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schiedsgericht-koordination - Re: [Schiedsgericht-Koordination] Schriftliche Form

schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de

Betreff: Schiedsgericht-Koordination

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Re: [Schiedsgericht-Koordination] Schriftliche Form


Chronologisch Thread 
  • From: Florian 'branleb' Zumkeller-Quast <branleb@googlemail.com>
  • To: schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Schiedsgericht-Koordination] Schriftliche Form
  • Date: Thu, 22 Jan 2015 17:28:18 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/schiedsgericht-koordination>
  • List-id: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination.lists.piratenpartei.de>
  • Openpgp: id=241FEB26

Hallo zusammen,

Am 22.01.2015 um 13:47 schrieb Melano:
> wir vom LSG-NRW haben es in Fällen zu einer OM so gehandhabt, dass
> eine
> Ordnungsmaßnahme erst seine Rechtskraft entfaltet, wenn diese dem
> Betroffenen schriftlich und unterzeichnet (in dem Fall jemand aus dem
> Vorstand) übergeben hat oder postalisch zugesandt wurde.
>

Habt ihr eine öffentlich nachlesbare Entscheidungsbegründung dazu?
Wenn ja, kannst du hier einen Link/Aktenzeichen rumsenden?
Ich würde mir gerne eure Begründung bzw. Herleitung durchlesen.

> Von daher bei uns hier in NRW und aus der Bundessatzung ersichtlich, >
der Beschluss zu einer OM muss schriftlich zugegangen sein.
>

Die Frage ist ja: Woher nimmst du die Definition von schriftlich?

Hier mal skizziert mein Gedankengang:

-> Die Satzung verwendet noch ein paar mal den Begriff "schriftlich" und
"Schriftform", definiert das aber nirgends näher.

-> Rechtsvergleiche auf andere Satzungen verbieten sich grundsätzlich,
eine Satzung ist aus sich heraus auszulegen, siehe etwa Palandt, 68.
Auflage § 25 Rn. 4.

-> Der üblichen Allgemeinwortgebrauch im Piraten(affinen) Umfeld
abstellt, bedeutet schlicht eine textliche Niederlegung. Was aber ist
dann der Unterschied zur Textform nach § 4 Abs. 5 BS? Das reicht also nicht.

-> Setzt man an genau dieser Stelle an, zeigt sich, dass früher in § 4
Abs. 5 BS "Schriftform und Unterschrift" stand. Demnach wäre Schriftform
wohl etwas ohne Unterschrift. Dabei kommt dann aber sofort die Frage:
Ist eine alte Version noch zur Auslegung "aus sich selbst heraus"
heranziehbar? Angesichts des Verbots historischer Satzungsauslegung imho
nicht machbar. Ergo ist diese alte Formulierung irrelevant.

-> Da die Satzung nicht ergiebig ist, bleibt der Rückgriff auf übliche
Rechtsbegriffe. Schriftlich/Schriftform wird in § 126 BGB definiert.
Allerdings, das ist wörtlich genau beschrieben, (erstmal) nur für
Gesetze, die ebendiese Form fordern. Dass die Satzung kein Gesetz ist,
sagst du ja auch selbst. Das ergibt sich aber auch dem Parteiengesetz.

-> Es gibt aber noch den § 127 BGB. Der sagt, § 126 gilt entsprechend
auch für durch Rechtsgeschäft bestimmte Form. Ob die Satzung jetzt ein
(gar schuldrechtlicher) Vertrag ist (So wohl das LSG Hessen,
http://wiki.piratenpartei.de/Datei:LSG-HE-2014-04-23-II_anonym.pdf
(nicht rechtskräftig)), oder aber nicht, ist dabei vollkommen
irrelevant. Jedenfalls entsteht die Satzung durch Rechtsgeschäft
(Gründung der Partei) und wird durch ebensolche weitergeführt. Auch
erfolg durch Beitritt (Auch ein Rechtsgeschäft) die Akzeptanz der
Satzung. Somit ist § 127 auf jedenfall einschlägig. Daher trifft wohl
die Definition von §§ 127 I, 126 I BGB auf die Satzung zu, die §§ 127 I,
126b BGB erklären zudem die zu unterscheidende Textform).

-> § 127 II BGB weicht die Definition des § 126 I BGB aber wieder auf.
Und damit bleibt die Streitfrage eröffnet, ob diese Formerleichterung
eng auszulegen ist (Fax oder Scan der Originalurkunde (händisch
unterschrieben!)) oder weit (Effektiv Textform nach § 126b BGB
ausreichend, weil gleicher Aussagengehalt und auf Aufforderung wird die
schriftlichkeit im Sinne von § 126 I BGB im Nachinein erstellt, aber die
(Rechts-)Wirkung trat schon mit der Textform-"Urkunde" bzw. dem Scan/Fax
ein.

Und dann sind wir genau bei meiner Email vom 18. Oktober 2014, 13:47
CEST auf dieser Liste in diesem Thread.

Am 18. Oktober 2014 13:47 CEST schrieb ich:
> Und zur aufgeworfenen Frage des § 127 II BGB schreibt Junker
> im juris-PK-BGB, 7 Auflage 2014:

> § 127 Rn 16 »Wird beispielsweise eine Urkunde in gesetzlicher
> Schriftform erstellt und diese per Computerfax oder als
> eingescannte Datei per E-Mail übermittelt, ist die gewillkürte
> Schriftform i.S.v. § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB nach beiden Ansichten
> erfüllt. Anders ist dies, wenn lediglich der Text übermittelt
> wird, ohne dass eine formgültige Urkunde erstellt worden wäre.«
>
> Und während die Arbeitsgerichtsbarkeit wohl Textform für
> § 127 II BGB genügen lässt, ist die ordentliche Gerichtsbarkeit
> zwiegespalten (Dafür: OLG Hamburg v. 06.05.2013 - 2 W 35/13;
> OLG Zweibrücken v. 04.03.2013 - 3 W 149/12; Dagegen:
> LG Köln v. 07.01.2010 - 8 O 120/09; OLG München v. 23.10.2014
> - 7 U 321/13).
>
> Junker im obigen jurisPK schließt sich der Erfordernis des
> Scans an, Arnold lehnt dies in Erman, 14. Auflage in
> § 127 Rn 7 ab.
>

(Fax ist grundsätzlich immer einem Scan gleichzusetzen in diesen
Erläuterungen, es wird eine Nicht-Original-Version zugestellt)

Ich hoffe, ich habe die entscheidenden Punkte des Gedankenwegs klar
genug geschildert.

Weiter im Text…

Am 22.01.2015 um 13:47 schrieb Melano:
> Was das notarielle angeht... unsere Satzung ist kein Gesetz noch geht
> es hier um etwas Vertragliches.
>

Klar, aber das notariell beglaubigte Handzeichen (§ 126 I Alt. 2 BGB )
ist ja mehr die anachronistische Analphabetismus kompatible Version der
eigenhändigen Unterschrift (§ 126 I Alt. 1 BGB). Was in diesem Sinne mit
Gesetz oder Vertrag zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Ansonsten
haben ich ja oben bereits ausführungen zum Identitätscharakter
Gesetz/Vertrag der Satzung gemacht und warum ich das für nicht weiter
relevant halte.

> Interessant wäre ggf. § 126 (3) BGB was die elektronische Form angeht.

Auch klar, aber das ist ja nochmal eine ganz andere Klamotte. Eine
elektronische Form nach § 127 I, 126a I BGB ist wegen den Anforderungen
des Signaturgesetzes ja kaum für irgendein Schiedsgericht oder einen
(Gliederungs-)Vorstand dieser Partei realistisch.

-Florian

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