Hallo,
ich bin auch neu hier.
Ich heiße Peter komme aus RLP und habe an der FH Landwirtschaft
studiert. Meine Eltern haben einen auslaufenden
landwirtschaftlichen Betrieb und ich arbeite seit einigen Jahren
in der Agrarverwaltung.
Ich fände es schön wenn man das Pferd von der richtigen Seite
aus aufzäumt. Wir haben bereits eine Agrarpolitik die
signifikant in den Markt eingreift. Die Landwirte die in diesem
System leben und arbeiten müssen sich an die Gegebenheiten
anpassen um existieren zu können.
Das System wird überwiegend durch die EU, speziell der
Kommission geregelt. Den Rest regeln die Bundesländer. Der Bund
ist faktisch nur in wenigen Teilen federführend. Es besteht
vereinfacht aus zwei Finanzierungsfonds:
a) dem EGFL-Fond -Europäischer Garantiefond für Landwirtschaft-
Direktzahlungen
Hier werden die klassichen Flächenzahlungen geregelt die meist
zu 100% von der EU gezahlt werden. Daneben gibt es auch noch
Zahlungen für Weinbergsneuanlagen uä.
Hier ist wenig Spielraum für die Bundesländer, da die Regeln
relativ eng durch EU-Verordnungen und Richtlinie festgezurrt
sind. Die Bundesländer können nur Vorgaben verschärfen und nur
wenig steuern (Gibt es beispielsweise beim Tierschutz).
Der größte Teil der Agrarsubventionen geht hier in die
Betriebsprämie (BPR). Dort werden Zahlungen je ha
bewirtschafteter Fläche gezahlt.
b) ELER- Europäischer Landwirtschaftsfond für den ländlischen
Raum
Dies sieht überwiegend so aus, dass die Bundesländer Programme
entwickeln in von der EU-vorgegeben Grenzen und diese mit der
KOM abstimmen (In RLP heißt dies aktuell PAUL= Programm für
Agrarumweltmaßnamhen für die Landwirtschaft)
Die Zahlungen sind meist zu 50% durch die Länder und 50% durch
die EU finanziert, teilweise über GAK auch vom Bund Cofinaniert.
Hier werden Ausgleichszahlungen für benachteiligte Gebiete oder
Agrarumweltmaßnahmen gezahlt und Projekte wie Dorferneuerung,
Flurbereinigung oder die Verbreitung von
Breitbandkabelanschlüssen gefördert.
Für die Betriebsprämien aus dem EGFL wurde Cross Compliance
entworfen.
Durch Cross Compliance (Übergreifende/Überkreuzende
Verpflichtungen) -CC- werden Auflagen in verschiedensten
Bereichen definiert.
Verstöße gegen CC werden mit Sanktionen -also Abzügen der BPR-
sowie mit Bußgeldern durch Länderbehörden bestraft.
CC behandelt ua. Punkte wie, Tierschutz/ Seuchenschutz,
Tierkennzeichnung, Grundwasserschutz, Pflanzenschutz,
Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit...
Die Verteilung der Ausgaben ist geschätzt 70% EGFL (davon
>90% BPR) und 30% ELER.
Zu den EGFL Zahlungen muß man sagen, dass diese aus
Ausgleichszahlungen für die Marktöffnung (Senkung der
Einfuhrzölle und -auflagen) entstanden ist, was durch
Verhandlungen mit der WHO entstand. Ich vermute, dass für die
Marktöffnung in Europa vielleicht einige Autos mehr nach Übersee
verkauft werden konnten.
Im Moment finden die Abschlussgespräche für die Förderperiode
2014-2020 statt. Hier sollen die Direktzahlungen (EGFL) gekürzt
und über den ELER größere Schwerpunkte auf Greening
(Umweltmaßnahmen) gelegt werden.
Worauf ich hinaus will ist, dass wir uns erst einmal klar werden
sollten in welcher Umgebung wir uns bewegen und welche Ziel wir
haben. Wir können in Deutschland nicht eine eigenständige
Agrarpolitik aufbauen, wenn das europäische Ausland ohne
jegliche Beschränkungen hier eingreifen kann. Es gibt auch
keine Möglichkeit dies zu ändern (vom EU-Austritt mal
abgesehen).
Mein Vorschlag wäre es (soweit dies möglich ist) einen
europäischen Markt anzustreben, auf dem nur Produkte/
Lebensmittel gehandelt werden, die nach den Vorgaben der
Gemeinschaft hergestellt wurden oder hier hergestellt sind (gilt
nicht für Bananen u.a.). autark?. Der Preis wird dann durch den
Binnenmarkt bestimmt. Erst wenn man einen Markt auf die
Teilnehmer beschränkt auf die man Einfluss hat, kann man
Bereiche wie Gentechnik, Pflanzenschutz, Ausfuhrsubventionen,
Tierschutz, Energiepflanzen... so regeln wie es die Bevölkerung
verlangt und wie es einen Sinn ergibt.
Monsantoaktien würden beispielsweise deutlich fallen, wenn der
europäische Markt auf gentechnisch veränderte Waren verzichten
würde.
Die Alternative auf Marktsteuerungsinstrumente zu verzichten und
den Verbraucher an der Ladentheke entscheiden zu lassen
funktioniert leider nicht, da dieser bei Befragungen zwar sagt,
dass er Wert auf Tierschutz legt und gegen Gentechnik ist aber
sich dies in seinen Kaufentscheidungen nicht wiederspiegelt.
Hier zählt nur der Preis. Sonst nichts.
Nahrungsmittel haben in Deutschland keinen hohen Stellenwert.
Die Preis fallen stetig
(
http://www.spiegel.de/flash/flash-23239.html) und es wird kein
Wert mehr darauf gelegt was man isst. Sieht ja alles gleich aus.
Lieber beim Essen 10€ im Monat sparen als auf einen Tag Urlaub
im Jahr verzichten.
Weiterhin ist es mir wichtig die Landwirte nicht als die
Buhmänner hinzustellen. Sie reagieren nur wirtschaftlich auf
Markt und Politik. Schwarze Schafe gibt es immer aber ich kann
aus eigener Erfahrung sagen (ich habe hunderte Betriebe besucht
und kontrolliert) das der überwiegende Teil großen Wert auf
Umwelt und Tierschutz legt. Die Auslegung dessen streut ziemlich
aber der Grundgedanke ist da. Die Begriffe werden von Seiten der
Politik jedoch nicht gerne gehört, da sie i.d.R große Kosten
nach sich ziehen.
Kurz gesagt Agrarpolitik wird in Brüssel gemacht und hier
umgesetzt. Wenn man Einfluss darauf nehmen will, dann dann dort
bei der EU. Nationale Alleingänge bringen ein Ungleichgewicht zu
Ungunsten der nationalen Landwirtschaft.
So genug jetzt. Was ist eure Meinung dazu?
Gruß
Peter