ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>
- To: ag Geldordnung <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: [AG-GOuFP] Vorschlag Staatsfinanzierung mit Checks and Balances
- Date: Mon, 9 Apr 2012 20:01:24 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo zusammen,
Benedikt hat letzte Woche im Mumble einen Vorschlag gemacht:
http://piratenpad.de/p/konsensf%C3%A4higerprogrammantrag
Das Pad scheint im Moment defekt zu sein, aber ich denke, das ist ein
sehr guter Vorschlag, der einmal wirklich einen kleinen aber konkreten
Schritt in die richtige Richtung macht. Ich mache nun einfach einen
Vorschlag, das konkret auszuformulieren, in der Hoffnung, dass wir
darüber diesen Mittwoch im Mumble als Position der AG abstimmen
können. Vorher wäre Feedback natürlich interessant :)
Here goes:
Wir fordern, dass die Finanzierung der Staatshaushalte vom
undemokratischen Einfluss von privaten Akteuren im Finanzmarkt befreit
wird. Zu diesem Zweck muss es eine Möglichkeit der direkten
Staatsfinanzierung durch die EZB geben. Wir empfehlen dazu folgendes
Modell.
Auf Antrag eines Mitglieds der Eurozone gewährt die EZB diesem direkt
eine Gutschrift in der geforderten Höhe, sofern der Antrag durch eine
einfache Mehrheit des Europäischen Parlaments genehmigt wird.
In sachlich begründeten Fällen kann die EZB ein Veto einlegen. Die
sachliche Begründung muss sich dabei auf die Verletzung der folgenden
drei Ziele berufen, die als gleichwertig zu betrachten sind:
1. Angemessene Steigerung des Preisniveaus
2. Hoher Beschäftigungsstand
3. Ökologisch angemessene und stetige Entwicklung der Wirtschaftsleistung
Das Veto ist ausdrücklich kein Veto gegen den Staatshaushalt, sondern
nur ein Veto gegen die direkte Finanzierung durch die EZB. Im Falle
eines Vetos steht die Finanzierung über Staatsanleihen nach wie vor
offen. Ein rechtlicher Einspruch gegen das Veto soll möglich sein, hat
aber keine aufschiebende Wirkung. Das Veto kann durch eine
Zweidrittelmehrheit des Europäischen Parlaments überstimmt werden.
Erklärung und Begründung
Nach dem Grundgesetz sind die Abgeordneten des Bundestags nur ihrem
Vertrauen verpflichtet. In der Realität spielen natürlich viele andere
Faktoren ebenfalls eine Rolle. Der Einfluss der Finanzmärkte, sowohl
der gefühlte als auch der tatsächliche, hat aber ein Ausmaß erreicht,
das so weder mit den Grundsätzen der Piratenpartei noch mit unserer
staatlichen Grundordnung vereinbar ist. Dieser Antrag zielt darauf ab,
den Vorrang der Politik wieder herzustellen.
Dafür ist es notwendig, einen Staatshaushalt auf politischem Wege
durchsetzen zu können auch wenn sich wesentliche Finanzakteure dem
verweigern. Konkret heißt das, dass ein demokratisch beschlossenes
Haushaltsdefizit im Zweifelsfall direkt durch die Zentralbank
durchgesetzt wird.
Das Modell enthält solide Schranken, die einen Missbrauch dieser
Möglichkeit verhindern.
Erstens ist eine Entscheidung durch das Europäische Parlament
notwendig. Dies soll verhindern, dass die direkte Finanzierung auf
unfaire Weise genutzt wird, zum Vorteil nur einzelner Staaten. In
welcher Form Fairness hergestellt wird bleibt dabei dem Europäischen
Parlament überlassen. Es ist zum Beispiel denkbar, dass grundsätzlich
ein pro-Kopf-Betrag für alle Euro-Mitglieder genehmigt wird, von dem
auch die Staaten profitieren, die guten Zugang zum Finanzmarkt haben.
Es handelt sich dabei auch um eine bewusste Stärkung der Demokratie
auf europäischer Ebene.
Zweitens kann die EZB ein Veto einlegen, wenn sachliche Gründe gegen
die direkte Staatsfinanzierung sprechen. Dies soll verhindern, dass
gewählte Politiker diesen Finanzierungsweg missbrauchen um die eigene
Wiederwahl zu sichern. Die EZB kann sachlich gebotene aber unpopuläre
Entscheidungen treffen. Gleichzeitig muss natürlich sicher gestellt
sein, dass die EZB keine politischen Entscheidungen trifft. Deshalb
soll nur ein begründetes Veto möglich sein.
Ende des Vorschlags. Kommentare?
Schöne Grüße,
Nicolai
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.
- [AG-GOuFP] Vorschlag Staatsfinanzierung mit Checks and Balances, Nicolai Haehnle, 09.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Vorschlag Staatsfinanzierung mit Checks and Balances, Rudi, 09.04.2012
- Re: [AG-GOuFP] Vorschlag Staatsfinanzierung mit Checks and Balances, Axel Grimm, 10.04.2012
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