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ag-drogen - Re: [Drogen- und Suchtpolitik] neuer Masterplan(??) Drogen als 2. Politik-Hauptthema, das polarisiert (neue Chancen zur übernächsten BTW)

ag-drogen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik

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Re: [Drogen- und Suchtpolitik] neuer Masterplan(??) Drogen als 2. Politik-Hauptthema, das polarisiert (neue Chancen zur übernächsten BTW)


Chronologisch Thread 
  • From: Uwe Mayer <uwemayer1991 AT web.de>
  • To: ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Drogen- und Suchtpolitik] neuer Masterplan(??) Drogen als 2. Politik-Hauptthema, das polarisiert (neue Chancen zur übernächsten BTW)
  • Date: Fri, 30 Jun 2017 11:27:42 +0200

Hallo Lorenz,

auch wenn du es nur lokal speichern willst, ist ein zentraler Teil
deines Plans dennoch die Speicherung hochsensibler Daten. Deshalb finde
ich das Modell nicht gut, auch wenn ich es toll finde, dass du dir
Gedanken gemacht hast. Des Weiteren glaube ich auch nicht, dass man die
Bevölkerung damit überzeugen kann, wenn sie noch nicht einmal
empfänglich ist für Argumente wie "der organisierten Kriminalität wird
die Finanzierung weggenommen" oder "Polizei wird frei um sich um
wirkliche Verbrechen zu kümmern".
Was man durchaus machen könnte, wäre eine Karte, die mit einem
Aufklärungskurs verbunden ist, allerdings sollte diese anonym sein, weil
wie gesagt, die Speicherung, ganz egal wo, solch sensibler Daten, halte
ich für vollkommen falsch. Damit wäre dann natürlich die Kontrolle
darüber wie viel jemand kauft nicht mehr möglich, da man sich mehrere
Karten besorgen könnte, allerdings könnte man zumindest sicher stellen,
dass Konsumenten zuvor aufgeklärt wurden.

MfG,
Uwe

Am 29.06.2017 um 20:55 schrieb Lorenz Lassek:
> Hallo zusammen,
>
>
> Ich habe seit dem Hype vor ein paar Jahren den Kontakt zur Piratenpartei
> verloren und habe jetzt eine Idee, wie man mit langem Atem vielleicht
> wieder zurück auf die politische Bühne kommen könnte. Mein persönlicher
> "Masterplan", den ich zur Diskussion stellen möchte. Zunächst
> allgemeines vorweg bevor ich zum Thema Drogen und meiner Idee dazu komme
> (Frage: wen könnte ich für die allgemeinen Ideen am besten kontaktieren?)
>
>
> Klare realpolitische Ansage: keine Koalition möglich, aber neben
> Opposition gibt es noch die realpolitische Möglichkeit der Tolerierung
> einer Regierung!!
>
> Abgeordnete der Piratenpartei würden sich keinem Koalitionszwang ergo
> Fraktionszwang aussetzen (deshalb taugen die Piraten nur zur Tolerierung
> einer Regierung), sondern stattdessen sich an den Ergebnissen der liquid
> democracy Abstimmungen „orientieren“. Das bringt Bewegung in die
> Politik!! Die Etablierung eines funktionierenden liquid
> democracy-Abstimmungsmodell müsste oberste Priorität haben!!
>
>
> So wie es die SPD gerade geschafft hat, ein (gesamtpolitisch betrachtet
> relativ) kleines Thema (Ehe für alle) durchzusetzen - zunächst mit der
> Ansage "Ohne 'Ehe für alle' keinen künftigen Koalitionsvertrag".
>
> Vergleichbar könnte man für eine Tolerierung einer Regierung durch
> Piraten (neben dem obligatorischen Verzicht auf Ministerposten) die
> Drogenlegalisierung verlangen (und vielleicht noch das Stellen des
> Datenschutzbeauftragten). Der Datenschutz ist in der öffentlichen
> Wahrnehmung insbesondere der Piratenpartei ja völlig in den Hintergrund
> gerückt - ist halt leider so; kann man versuchen entgegenzuwirken, aber
> das scheint zumindest momentan wohl kaum aussichtsreich. Zumal die
> derzeitige Opposition ja diesbezüglich auch nicht die allerschlechteste
> Oppositionsarbeit leistet. Daher braucht es ein neues heftiges
> "Push-Thema" für einen Schub!
>
>
> Zur Drogenpolitik habe ich nun eine Idee, die vielleicht (weiß ich
> nicht) nicht so liberal ist wie es in der Piratenpartei bereits Konsens
> ist(?), aber liberaler als alles was derzeit ernsthaft zur Diskussion
> steht und m.E. mit der Riesenchance auf mediale Beachtung, auf die alle
> Piraten gewartet haben und mit der Fähigkeit zu einer gesellschaftlichen
> Mehrheit (auf lange Sicht):
>
>
> Und dies möchte ich zur Diskussion stellen:
>
>
> Bei der Diskussion um Drogen geht es m.M. viel zu oft (mehr oder weniger
> direkt) um das "Recht auf Selbstzerstörung" (oder vorsichtiger
> ausgedrückt: Selbstschädigung). Das ist gesamtgesellschaftlich
> vermutlich kaum vermittelbar. Was völlig außer Acht gelassen wird, ist,
> dass bei so gut wie allen(!) Drogen auch nicht-missbräuchlicher Konsum
> MÖGLICH ist! Dies hängt zusammen mit den Konsumgewohnheiten und damit
> mit den Konsummengen und die ließen sich im Zeitalter der
> Digitalisierung festlegen:
>
>
> Mengen, die auf einen nicht-missbräuchlichen Konsum schließen lassen,
> können auf eine sogenannte "Drogen-Karte" rezeptfrei in Apotheken
> gekauft werden. Auf dieser Drogenkarte werden lokal (selbstverständlich
> ohne Speicherung irgendwo anders - geschweige denn in Datenbanken!!) die
> gekauften Drogenmengen gespeichert (ggf. Löschung von allen Einträgen
> älter als 12 Monate oder so). Sind in dieser Variante
> datenschutzrechtliche Bedenken bereits ausgeräumt???
>
>
> (Wahrscheinlich am besten dezentral möglich) gespeichert werden,
> bräuchte nur, WER so eine Karte bereits besitzt – nix weiter. Zur
> Einstiegshürde in den Drogenkonsum könnte man das Ausstellen dieser
> Karte sehr teuer machen (so wie ja auch E-Zigaretten aufgrund des
> relativ hohen Anschaffungspreises auch nicht zum Einstieg ins Rauchen
> verleiten).
>
> Bei Gras könnte diese Menge z.B. bei 3 Gramm pro Woche liegen. Bei
> anderen Drogen kenne ich mich weniger gut aus - 2 Gramm Kokain im
> Quartal, 1 Dosis Heroin im Jahr, 3 Dosen Psylos im Jahr??? Darüber
> müsste man mit Drogenexperten (am besten welche mit eigenen
> Konsumerfahrungen) diskutieren. Wenn man für die Drogenkarte sehr viel
> Geld verlangt, könnte man das auch noch mit dem obligatorischen(?!?)
> Besuch eines Aufklärungsseminars über Risiken und v.a. safer use
> verbinden - sozusagen so eine Art Drogenführerschein...(optional?)
>
> Wer anfällig für Risikokonsum ist, wird auch nicht sofort in den
> Schwarzmarkt gedrängt, sondern wird versuchen, über wenig- oder
> nicht-konsumierende Freunde und Bekannte mehr zu bekommen (Grund für
> eine konservative Schätzung was nicht-missbräuchliche Mengen betrifft!).
> Die Karte bräuchte vermutlich ein Foto, damit man nicht so einfach die
> Karte von Bekannten benutzen kann. Wer damit scheitert, muss auch noch
> nicht in den Schwarzmarkt, sondern hat dann die Möglichkeit, sich vom
> Arzt mehr verschreiben zu lassen (z.B. evtl. Methadon statt Heroin,
> wobei ich weiß, dass Methadon umstritten ist...). Dort setzt dann die
> Suchtberatung an, Therapieplätze werden angeboten etc. - Verschreibung
> von mehr Drogen z.B. zur Überbrückung bis Therapiebeginn...
>
>
> Eigenlob stinkt, aber ich finde dieses Konzept trotzdem genial. Und bin
> auf konstruktive Kritik gespannt! Selbstverständlich sind viele Details
> noch nicht ausgereift.
>
>
> Ich habe von Problemen bei Methadon-Verkauf durch Apotheken in Wien
> gehört, dass die oft (meist zu bestimmten Zeiten) völlig überlaufen
> sind, was normale Kunden verständlicherweise abschreckt. Es gab
> Apotheker, die deshalb ihren Standort aufgegeben haben! Das ganze müsste
> also mit einem massiven Ausbau der Apotheken-Infrastruktur geschehen.
> Weiterhin auch die Weiterbildung der Apotheker zur Drogenberatung -
> nicht nur zum Thema "safer use", sondern auch zum Thema "steigende
> Konsummengen" - sprich: Sucht.
>
> Je nach gesellschaftlicher Toleranz könnte man Apothekern freistellen,
> aus Gewissensgründen keine Drogen anzubieten...
>
> Fraglich wäre weiterhin, ob auch online-Apotheken verkaufen dürfen
> sollten. Hier könnte man vielleicht obligatorische Aufklärungsvideos vor
> den Kauf schalten...
>
>
> Weiterhin die Standard-Argumente für legalisierte Drogen, wahrscheinlich
> hinlänglich bekannt:
>
>
> 1. Trockenlegung des Drogenmafia-Sumpfes mit all seiner gefährlichen
> (oft tödlichen!) Kriminalität, wozu ja auch die Beschaffungskriminalität
> gehört. Eine Nische für Schwarzmarkt würde es (nach meinem Modell)
> weiterhin geben, aber (so hoffe ich) nahezu verschwindend kleine Nischen!
>
>
> 2. Reiner weniger gesundheitsschädlicher Stoff statt unnötig gefährliche
> gepanschte Scheiße beim Dealer
>
>
> 3. Konsum minderndes „product design“. An die Stelle des Reiz des
> Verbotenen tritt eine pharmakologisch-medizinisch-sterile Aura der Drogen!
>
>
> Usw. usf.
>
>
> Letztlich auch das „Recht auf Selbstschädigung“ eines mündigen Bürgers.
>
>
> Alle Argumente müssten gewichtet werden und aufzeigen, dass falls ein
> Argument eher schwach sein sollte (z.B.: „was ist mit den
> gesellschaftlichen Folgekosten des Rechts auf Selbstschädigung?“), es
> nicht gleich durch die Argumente gegen eine Legalisierung (welche
> überhaupt?!) ausgestochen wird. Es muss sehr deutlich gemacht werden,
> dass das Gesamtpaket an Argumenten betrachtet werden muss!
>
>
> Liebe Grüße, oder sagt man ahoi?
>
> Lorenz Lasek
>
>
> PS: Ja, der Apothekenverkauf von Drogen soll alle Drogen betreffen, denn
> was die gefährlichsten aller Drogen (z.B. Chrystal Meth, Carfentanyl)
> betrifft, so gibt es diese erst durch die folgenden Anreize aufgrund der
> staatlichen Prohibition und sie werden wohl mit der Zeit der
> Legalisierung marginalisiert oder sogar ganz verschwinden:
>
>
> (1) Produktion unerforschter Stoffe (legal highs), die häufig
> gefährlicher als existierende sind, um Verbote zu umgehen.
>
> (2) Produktion synthetischer Stoffe, da mit geringerem footprint als
> Pflanzenzucht möglich (Entdeckungsrisiko).
>
> (3) Produktion besonders stark wirkender Substanzen, um beim Schmuggel,
> Transport und Verkauf möglichst viel "bang" aufs Volumen zu bekommen.
> Zur Zeit der Alkoholprohibition kauften die Leute weniger Bier und Wein
> und stiegen auf Vodka o.ä. um.
>
>
> PPS: Über eine Übertragung dieses Modells auch auf Alkohol in speziellen
> Liquor-Shops wie in einigen skandinavischen Ländern möchte ich zu diesem
> Zeitpunkt noch nicht diskutieren – könnte aber auf sehr lange Sicht auch
> interessante Perspektiven bieten...
>
>
> --
> ag-drogen mailinglist
> ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
> The list homepage: https://lists.piratenpartei.de/sympa/info/ag-drogen

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