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Betreff: AG Gesundheit
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Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 28, Eintrag 39
Chronologisch Thread
- From: "Dr. Andreas Forster" <dr.forster AT aforster.de>
- To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 28, Eintrag 39
- Date: Fri, 30 Mar 2012 22:10:43 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
- List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
@ Jörg
"Wie sollen die auf 50 Prozent Steigerung von einem aufs andere Jahr kommen."
Z. B. Grippewelle und schon steigen die Fallzahlen sprunghaft, ohne relevanten
zeitlichen Mehraufwand.
"10 Milliarden sind im Gesundheitsfonds, da kommen die Kassen gar nicht ran."
Genau! Welchen Sinn macht ein System in dem die Kassen belohnt werden wenn sie
möglichst viele Kranke Mitglieder haben?? Das Ziel muß doch die Prävention sein, und
gerade das verhindert der Fonds!
"Das Problem am deutschen Gesundheitswesen ist nicht, dass die Kassen das Geld
bunkern..." Das Problem ist die völlige Intransparenz des GKV Systems wo nicht
einmal die Verwaltungskosten nachvollziehbar sind (geschätzt über 20%!).
"Das Problem ist, dass die Patienteninteressen nicht im Mittelpunkt stehen"
Genau, aber auch die Interessen der Ärzte, der Krankenschwestern und -pfleger,und des
gesamten nichtärztlichen medizinischen Personals werden ignoriert. Seit Jahren findet
eine Umverteilung der Gelder vom ambulanten in den stationären Bereich statt, während
gleichzeitig immer mehr Kliniken von privaten Ketten betrieben werden (derzeit über 50%
der Betten dedutschlandweit). Die privaten Klinikkonzerne ziehen Millionengewinne aus
dem Gesundheitswesen zulasten der Beschäftigten und der Patienten und die Politik
applaudiert, gestützt von passenden Gutachten z. B. der Bertelsmann Stiftung.
"Und was heißt denn "mehr Eigenverantwortung der Patienten für ihre Gesundheit"
konkret?" Warum muß die Solidargemeinschaft für den Lungenkrebs des Rauchers zahlen der
nicht aufhören will? für die Bypass OP des fettleibigen der nicht abnehmen will oder den
Schnupfen des Hypochonders der einfach am Küchentisch Kamille inhalieren könnte?
Das System ist so komplex und verfahren, dass es sicher keine einfache Lösung
gibt...
Gruß
Andreas
Am 30.03.2012 21:08, schrieb Jörg Sauskat:
@Karl-Michael Schmidt
1. Du schreibst, die Ärzte hätten ein Budget, dürften nur eine bestimmte Zahl
von Pat. behandeln. Wo steht das so? Das Regelleistungsvolumen richtet sich
nach den im vorhergehenden Jahr real behandelten Fällen, real abgerechneten
Leistungen. Erst wenn es um 150% überschritten wird und der Arzt das nicht
begründen kann, erhält er für den über 150% hinausgehenden Teil ein
abgestaffeltes Honorar. Ich möchte den Arzt sehen, der von einem Jahr aufs
andere 50 % mehr Pat. behandelt oder 50 Prozent mehr Leistungen abrechnet.
Wenn er z.B. 2.000 Fälle in 2012 behandelt hat, müßte er plötzlich 3000 Fälle
pro Quartal im nächsten Jahr behandeln. Wie soll das gehen? Das kann doch nur
Fließbandarbeit sein. Außerdem wird bei Ärzten in unterversorgten Regionen
gar nicht abgestaffelt. Sie könnten also so viel Leistungen erbringen, wie
sie wollen. Hausärzte kriegen zudem derzeit kaum Einzelleistungsvergütungen,
sondern Fallpauschalen. Wie sollen die auf 50 Prozent Steigerung von einem
aufs andere Jahr kommen.
2. Du schreibst, die Kassen hätten genug Geld (20 Milliarden Euro). Auch das
ist Unfug. 10 Milliarden sind im Gesundheitsfonds, da kommen die Kassen gar
nicht ran. Vier der zehn Mrd. Euro bei den Kassen sind eine gesetzlich
festgelegte Liquiditätsreserve, die nicht angetastet werden darf. Bleiben
also noch 6 Mrd. Euro. Die sind aber nicht gleichmäßig verteilt. Es gibt
Kassen, die etwas auf der hohen Kante haben, andere haben nix und müssen
sogar Zusatzbeiträge erheben. Außerdem vermischt Du munter Vorsorgeleistungen
und Prävention. Vorsorgeleistungen müssen - wenn sie überhaupt Evidenz haben
- von der Kasse bezahlt werden. Das ist eine ganz normale ärztliche Leistung,
für die die Ärzte in den meisten Fällen sogar extrabudgetär, das heißt ohne
Mengenbegrenzung vergütet werden.
Bei Präventionsleistungen nach §20 SGB V gibt es in der Tat ein Problem. Das
besteht aber nicht darin, dass die Kassen zu wenig Geld da rein stecken,
sondern dass die Kassen es für Zielgruppen verwenden, die das nicht brauchen.
Das fließt dann eher in Yogakurse etc.
Und noch ein letztes zu den Vorsorgeuntersuchungen. Die Messung des
Augen-Innendrucks ist eine IGEL-Leistung und wird von den Kassen nicht
bezahlt. Aus möglicherweise gutem Grund, wie diese Zusammenstellung zeigt:
<http://www.igel-monitor.de/pdf_bewertungen/046%20Messung%20Augeninnendruck%20Evidenzsynthese.pdf>
oder: http://www.g-ba.de/institution/presse/pressemitteilungen/62/
Der Nutzen des so genannten Glaukom-Screenings ist zumindest umstritten. Ein
erhöhter Schaden nicht ausgeschlossen. Warum sollen das also die Kassen
zahlen?
Ähnlich sieht es übrigens bei den PSA-Tests und eine Reiher weiterer
Screening-Leistungen aus. Auch die Mammographie, das Brustkrebsscreening, ist
hoch umstritten, weil der Nutzen gering und der Schaden (Falsch positive
Diagnosen) hoch ist.
Das Problem am deutschen Gesundheitswesen ist nicht, dass die Kassen das Geld
bunkern und es nicht an die armen Leistungserbringer rausrücken wollen. Das
Problem ist, dass die Patienteninteressen nicht im Mittelpunkt stehen, das
Geld in die falschen Hälse gerät, für viel zu viele und völlig nutzlose oder
zumindest fragwürdige Behandlungen oder Medikamente ausgegeben wird. Das
liegt an nicht hinreichenden Mechanismen, die dies verhindern und an falschen
Anreizen im System. Nicht der gesundete oder zumindest zufriedene Patient
zählt sondern die abgerechnete Leistung.
Und was heißt denn "mehr Eigenverantwortung der Patienten für ihre
Gesundheit" konkret?
Gruß Jörg
Jörg Sauskat
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Am 30.03.2012 um 14:00 schrieb
ag-gesundheitswesen-request AT lists.piratenpartei.de:
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oder, via E-Mail, schicken Sie eine E-Mail mit dem Wort 'help' in
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ag-gesundheitswesen-request AT lists.piratenpartei.de
Sie können den Listenverwalter dieser Liste unter der Adresse
ag-gesundheitswesen-owner AT lists.piratenpartei.de
erreichen
Wenn Sie antworten, bitte editieren Sie die Subject/Betreff auf einen
sinnvollen Inhalt der spezifischer ist als "Re: Contents of
AG-Gesundheitswesen digest..."
Meldungen des Tages:
1. Budget und Prävention (Karl-Michael Schmid)
2. Re: Budget und Prävention (Tim Chrispeels)
3. Kassenpatienten dürfen alle Fachärzte aufsuchen
(Karl-Michael Schmid)
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Message: 1
Date: Fri, 30 Mar 2012 07:16:01 +0200
From: "Karl-Michael Schmid"<doc-schmid AT gmx.de>
To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Subject: [AG-Gesundheit] Budget und Prävention
Message-ID:<20120330051601.72800 AT gmx.net>
Content-Type: text/plain; charset="utf-8"
@Tim Chrispeels: Hallo Tim, 2 kurze Erklärungen für die Vorgehensweise der "kranken Kassen": 1.)
Du schreibst: Wurde leider von den Ärzten abgelehnt, da dafür kein Budget vorhanden war. ==> Das
stimmt - Jeder Arzt darf in Deutschland nur eine bestimmte Anzahl Patienten behandeln - bei Überschreitung
dieses "Budgets" wird er bestraft ! Schicken wir mehr Patienten zum Hausarzt ist für den die
Strafe höher (im jetzigen System). 2.) Du schreibst: Die Kassen können Prävention leider auch zu wenig
fördern (Geld) ==> Das stimmt nicht ! Die Kassen haben genug Geld (Zur Zeit inkl.
Risikostrukturausgleich ca. 20 Milliarden Euro Überschuss !!!) Die Kassen WOLLEN die Prävention NICHT
zahlen ! Beispiel Glaukomvorsorge beim Augenarzt (= Vorsorgeuntersuchung um die Erblindung durch zu hohen
Augendruck zu verhindern). Ist der Patient erblindet zahlt die Gemeinde das Blindengeld - das kostet die
Kasse nichts ! -> In Frankreich müssen die Kassen das Blindengeld zahlen. Um Kosten z
u sparen wird dort von den Kassen die Glaukomvorsorge bezahlt. So einfach ist
das. Grüße von Michael aus Langenfeld
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL:<https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen/attachments/20120330/6b373685/attachment-0001.htm>
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Message: 2
Date: Fri, 30 Mar 2012 07:41:44 +0200
From: Tim Chrispeels<tchrispeels AT online.de>
To: AG Gesundheit<ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
Subject: Re: [AG-Gesundheit] Budget und Prävention
Message-ID:<aa6b99ba-179e-4869-83fe-b5d55d0bcf95 AT email.android.com>
Content-Type: text/plain; charset=UTF-8
@Michael:
Danke für die Erklärungen. Zwei Gründe mehr, mich für ein anderes System
stark zu machen. Mit Belohnung statt Bestrafung für Ärzte. Für eine
leistungsbezogene,transparente Bezahlung für Ärzte und medizinisches Personal.
Für mehr Eigenverantwortung der Patienten für ihre Gesundheit.
Und für ein Bezahlungssystem, das Rücklagen bildet und somit vorsorgt für
eine Zukunft, die für immer weniger Beitragszahler immer mehr
Leistungsempfänger in petto hält.
--
Diese Nachricht wurde von meinem Android Mobiltelefon mit 1&1 Mail gesendet.
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Message: 3
Date: Fri, 30 Mar 2012 10:01:19 +0200
From: "Karl-Michael Schmid"<doc-schmid AT gmx.de>
To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Subject: [AG-Gesundheit] Kassenpatienten dürfen alle Fachärzte
aufsuchen
Message-ID:<20120330080119.72810 AT gmx.net>
Content-Type: text/plain; charset="utf-8"
@Dietmar - Hallo Dietmar, Du schreibst: "nur Privatpatienten können nach Gutdünken einen Facharzt direkt aufsuchen. Soweit ich weiß, geht es bei
gesetzlich Versicherten grundsätzlich nur per Überweisung vom Allgemeinarzt." ==> Das ist falsch: Alle Kassenpatienten dürfen in Deutschland
"nach Belieben" direkt den Facharzt aufsuchen. Sie müssen dann die 10,- "Praxisgebühr" zahlen die die "kranken Kassen"
erhalten. Mit Überweisung ist der Facharztbesuch vollkommen kostenlos. Weil jeder (auch mehrfach im Quartal !) zu verschiedenen Fachärzten (auch der
gleichen Fachgruppe !) gehen kann sind die Deutschen Weltmeister beim "Arzt besuchen" - 18 mal pro Jahr ! Viele Grüße aus Langenfeld *
Michael Message: 4 Date: Wed, 28 Mar 2012 21:52:47 +0200 From: Dietmar Brinkmann<dietmar.brinkmann AT piraten-hh.de
../callgate-6.54.0.0/rms/6.54.0.0/mail/getBody?folderId=3&messageId=ODczND1gCmNlIVYyeGRvmR9ydcgk5dZP&purpose=display&bodyType=html#>
To: AG Gesundheit<ag-gesundheitswesen@l
ists.piratenpartei.de
../callgate-6.54.0.0/rms/6.54.0.0/mail/getBody?folderId=3&messageId=ODczND1gCmNlIVYyeGRvmR9ydcgk5dZP&purpose=display&bodyType=html#>
Subject: Re: [AG-Gesundheit] Vorgehensweise Arbeitsgruppe Message-ID:<4F736C0F.2060207 AT piraten-hh.de
../callgate-6.54.0.0/rms/6.54.0.0/mail/getBody?folderId=3&messageId=ODczND1gCmNlIVYyeGRvmR9ydcgk5dZP&purpose=display&bodyType=html#>
Content-Type: text/plain; charset=UTF-8 Hallo Dr. Haffner, nur Privatpatienten können nach Gutdünken einen
Facharzt direkt aufsuchen. Soweit ich weiß, geht es bei gesetzlich Versicherten grundsätzlich nur per
Überweisung vom Allgemeinarzt. Es mag da Allemeinärzte geben, die auf Wunsch des Patienten eine beliebige
Überweisung an einen Facharzt irgendeiner Richtung ausstellen. Das halte ich aber für gering wahrscheinlich,
oder trifft nur in wenigen Ausnahmefällen zu. Ob die PKV so einen Vorschlag gut heißt, weiß ich nicht, glaube
ich aber eher nicht. Viele Grüße aus Hamburg, seit
einigen Jahren im IT-Bereich im Gesundheitswesen tätig, genauer IT für
gesetzliche Krankenkassen, nicht Krankenhäuser, Ärzte oder sonstige
Teilnehmer am Gesundheitswesen Dietmar Brinkmann
-------------- nächster Teil --------------
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Ende AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 28, Eintrag 39
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- Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 28, Eintrag 39, Jörg Sauskat, 30.03.2012
- Re: [AG-Gesundheit] AG-Gesundheitswesen Nachrichtensammlung, Band 28, Eintrag 39, Dr. Andreas Forster, 30.03.2012
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