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ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] Recycling von Solarmodulen bald verpflichtend

ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-umwelt mailing list

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Re: [Ag-umwelt] Recycling von Solarmodulen bald verpflichtend


Chronologisch Thread 
  • From: Jan Hemme <jan.hemme.berlin AT googlemail.com>
  • To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
  • Cc: berlin-squad-wirtschaftumwelt AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] Recycling von Solarmodulen bald verpflichtend
  • Date: Mon, 19 Dec 2011 12:14:39 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Hallo,

das sind gute und sinnvolle Fragen

das US Unternehmen von dem ich rede, produziert in Dtl. ... ; )

Die Dünnschichtmodule dieses Unternehmens enthalten Cadmiumverbindungen und die Rohstoffe, die am Ende rauskommen (hauptsächlich Glas), decken bei weitem nicht die Kosten des Recyclings (besonders aufwendig, da Cadmium elementares Cadmium hochgradig krebserzeugend ist. Das gleiche gilt für Oxide. Bei anderen Verbindung ist die Gesundheitsgefahr umstritten, je nachdem, wen man fragt...)

Die von Dir angesprochene Quersubventionierung wünscht sich dieses Unternehmen aus diesem Grund natürlich sehr und dafür wurde PV Cycle auch aufgesetzt (wenn man die Studien, die von dem Konsortium in Auftrag gegeben wurden, ansieht, stellt man fest, dass auch immer mit den Rohstoffen der SI-Zellen kalkuliert wird, ansonsten könnten die gar nicht kostendeckend arbeiten.) Außerdem hatte dieser Hersteller einen Hebel, um die gewünschte RoHS-Ausnahme für PV zu bekommen ("Haha, ist ja alles gar kein Problem, wir haben ja ein Recyclingsystem!").

Die SI-Hersteller hätten die RoHS-Ausnahme allerdings gar nicht gebraucht, denn ihre Produkte wären auch dann RoHS-konform gewesen, wenn Solar-PV keine Ausnahme für die Verwendung der RoHS-Substanzen (z.B. Cadmium) bekommen hätte (sie hätten lediglich bleifreies Lot verwenden müssen, einige machen das sogar von sich aus schon.)

Das große US-Unternehmen (das u.a. in Deutschland produziert), bekam also auf Kosten der SI-Hersteller eine Ausnahmegenehmigung für die Verwendung von Cadmium (und Blei). Klar, dass diese keine Lust haben, ihrem größten Konkurrenten die Verwendung von Cadmium querzusubventionieren.

Cadmiumfreie Dünnschicht (z.B. CIGS-Technik), wird durch die de-facto auf CdTe-maßgeschneiderte Ausnahme effektiv aus dem Markt herausgehalten, da CdTe massiv von Skaleneffekten profitiert und Cadmiumfreies CIGS (oder die von Dir angesprochenen neuen Entwicklungen) gar keine Chance hat, die Lernkurve zu durchlaufen.

Allerdings rechnet mittlerweile sogar der US-Hersteller damit, dass das nicht ewig so weiter geht und ist im letzten Jahr groß in die CIGS-Forschung eingestiegen... (eine andere PV-Dünnschichttechnik die Cadmium verwendet ist CdS, allerdings wird im Dünnschichtbereich fast nur noch CdTe verkauft. SI-Dünnschicht spielt fast keine Rolle mehr und die Hersteller, z.B. Oerlikon, sind Reihenweise aus dieser Technik ausgestiegen.)

Gruss,
JH




On 19. Dec 2011, at 10:56 , Dr. Volker Jaenisch wrote:

Ahoi Jan!

Vielen Dank für diese vielen (Insider-) Informationen!
Es ist schon schade zu sehen, dass auch neue green technology Unternehmen die gleichen blöden Spielchen machen wie andere von uns Umweltbewegten als "böse" Altunternehmen angesehenen.
Im Endeffekt ist eine Einbeziehung unter WEEE vor allem ein Problem für einen bestimmten großen Dünnschichthersteller aus den USA. SW, Suntech und Co. könnten am Ende sogar davon profitieren und Cadmium verschwindet schneller von unseren Dächern.

Noch eine Frage hätte ich. Deiner Darstellung nach verstehe ich die Situation so, dass Dünnschicht PV exklusiv in den USA produziert wird.

Ich las aber gestern dass irgendwelche Leute in der BRD einen Innovationspreis für Dünnschicht PV bekommen sollen, die mit ihrer deutschen Firma
Dünnschicht PV-Zellen bauen, welche mehrere Wellenlängen absorbieren können.

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2012/01/Dossier-Solarenergie-Photovoltaik

Wäre da nicht perspektivisch ein kombiniertes Recycling von beiden PV-Zellen-Sorten (SI, Dünnschicht) sinnvoll, durch das eine Quersubventionierung des aufwändigeren Verfahrens ermöglicht würde? Klar wird das Solar-World nicht gefallen, aber würde doch letztendlich für alle Beteiligten die schmerzfreiste Lösung sein. Ohne innovative Technologie wird Solar-World auch nicht
ewig auf dem Markt mit SI-Zellen bestehen können?

Das sind nur die wirren Gedanken von jemand der sich in der Branche nicht auskennt, aber neugierig ist.

Beste Grüße

Volker


On 19/12/11 09:56, Jan Hemme wrote:
Hallo,

das ist ein SEHR interessantes und gleichzeitig hochpolitisches Thema, bei dem man in der Presse nur an der Oberfläche kratzt. Nur mal die wichtigsten Punkte, die im SPON-Bericht unterschlagen werden (das folgende sind Informationen aus erster Hand, da ich dabei war!):

- Solar PV war bis jetzt von der WEEE-Richtlinie ausgenommen, was aber wie bis zur Novelle bei der Schwesterdirektive RoHS daran liegt, dass WEEE über eine Positivliste funktioniert (und nicht über einen Open Scope mit Negativliste). Das soll sich jetzt auch bei WEEE ändern.

- Die Solarhersteller (insbesondere ein bestimmter Dünnschichthersteller aus den USA) und die großen Verbände (vor allem EPIA) haben bei der Novelle der RoHS-Richtlinie lobbytechnisch massiv überzogen (das Gegenstück zu WEEE, RoHS regelt die Verwendung von giftigen Substanzen, also Gewissermaßen das in Verkehr bringen von EEE-Produkten), um zu erreichen, dass PV-Module von RoHS ausgenommen werden (vorher waren sie nicht ausgenommen, aber auch nicht einbezogen...)

- Sowohl viele Abgeordnete aus dem EP, als auch die kleineren Mitgliedsländer im Rat haben das nicht vergessen und EPIA und Co. kriegen dafür jetzt die Quittung. Das wurde EPIA im zuständigen Ausschuss des EP übrigens bereits im März diesen Jahres klar und deutlich gesagt!

- Teile des EPs und des Rates sehen WEEE auch als Chance, die (übrigens unbefristete!) RoHS-Ausnahmeregel für PV mittelfristig wieder zu kippen, daher bleiben die MEPs (insb. die Ausschüsse) und die kleinen Mitgliedländer hier so hart. Idealerweise sollen WEEE und RoHS miteinander harmonieren und wenn Solar von der einen Richtlinie ausgenommen ist, von der anderen aber nicht, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass die Kommission, mit dem Ziel der Harmonisierung

Was im Artikel nicht steht: SolarWorld und die anderen SI-Hersteller haben gar kein Interesse daran, das Recycling der Dünnschichtmodule quersubventionieren (im Gegensatz zu SI ist das Recycling von Dünnschicht, insb. CdTe-Panels, hochdefizitär) und aus diesem Grund ist SW auch bei PV-Cycle ausgestiegen (es gab auf einer Vorstandsitzung von PVC vor einigen Monaten eine heftige Auseinandersetzung und das Konsortium stand in der Folge zeitweise sogar komplett in Frage). Außerdem ist SW der einzige Hersteller, der das Recycling (auch für andere) im großen Stil umsetzen kann (die betreiben seit Jahren ein Pilotprojekt und bauen jetzt die Großanlage in Bitterfeld, übrigens mit geplanten 30.000t Kapazität/Jahr) und damit die gesamte PV-Wertschöpfungskette end-to-end abzudecken (vom SI-Kristall über Module und Projektentwicklung, bis zur Rückgewinnung der Rohstoffe). Das ist der Grund, warum SW jetzt mit Solarcycle ein eigenes Konsortium aufbaut.

Im Endeffekt ist eine Einbeziehung unter WEEE vor allem ein Problem für einen bestimmten großen Dünnschichthersteller aus den USA. SW, Suntech und Co. könnten am Ende sogar davon profitieren und Cadmium verschwindet schneller von unseren Dächern.

Gruss,
JH

PS: Auch wenn der Artikel suggeriert, dass das Problem die Branche völlig unvermittelt treffen würde, ist das völliger Unsinn. Die Kommission (und die Ratspräsidentschaften seit Schweden) arbeiten SEIT JAHREN an der Novelle von WEEE und alle Beteiligten, SW, FS, BSW, EPIA etc. wussten DIE GANZE ZEIT, was auf sie zukommt. Ursprünglich sollte WEEE sogar parallel schon parallel zur RoHS-Richtline im letzten Jahr verabschiedet werden.



On 19. Dec 2011, at 08:45 , Dr. Volker Jaenisch wrote:

Ahoi!

"""
Die Solarbranche streitet seit Jahren über ein eigenes Entsorgungssystem für Photovoltaikschrott. Jetzt reicht es der EU: Künftig sollen für ausrangierte Module die gleichen Recycling-Regeln gelten wie für andere elektronische Geräte. Das kostet die Industrie viel Geld.
"""

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,803784,00.html

@guido : In wie fern  wird so ein Recycling von Solarzellen denn anders aussehen als das längst etablierte Recycling von Chips?
Ist dort eine andere Technologie nötig?

Beste Grüße

Volker
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