ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] (AG-GOund FP) NachdenkenAntwortSeite
- Date: Wed, 09 Oct 2013 02:27:15 +0200
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Patrik, Deinen Ausführungen zum Zins kann ich soweit zustimmen, möchte nur einige konkrete Zahlen hinzufügen, damit man nicht ganz im leeren Raum steht. Auf der Suche nach Informationen im Netz gelangt man auch auf die Youtubeseite http://www.youtube.com/watch?v=2SX7ZuhnyEI ein Auszug (39 sec.) aus dem Film "Wie funktioniert Geld" von Max von Bock. Die Geschichte dürfte allerseits bekannt sein. Es werden 10 x 10 = 100 Lederstücke als Geldersatz ausgegeben und am Ende des Jahres verlangt der Herausgeber 10 x 11 = 110 Lederstücke zurück. Das 11. Lederstück ist der Zins für 1 Jahr. Logisch, dass das nicht funktionieren kann, da keine 110 Lederstücke vorhanden sind. Wo liegt der Denkfehler? Diese Geschichte geht von einem statischen System aus, dass der Wirklichkeit im Bankengeschäft widerspricht. Keine Bank gibt z. B. 10 X 10.000 € an Krediten an einem Tag heraus und verlangt, das genau nach einem Jahr 10 x 11.000 ¤ zurückkommen. Würde sie darauf bestehen, müsste theoretisch ein Kreditnehmer seinen Betrieb schließen damit die anderen dann jeweils 1.000 € erwerben können. Die Bank müsste jedoch 10.000 ¤ abschreiben, da sie von dem zahlungsunfähigen Kreditnehmer keine Lederstücke mehr erhalten kann. Eine Alternative wäre, kurz vor Ablauf des Jahres erneut Kredite in Höhe von insgesamt 10.000 € zu vergeben, damit die Geldmenge bei den Kreditnehmern ausreichen würde, die 110.000 € zurückzuzahlen. Danach gibt es dann kein Geld mehr? Wovon sollen die Bankangestellten zwischenzeitlich bezahlt werden? Diese Geschichte, auf die ich vor Jahren auch hereingefallen bin, erweist sich als untauglich zur Erklärung des Zinsgeschehens. In der Praxis werden laufend neue Kredite vergeben, alte Kredite mit Tilgungszahlungen vermindert oder gar ganz zurückgezahlt. Gleichzeitig erfolgen auch beständig Zinszahlungen. Egge von Attac hat dies in seinem Vortrag "Teil3 Geld - Geschichte, System und Funktion: Eckhard Rülke" ab Minute 10, http://www.youtube.com/watch?v=LX8gKxWR2Hg sehr gut herausgearbeitet. Meine Vorstellung zum Zins: Wesentlich ist zu erkennen, dass es sich um einen dynamischen Prozess handelt. Fortwährend werden neue Kredite gewährt, alte zurückgezahlt, Zinsen an die Bank und von der Bank gezahlt, diese zahlt wiederum Gehälter an ihre Angestellten und hat Verwaltungsausgaben. Um diesen Prozess etwas zu verdeutlichen, muss die Schnittstelle zwischen dem Bankensenktor und den Bankkunden, in der Fachsprache Nichtbanken, näher betrachtet werden. Nicht der Einzelfall eines Kreditvorganges ist maßgebend sondern die Summe aller Vorgänge in einem Jahr. Schaut man in eine Bankbilanz, speziell in die Gewinn- und Verlustrechnung, stellt man fest, dass von den Zinserträgen jeweils 40-70 % für Zinsaufwendungen erforderlich werden. Von den erwirtschafteten Zinsüberschüssen entfällt ein Anteil von 70 - 90 % auf die Verwaltungs- und Personalkosten. Einige Beispielwerte für eine durchschnittliche Bank (Voba, Sparkasse, Sparda-Bank) Zinserträge 200 Mill. Zinsaufwendungen 100 Mill. Zinsüberschuss 100 Mill. Provisionsüberschuss 25 Mill. Verwaltung/Personal 80 Mill Was geschieht mit diesem Geld? Die Zinsaufwendungen gehen an die Sparer und werden größtenteils wieder angelegt. Anders beim Zinsüberschuss. Dieser verlässt fast ganz den Bankensektor als Verwaltungs- und Personalkosten und fließt für Konsum und Investitionen in die Wirtschaft, also in den Bereich der Nichtbanken. Auch die Steuern der Bank, ebenfalls ein Anteil der Zinsen, fließen über den Staat wieder in die Wirtschaft. Ein weiterer Anteil fließt als Dividende an die Bankeigentümer. Hier ist es fraglich, ob dieses Geld für Konsumzwecke den Bankensektor verlässt, oder aber im Bankenbereich wieder angelegt wird. Aufgrund o.g. Zahlen kann man die Annahme treffen, dass ein Anteil von etwa 50 % der Zinserträge den Bankensektor verlässt. Dieses Geld zirkuliert in der Wirtschaft und kann für Zinszahlungen verwendet werden. Derjenige der Geld für Zinsen benötigt, muss sich dieses durch die Produktion von Gütern, eine Dienstleistung oder als Lohn beschaffen. Die restlichen 50 %, welche als Zinsertrag der Nichtbanken von diesen im Bankensektor angelegt werden, stehen für weitere Zinszahlungen nicht zu Verfügung. Hier hilft nur eine Neuverschuldung in entsprechender Höhe, sprich das Geld für diese Zinsen ist nicht bei der arbeitenden Bevölkerung vorhanden. Gruß Rudi2 Am 09.10.2013 00:05, schrieb Patrik Pekrul: Am 08.10.2013 um
14:08 schrieb tobego <tobego AT web.de>:
Hallo Tobego,
Ich will kurz auf deine Anmerkungen eingehen.
Es ist de facto so,
dass eigentlich stets genug Geldvermögen vorhanden ist um
alle Verpflichtung zu bedienen, weil aber dieses
Geldvermögen extrem ungleich verteilt ist, haben die einen
(wenigen) Überschüsse (Ersparnisse), während die anderen
(vielen) Defizite haben, die sie nur bedienen können, indem
sie neue Schulden aufnehmen.
Dieser
Zwang ergibt sich aber nicht aus dem Zins, sondern
aus der Tatsache, dass nicht notwendigerweise
diejenigen das vorhandene Geldvermögen haben, die es
zur Bedienung ihrer Schulden benötigen, sondern eben
jene, die es nicht wirklich brauchen.
Axel sagt,
das Problem ist das Sparen; ich sehe es etwas anders
- ursächlich dafür, dass einige wenige überhaupt so
viel sparen können ist die extreme
Ungleichverteilung der Einkommen, die letztlich
aufgrund der extremen Ungleichverteilung des
Vermögens resultiert, da die großen Einkommen im
Wesentlichen Vermögenseinkommen sind (ist aber eine
Henne und Ei-Problem).
Aber noch
einmal: Wäre das Geldvermögen so verteilt, das
diejenigen, die Schulden haben, auch in entsprechender
Höhe Geldvermögen hätten, wäre die Höhe der
Verschuldung und auch die Zinshöhe irrelevant. Der
"Trick" besteht eben darin, besagten Schuldnern die
benötigten Mitteln vorzuenthalten.
Wie kommt nun
"der Arbeiter" zu den Mitteln, um die Schulden zu
begleichen? Natürlich aus seinem (verfügbaren)
Einkommen. Es gibt also einen ganz einfachen Weg, das
Problem nachhaltig zu lösen:
1. Die
verfügbaren Einkommen (der Schuldner, der vielen)
müssen steigen (wie auch immer, z.B. geringere
Abgabenlast)
2. Die
Ansprüche auf Vermögenseinkommen (der wenigen) müssen
sinken (bspw. durch höhere Abgabenlast auf hohe
Vermögen)
Natürlich
haben die Profiteure dieses System an einer solchen
logischen und einfachen Lösung kein Interesse, und
deshalb wird mit viel unsachlicher Propaganda
gegengehalten.
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- [AG-GOuFP] (AG-GOund FP) NachdenkenAntwortSeite, tobego, 08.10.2013
- Re: [AG-GOuFP] (AG-GOund FP) NachdenkenAntwortSeite, Axel Grimm, 08.10.2013
- Re: [AG-GOuFP] (AG-GOund FP) NachdenkenAntwortSeite, Patrik Pekrul, 09.10.2013
- Re: [AG-GOuFP] (AG-GOund FP) NachdenkenAntwortSeite, Rudolf Müller, 09.10.2013
- Re: [AG-GOuFP] (AG-GOund FP) NachdenkenAntwortSeite, Rolf Müller, 09.10.2013
- Re: [AG-GOuFP] (AG-GOund FP) NachdenkenAntwortSeite, thomas, 09.10.2013
- Re: [AG-GOuFP] (AG-GOund FP) NachdenkenAntwortSeite, Axel Grimm, 09.10.2013
- Re: [AG-GOuFP] (AG-GOund FP) NachdenkenAntwortSeite, thomas, 09.10.2013
- Re: [AG-GOuFP] (AG-GOund FP) NachdenkenAntwortSeite, Axel Grimm, 09.10.2013
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