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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem


Chronologisch Thread 
  • From: George <geoorgge AT gmail.com>
  • To: Wischer <listemail2 AT gmx.de>, <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] EZB mit negativem Eigenkapital? kein Problem
  • Date: Tue, 23 Oct 2012 06:34:20 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>





Zitat Jordan: "Dadurch verliert die Zentralbank aber die Kontrolle über
die Geldpolitik, und es entstehen Inflationsgefahren. Wenn eine
Zentralbank die Preisstabilität nicht mehr gewährleisten kann ­ also den
Wert des Zahlungsmittels nicht mehr sichert ­, verliert sie letztlich ihre
Glaubwürdigkeit und womöglich auch ihre Unabhängigkeit."

"Diese Politik impliziert, dass die Zinsrate null sein muss. Jeder höhere
Zins würde neuen Kapitalzufluss auslösen, wodurch die SNB gezwungen wäre,
noch mehr Fremdwährung zu erwerben, mehr Franken zu schöpfen und so den
Satz auf null zurückzuführen. Solange ausländische Anleger immer mehr
Franken nachfragen und bereit sind, auf ihren Frankenbeständen keinen Zins
zu erhalten ­ oder sogar Negativrenditen in Kauf nehmen ­, kann die
Nationalbank ihren Leitsatz nicht über null erhöhen. Das überrascht nicht:
Es ist bestens bekannt, dass eine Zentralbank entweder den Zins oder den
Wechselkurs kontrollieren kann, nicht jedoch beides zugleich"


Quelle: http://www.fuw.ch/article/nationalbank-mit-dem-rucken-zur-wand/

Deine Aussage: "Da dieser dauerhafte Verlust wohl kaum eintreten wird,
besteht quasi keine
Gefahr. "


--> Für mich gibt es nicht nur "normale" negative Seigniorage, sondern
auch "ausserordentliche negative Seigniorage".

Normale negative Seigniorage:
----------------------------
Die ZB hat mehr laufende Kosten als sie durch Anlagen (z.B. Zinszahlungen
von Staatsanleihen) verdient. Das obwohl sie für Bargeld keine Zinsen oder
für Einlagen von Geschäftsbanken nur extrem niedrige Zinsen zahlt.
Deutsche Staatsanleihen mit Laufzeiten unter 3 Jahren rentieren momentan
unter Null Prozent. Das bedeutet, dass die ZB draufzahlen muss, um diese
Anleihen zu halten.
Dieses Phänomen ist vorübergehend, irgendwann kommt wieder Inflation und
Deutschland muss mehr als Null Prozent Zinsen zahlen.



Ausserordentliche negative Seigniorage:
---------------------------------------
Die ZB hat ausserordentliche Kosten, wie z.B. Haircut von Anlagen (Fall
Bundesbank) oder extreme Zunahme der Reserven und damit ein erhöhtes
Verlustrisiko bei einer Aufwertung der eigenen Währung. So würde die SNB
93 Milliarden Verlust machen, wenn der EUR/CHF auf 1.00 geht.
Die Verluste, die die ZB bei einem Haircut bzw. Aufwertung der Währung
erleidet, sind höher als sie durch Zinszahlungen erhält.

Zwischen Mai und Juli waren die Flüsse in den Franken extrem hoch: 50
Milliarden Franken pro Monat, das bedeutet, dass jede Woche jeder
Schweizer implizit gezwungen wird, 1500 Euro zu kaufen oder jetzt schon
73% seines 2012-Einkommens in Euro anlegen muss.Ich rede von Einkommen und
nicht von dem Geld was er/sie nach Ausgaben übrig hat.
http://snbchf.com/2012/07/73-of-swiss-income-invested-in-euro/


Sollte es zu einer Aufwertung des Franken auf EUR/CHF = 1.10 kommen, wäre
das ein Verlust pro Woche 150 Franken für jeden Schweizer, während die SNB
an Zinszahlungen (normaler Seigniorage) pro Woche und pro Schweizer aber
vielleicht 2 bis 5 Franken verdient.

http://snbchf.com/2012/07/eurchf-1-10-snb-31-bln-loss-each-swiss-losing-150
-francs-week/



ESM hat als Assets die Staatsanleihen, die laut ESM ca. 4% pro Jahr
rentieren, aber mit einem Haircut (von ca. 30%?) bedroht sind.

Die Bundesbank hat Target2 (das "Euro-System") als Forderungen und damit
implizit (über die Peripherie-NZB) italienische, spanische und griechische
Unternehmen/Banken, die aber den NZB (mittlerweile aufgeweichte)
Sicherheiten (wie z.B. span./ital. Staatsanleihen) liefern. Daher habe ich
dort auch über eine 30%-Default-Quote gesprochen. Die Bundesbank verdient
nur über Repo-Sätze, die wesentlich niedriger sind als die 4% die der ESM
pro Jahr verdient.

Daher ist aktuelle Politik alles über Target2 abzuwickeln, für Deutschland
wesentlich teurer und gefährlicher als der ESM. Daher will ja Merkel auch,
dass die Spanier so bald wie möglich in den ESM schlüpfen.
ESM ist das kleinere Übel.





On 10/23/12 1:29 AM, "Wischer" <listemail2 AT gmx.de> wrote:

>GeorgeDorgan schrieb:
>> Nein, wir sind uns überhaupt nicht einig, dass negatives EK für die
>> Inflationsbekämpfung kein Problem darstellt.
>>
>> Im Gegenteil.
>>
>> Wie angesprochen erleidet eine ZB im Fall von Inflation einen
>>Wertverlust
>> der Staatsanleihen in ihrem Portfolio.
>>
>> Eine schwache ZB ohne Kapital erzeugt sogenannte Rational Expectations.
>> Sollte man nämlich feststellen, dass die ZB Inflation zulässt und aus
>> Kapitalmangel nicht dagegen vorgehen kann, werden automatisch höhere
>> Löhne
>> gefordert, um die Inflation zu schlagen oder zumindest mitzuhalten. Dies
>> steigert wiederum die Inflation und kann in Hyper-Inflation münden. Das
>> wurde in einer expectations-augmented Phillips-Curve dargestellt und
>>wurde
>> in den 70er Jahre in der Realität nachgespielt. Ich sehe mit
>> fortschreitendem Alterung der deutschen Gesellschaft, früher oder später
>> den Trend, dass die Gehälter stark steigen werden.
>>
>> Eine sehr positive Darstellung, warum ZB keinen Eigenkapital brauchen,
>> liefert Jordan:
>> http://www.snb.ch/de/mmr/speeches/id/ref_20110928_tjn
>> Allerdings gibt er zu, dass im Fall von Inflation, die ZB Kapital
>>braucht.
>Deine Erklärung kann ich leider nicht nachvollziehen.
>Du sagst selbst, dass zur Inflationsbekämpfung die ZB an Leitzinsen
>drehen und die Währung direkt stärken könne. Diese beiden Handlungen
>sind durch ein negatives EK nicht beschränkt. Ergo kann sie immernoch die
>Inflation bekämpfen. Oder warum soll der EK-Mangel die ZB beim Einsatz
>dieser Mittel beschränken? (wie erfolgreich das sein kann, steht auf
>einem anderen Blatt)
>
>In dem Dokument von Hr. Jordan kann ich auch nicht lesen, "[...], dass im
>Fall von Inflation, die ZB Kapital braucht."
>Vielmehr lese ich auf Seite 12:
>"Bleibt dieser Zustand negativer Seigniorage dauerhaft bestehen, wird
>eine
>Zentralbank gezwungen, Geld zu schöpfen, um die laufenden Kosten zu
>decken. Dadurch verliert die Zentralbank aber die Kontrolle über die
>Geldpolitik, und es entstehen Inflationsgefahren."
>Da dieser dauerhafte Verlust wohl kaum eintreten wird, besteht quasi
>keine
>Gefahr.
>
>Also nochmal meine Sicht: Wenn die ZB nicht dauerhaft Verlust macht,
>sondern nur durch besondere Ereignissen oder über kurze Zeiträume, so
>bedeutet auch ein negatives EK kein Problem für die Mittel, die ihr zur
>Inflationsbekämpfung zur Verfügung stehen.
>
>Dinge wie Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit, oder die Effektivität der
>Mittel zur Inflationsbekämpfung sind nochmal ein ganz anderes Thema.
>
>--
>AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list
>AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
>https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik






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