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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] doch kein Textbaustein

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] doch kein Textbaustein


Chronologisch Thread 
  • From: Keox <piratkeox AT googlemail.com>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] doch kein Textbaustein
  • Date: Fri, 20 Apr 2012 11:34:42 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo,

habe ja gestern im Mumble erwähnt, dass die Pressesprecherin und Gefion (Beisitzerin im Bundesvorstand) mir einen Textbaustein für Interviews schicken wollten der klarstellt, dass wir nur für unsere AG und nicht im Namen der Piratenpartei sprechen. Laut Gefion war das ein "Missverständnis". Wir werden also keinen offiziellen Textbaustein bekommen. Seid ihr mit folgendem Ersatz einverstanden:

"Aufgrund der streng basisdemokratischen Struktur der Piratenpartei Deutschland wollen und müssen wir darauf hinweisen, dass folgende Äusserungen nur die Meinung unserer AG widerspiegelt. Ob sie auch von der Mehrheit aller Piraten unterstützt werden, muss noch auf unseren Bundesparteitagen entschieden werden."

Hat jemand einen Verbesserungsvorschlag? Wäre gut wenn das Interview noch vor dem BPT veröffentlicht wird.

Gruß Keox



Am 17.04.2012 03:15, schrieb Keox:
Hallo,

https://aggeldordnungundfinanzpolitik.piratenpad.de/39

die Pressesprecherin will mir noch einen Textbaustein zuschicken, der
klarstellt, dass das nur unsere und nicht die Meinung der gesamten
Piratenpartei ist.

Wir sollten uns dann wohl auch darauf vorbereiten in Zukunft öfter
Pressemeldungen zu veröffentlichen und Interviews zu geben. Vorteilhaft
wäre natürlich das wenn möglich mit anderen AGen gemeinsam zu tun.
Dagegen wird der Vorstand dann fast nichts unternehmen können.



1. Der ESM Vertrag widerspricht der AG-Geldordnung (AGG) zufolge den
Grundsätzen einer demokratischen Staatsordnung. In welcher Hinsicht?

Die Piraten lehnen rechtliche Gebilde dieser Art, die keine ausreichende
demokratische Legitimation und Transparenz besitzen ab.
Der ESM verstößt gegen die im Grundgesetz verankerten fundamentalen
Rechtsprinzipien und Grundsätze einer demokratischen Staatsordnung wie
dem Parlamentsvorbehalt, dem Gleichheitsprinzip, dem
Rechtsstaatlichkeitsprinzip, der Gewaltenteilung sowie dem
Transparenzgebot.
Darüber hinaus beschneidet der ESM nachhaltig das vom BVerfG in seinem
Urteil vom 07. Sept 2011 hervorgehobene Budgetrecht des nationalen
Parlaments.
Daher halten wir den ESM für ein unzulässiges Mittel, um die Eurokrise
zu bewältigen. Diese etwaige Verfassungswidrigkeit birgt das Potenzial,
die Krise in Europa erst recht eskalieren zu lassen.

2. Bundespräsident Joachim Gauck soll seine Unterschrift auf den
ESM-Vertrag verweigern, fordert die AGG. Trauen sie Gauck zu sich bei
einer so schwerwiegenden Entscheidung quer zu stellen und wie könnte man
ihn davon überzeugen?

Einen Versuch ist es wert, zumal der ESM gerade im Hinblick auf
"Freiheit und Verantwortung" mit Sicherheit diskussionswürdig ist. Herr
Gauck bezeichnet sich selbst auch gerne als Demokratielehrer. Der ESM
könnte zu seinem Lehrplan gehören, als aktuelles Beispiel zum Thema:
"Gefahren für unsere Demokratie".

3. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Einsatz eines
9er-Gremiums des Haushaltsausschusses für Entscheidungen über
Auszahlungen an den EFSF unzulässig ist. Aber nur, wenn der Einsatz mit
Eilbedürftigkeit begründet wird. Wenn Geheimhaltung erforderlich sei,
wird das Gremium weiterhin eingesetzt. Wie bewerten Sie dies?
Anmerkung: In der Frage sollte ESM durch EFSF ersetzt werden ->
http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg12-014

Wenn das so ist, würde es in der gängigen Praxis sicherlich dazu führen,
dass ein immunes Gremium entscheidet, ohne Bundestag oder irgendeine
andere Kontrollinstanz. Höhere Ebenen von Politik und Verwaltung werden
sich mit dem ESM eine neue Lizenz zum Geldrucken beschaffen. Am Kern der
zunehmenden Verschuldungsproblematik ändert sich dabei nichts.

4. In einer Presseerklärung der AG-Geldordnung schreiben sie, der ESM
habe in seiner jetzigen Form das Potential, die Krise in Europa zu
verschärfen. Wie könnte ein solches Szenario ablaufen?

Weder in den zahlenden noch in den empfangenden Ländern wird die
Bevölkerung von diesen Vorgängen profitieren, denn sie werden die Kosten
tragen. Wir sehen, wie bereits die Maßnahmen in Griechenland zu tiefen
sozialen Spaltungen binnen kürzester Zeit geführt haben. Alte
Ressentiments der Länder könnten sich bei einer weiteren Zuspitzung der
sozialen Verhältnisse in Europa aufschaukeln. Der ESM schröpft die
Bürger der starken und der armen Länder zu Gunsten der institutionellen
Geldanleger. Man darf aber auch die Handelsbilanzen der Länder
untereinander nicht ausser acht lassen. Wenn man so will hat Deutschland
gegenüber den Defizitländern eine Schuld aus den Exportüberschüssen zu
begleichen. Bei dieser ausgleichenden Gerechtigkeit hat aber der Bürger
wieder am Wenigsten davon. Die Profite haben andere gemacht, die
Rechnung zahlt der Bürger. Ohne wirkliche Aufklärung und Transparenz im
bestehenden Geldsystem, kommen wir auf Dauer in Europa nicht weiter. Was
Europa braucht, ist eine ehrliche, offene und schonungslose Debatte über
die Probleme der bestehenden Geldordnung, sowie möglicher Lösungen.
Daran möchten wir arbeiten.

5. Welche Folgen würde dies für die europäischen Bürgerinnen und Bürger
haben?

Die positive Folge ist zunächst die Erhaltung der Geldvermögen, die den
Schulden gegenüberstehen. Die Geldvermögen sind der Hauptbestandteil der
allgemein geförderten privaten Altersvorsorgen. Deshalb muss
grundsätzlich die private Altersvorsorge hinterfragt werden. Da
Geldvermögen (Sparen) als Gegenpart Schulden sind, muss man bei einem
Aufruf für mehr Sparen oder gar einer gesetzlichen Verankerung zum
Aufbau von privaten Altersvorsorgen auch das mehr an Schulden akzeptieren.
Der ESM sorgt nur für eine breitere Verteilung der Schulden, damit die
Geldvermögen erhalten bleiben. Damit wurde nur Zeit gewonnen, aber
grundlegende Probleme nicht gelöst, dazu müsste man tiefgreifendere
Struktureformen anstoßen und zu einem Paradigmenwechsel bereit sein.
Es besteht die Gefahr, dass auf Grund eines fehlerhaften Systems
drastische Maßnahmen ergriffen werden, um das System so lange wie
möglich zu stützen (u.a. ESM). Europa könnte so zu einer Tyrannei
mutieren, in der eine praktisch zentralisierte Regierung die europäische
Einigung mit harter Hand erzwingen will. Das kann leicht ins Gegenteil
überschlagen und nationalistischen Tendenzen und radikalen Kräften in
Europa Auftrieb verleihen. Gerade die führende Rolle Deutschlands in der
ESM-Konstruktion sollte uns dabei zu denken geben.


6. (war ursprünglich Frage 7) Viele Anregungen für die AGG stammen von
dem Soziologen Joseph Huber. Dieser setzt sich dafür ein, Geldschöpfung
durch Banken zu unterbinden. Wie läuft eine solche Geldschöpfung ab und
mit welchen Folgen?


Die meisten Menschen denken, daß Banken das Geld von Sparern als Kredite
weiterverleihen. Diese Annahme ist jedoch falsch und steckt so fest in
den Köpfen, daß es fast allen sehr schwer fällt die Wirklichkeit der
Geldschöpfung zu akzeptieren. Wenn Banken einen Kredit vergeben,
erzeugen sie das dafür benötigte Geld selbst. Dieses Geld hat vorher
nicht existiert und verschwindet auch wieder, sobald der Kredit getilgt
wird. Es findet eine Geldschöpfung durch Gutschrift statt. Es ist
tatsächlich so simpel: Der Geldbetrag wird dem Konto einfach
gutgeschrieben, ohne daß vorher von einem anderen Konto etwas abgebucht
werden mußte.
Dieser Mechanismus hat mehrere Nachteile: 1. Das so entstandene Geld
kann bei Bankenpleiten verloren gehen, was von Banken als Druckmittel in
Krisen eingesetzt wird. 2. Wenn nur die Zentralbank Geld schöpfen würde,
könnte sie dem Staat jährlich Gewinne in zweistelliger Milliardenhöhe
geben. 3. Banken verhalten sich in Krisen bei der Kreditvergabe zu
restriktiv und während dem Aufschwung zu optimistisch, wodurch die
Ausschläge von Konjunkturzyklen verstärkt werden. 4. Die Zentralbank
kann die Geldmenge nur indirekt über Leitzinsen steuern.


7. (war ursprünglich Frage 6) Die AGG beschäftigt sich intensiv mit
Möglichen Reformen des Geldsystems. Wo hat unser Geldsystem Schwächen
und wie können diese Behoben werden?



Wir diskutieren unterschiedlichste Ansichten: Als die folgenreichsten
Schwächen werden momentan die Geldschöpfung, der Zins und das Sparen
diskutiert. Der größte Teil des verwendeten Geldes wird heute nicht mehr
von der Zentralbank, sondern von den Geschäftsbanken „erzeugt“. Dies
führt zu einer kaum kontrollierbaren Ausweitung der Geldmenge, verbunden
mit Spektulationsblasen und Inflation. Deshalb sollte das Recht, Geld zu
schöpfen, alleine bei der Zentralbank liegen. Dadurch wäre die
Zentralbank endlich in der Lage, die Geldmenge direkt und nicht mehr nur
über Zinsen zu steuern. Ein weiteres Problem ist, daß Guthabenzinsen ein
leistungsloses Einkommen darstellen. Sie fördern die Ungleichverteilung
von Vermögen von unten nach oben und erhöhen zudem die Kreditzinsen, was
sinnvolle Investitionen erschwert. Durch langfristiges Sparen wird die
umlaufende Geldmenge verringert und führt zu einem
gesamtwirtschaftlichen Verschuldungszwang. Deshalb ziehen wir zum
Beispiel die umlagefinanzierte Rente der privaten Altersvorsorge vor.
Außerdem wird über den Nutzen von regionalen Komplementärwährungen
diskutiert. Bei einem Finanzsystemzusammenbruch könnten sie die
schrecklichen Folgen spürbar mildern. Die
Komplementärwährungs-Initiativen leisten einen wertvollen Beitrag zu
Fragen rund um Geldschöpfung und Geldmengensteuerung durch Umlaufimpuls.
Das größte Problem aber ist die mangelnde politische
Diskussionsbereitschaft zu diesen Themen. Das Geld beherrscht uns und
nicht wir das Geld. Unserer Gesellschaft fehlt sowohl das
Problembewußtsein als auch wichtiges Grundwissen. Deshalb wollen wir
aufklären und eine breite öffentliche Debatte entfachen.


8. Wie ist Ihre Position zu Staatlicher Geldschöpfung?



Vor über hundert Jahren wurden Banknoten noch von privaten Banken
ausgegeben, bevor dieses Recht in die Hände der Staaten übertragen
wurde. In England geschah dies 1844 durch den Bank Charter Act unter dem
Premierminister Robert Peel. Inzwischen haben Banken aber wieder die
Macht den größten Teil der von der Realwirtschaft verwendeten Geldmenge
selbst zu schöpfen, da heutzutage meistens mit Überweisungen bezahlt
wird. Die Politik sollte dies endlich als Problem erkennen und wie schon
vor über hundert Jahren den Banken die Macht der Geldschöpfung
entreißen. Vor allem angesichts der Finanzkrise wäre dies der nächste
logische Schritt in der Evolution unseres Geldsystems. Die Banken
sollten weiterhin wie bisher die Wirtschaft finanzieren, also Kredite
vergben können, aber die Bereitstellung von Geld zum Wirtschaften ist
eine Aufgabe von Verfassungsrang und gehört deshalb in die Hände der
Staaten.
Wir wollen einen ordnungspolitischen Rahmen, der sowohl dem Staat als
auch seinen Bürgern ein freies und selbstbestimmtes Handeln ermöglicht
und gleichzeitig für höchstmögliche Stabilität sorgt.


9. Bei der AGG handelt es sich nur um einen Teil der Piratenpartei.
Wieviel Zuspruch bekommt sie vom Rest der Partei?

Das ist schwer zu sagen. Beim letzten Bundesparteitag wurden zwei ESM
Anträge eingereicht, wobei ein Antrag durch ging. Er kritisiert das
undemokratische Zustandekommen des ESM. Ein weiterführender
detaillierterer Antrag wurde jedoch abgelehnt. Unsere AG konnte sich
bisher noch nicht auf einen Antrag zur Geldordnung einigen. Deshalb
können wir nur schätzen, ob die Mehrheit unsere Anliegen unterstützt.
Wir werden uns um Aufklärung bemühen und hoffen, daß noch vor den
Bundestagswahlen Vorschläge von uns ins Wahlprogramm aufgenommen werden.


Gruß Keox


--
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik
http://wiki.piratenpartei.de/BE:Squads/Geldordnung
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaGegenwaertigesGeldsystem : wird noch erweitert.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaVollgeldreform: wird noch erweitert.




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