Hallo ihr beiden,
da ich mich mit den AGs bisher auch nicht viel beschäftigt habe
werde ich mal am Montag beim OWL-Mumble reinschauen. Wie wir das
ganze dann einbringen und am schnellsten Positionen und politische
Aktionen hier in OWL daraus machen, können wir ja vielleicht dort
entscheiden.
LG Phillipp
Am 18.05.2012 14:48, schrieb Lars Büsing:
Ahoi!
da ich mich noch nicht geäußert habe, gleich mal vorweg: Das
Attac-Papier geht mir an einigen Stellen deutlich zu weit. Man hat
schon das Gefühl, das hier klassische linke Theorien wieder
hervorgekramt werden. Außerdem werden mir zuviele Dinge in einen
Topf geworfen (Vermögenssteuer, Enteignung, Verstaatlichung,
Niedriglöhne, Massenarbeitslosigkeit, Schuldenstreichung, usw.).
Der folgende Satz ist exemplarisch:
"So trägt beispielsweise die Senkung des griechischen Mindestlohns
nicht zur Steigerung der „Wettbewerbsfähigkeit“ bei, da das
Außenhandelsdefizit zum einen durch die merkantilistische Politik
der Euro-Kernländer und zum anderen durch die Deregulierung der
Finanzmärkte verursacht wurde."
Es scheint mir, als habe man dort einfach möglichst viele
Schlagwörter in einen Satz drücken wollen, ohne nochmal drüber
nachzudenken, was man eigentlich sagt.
Grundsätzliche Probleme werden zudem erst gar nicht angesprochen -
dass es bei Fiskalpakt/ESM letztendlich um den Euro, die
gemeinsame Währung, eine gemeinsame Geldpolitik geht. wird aus dem
Papier überhaupt nicht klar ("Euro", "Geld" und "Währung" kommen
in dem Papier nicht einmal wirklich vor). Anstatt echter
Alternativ-Lösungen werden die typisch-linken
Umverteilungs-Lösungen präsentiert, ohne sich der Frage zu widmen,
welche Konsequenzen diese hätten. Das Papier mag zwar in die
richtige Richtung gehen, aber schiesst für mich weit übers Ziel
hinaus bzw bleibt hinter den Erwartungen zurück.
Ich stimme allerdings zu, dass das Thema mehr konkrete
Öffentlichkeit braucht. Dazu können auch die Piraten - auch in OWL
- beitragen, und ich glaube konstruktiver und ergebnisoffener als
z.B. Attac. Die Diskussion zum ESM/Fiskalpakt ist zum Teil sehr
"verkopft", und in den Details für Laien (wie mich) kaum
nachvollziehbar. Deswegen sollte die Aufklärungsarbeit erstmal
darauf zielen, die Inhalte verständlich zu machen und die Folgen
der Verträge aufzuzeigen (z.B. unbegrenzte Haftung, Immunität der
Verantwortlichen, Entmachtung der Politik,...). Gleichzeitig muss
man aber auch Alternativen aufzeigen können, ohne dabei in den
linken Populismus des Attac-Positionspapiers zu verfallen... keine
einfach Aufgabe.
Es wäre toll, wenn sich hier in OWL in dieser Richtung etwas tun
würde und man Menschen aktivieren könnte, die Entwicklung nicht
einfach als gegeben hinzunehmen. In Bezug auf die programmatische
Arbeit möchte ich hier auch noch insbesondere auf die AG Europa
und die AG Geldordnung und Finanzpolitik hinweisen, die diese
Themen z.T. gemeinsam aufzuarbeiten versuchen. Auch wenn die
Ergebnisse bisher wohl noch überschaubar sind ;)
Also: Wer Interesse daran hat, das Thema in einer regionalen
Gruppe mal zu erörtern: Nächsten Montag ist OWL-Mumble, und man
könnte es noch auf die Themenliste setzen. Oder gleich hier auf
der ML weiter ausarbeiten :)
Gruß,
Lars
Am 18.05.2012 12:47, schrieb Wanderer:
Hallo Philipp,
das ist nicht mein Papier. Sondern des wissenschaftlichen
Beirats von ATTAC. Ich finde das Papier und weitere
Stellungnahmen eine fruchtbare
Wenn Du dazu mehr Details haben möchtest empfehle ich Dir http://www.attac-netzwerk.de/das-netzwerk/wissenschaftlicher-beirat/stellungnahmen/
Ich selbst bin seit 3 Monaten Mitglied der Piraten und von
ATTAC. Was hälst Du denn davon, wenn wir das Thema
Fiskalpakt/ESM etc in OWL in eine AG einbringen, Positionen
und vor allem politische Aktionen erarbeiten und umsetzen? Als
Neu-Pirat kenne ich mich auf der OWL-Ebene überhaupt nicht
aus.
Mir sind insbesondere gute politische Piraten-Aktionen
wichtig. Nur dadurch erreichen wir Wähler, Sympathisanten und
neue Mitglieder. Innerparteiliche Diskussionen sind für mich
Schmoren im eigenen Saft - das bringt m.E. nicht so viel. Sie
sind eine wichtige Voraussetzung für Aktionen. Doch wenn wir
uns wirklich von den etablierten Parteien unterscheiden wollen
darf es m.E. nicht nur beim innerparteilichen Diskutieren
bleiben. Wir müssen mit Aktionen, Taten, Handeln, Tun an die
Öffentlichkeit: Demos, Flashmobs, öffentliche
Podiumsdiskussionen, Veranstaltungen jeglicher Art usw.
Wenn 85% der Wähler bei der LTW NRW 2012 glauben, wir
Piraten seien nur eine Protestpartei ohne Programm - dann
können wir intern so viel diskutieren wie wir wollen. M.E. tun
wir noch zu wenig, um auch thematisch rüber zu kommen bzw.
öffentlich mit den Wählern unsere Positionen in Barcamps, Open
Space und anderen Formen gemeinsamer, öffentlichkeitswirksamer
Willensbildung zu erarbeiten. Da haben wir jede Menge
Potential, Reserven und Änderungsbedarf bei uns selbst!!!
Piratige Grüße
Antonio
*Nur wer ÄNDERT, was verändert werden muß,
kann bewahren, was bewahrenswert ist*
Am 13. Mai 2012 08:31 schrieb
JusTAfANaTiC <JusTAfANaTiC AT web.de>:
Ahoi Antonio,
dann will ich die Punkte mal durchgehen:
Punkt 1 wird von den Piraten ebenfalls gefordert, hier
sehe ich eine Teilübereinstimmung zu dem Stichwort
"Entdemokratisierung".
Allerdings wird diese in deinem Papier nicht weiter
begründet - wir Piraten werden da etwas deutlicher (z.T.
zitiert aus unserem Positionspapier):
- Kritik das ESM-Gouverneursrat keiner unabhängigen
Kontrolle unterliegt
- Der ESM-Vertrag verstößt gegen den
Parlamentsvorbehalt, da alle Entscheidungen von einem
demokratisch nicht legitimierten Gremium getroffen
werden
- Forderung nach einer Volksabstimmung über den
Fiskalpakt (um gegen Anti-Europäische Tendenzen und
Akzeptanzverlust des ESM zu stoppen)
- Die Eurokrise ist ein Strukturproblem des Eurosystems
Zu Punkt 2 gibt es meines wissens nach bisher keine
Position der Piraten, ich kann mir aber auch nicht
vorstellen, dass es einen solchen
Parteitagsbeschluss/Positionspapier geben wird.
Staatsschulden sind hier in Deutschland das Rückgrat der
Versicherungs & Rückversicherungsgesellschaften, die
auf lange Zeit (über Jahre) sichere und kalkulierbare
Kapitalanlagen benötigen.
Eine Streichung der Schulden würde also das Deutsche
Versicherungswesen zusammenstürzen lassen - bei einer
Pleite der Rückversicherer springt aber der Staat ein,
folglich werden entweder Versicherungen unbezahlbar,
oder wir haben die Schulden dafür sofort wieder am Hals.
Mit Sicherheit gibt es noch eine Menge anderer
Auswirkungen, die eine Streichung der Staatsschulden
Deutschlands hätten, die ich nicht beurteilen kann.
Sicher ist aber, dass es zu einem Zusammenbruch unseres
Wirtschaft & Finanzsystem führen würde, womit wir
wieder bei der Hetzschrift wären..
Punkt 3: Die Vergesellschaftung von Banken ist im Fall
der Commerzbank ja bereits gängige Praxis, was mit "to
big to fail" gemeint ist kann ich nur raten. Ob eine
Rettung oder Vergesellschaftung von Pleitebanken richtig
ist, kann man sicher diskutieren. Eine Verstaatlichung
der Banken löst aber das Problem sicher nicht,
schließlich waren es in Deutschland insbesondere die
Landesbanken, die den Steuerzahler Milliarden gekostet
haben. Eine Art Spekulationsverbot/einschränkung für
Staatliche Banken wäre mit Sicherheit eine in meinen
Augen sinnvolle Sache, kommt aber in deinem Papier nicht
vor.
Punkt 4: Radikale Umverteilung von Einkommen und
Vermögen ist vielleicht eine Forderung der Linkspartei,
sicher aber nicht der Piraten. Eine Stigmatisierung von
"Reichen" halte ich generell für falsch. Reichtum ist in
unserer demokratischen Gesellschaft durchaus erwünscht.
Das zeigt sich z.B. auch in der Bezahlung - ein Arzt
erhält in der Regel mehr als ein Taxifahrer. Das es hier
unverhältnismäßigkeiten gibt steht außer Frage, eine
Korrektur dieser kann aber vermutlich nicht als
"Radikale Umverteilung" bezeichnet werden.
Unser System sieht ebenfalls vor, dass Vermögende
finanziell mehr beitragen als nicht-Vermögende, auch
hier sehe ich Optimierungsbedarf, eine Möglichkeit sind
Vermögenssteuer (auch wenn ich das Wort nicht mag) und
Finanztransaktionssteuer. Eine stärkere Progression der
Einkommsteuer ist ebenfalls diskutabel, allerdings
glaube ich es wäre wichtiger Steuerschlupflöcher zu
schließen.
Punkt 5: Ist sicherlich in Spanien, Griechenland und
anderen Europäischen Ländern wünschenswert. Die
Forderung nach keiner manipulation der
Arbeitslosenstatistik kann ich voll unterstützen. Ob
aber eine radikale (da ist das Wort wieder)
Arbeitszeitverkürzung den gewünschten Effekt bringen
würde, bezweifle ich, würde dazu aber gerne mehr
Informationen erhalten. Kurzarbeit hat auch in
Deutschland Unternehmen vor der Pleite bewahrt, ist aber
auch immer mit Einnahmeeinbußen der Arbeitnehmer
verbunden. Ich glaube Lohnerhöhungen in Deutschland z.B.
durch einen Mindestlohn werden dazu beitragen, dass
Arbeit in Spanien etc. wieder attraktiver wird.
Punkt 6: Demokratisierung der Demokratie könnte man
vermutlich als piratige Kernforderung bezeichnen,
allerdings hat auch diese Forderung ihre Grenzen.
Piraten fordern durchaus die Lobbymacht von Banken und
Unternehmen durch transparente Politik aufzudecken,
allerdings keineswegs enteignung. Vielleicht gehe ich in
meiner Interpretation damit zu weit, aber ich sehe in:
"Es kann nicht sein, dass die Demokratie an den
Werkstoren und vor den Banken endet und dass eine kleine
Gruppe privat über den Produktionsapparat verfügt, von
dessen Entwicklung das Leben der Menschheit abhängig
ist." den klaren Wunsch Banken und Unternehmen zu
enteignen oder zu verstaatlichen (damit wären wir wieder
bei der Hetzschrift).
Sicher ist es wichtig für uns als Staat entsprechende
Regeln für Unternehmen aufzustellen um Mono- und
Olligopole zu verhindern, ich denke in diesem
Zusammenhang wird es auch noch Diskussionen bei den
Piraten geben - (gute) Ideen sind hier sicherlich
erwünscht
Was die "Blockuppy-Proteste" angeht bin ich mir selbst
noch unschlüssig, ob es sich hier um eine
Unterstützenswerte-Aktion handelt, aber das wird
vermutlich jeder Pirat für sich selbst entscheiden
müssen.
LG Phillipp
Am 12.05.2012 07:43, schrieb Wanderer:
Ahoi Philipp,
m.E. greift Deine Argumentation zu kurz. Ich
entnehme Deiner Argumetation lediglich eine
rechts-links-Schablonisierung und eine reine
Syntaxorientierung. Ich schätze es, wenn wir
Piraten so richtig Nerd-mäßig auch auf die
Semantik und Pragmatik von Wörtern und Sätzen
achten. Du magst Dich vielleicht an der Syntax
stören (das ist Dein gutes Recht!). Doch wie
schaust auf der Bedeutungs- und Handlungsebene
dieser Stellungnahme aus? Da sind im
wesentlichen 6 Kernforderungen:
1. Keine Ratifizierung des Fiskalpakts
2. Streichung der Staatsschulden
3. Vergesellschaftung der Banken (die mit
öffentlichen Mitteln gerettet werden) sowie
Entflechtung ("to big to fail")
4. Radikale Umverteilung von Einkommen und
Vermögen
5. Überwindung der Massenarbeitslosigkeit
6. Demokratisierung der Demokratie
Ich finde das sind inhaltlich durchaus
piratige Positionen (zu denen wir auch schon
gleichbedeutende Beschlüsse haben, ich erspare
mir hier die entsprechenden Quellenangaben). Die
Stellungnahme des wissenschaftlichen Beirats von
Attac ist es m.E. wert in Piratenkreisen
inhaltlich detailliert diskutiert und nicht
einfach als "sehr stark Links-orientierte
Hetzschrift" etikettiert und damit abgetan zu
werden. Darüber hinaus würde ich mich freuen,
mit vielen Piraten bei den Blockuppy-Protesten
am 17. - 19. Mai vor der EZB in Frankfurt/M.
mitzumachen.
Piratige Grüße
Antonio
*Nur wer ÄNDERT, was
verändert werden muß, kann bewahren, was
bewahrenswert ist*
Am 11. Mai 2012 18:34
schrieb JusTAfANaTiC <JusTAfANaTiC AT web.de>:
Ahoi
Antonio,
tut mir leid aber schon die Formulierungen
"Neoliberal" und "Enteignung" lassen
diesen Artikel in meinen Augen wie eine
sehr stark Links-orientierte Hetzschrift
klingen.
Dies kann und will ich als Demokrat nicht
Unterstützen, da ich weder Reichtum, noch
Banken oder Staatsschulden abschaffen
will. Ja, unsere Gesellschaft soll sich
verändern, aber dies soll nicht über
Enteignung sondern durch Transparenz
geschehen.
LG Phillipp
Am 11.05.2012 17:28, schrieb Wanderer:
Ahoi,
Fiskalpakt stoppen - ich bin
dabei. Und DU? Machst Du auch mit?
http://www.stop-neoliberal-crises-politics.org/index.php?id=11309
Piratige Grüße
Antonio
*Nur wer ÄNDERT,
was verändert werden muß, kann
bewahren, was bewahrenswert ist*
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