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ag-drogen - Re: [AG-Drogen] Ein drogenpolitischer Gesellschaftsentwurf war: Konkrete Ansätze zu einer neuen Drogenpolitik

ag-drogen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik

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Re: [AG-Drogen] Ein drogenpolitischer Gesellschaftsentwurf war: Konkrete Ansätze zu einer neuen Drogenpolitik


Chronologisch Thread 
  • From: Christine Zander <christine.zander AT gmx.net>
  • To: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Drogen] Ein drogenpolitischer Gesellschaftsentwurf war: Konkrete Ansätze zu einer neuen Drogenpolitik
  • Date: Tue, 7 Feb 2012 00:03:05 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
  • List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>



Am 06.02.2012 um 16:47 schrieb Bettina & Michael Demus:

Es ist hoffentlich nicht zuviel:

History:
Die heutige Drogengesetzgebung erhielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Prägung. Sie wurde nötig, weil durch die fortschreitende Industrisalisierung und schleichend beginnende Globalisierung der Märkte größere Teile der Bevölkerung mit einem völlig neuen Aggregatzustande beglückt wurde: Freizeit, Wohlstand und Verfügbarkeit von Drogen aller Art. 

Daraus ergaben sich Probleme die zumindest geeignet schienen die gesellschaftliche Entwicklung der gerade erst sich etablierenden Demokratien Europas ernsthaft zu beschädigen.

Die Verfasser des ersten Opiumgesetzes werden als worst case die Zustände in China zu Zeiten der beiden Opiumkriege vor Augen gehabt haben, als ihnen immer nur Verbot Verbot Verbot einfiel.
Ja, es stimmt, dass China im zweiten Opiumkrieg nicht mal mehr ein einziges kampfbereites Regiment aufstellen konnte, die Chinesen waren komplett dem Opium verfallen und der Staat brach zusammen. Die Briten können stolz sein. Sie haben ein Volk ungebremst mit Opium versorgt und damit wehrlos gemacht. Nach meinen Recherchen hatte China damals ca. 200 Mio Einwohner! 
Was hier wie ein Grund für ein Hohelied auf die Prohibition klingt (ja, ich habe mich mit der Vokabel abgefunden...), ist tatsächlich nur die Beschreibung einer ungeregelten unkontrollierten und profitorientierten Versorgung mit einem gefährlichen Rauschmittel. Das hat nichts gemein mit unserem angestrebten Ziel.

Vielleicht sollte an dieser Stelle auch noch das Schweizer Experiment Mitte der 90er Jahre (Zürich?) erwähnt werden? Dazu muss es doch wissenschaftliche Untersuchungen gegeben haben! Es wäre wichtig zu erfahren warum dieser Versuch schief gegangen ist.
......


Heute:

Die gegenwärtig repressiv angelegte Drogengesetzgebung setzt in mehrfacher Hinsicht auf Verdrängung. Der Junkie wird aus dem Bahnhofsviertel verdrängt, der Drogenstrich in die Seitenstraßen und der Konsument in die Illegalität. 

Illegalität verursacht    

·    gesellschaftliche Ausgrenzung
·    Stigmatisierung der Wehrlosesten
·    Kriminalität wie Gewaltverbrechen im Milieu, z.B. Raubtaten (massenweise)
·    Beschaffungskriminalität
·    Ausbeutung
·    erzwungene Prostitution
·    Kinderprostitution
·    Krankheits- und Seuchenverbreitung
·    Obdachlosigkeit
·    Kosten im Gesundheitssektor
·    Kosten Strafverfolgung Polizei Zoll
·    Kosten Justiz incl. Strafanstalten, Bewährungshelfer etc.
·    Steuerausfälle in Millionenhöhe
·    Finanzierung von Terrorismus
·    Finanzierung des organisierten Verbrechens
·    an dieser Stelle dürfen gern weitere Folgen aufgezählt werden ...-.



Hi Micha,

Deine Analyse und die Arbeit, die in Ihr steckt finde ich super! In Bezug auf heute und morgen kann ich dir auch voll zustimmen. In Bezug auf die Fahrerlaubnis müssen wir wohl jede Droge einzeln betrachten. Vorher müssen wir uns wohl darüber klar werden, wie wir mit den einzelnen Drogen umgehen wollen. Cannabis und Heroin sind ja ziemlich klar – hierüber gibt es ja auch viele informationen. Aber was ist mit z.B. Crystal Meth? Ein Suchtstoff, der meiner Meinung nach durch die Prohibition erst entwickelt wurde, weil nach günstigen Alternative zu Heroin und Kokain gesucht wurde.

Ehrlich gesagt, finde ich die Promillegrenze beim Alkohol gut, da sie den Menschen noch Eigenverantwortung lässt. Ist nur die Frage wie man so etwas auf die anderen Drogen umsetzen kann.

In deine Liste "illegalität verursacht" gehört auch extra der Punkt • Kriminalisierung. Zwar ist der Konsum straffrei, jedoch nicht der Erwerb. Auf dieser Art und Weise wird immer wieder Konsumenten der Prozess gemacht. Und man sieht ja an den aktuellen E-Zigaretten-Durchsuchungen wie schnell es jemanden treffen kann, der nie damit gerechnet hätte.

Ich bin mir auch nicht sicher ob man Heroin und Diamorphin gleichsetzen kann. Aber das werde ich noch recherchieren.

Nur historisch sehe ich die Zusammenhänge anders. Ich denke die Drogengesetzgebung Anfang letzten Jahrhunderts und deren Verschärfung in den 60 iger und 70 iger Jahren hatte ausschließlich politische Gründe. Das Suchtproblem in der Gesellschaft war nicht mehr ausgeprägt als vorher. Es wurde nur anders wahrgenommen. Menschen haben schon immer Drogen genommen. Laudanum war z.B. ein weit verbreitetes Medikament. Die Menschen hatten zwar nicht soviel Freizeit. Sie haben jedoch z.B. Laudanum, Opiumsud etc genommen, um im Alltag zu funktionieren. Um die langen Arbeitszeiten auszuhalten oder den Hunger zu dämpfen. Obwohl es natürlich interessant wäre zu untersuchen ob der um sich greifende Kapitalismus und Drogenkonsum irgendwie zusammenhängen. Meiner Erfahrung nach konsumieren Menschen Drogen, um in dieser Gesellschaft zu funktionieren (das ist der Großteil) oder um diese Gesellschaft überhaupt zu ertragen.

Hier noch ein interessanter Artikel zu dem Thema:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-16748368.html

LG, Christine






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