Re: [Ag-bauen-verkehr] Ampeln mit Weitblick

[Rico Gloeckner <pp AT ukeer.de>]

Hi Lothar,

On 2010-07-02, Lothar Krauss <pp AT lkrauss.de> wrote:
> Am Freitag 02 Juli 2010 17:47:29 schrieb Bernd Eckenfels:
>> Das Problem sind eher die geradeausfahrenden Radfahrer rechts vom rechts
>> abbiegenden KFZ Verkehr, oder nicht? Wer kennt das nicht dass man von
>> Radfahrern trotz blinken rechts passiert wird.
>
> Das könnte an § 9 (3) StVO liegen ;-)

? Der bezieht sich auf entgegenkommenden Verkehr.


> Als regelmässiger Radfahrer in FFM kann ich Dir sagen, daß dies eigentich 
> jedesmal für den Radfahrer durchaus eine schwierige Entscheidung ist. Der 
> KFZ-Führer muß den Radfahrer durchlassen. Wenn man als Radfahrer wartet und 
> der Autofahrer wartet vorschriftsgemäß auch, ist das nicht gut, weil es 
> nicht 
> weitergeht, wenn man als Radfahrer durchfährt und der Autofahrer fährt 
> auch, 
> ist das noch schlechter.

Letztens bin ich beim Einbiegen in meiner Heimstrasse von Radfahrern rechts
ueberholt worden.  Also: Ich fahr eine Strasse in etwas mehr als Schritttempo
(weil Stauung), zeige meinen Rechtsabbiegebedarf mit dem Blinker an, und die
Radfahrer (Plural) haben nix besseres zu tun, als noch rechts vorbeizuradeln,
zwischen den parkenden Autos und mir.
Ich war mir in der Situation durchaus unschluessig, wie ich mich zu verhalten
habe.  Nach P5(8) haetten mich die Radfahrer gar nicht rechts ueberholen
duerfen, da ich (wenn auch langsam), gefahren bin.  

Insofern ist die Frage die konkrete Situation.  Ich denke Bernd meinte die
Situation, wenn er an einer roten Ampel warten muss:  Hat sich das Fahrrad vor
dem Auto positioniert (idR weil es eh vor dem Auto war), ist die Antwort
unstrittig.  Hat der Autofahrer sich links neben dem Fahrradfahrer
nachtraeglich positioniert, ist die Antwort wohl auch unstrittig (und der
Autofahrer IMHO doof :-P), stand das Auto aber bereits an der Kreuzung, und 
der
Radfahrer hat rechts ueberholt, und steht nun rechts neben dem Fahrzeug, so
koennte man P5(8) boese auslegen und vorraussetzen, dass gar nicht genug Raum
zum ueberholen war.  Ein gelassener Autofahrer wird dem Radfahrer seinen Spass
lassen und nur fluchen, wenn beide gradeaus fahren und er den Radfahrer ein
zweites mal auf engem Raum ueberholen muss.  Voellig unstrittig ist uebrigens
auch, wenn der Radfahrer auf einem Radweg unterwegs ist.


Im Zweifelsfall sollte der Radfahrer schauen, ob der Autofahrer ihn gesehen
hat.  Hat der Autofahrer ihn nicht gesehen, so gibt der schwaechere nach.  Hat
der Autofahrer ihn gesehen, ist er hoffentlich intelligent genug, dem
schwaecheren Vorfahrt zu geben, da er sonst die Probleme massiv an der Backe
hat   ---   Nein, das ist definitiv keine Auslegung im Sinne der StVO, aber
eine Auslegung, die mE in der Realitaet erstaunlich gut funktioniert.


Um zu meinem Ausgangspunkt zurueckzukommen:  Als Radler sollte man sich nicht
darauf verlassen, dass ein LKW Fahrer einen gesehen hat, da das Sichtfeld 
eines
jeden LKW Fahrers EXTREM eingeschraenkt ist.  Man sollte bedenken, dass der
Fahrer sehr hoch sitzt, die Augenhoehe ist regelmaessig auf 2m oder hoeher.
Die Fahrkabine ist aber so gross, dass man nicht steil nach unten schauen 
kann,
sondern der Blickwinkel haeufig sehr flach nach aussen geht, was dazu fuehren
kann, dass der LKW Fahrer bis zu einer Entferung auf 5m den Boden nicht sieht.
Das wird ueber horizontal-Spiegel schon teilweise abgefangen, aber eben nicht
komplett.  Rechts ist eigentlich immer einer, Vorne wird letzthin einer
ausgeruestet (ob gesetzlich vorgeschrieben oder nicht, ist mir leider nicht
bekannt).  Die LKWs, die ich regelmaessig fahre (Die gehoeren dem Staat und
sind von ~1980), sind aber bei weitem nicht so gut ausgestattet und da 
schwimmt
immer etwas Unsicherheit mit, weil man viel zu wenig sieht.  Da ich immer
Beifahrer habe, muss (und zum Glueck: KANN) ich mich auf ihre Aussagen
verlassen.  Im kommerziellen Umfeld fahren die LKW Fahrer aber zu 99% alleine,
und da waere es schoen, wenn man ihnen einraeumt, dass sie auch nur Menschen
sind, und sie nicht gleich niedermacht.


Der krasseste Fall, von dem ich gehoert habe (Nein, zum Glueck betraf das 
nicht
mich), war uebrigens ein Fall, wo ein Autofahrer in einem Kreisverkehr
unterwegs war, der Radfahrer ihm quasi in den Tankdeckel reingefahren ist, und
der Autofahrer 100% Schuld bekommen hat.  Der Fahrer wusste nicht, woher der
Radfahrer gekommen ist, und er hat ihn vorher nicht gesehen.  Nach allem was
mir erzaehlt wurde, und ich vertraue den Ausfuehrungen, hatte der Autofahrer
KEINERLEI chance, diesen Unfall zu vermeiden - ausser natuerlich das Fahrzeug
nicht zu bewegen. (Stichwort Betriebsrisiko)

Ich habe regelmaessig das Gefuehl, dass Radfahrer sich unter diesem Aspekt -
Mir faellt keine bessere Formulierung ein, daher gerne mit genuegend Salz
geniessen - Sonderrechte in Anspruch nehmen, die ihnen nicht zustehen, und
damit Autofahrer durchaus auch noetigen.  Nachzuweisen ist es eh nicht (was
soll man auch tun, bevor man aussteigt, ist der radfahrer weg; zwingt man ihn
anzuhalten und zu warten, kann einem das selbst wieder zum strick gedreht
werden), und wenn doch was passiert, ist der Autofahrer eh der dumme.


Aber wie gesagt, ich moechte das nicht zu grob verallgemeinern, ich weiss dass
es viele harmonisierende Radfahrer gibt, leider fallen einem immer die
Negativbeispiele auf und kleben bleibt dann - wie so oft - nur:  Die boesen
Radfahrer.


Und die Radfahrer denken das gleiche ueber die Autofahrer. :-)


Viele Gruesse,
 -mc