ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: "Christoph Ulrich Mayer" <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
- To: <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: [AG-GOuFP] Petition ESM Klagen
- Date: Fri, 3 Aug 2012 17:57:07 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
- Organization: Autor
Hallo!
Ich habe eine Petition in Avaaz gestellt, wie kurz im Mumble angesprochen -
Die Petition läuft in meinem Namen, nicht in dem der Piraten, weil der
Entscheidungsprozess dazu recht komplex und langwierig ist, wer von den
Piraten aber mitmachen möchte, kann einfach mit unterschreiben (und wer
nicht, der nicht).
Hier könnt Ihr mitmachen:
http://www.avaaz.org/de/petition/Freie_Entscheidung_des_Bundesverfassungsgerichtes_zu_den_Klagen_bzgl_ESM
Herzliche Grüße
Christoph
Petition in Avaaz:
Freie Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu den Klagen bzgl. ESM
Das Bundesverfassungsgericht wird von Politikern und Medien unter Druck
gesetzt, die Klagen gegen den ESM abzulehnen (siehe z.B.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/verhandlung-vor-bundesverfassungsgericht-der-bundesbankpraesident-zweifelt-an-den-esm-regeln-11816452.html
).
Mehrfach haben Sprecher des BuVG deutlich gemacht, dass auf die Auswirkungen
der Entscheidungen u.a. auf "die Märkte" Rücksicht genommen werde
(http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/kommentar-die-angst-vor-den-maerkten-11816081.html
).
Der Druck wird aufgebaut indem eine Alternativlosigkeit zur Maßnahme ESM
behauptet wird, die keinerlei Fundament hat (die Gründe dafür sind weiter
unten ausgeführt).
Wir bitten das Bundesverfassungsgericht und im besonderen den zuständigen
Vorsitzenden Andreas Voßkuhle, aufgrund demokratischer Rechtsprechung auf
Basis des Grundgesetzes und der Sinngebung durch dessen Gründerväter zu
entscheiden und nicht auf falsche Behauptungen bezüglich ESM Rücksicht zu
nehmen.
Begründung:
1. Es gibt bessere und rechtsstaatliche Alternativen:
Es gibt sehr viele mögliche Alternativen zum Konstrukt "ESM".
Eine Möglichkeit ist, Staatsfinanzen über die Zentralbank zu finanzieren
statt über Finanzmärkte. Die Behauptung, dies sei bezieht sich auf einen
singulären Fall, als Deutschland bis 1923 aufgrund der Reparationszahlungen
übermäßig viel Geld druckte und so eine Hyperinflation auftrat. Diese
Sondersituation kann nicht auf die heutige übertragen werden. Dazu ist der
Paragraf 123 des Lissabonner Vertrags nivellieren, was eine einfache
Paragrafenänderung darstellt und ein vergleichsweise kleinerer Eingriff ist
(die Grundsätze der Demokratie und des Grundgesetzes bleiben dadurch absolut
unberührt).
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass alle Regierungen der Eurozone
die Schulden ihrer öffentlichen Haushalte über die EZB zum gegenwärtig
gültigen Zinssatz von 0,75% refinanzieren.
Damit würden z.B. in Deutschland die jährlichen Zinszahlungen von 65 Mrd.
Euro auf 15 Mrd. Euro reduziert werden, was sofort einen ausgeglichenen
öffentlichen Haushalt bzw. einen Haushaltsüberschuss ermöglicht.
Die Zinseinnahmen (hier 15 Mrd. Euro) fließen als Seigniorage an die EZB,
welche diese wiederum nach heutiger Rechtslage an die Staaten ausschüttet und
damit Geld für evtl. notwendige vorübergehende Ausgleichszahlungen zur
Verfügung stellen kann.
Nahezu alle Staaten der Eurozone hätten einen Haushaltsüberschuss, wenn sie
keine Zinsen zu bezahlen hätten. Z.B. in Deutschland lagen die Zinszahlungen
in den letzten 20 Jahren stets über der Neuverschuldung. Das bedeutet, ohne
Zinszahlung hätten Staatsschulden abgebaut werden können statt sie
auszuweiten.
Nach dieser Refinanzierung kann deshalb auch ein Stopp jeglicher
Neuverschuldung der Staaten beschlossen werden. Damit ist auch die
Nachhaltigkeit dieser Lösung sichergestellt.
Die Ausweitung der Staatsverschuldung ist dann gestoppt, die Staaten sind vor
drohender Insolvenz bewahrt, der Euro gesichert, die Souveränität der Staaten
und der Völker wird auf aktuellem Stand gewahrt.
Die volkswirtschaftliche Argumentation bezüglich der Bedeutung der
Staatsanleihen für die (privaten) Rentenkassen ist ebenso unrichtig, denn die
durch eine Refinanzierung frei werdenden Gelder können alternativ angelegt
werden. Z.B. können sie bei der EZB hinterlegt werden. Auch könnten damit
z.B. Aufbauprojekte in Griechenland oder Spanien, ähnlich dem KfW Konzept in
Deutschland, finanziert werden. Die Kreditnehmer dort würden dann z.B.
gegenüber dem Staat haften, der Staat wiederum gegenüber den
Versicherungsgesellschaften haften. So würden die Gelder sinnvoll in den
realwirtschaftlichen Kreislauf gebracht werden und gleichzeitig die Renten
abgesichert werden.
Viele weitere Lösungen im gültigen rechtsrahmen und im Sinne der Demokratie
sind möglich, z.B. die Veränderung des Geld-- und Kreditsystems usw., hier
sei nur aufgezeigt, dass es sie gibt und dass sie nachhaltig (und
nachhaltiger als der ESM) sind. Es besteht keine politische, wirtschaftliche,
finanzielle oder staatsrechtliche Notwendigkeit für den ESM.
2. Der ESM ist ein fundamentaler Eingriff in die demokratische Ordnung. Die
Einwände sind hinlänglich bekannt und liegen dem Bundesverfassungsgericht
vor, hier seien einige der wichtigsten genannt:
• Mit dem ESM wird eine Europäische Superbank geschaffen.
• Die Staaten, die den ESM unterzeichnen, geben ein Stück ihrer
Finanzhoheit auf und übergeben diese dem ESM.
• Der ESM kann nach aktueller Ausrichtung mit Staatsgeldern auch
Banken "retten" und kann darüber souverän entscheiden.
• Der ESM ist nicht gewählt, nicht demokratisch gewählt, keine
Behörde, er ist ein Unternehmen.
• Geleitet wird diese Firma von Gouverneuren und Direktoren, die
Gouverneure und Direktoren werden ernannt und NICHT GEWÄHLT
• Alle Angestellten des ESM genießen juristische Immunität.
Niemand kann den ESM oder seine Angestellten verklagen.
Andererseits kann der ESM als autonome juristische Person
jeden verklagen und sich den Ort der Gerichtsbarkeit selbst wählen.
• Die Bürger der Mitgliedsstaaten haften in letzter Konsequenz
mit ihrem Privatvermögen für die Schuld des eigenen Staates.
• Der ESM kann in bestimmten Fällen Gelder anfordern, gegen die
das betroffene Land kein Vetorecht einlegen kann
(http://www.welt.de/wirtschaft/article108421052/Euro-Laender-wollen-Rettungsschirm-ohne-Limit.html#disqus_thread
)
.....
All dies ist unnötig und zu einem guten Teil noch nicht einmal der Sache
dienend, denn die Manipulation des Marktes von Staatsanleihen kann nicht als
nachhaltige Lösung wirken, bestenfalls die Entwicklungen hinauszögern.
Während dieser Zeit werden staatliche Realvermögen enteignet werden.
Fazit:
Nachhaltige Lösungen sind innerhalb der Rechtsstaatlichkeit und der
gegenwärtige Gesetzeslage möglich.
Wenn Politiker in Amt und Parlament den Beschluss fassen, statt dieser
Lösungsmöglichkeiten, den Parlamenten einen wichtigen Teil der Macht
entziehen und die Souveränität des Staates und des Volkes aufzugeben, um sie
einer Organisation ohne demokratische Legitimation und Kontrolle zu
übergeben, dann kommt dies unserer Ansicht nach einem Bruch des Amtseids nahe
und darf keinesfalls auch noch (auf Druck dieser Politiker hin) durch das
Bundesverfassungsgericht bestätigt werden. Eine Entscheidung darf
ausschließlich im Sinne des Grundgesetzes und im Sinne des Volkes erfolgen.
Wir als Teil des Volkes möchten deshalb ausdrücken, dass wir gegen den ESM
und für demokratieverträgliche, möglichst sogar demokratiefördernde Lösungen
sind, dass wir alternative Lösungen kennen, fordern und mittragen. Wir
stellen die Grundrechte der Menschen in Europa über fälschlicherweise
behauptete finanzielle "Notwendigkeiten".
- [AG-GOuFP] Petition ESM Klagen, Christoph Ulrich Mayer, 03.08.2012
- Re: [AG-GOuFP] Petition ESM Klagen, Marion Traegner, 03.08.2012
- Re: [AG-GOuFP] Petition ESM Klagen, Thomas Irmer / ID Concept, 03.08.2012
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