubigkeit?

Die Ökos sind - ohne dies selbst zu merken oder gar zuzugeben - in diesem Punkt völlig funktional für den neoliberalen Diskurs, wenn sie mittlerweile nicht sowieso ganz offen neoliberal Denken und TINA überall akzeptieren und ansonsten nur noch nach „weniger CO2“ schreien.

Damit meine ich nicht, Umweltschutz sei unnötig oder schlecht.

Wo dieser an konkreten Problemen ansetzt und konkrete Lösungen erarbeitet (z.B. bei der Umstellung der Energieversorgung auf regenerative Energien), ist er wichtig und muß vorangetrieben werden. Aber abstrakte Wachstumskritik ebenso wie der Glauben von anthropogenen Globalwarming mit anschließendem globalen Untergang sind neoreligiöse Eschatologie und politische Ideologie, in other words: Machtrhetorik, einer ganz bestimmten Generation: einer Wohlstandsgeneration, die auf ihrer „Sinnsuche“ eben auf alte religiöse Ideen zurückgefallen ist und damit gesellschaftstheoretische Ahnungslosigkeit und ihre makroökonomische Ignoranz kaschiert.

Es sind m.E. DIESE quasi-religiösen Denkmuster in den Köpfen dieser Generation IN VERBINDUNG mit dem gleichzeitig (Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre)zum Leitdiskurs gewordenen Neoliberalismus, die heute die größte Denkblockade für die Entwicklung einer der (der der 30er Jahre ähnelnden) Situation angemessenen wirtschaftspolitischen Strategie bilden.

Die Generation, die diesen Diskurs entwickelte, die Generation der "68er" (zw. 1944 geborene Babyboomer), war eine Wohlstandsgeneration, die die Erfahrung der 30er Jahre (Weltwirtschaftskrise) nicht kannte, sondern ihre Elterngeneration und deren Erfahrung nur abstrakt ablehnte ("alte Nazis"), ohne sie verstehen zu können.

Ihre Grundideen entwickelte diese Generation in einer Zeit, als die Gewerkschaften auf dem historischen Höhepunkt ihrer Macht waren. Als die 68er merkten, daß mit Marx bei den Gewerkschaften kein Blumentopf zu gewinnen war, suchten sie sich eine Ersatzreligion zur aufklärerisch-marxistischen Ideologie und fand sie in Esoterik, romantischer Naturschwärmerei und dem Einschwenken auf alte religiöse Deutungsmuster: mit der Klimakatastrophe durfte die gute alte Story vom sündigen Menschen, der von Gott mit einer Sintflut bestraft wird, in Gestalt der Story von der lieben Mutter Natur fröhliche Urständ feiern, die den bösen Menschen für ihren CO2-Ausstoß die natürlich gerechte Strafe zukommen läßt: die neue Sintflut, das Ansteigen der Meeresspiegel und die Überflutung der Kontinente.

Der "Gegner" war schnell identifiziert: das (makroökonomisch nicht nur völlig unverstandene, sondern auch völlig unanalysierte) "Wirtschaftswachstum" nämlich.

Daß diese makroökonomisch ahnungslose und auch völlig desinteressierte Generation dann von ihren ehemals extrem linken Positionen nach und nach in den neoliberalen TINA-Mainstream überwechselte, überrascht und empört bestenfalls diejenigen, die bis heute an ihren obsoleten marxistischen Extrempositionen festhalten (Ditfurth z.B.).

Die Gefährlichkeit dieser Denke besteht darin, daß ihre Wachstumskritik nicht nur völlig unfundiert gegenüber dem ökonomischen Wachstumsbegriff ist, sondern dem neoliberalen Diskurs in die Hände spielt, indem seine Ergebnisse nicht nur als "TINA" und unausweichlich angenommen, sondern sogar noch als ökologisch wünschenswert gefeiert werden - in einer Situation, die mehr und mehr Ähnlichkeiten mit der Situation der späten 20er und frühen 30er Jahre entwickelt und daher nach völlig anderen Strategien verlangt.

Das größte Problem, das größte Hindernis, das sinnvolle Wirtschaftspolitik ('a la Schulmeisters "New Deal" als Einleitung des Umbaus der innerkapitalistischen "Spielanordnung zurück zu einer "realkapitalistischen") heute zu überwinden hat, ist in den Köpfen:

Es sind die Ideologien, die in den 80er Jahren von den 68ern propagiert und übernommen worden sind:

1) Wachstumskritische Öko-Apokalyptik
2) Staatsfeindlicher Neoliberalismus
3) Fortschrittsfeindliche Zivilisationskritik.

Diese Ideologien schwächen über die Hinnahme von niedrigen Wachstums- und hohen Arbeitslosenraten diejenigen Kräfte, die allein die politische Macht (da Mehrheit) hätte, um eine wirtschaftspolitische Wende einzuleiten, nämlich die Gewerkschaften und die Lohnabhängigen.

Der Ökodiskurs ist damit nicht nur eine apokalyptische Untergangsideologie, sondern eine Ideologie, die die ökonomische Krise befördert und mitbedingt.

Nochmal: das größte Problem, das wir haben, ist in den Köpfen der Generation, die heute an den Schalthebeln sitzt - das sind die 68er, in deren Köpfe die Ideologien der späten 70er/frühen 80er stecken und das Handeln ihrer Träger anleiten.

Diese Ideologien wurden in einer der heutigen um 180 Grad entgegengesetzten Situation entwickelt: auf dem Gipfel/Scheitelpunkt des "langen Zyklus", auf dem die Gewerkschaften auf dem Höhepunkt ihrer Macht waren.

Die heutige Situation ist dieser Situation genau entgegengesetzt.

Wir befinden uns in der Talsohle des langen Zyklus, und die Ideologien, die auf dem Gipfelpunkt funktional waren, sind für die heutige entgegengesetzte Situation völlig dysfunktional - ohne daß dies bisher wirklich erkannt wäre (bis auf kleine Ansätze, wie hier in der AG, wo man dies immerhin in Bezug auf die herrschende ÖKONOMISCHE Ideologie begriffen hat, aber z.B. bei wachstumskritischem Ökodiskurs und Grundeinkommen nach wie vor gewohnheitsmäßig ins gewohnte und von der 68er Generation anerzogene Horn der Ideologien der 80er tutet).

Wie umfassend der Update der Sichtweisen sein muß, um aus der gegenwärtigen Krise der europäischen Zivilisation wieder herauszufinden, scheinen mir bisher nur wenige begriffen zu haben - mir selbst wird das ja auch erst seit ca. 2010 (Griechenlandkrise, Rettungsschirm) so peu a peu immer klarer.

Das Problem besteht ja schon darin, daß der Ökodiskurs heute für "bare Münze" genommen wird, und gar nicht mehr in Bezug auf seine zeitbedingten politischen Funktionen für die Generation, die sich seiner bedient hat, gesehen wird. Auch nicht in Bezug auf seine ideengeschichtlichen Wurzeln (Eschatologie, Naturromantik, Esoterik, Malthusianismus, etc.) und seinen sozialpsychologischen Funktionen.

Es ist wie bei jeder Ersatz- Heilsreligion und jedem Glaubenssystem: es wird eben blind geglaubt, für selbstverständlich genommen und nicht mehr hinterfragt, und jeder, der Zweifel anmeldet, gilt dann als Feind der Menschheit (weil er ja den globalen Untergang fördert und die grüne "HEILung" ablehnt). Hab ich ja selbst lange Zeit so gemacht, weil ich als 1968 geborener eben damit aufgewachsen bin. Die Öko-Sorgen waren für mich überhaupt erst Anlaß, mich überhaupt mit "Wirtschaftswachstum", politischer Ökonomie und den rechtlichen und monetären Grundlagen der modernen "aufgeklärten" europäischen "Fortschritts"-Zivilisation zu beschäftigen.

Zweifel kamen mir dann bei einem genaueren Blick auf den Klimakatastrophen-Diskurs und einer Verortung im Kontext vergleichender Mythologie und Religionsforschung (Eschatologie), und bei genauerer Beschäftigung mit dem Wachstumsbegriff im Kontext der Geld- und Kreditwirtschaft.

So ... ich hoffe, das war wenigstens halbwegs nachvollziehbar (fürchte aber, eher nicht). Die Verständigungsschwierigkeiten bei diesem ideologischen Kernthema (das Öko-Anhänger eben gar nicht als ideologisches sehen) dürften noch größer sein als auf wirtschaftstheoretischen Gebiet, weil auch historisch tiefere Erfahrungsschichten involviert sind (Apokalyptik - Religion, Mythologie etc.).

Ich denke, daß ich mit dieser Position in der gegenwärtigen Bewußtseinssituation keinerlei Chance habe und sowohl von neoesoterischen Ökos als auch von bibelgläubigen CDU-Anhängern (Franz Alt war einer der Super-Ökos der ersten Stunde) ins Lager "unbelehrbarer allgemeiner Menschheitsfeinde" gerückt werde, dem dann auch bei anderen Themen nicht mehr zugehört wird (im Islam nennt man solche Leute „Ungläubige“).

Ich stelle mich dabei vermutlich ins Abseits.

Das ist mir aber ziemlich egal, denn ich kann dieses ersatzreligiöse Öko-Gejammer, diese ganzen bescheuerten 80er-Jahre-Klischees und diese scheinheilig-ahnungslosen Öko-Prediger-Ökonomen einfach nicht mehr hören. Was wir, zum Henker nochmal, jetzt brauchen, ist Klassenkampf von unten für einen Real- und Teilhabekapitalismus, in dem sich Investieren in reale Produktion wieder lohnt, und gegen das Finanzkapital, um dem gottverdammten Klassenkampf von oben den Garaus zu machen.

Das und nichts anderes.

„Theoretische Zugänge eines Wachstumszwangs“, daß ich nicht lache!

Thomas Schindler schrieb:

Also, ehrlich gesagt ist mir nicht so ganz klar worauf du hinaus willst.
Deine Aussage verstehe ist ungefähr wie folgt:

Die Klimadiskussion lässt sich wunderbar missbrauchen, weil sie ohnehin in die wachstumsfeindliche Grundeinstellung der Grünen (oder der 68er Generation) passt. Und sie wird tatsächlich missbraucht, um... den Neoliberalismus zu fördern?

Diese These erscheint mir doch reichlich seltsam.
Dass der Neoliberalismus wachstumsfeindlich ist, wäre mir jedenfalls neu. In den USA z.B. gebärdet sich der Neoliberalismus zumindest nicht gerade als Naturschützer. Die sogenannten "right-to-work-laws" (eine perfekt Orwellsche Sprachverdrehung) beinhalten so weit ich weiß meist erhebliche Bestandteile, welche eher die Namensgebung "right-to-pollute-the-environment-laws" rechtfertigen würden.

Und dass es sich bei der Klimadiskussion um "Klimaapokalyptik" handelt, halte ich auch für eine recht gewagte These.

Falls du auf die angebliche Umstrittenheit des antropogenen Klimawandels anspielst, bitte ich dich, folgende Links anzuschauen:

http://www.zeit.de/2012/48/Klimawandel-Marc-Morano-Lobby-Klimaskeptiker

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/ursachen-des-klimawandels-umfragen-unter-klimaforschern-zum-konsens-a-900562.html

Und Flassbecks Position ist ja nun keinesfalls, dass Klima- bzw. Umweltschutz nicht notwendig oder sinnvoll ist, sondern, dass dieser eben NICHT zwangsläufig im Widerspruch zu Wachstum steht.

Was für eine Position wolltest du ihm denn mit deiner Mail übermitteln? Dass Umweltschutz und Wachstum doch Widersprüche sind? Oder dass Umweltschutz (oder in diesem Falle Klimaschutz) Quatsch ist, um den man sich nicht kümmern sollte?




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