Re: [AG Bauen und Verkehr] langstreckenTransport der Zukunft

["Robert Merz" <romerz AT gmx.de>]

Ahoi Bjoern,

ahoi Verkehrspiraten!

 

1. Bei der Kapazität bin ich auch der Angabe hier von 840/Stunde gefolgt. Die Stuttgarter Zeitung meldet auch die 28 Peronen alle 30 Sekunden, also diese 3.360/Stunde/Richtung.

 

2. Für 150 Dollar bekommt man schon ein Ticket von L.A./LAX quer über den Kontinent bis Chicago oder Fort Lauderdale/Florida, L.A. - SFO wird für 79 Dollar angeboten. Das sind 21-Tage-Vorbucher-Preise, die günstigste Möglichkeit, spontan ist inzwischen idR. wesentlich/mehrfach teurer.

 

3. Das Gefährt ist nach einem Foto ein "Geschoss". Man sitzt zurückgelehnt einzeln hintereinander, um mit so wenig wie möglich Raum auszukommen. Das hat was von einer Achterbahnfahrt und ist kaum alltagstauglich. Der Initiator hatte dafür wohl auch nur raumschifftaugliche Passagiere im Blick, aber keine Kinder, Ältere, verliebte Paare, Behinderte - und schon gar nicht Übergewichtige, die in USA weit über die Hälfte der Bevölkerung ausmachen.

 

4. Die japanische Eisenbahn befährt Tokio - Osaka in einem dichten Takt. Info bei zehn.de alle 10 Minuten. Deshalb wurde auch da die erste Schnellfahrstrecke mit damals 210 km/h eingerichtet. Ebenso werden auf dieser Strecke B747 und bald auch A380 dicht bestuhlt im Kurzstreckenverkehr eingesetzt.

 

5. Laut Wikipedia befährt die SNCF ihre Hochgeschwindigkeitsstrecken bis herunter zum Zugabstand von 3 Minuten. "Hauptverdächtiger" ist die älteste Strecke Paris - Lyon. Weil dies immer noch nicht ausreicht werden da jetzt Doppelstockzüge eingesetzt. So ein Zug hat als Doppeleinheit von 400 m Länge regulär ca. 1.100 Plätze, eine enger bestuhlte "Billigvariante" noch mehr! Aber die SNCF fährt oft Direktzüge. D.h. in Paris fahren zwar alle 3 Minuten Züge ab, aber die haben anschließend ganz unterschiedliche Ziele, von West-Schweiz bis Südfrankreich.

 

6. Genau das ist aber der Hauptvorteil der zunächst hohen Investitionen in neue Schnellfahrstrecken. Sie ermöglichen umsteigefreie Direktverbindungen weit über die eigentliche Strecke hinaus. Genau das macht die Bahn attraktiv. Ich trauere nicht dem alten "Kurswagen" nach. Aber trotz "Umstieg am gleichen Bahnsteig gegenüber" gab es beim IC-System Linientauscher, um Direktverbindungen zwischen Endästen sonst unterschiedlicher Linien zu ermöglichen. Trotz identischer Fahrzeiten war das für eine bestimmte Kundengruppe attraktiv. Die Leute fuhren lieber eine Stunde früher oder später, dafür ohne Umsteigen, weil sie dann den Koffer nicht umladen mussten.

 

7. Die Bahn ist also keine "Insellösung", sondern mit etwa 1 Million km Streckennetz das Rückgrat des Öffentlichen und teilweise sogar des gesamten Verkehrs in vielen Ländern der Welt. Auch in Deutschland mit über 30.000 km und in Europa mit einigen hunderttausend km.

 

8. "Transrapid für Teneriffa" lautete kürzlich eine Meldung.

Endlich eine sinnvolle Insellösung im doppelten Wortsinn!

Der Transrapid schafft 10 % Steigung und kann damit teure Tunnelbauten der geplanten normalen Bahnstrecke vermeiden.

Zudem geht es davor und dahinter nicht mehr weiter.

Und vom Flughafen bis zu den Touristenzentren herrscht starker Verkehr. Dann muss man "nur" noch die Touristen und Paschalveranstalter überzeugen, dass sie den Direkttransfer vom Flughafen per Bus bis zu den Hotels einstellen. Und preislich muss es sich auch rechnen, sonst wird auch das eine teure Investitionsruine.

 

Piratige Grüße

aus der Gegend von Stuttgart

Pi-Robby

Gesendet: Mittwoch, 14. August 2013 um 11:26 Uhr
Von: Bjoern <bbb AT chefmail.de>
An: "Bundes-AG Bauen und Verkehr Diskussionsliste" <ag-bauen-verkehr AT lists.piratenpartei.de>
Betreff: Re: [AG Bauen und Verkehr] langstreckenTransport der Zukunft

Sorry aber da muss ich in einigen Punkten widersprechen.

> Die neue Strecke soll nach heutiger StZ-Meldung über 5 Mrd. Euro
> kosten. Und billiger sein, als eine normale Schnellfahrstrecke. Das
> mag angesichts dieser engen "Rohrpost für Menschen" sogar sein. Aber
> wenn die Kapazität so gering ist, dann wird jede einzene Fahrt recht
> teuer, vielleicht tausend Dollar/Euro. Es kann aber sogar sein, dass
> es dafür einen Markt gibt! Boris Becker und Co. flog auch gerne mit
> der Concorde in der halben Zeit über den Atlantik. So gibt es auch
> Leute aus Hollywood, die dann zum Abendessen nach S.F. fahren. Manche
> lassen sich sogar mit dem Privatjet ihr Mineralwasser aus Frankreich
> einfliegen - ja wirklich!
Anvisierter Preis sind laut Heise-Artikel 20€ + Instanthaltung. Das würd
ich nicht als "recht teuer" bezeichnen. Und die Ziel-Kapazität (28
Passagiere alle 30 Sekunden = 3360 pro Stunde) ist eigentlich wirklich
nicht wenig. Es gibt Flughäfen da fliegen pro Stunde weniger Leute ab.
Und zwar in alle Richtungen zusammen, nicht nur in eine einzige.

> Es gab mal ein ähnliches Projekt für die Schweiz - die Swiss-Metro. Im
> luftleeren Tunnel unter den Alpen durch. Aber auch das ist längst
> wieder in der unteren Schublade abgelegt. Die Schweiz baut lieber für
> das Geld normale Bahntunnel an Gotthardt und Lötschberg, denn der Zug
> befördet davor und dahinter Personen und Güter ohne umsteigen/umladen
> direkt zum Ziel.
Swiss-Metro wollte einen Full-Size Zug durch den Tunnel fahren lassen. 4
Leute nebeneinander. Gleicher Fehler wie beim Transrapid. Die
Streckenkosten explodieren dann. Das neue System ist da deutlich besser
durchdacht worden.

> Die Strecke L.A. - SFO ist auch ein "Verdächtiger" für den
> A380-Kurzstreckenverkehr. Da passen die 840 Leute genau in eine
> Maschine. Dann kostet ein Ticket etwa 50 Euro.
Ein Ticket zwischen LA und SFA kostet derzeit aber 150€, nicht 50€.
Außerdem hast du dann schlechte Taktung, einen Flughafen weit außerhalb,
Fluglärm, CO2, ... Das Flugzeug ist totaler MIST, verglichen mit dem
vorgeschlagenen System.

> Die SNCF fährt 10 bis 15 Züge/Stunde und Richtung, wobei jede einzelne
> Fahrt auch ca. 1.000 Passagiere befördern kann. Diese beiden
> Alternativen sind der Maßstab auch bei den Kosten für die allgemeine
> Verkehrspolitik.
Ich hab noch keine zwei Städte gesehen zwischen denen auch nur annähernd
15 Züge pro Stunde fahren.
Das wäre schön weil man die Bahn dann endlich mal wirklich benutzen
könnte .... siehe Diskussion von neulich.
Zwischen HH und B fahren die ICE z.B. bestenfalls alle 30 Minuten.
Und 1200 km/h erreicht der ICE / SNCF äußerst selten, vor allem in
normalen Betrieb.
Sprich der ist wegen Taktung UND Geschwindigkeit im Punkt
Reisegeschwindigkeit HAUSHOCH unterlegen.
(Preislich und vom Komfort her vermutlich auch, aber da muss man erstmal
abwarten)
Und wer neben einer ICE-Strecke wohnt weiss auch dass die
Lärmbelästigung erheblich ist !


Gruß
Björn

--
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