Re: [Düsseldorf][Piraten NRW] Persönliche Auszeit, keine Piraten NRW AG und Allgemeines

[Simon Rabente <simon AT yaxaa.com>]

Hallo,
dieser Text spricht mir aus der Seele! Es gibt viele Leute, die wirklich etwas bewegen und einfach machen. Das Konzept, das sie haben nennt sich Erfahrung.

Oftmals ist eine Diskussion auch notwendig, aber bei einigen Dingen hilft es nicht weiter, immer nur drüber zu reden, anstelle wirklich was zu bewegen. 

Momentan sind viele Macher in der PP so eingespannt, dass sie einfach verbraucht werden. Ich verstehe Matthias in diesem Punkt vollkommen. Ich versuche bereits seit Wochen auf den verschiedensten Kommunikationswegen Mitstreiter in der UG Onlinewahlkampf zu finden und bin mittlerweile einfach verzweifelt, weil ich weiß, dass wir keinen vernüftigen Onlinewahlkampf hinlegen werden, wenn ich und Sebastian Kreutz alleine die komplette Arbeit übernehmen müssen. Das ist einfach nicht machbar. Besonders weil ich noch in Köln sehr stark eingebunden bin und Sebastian in der UG Werbemittelerstellung (und weitere?). Ich bin dringend auf der Suche nach Drupal Entwicklern.

Um auf das Thema zurückzukommen, Pirat zu sein heißt mitzuarbeiten. Wenn jeder ein wenig tut, dann haben wir viel mehr Arbeitskraft, als wenige Einzelne, die extrem viel machen. Das heißt, sozial zu agieren und die notwendige Vorarbeit (Drecksarbeit?) zusammen zu erledigen und nicht wenige mit der Arbeit alleine lassen. Dafür müssen wir ein soziales Bewusstsein in der Partei schaffen. Dazu gehört wie angesprochen natürlich auch der Umgang untereinander.

Schöne Grüße
Simon Rabente

Am 28. Januar 2010 16:53 schrieb Spiff Pirat <spiffpp AT yahoo.de>:

Hallo Matthias,

Du bringst viele Dinge gut auf den Punkt, da aber vieles davon mit Deinen persönlichen Erfahrungen verknüpft ist, wird es sicherlich kaum jemand ernst nehmen. Ich sehe das ganz ähnlich, formal und inhaltlich entwickeln wir uns ständig weiter, wenn auch teilweise langsamer als notwendig wäre. Nur menschlich entwickeln wir uns überhaupt nicht weiter, eher zurück.
Offensichtlich läßt auch der selbstproklamierte Anspruch des Postideologischen noch genug Raum für Feindbilder, eines davon scheinen Alphatiere wie Du zu sein. Wobei sich mir aber noch nicht erschlossen hat, warum die Basis teilweise ihre Alphatiere gerade zu als Helden und Halbgötter verehrt, für andere Alphatiere gibt es nur Hass und Verachtung. Es tut mir Leid, daß Du zu letzterem erkoren wurdest.

Politik heißt Aufgaben verteilen und Entscheidungen treffen und ich denke, was hier viele vergessen ist, wie unterschiedlich wir genau in diesem Bereich sozialisiert wurden.
Der eine hat gerade die ersten paar Semester Studium hinter sich und hat vorher im lokalen AZ rumgehangen: der ist es gewöhnt viel naiv rumzudiskutieren, wenn es Aufgaben gibt, dann neigt dieser Typus eher dazu, sich erstmal von Grund auf ein neues Konzept zu überlegen.
Ein anderer ist ein Malocher und hat 'nen Stammtisch oder 'nen Verein. Dort werden Diskussionen vielleicht eher nach dem Prinzip geführt: wer am Lautesten redet hat Recht.
Jemand wie Matthias, also der Unternehmer Typ, ist es gewohnt, nichts dem Zufall zu überlassen. Das bedeutet dann, was er in Gruppe A nicht durchbekommt, das versucht er noch mal in Gruppe B anzubringen und vielleicht noch auf Liste XYZ. So viel Initiative ergreifen und eben nicht Argumente bringen und abwarten, sondern die Leute wirklich zu bedrängen. Das mag dann z.B. gerade auf den Studententypus sehr aggressiv wirken.
Und so hat jeder von uns ein ganz spezifisches Profil und ein paar angewöhnte Verhaltensweisen bei Diskussionen, ein paar Standardvorgehensweisen bei Konflikten oder beim Bewerben des eigenen Projektes. Hier bei den Piraten kommen wir alle zusammen und das führt doch zu einem ganz schönen Kulturschock zu weilen, den jeder macht die Dinge einfach so, wie er es gewohnt ist und stößt damit andere vor den Kopf, ohne es zu merken oder es zu wollen. Konflikte in Beziehungen kommen in der Regel von Erwartungen, die nicht erfüllt werden.

Ich versuche, das noch mal durch ein Beispiel zu verdeutlichen. Eine neue Crew gründet sich, die Hälfte der Leute sind eher lamentierende Studenten mit tendenziell linker Prägung, die andere Hälfte sind Mittelständler, die bereits eigenes Geld verdienen, mit beiden Beinen im Leben stehen und eher die Vereins-/Stammtischsozialisation erfahren haben. Die neue Crew möchte einen Pressesprecher benennen, einer von den Studenten nimmt die Aufgabe auf sich. Nach dem Crewtreffen fängt er an, im stillen Kämmerchen ein Pressekonzept zu erarbeiten. Eine Woche später meldet sich einer von den Mittelständlern ungeduldig über die Crew-ML warum es noch keine Pressemitteilungen gibt.
Der Mittelständler ging davon aus, daß die Pressearbeit in der Crew genau so läuft, wie er das aus seinem Verein gewohnt ist, der Student ging davon aus, daß ein neues Konzept erarbeitet und abgestimmt wird, bevor die Pressearbeit losgeht.
Hier kann man jetzt keiner Partei eine böse Absicht unterstellen, zu einem Konflikt kann es aber trotzdem kommen. Wenn sich solche Dinge häufen, dann kann es schnell dazu kommen, daß die Fronten völlig verhärtert sind, bevor den Beteiligten auffällt, daß da keine Absicht hinter steckte. Ich denke, fast jeder Pirat wird etwas vergleichbares hier schon mal erlebt haben.

Konkrete Lösungen habe ich aber leider nicht parat, abseits von der Empfehlung, daß jeder von uns mal seine eigenen Erwartungen an die Anderen und sein eigenes Geltungsbedürfnis etwas runterschrauben müßte. Auch halte ich die Paragraphenreiterei, die viele hier sehr gerne betreiben im Moment für nicht sehr hilfreich. Wir machen halt noch viele Fehler, wenn da jetzt jedesmal ein Schiedsgericht einberufen wird, dann sollten wir uns überlegen, ob wir beim nächsten LPT nicht noch ein paar Richter mehr wählen.

Wir sind angetreten, um es anders zu machen, als die Etablierten. Im Moment gelingt uns das zumindest auf inhaltlicher Ebene noch, im Umgang miteinander sind wir eigentlich schon schlimmer und die Inhalte werden diesem Trend folgen, denn wenn man ständig damit beschäftigt ist, sich Messer aus dem Rücken zu ziehen, dann überlegt man sich, ob man die Energie lieber in gute Inhalte oder das Absichern der eigenen Position (Machterhalt) steckt. Nicht umsonst stecken Kreativfirmen wie Pixar einen Haufen Geld darein, daß sich ihre Angestellten wohl fühlen. Bei uns wird das Zwischenmenschliche völlig unseren "großen" Zielen (5%, Basisdemokratie, formell einwandfreie Verfahren) untergeordnet, ich habe sogar den Eindruck, daß viele sich noch überhaupt keine Gedanken darüber gemacht haben, daß auch das innerparteiliche Klima einen deutlichen Einfluß auf Transparenz, Basisdemokratie und Barrierefreiheit hat.

Vielleicht wäre es ein erster Schritt in die richtige Richtung, diesen Aspekt einfach in zukünftigen Entscheidungen mal mit einfließen zu lassen.

Bis später,
Spiff

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Von: Matthias Schrade <matthiaspirat AT googlemail.com>
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Gesendet: Donnerstag, den 28. Januar 2010, 15:28:07 Uhr
Betreff: [Piraten NRW] Persönliche Auszeit, keine Piraten NRW AG und Allgemeines

Liebe Piraten,

in den nächsten Wochen werdet ihr von mir wenig bis nichts hören, da ich mich entschieden habe, eine Auszeit einzulegen.

Neben meinem lange Zeit zugunsten der Piratenaktivitäten eher vernachlässigten Beruf haben zu diesem Entschluss mehrere Faktoren beigetragen, die ich im Folgenden erklären möchte - vielleicht trägt das ja dazu bei, dass manche IMHO dringeden Probleme (von anderen) gelöst werden können.


- Frust durch Nicht-gehört-werden bei sich abzeichn

Es ist frustrierend immer wieder zu merken, dass gerade etwas schief läuft und zu wissen, wie man das (oftmals erst entstehende) Problem lösen könnte - aber die Hinweise werden ignoriert. Noch schlimmer ist es, wenn man für sich am Ende als berechtigt herausstellende Warnungen auch noch "zur Sau gemacht" wird. Einfach gar nichts sagen und das Problem eskalieren lassen ertrage ich jedoch auch nicht, wenn ich es erkenne - und bin damit wieder am Anfang dieses Teufelskreises.


- Misstrauen und persönliche Unterstellungen gegeneinander

Es macht mich sehr traurig zu erleben, wie brutal viele der ausgerechnet als so idealistisch-mitmenschlich-freiheitsliebend geltenden Piraten miteinander umgehen. Zwar versuche ich mir immer wieder bewusst zu machen, dass in jeder größeren Gruppe von Menschen ein paar Krawallbrüder (und schwestern ;-)) dabei sein werden. Auch ist mir klar, dass der Ton auf Mailinglisten sehr oft aggressiver ist, als die gleichen Diskutanten dies "irl" wären. Und schließlich habe ich auch zahlreiche unglaublich nette, liebe Piraten kennen gelernt, die ich schon nach dieser kurzen Zeit quasi als Freunde betrachte.

Trotzdem schockiert es mich immer wieder zu erleben, wie viele Piraten miteinander auf eine Weise umgehen, die ich selbst gegenüber politischen Gegnern für unpassend halte - dabei sind wir doch immerhin "Parteifreunde" mit den gleichen Zielen! - und mit _wie_ üblen Mitteln dabei agiert wird: verdrehte Aussagen, üble Nachrede, bösartige Unterstellungen.... so hatte ich mir die Piraten nach meinen ersten persönlichen Treffen und dem selbst gegebenen Anspruch nicht vorgestellt.


- Trotz großem Engagement letztlich wenig bewegen können

Als einer der Betroffenen von s.o. muss ich für mich aus den letzten Wochen und Monaten resümieren, dass ich nicht das Gefühl habe, viel bewegen zu können - jedenfalls im Verhältnis zu meinem persönlichen Einsatz. Gut, ich habe ein paar Punkte ins Wahlprogramm gebracht, einige Kontakte hergestellt, die Räumlichkeiten für diverse Piraten-Treffen stellen und zum Verschieben des BPT beitragen können. Aber wenn ich diesem Ergebnis meinen zeitlichen und finanziellen Aufwand gegenüber stelle, ist das Ergebnis leider doch sehr bescheiden.

Umgekehrt musste ich erleben, wieviele Ressourcen an Zeit, Geld und vor allem Motivation vergeudet wurden, um Kleinkriege gegeneinander (und vor allem dierse "Macher" in der Partei) zu führen, gute Ideen tot zu reden und dafür von vornherein sinnlose Ideen zu verfolgen. Unter dem Strich wurden dadurch statt neue motivierte Piraten zu gewinnen eher sogar noch aktive Piraten vergrault oder lahmgelegt.


Ich habe mich daher entschieden, mein _aktives_ Piraten-Engagement bis auf Weiteres erst einmal einzustellen.

Dies bedeutet nicht, dass ich bei Bedarf nicht gerne für konkrete Aufgaben zur Verfügung stehe. Ich werde jedoch b.a.w. nicht wie bisher selbst neue Ideen, Projekte und Aufgaben aufbringen, bearbeiten und zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen versuchen.

Vielmehr steht es jedem frei mich anzusprechen, der gerne mit mir zusammenarbeiten möchte. Meine Kontaktdaten stehen im Wiki.

Damit "meine" Projekte ggf. von anderen Piraten verfolgt werden können, hier eine kurze Übersicht über die Themen, bei denen ich "mitgemischt" hatte:

- www.broel.io: Sollte eine nette kleine Plattform sein, auf der #broelio erklärt wird und die Ergebnisse zu finden sind. Ganz nebenbei Chance darauf, die in Hamm ansässige mittelständische Firma, die das Speisel vertreibt, vielleicht zu einer kleinen Spende zu bringen (und wäre ein "Dieser LPT wird Ihnen präsentiert von: #broelio" nicht einfach nur geil? ;-)). Die domain gehört mir, wer die Seite basteln will möge sich melden. Die Akquise einer Spende würde ich - falls gewünscht - gerne z.B. zusammen mit Birgit in einem Ortstermin angehen.

- Freie Wähler: systematische Kontaktierung von möglichst vielen Gruppen, um Übereinstimmungen mit Piraten-Themen sowie Ansätze für eine Zusammenarbeit zu finden und im Idealfall am Ende eine Wahlepfehlung für die LTW zu erhalten. Nehme an vereinbarten Treffen mit solchen Gruppen gerne teil.

- Kontakt zu anderen LVs/BZVs etc: Ich werde diese Kontakte, soweit ich sie nicht aus freundschaftlichen Gründen ohnehin halte, nicht aktiv weiterverfolgen. Mit paralleler Mail werde ich alle Hilfswilligen noch einmal auf die Adresse wahlkampf AT piratenpartei-nw.de verweisen. Ansonsten stehe ich für die Herstellung gezielter persönlicher Kontakte zur Verfügung.

- Piraten NRW AG: Da es nicht gelungen ist, die Idee auf der LMV zu diskutieren und ein Meinungsbild (mit sehr deutlicher Zustimmung) einzuholen, ist aufgrund des zunehmend kleineren Zeitfensters eine Umsetzung rechtzeitig zur Finanzierung des NRW-Wahlkampfes inzwischen nicht mehr möglich und sinnvoll. Bei Interesse an einer anderweitigen Umsetzung der Idee, z.B. als "Deutsche Piraten AG" oder in einem anderen Bundesland, stehe ich ggf. mit meinem Know-how zur Verfügung.
- Pressearbeit: zahlreiche gute Pressekontakte zu Print- und Online-Medien, Bloggern und TV-Sendern. Außerdem Know-how im "wie schreibe ich eine gute PM". Gebe beides gerne weiter an die, die es nutzen wollen.
- Website: Gemeinsam mit Dieter Klein und Bob hatte ich an einer (halb-)statischen NRW-Website gebastelt, die eine schnelle Lösung für >80% der Bedürfnisse von Pressevertretern, Wählern und neu-sich-engagieren-wollenden Piraten darstellen würde. Gebe meine Überlegungen dazu gerne weiter, damit jemand anderes das Projekt abschließen kann.


Das soll's für heute gewesen sein.

Bitte beachtet, dass ich die NRW-Liste abbestellen und darüber b.a..w. nicht mehr erreichbar sein werde. Als Mitglieder der PG LTW bleibe ich auch in der entsprechenden Mailingliste, nehme an Sitzungen und Treffen aber vorerst nicht mehr regelmäßig teil.

Wer mich kontaktieren möchte, sollte dies am besten per Tel/SMS oder via Twitter [@kungler] machen.

Viel Spaß und Erfolg bei der weiteren Wahlkampfvorbereitung!

Gruß
Matthias

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http://mail.yahoo.com

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Nordrhein-Westfalen mailing list
Nordrhein-Westfalen AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/mailman/listinfo/nordrhein-westfalen

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Schöne Grüße
Simon Rabente

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