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sg-presse - [SG Bundes-PR] Entwurf Sperrklausel

sg-presse@lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der SG Bundes-PR

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[SG Bundes-PR] Entwurf Sperrklausel


Chronologisch Thread 
  • From: "Patrick Breyer (Piratenpartei)" <pbreyer@piratenpartei-sh.de>
  • To: sg-presse@lists.piratenpartei.de
  • Subject: [SG Bundes-PR] Entwurf Sperrklausel
  • Date: Sat, 29 Sep 2018 07:02:00 +0000
  • Autocrypt: addr=pbreyer@piratenpartei-sh.de; prefer-encrypt=mutual; keydata= xsFNBE9U/GsBEAC9AC9VrzE+jAqH738Yk0TndRjWIjwQ8CQdkUEQGWWguJonH9yCZBfTL1FC 7Nt7n/AeI8kSvHEQtpMXLR8ElqlX4cMOi7fb3k2R7jDAXsUmwIdCk4LOT55DNsbEAviXRm6F rHOUIyKlKtZa5mQwm6hRGiVPYafIDo2Z7+Zxp5s5Rt3ggqm+ebDBUF2Sks6muOq8bkeTFECM ti8Vsg6T0E3h47bsG6dMGOF91kK183guitQKK/9qMZY9DQ+KlHyjSPQQwS8+2gF3UI6sX3Ry VwGmA9j/9CTMxWijL6yxaOjgqMp40jza/oPemGYkPY+SJwAVooDzAOLpOyzfgZC6zl0IsDhp 5ZEdL1QxBfNQZqvssrgxHCqe5hwHu0i+rlY2MjQuZ4M8XMHdCg0g/t9Z/Vk4g3IIySii6GW+ ORI1dEkSu4oyI5RAizhZbtS7/d4N08f1gD50jy3jH79hqQjqg+cOITAZHedqlvW06zEZH1Dr FOSI+r+TUS6yUwTmGX2lX3cJfXNEu0YU+1bUae1DhnZNDLyxqg+6Flzm2ek1li2eIbF48X7u e0unxsHGvfbEhk1rl8nkmIh52nz9NRraDRZJ1GxxuXv7KnQAN11dWLEaxqjeGRh9TtrKgIid ICxeqc02MwrQgRAqd/juHoVzDw+OGoAt8wm9PBbPwpeoQao9iQARAQABzTlwYnJleWVyQHBp cmF0ZW5wYXJ0ZWktc2guZGUgPHBicmV5ZXJAcGlyYXRlbnBhcnRlaS1zaC5kZT7CwXYEEwEC ACAFAk9U/GsCGyMGCwkIBwMCBBUCCAMEFgIDAQIeAQIXgAAKCRBb8jX7wmsvSSakD/4q7aLY FZVtZBgwk0DAl5uT9iDJatLxPYgbxJW56hBTctV6i0F8QtpN2Zwf6tMzHqfR7kGFjeFqzX8p /k5VZhkUhk+iX4ixJjavp/dLurcDWAhfT8PFHd2zE7RUH30loj4aret1puXU+2986zXR/9WN UQGcBSEPR6V1yO2kCquGIatE8K3IzzuPTudYHAfbcRfswQWrxaUwRskOSMexImVgYATARwua SRlGQjv6s8BNwJMa1qIx839oJPCphVhKn6+atrgNhUMBYyAlG9TLyAsCHfIdjkJansa+NxQX 4GdD2rLqmXS/GdCYdZZYFZbsfbqoLJgpJdAimLgescge9A/3aRbffhnpjaX9FzzwxtgWHh8l Ar+QC0lafePd0cdUG5XLFc+dHihWxutaXD8efF4qPUjfS35XT6uBbgtCBQ5HqFm/qkfOq8fB tqkIOHz7M4vPRXMaRMBSHg/+PYioaYNciqH6SyJTbdZkCOP5rntilEaRM8UMVU8KPwx7FmD6 xN6K4wB/366quYXANWes1P/UbDqq6vykGkbtXmpugOtxJ0UAFBfmpVMpFbS/3prbvgwQru2v oMnrLvwgaDlK73s1mj0xEUXc2F8eDR+Qmb6nBFKQMbU7JU3umbXV+rZCyUrWkBr+FkPpjQkb GxlsFTxhhCF+hNZNitWWrdzXPVugEc7BTQRPVPxrARAAmNlKLZmr97L1Ob+9z0blf6sRoWLo IMENeedZzHmxHpk4XNR+RuW3eJQShfS+V/QxXGH+mNZSar8vLbA5rkYLyR90yhCDFpdQTNLl m6UiEa9S3MYcEmm2eM4Rfvn7FvgWHk2BKWxuqMVKxjb1rtM4ip2HYRY56nF/+P8lgNZOCxcj 4+XhxAqQ0xemTw83tqcjQByv7eAlB/BddsT/HS4fWcATmpGWZzSGWOHTItjJilFqLgljJDlI ndRHl+IzWY0o+px3WL/vB8YkxY6Hwh0ihx5+MAVREasyZMqilvE1zoypt32r8963EzI/sn/O i7EsMrja994GR/6PsYTEypEQuJT/FpWZk8JVxfuKxsQU8wN+6lsiSp+DnD5Z/fWNkBMACQ0k Q6E7kYaQIFzDoz9HWN4BVDjXocZWjj47ll0UoaMgCTNVceInmtXQAfQcusrgoWyZ2XGxKM93 jWvBBW/EvUtb8uoE4vpdHKpJamTRKIt/YNEPhdyhXAm8tOkBeuhHqPVLJB3FZJbm7n24Szph 0r8XnBs6dzKmCA6eSsiR0iL36djwaRPXp8rDwZqd7/OmZqGJs9uQhb8bNdL9RlwWNEcVkiEb ekFef0EXT+RfBAx/uPrDBZOfeMGT89c/3jNZOz2H7ppYmlC42yT2X40K3eIe12NY5rsxK0ia MlXerXkAEQEAAcLBXwQYAQIACQUCT1T8awIbDAAKCRBb8jX7wmsvSQsbD/44fnH5Oy9xmAfC iC76Al09kZkv97Ag45t7BG47S6CHqdldjEnetf4jSqj1OnBf/CIeF9Fgnpci7BNjwXCQdLMm R0B4EnQ6NCwRI3piYAv2QJ3VsAVp/JgtRSrEFJeeWpZs5AjFFkmrBkU2pxhbUwyZRZ/eu/m4 WFFCPopmIaGJmAOSiFf8ZczBY/6T8Dbf2w9UQFp3VTlP/7nb7/qjUXI3SPmNZLG4ly7nG1aU SfgPHA5tsppzWFDG3HVdv6nK2JkOSm4jHbTz0Yw387yEsLINLdSzdKnB4YLz6mZfjvjq6dVP 9J0UzxyeUg/5LiDvmCnW2nfUDgTwrL/yMJ36u/c9s/zdt/gznDyTpbQZxuCG5u714Ftkgp8I b1rCO+g0iw0VFzXPp5hF4lHN2rkGA9Yb1X7eXY08CQe0Tq/5qre64sbeFv/A6l93ws4CF25j H3iorUyX1QvQB0C0J4AM/mAOpRKUxclSGPTaTWMOjRmW/w3xZLjKVbP+fyFkBu8Pedt02BS7 863XjQ+ymXXExtSVfnBnrTtWWrxOjDr/D3BzK+/9GJN2JRFpQ+2A60EeuE6apF9MtC0LB/3S NKN+pKh0cKoQXJVuqLrJAQmO7oVEu0NqbYlpjCtI8qQt9q8kEIoSxbaSdDLnK8PR7V453QiI E7h56uzgtcZVz/BBLkG1ow==
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Hallo,

ich habe einen Blogbeitrag zur Sperrklausel-Diskussion entworfen:
https://pressepad.piratenpad.de/2018-09-29-Sperrklausel

Könntet ihr euch darum kümmern?

Beste Grüße
Patrick


Warum du gegen die verfassungswidrigen Sperrklausel-Pläne zur Europawahl
aktiv werden solltest

Einem Zeitungsbericht zufolge versucht die GroKo gerade, FDP und Grüne
für eine höchst zweifelhafte Sache vor den Karren zu spannen:

Nachdem das Bundesverfassungsgericht mehrfach eine Sperrklausel (Hürde)
zur Europawahl für verfassungswidrig erklärt hat, soll sie nun mit
verfassungsändernder Zweidrittelmehrheit über den Umweg des EU-Rechts
doch wieder eingeführt werden. Geplant ist eine 2%-Sperrklausel für die
Europawahl 2019.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat in einem Gutachten schon
festgestellt, dass dieses Vorhaben verfassungswidrig ist.
http://www.eu-info.de/dpa-europaticker/289122.html

Vor allem aber sind solche Machenschaften genau der Grund, warum sich
Menschen von den etablierten Parteien abwenden und nicht mehr zur Wahl
gehen oder sogar AfD wählen: Da wird versucht, politische Konkurrenz
auszuschließen, nur um die frei werdenden Sitze im Parlament selbst
besetzen zu können. In Kauf genommen wird, dass 2 Mio. Wählerstimmen für
kleine Parteien unter den Tisch fallen (Zahlen aus 2014). Dieses
Vorhaben ist absolut schädlich für Europa und alle Parteien, die
mitmachen. Gerade unter jungen Wählern ist eine Sperrklausel extrem
unbeliebt.

Bitte nutzt alle Möglichkeiten, diesen Plan aufzuhalten. Frag deine
Bundestagsabgeordneten von FDP und Grünen (z.B. über Abgeordnetenwatch
https://www.abgeordnetenwatch.de ), ob sie sich wirklich dafür hergeben
wollen. Aber auch über den Bundesrat ließe sich das Vorhaben durch ein
Veto der grün mitregierten Länder stoppen, weil es einer Mehrheit auch
im Bundesrat bedürfte.

Falls die verfassungswidrige Sperrklausel wie geplant beschlossen werden
sollte, wird sie voraussichtlich wie schon 2014 wieder kurz vor der Wahl
vom Bundesverfassungsgericht einkassiert. Mit einer erneuten Niederlage
vor dem Bundesverfassungsgericht verbunden wäre ein enormer
Vertrauensschaden in der Öffentlichkeit, der bei diesem sensiblen Thema
("Entscheidung in eigener Sache") unbedingt vermieden werden sollte -
auch um zu verhindern, dass nationalistische Parteien im Vorfeld der
Europawahl weiteren Auftrieb bekommen.


Ausführliche Hintergrundinformation:

Wie die Stuttgarter Zeutung heute berichtet, wolle die Große Koalition
FDP oder die Grünen für eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit zur
Wiedereinführung einer 2%-Sperrklausel zur Europawahl 2019 gewinnen. Die
Union rechne bereits sicher mit der Zustimmung von SPD und FDP.
<https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.groko-will-sperrklausel-zwei-prozent-huerde-fuerseu-parlament-soll-kommen.52b53dd8-8e04-4f3f-b6ea-ad4fc07cc083.html>

Durch einen vom Bundesinnenministerium formulierten Gesetzentwurf soll
das Bundesverfassungsgericht, welches mehrfach Sperrklauseln zur
Europawahl für nicht gerechtfertigt erklärt und als verfassungswidrig
verworfen hat, über den Umweg des EU-Rechts umgangen werden. Die
Parlamentssitze der Parteien, die wegen der Sperrklausel nicht mehr
vertreten wären, würden hauptsächlich an Union und SPD gehen.

Ich warne aus verfassungsrechtlichen Gründen davor, dem vom
Bundesinnenministerium formulierten Gesetzentwurf zuzustimmen. Er ist
verfassungswidrig und würde vor dem Bundesverfassungsgericht keinen
Bestand haben, weil er eine verfrühte Umsetzung der Sperrklausel bereits
zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des geänderten Direktwahlakts vorsieht.
Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des
Bundestags vom 11. September 2018 (WD 3 - 3000 – 326/18), welches hier
abrufbar ist:
<https://www.bundestag.de/blob/569824/a6ec3395320e34dbc6f4ee07eeeec1a5/wd-3-326-18-pdf-data.pdf>

Der Wissenschaftliche Dienst wurde gefragt, ob die nationale Umsetzung
der Sperrklausel früher wirksam werden darf als europarechtlich
gefordert. Nach Art. 3 Abs. 3 des geänderten Direktwahlakts muss eine
Umsetzung erst zur übernächsten Europawahl nach Inkrafttreten, also
frühestens 2024, erfolgen. Nach Einschätzung des Wissenschaftlichen
Dienstes sprächen die besseren Argumente dafür, dass der Bundestag bei
der Umsetzung des geänderten EU-Direktwahlakts "über das europarechtlich
Zwingende weder zeitlich noch der Höhe nach hinausgehen" darf. Dies
bedeutet, dass der Bundestag eine Sperrklausel verfassungsrechtlich
nicht schon mit Inkrafttreten des geänderten Direktwahlakts, sondern
erst zur übernächsten Wahl nach Inkrafttreten einführen darf. Dem trägt
die Formulierungshilfe des Bundesinnenministeriums keine Rechnung.

Sollte das Bundesverfassungsgericht erneut kurz vor der Europawahl eine
unter Ihrer Mitwirkung verfrüht eingeführte Sperrklausel kippen, würde
dies das öffentliche Vertrauen in die verantwortlichen Parteien
erschüttern und könnte der AfD helfen, im Wahlkampf eine
"Anti-System-Stimmung" zu erzeugen. Eine auch nach Einschätzung des
Wissenschaftlichen Dienstes rechtssichere Lösung erscheint deshalb
unverzichtbar.

Von der Grundgesetzwidrigkeit des vorliegenden Gesetzentwurfs abgesehen
wird Forderungen nach Wiedereinführung einer Sperrklausel zur Europawahl
nicht erst seit den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts in der Sache
entgegen gehalten:

- Dass die Funktionsfähigkeit des Europaparlaments ohne Sperrklausel
nicht beeinträchtigt sei, zeige dessen Arbeit seit der letzten Wahl.

- Dass keine Zersplitterung eintrete, zeige sich daran, dass sich 5 der
7 deutschen Einzelmandatsträger einer der großen Fraktionen im
Europaparlament angeschlossen haben. Außerdem ist die Zahl der
Einzelmandatsträger seit 2014 (ohne Sperrklausel) geringer als zuvor. Im
Europäischen Parlament sind ohne Sperrklausel zurzeit etwa 160 nationale
Parteien vertreten, wobei eine Sperrklausel diese Zahl nicht nennenswert
senken würde.

- Die NPD, die demnächst keine Parteienfinanzierung mehr erhält, wird
mit einem Bundestagswahlergebnis von 0,4% ohnehin nicht mehr in das
Europaparlament einziehen und spielt keine Rolle mehr. Die AfD wird von
einer 2%-Sperrklausel nicht erfasst und könnte durch öffentliche Kritik
an der "Entscheidung in eigener Sache" eher noch Zulauf erhalten.

Folgende politische Argumente gegen eine Sperrklausel und gegen eine
Ratifizierung der entsprechenden Änderung des Direktwahlakts werden genannt:

- Verfälschung des Wählerwillens zum eigenen Vorteil: Eine
2%-Sperrklausel würde der letzten Europawahl nach zu urteilen über 2
Mio. Stimmen von Wählern kleiner Parteien entwerten und sie zu großen
Parteien "umleiten", denen die Stimmen nicht zugute kommen sollten.

- In einer Sperrklausel liege eine ungerechtfertigte Einschränkung des
politischen Wettbewerbs um die besten Ideen bzw. eine ungerechtfertigte
Einschränkung der demokratischen Vielfalt in Europa.

- Eine Sperrklausel verstärke die Wahlrechtsungleichheit in Europa.
Schon ohne Sperrklausel brauche es in Deutschland fünfmal so viele
Wähler wie etwa in Malta, um im Europäischen Parlament repräsentiert zu
sein. Mit einer 2%-Sperrklausel würde es in Deutschland 20mal so viele
Wähler brauchen wie z.B. in Malta, um im Europäischen Parlament
vertreten zu sein.

- Speziell gegen eine Umsetzung zur Europawahl 2019 wird die Empfehlung
der Venedig-Kommission des Europarats für Demokratie und Recht genannt,
im letzten Jahr vor einer Wahl keine Änderungen des Wahlrechts mehr
vorzunehmen.

Kritik an den Sperrklausel-Plänen der Großen Koalition äußern unter
anderem Mehr Demokratie e.V.
<https://www.mehr-demokratie.de/presse/einzelansicht-pms/news/europa-zementiert-chancenungleichheit-der-parteien/>
und Abgeordnetenwatch
<https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/2018-06-06/kleine-parteien-soll-aus-eu-parlament-ferngehalten-werden-morgen-entscheidung>,
aber auch die FAZ
<http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/warum-die-europawahl-keine-prozenthuerde-braucht-15794298.html>


Im Europäischen Parlament haben die Mehrheit der liberalen Abgeordneten
(61%) und fast alle grünen Abgeordneten (96%) gegen die Änderung des
Direktwahlakts zur Einführung einer Sperrklausel gestimmt, über die
jetzt Bundestag und Bundesrat entscheiden sollen. Mehrheitlich
zugestimmt haben nur Konservative und Sozialdemokraten.

Ob die von der Großen Koalition geplante Sperrklausel noch zur
Europawahl 2019 in Kraft treten könnte, erscheint ohnehin zweifelhaft.
Aus anderen EU-Mitgliedsstaaten ist zu hören, dass fraglich ist, ob
überhaupt und wann eine Ratifikation erfolgt; jedenfalls vor der
Europawahl 2019 sei dies unwahrscheinlich. Die letzten
EU-Vertragsänderungen sind jeweils erst zwei Jahre nach ihrem Beschluss
vollständig ratifiziert worden und in Kraft getreten.



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