ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: AG Gesundheit
Listenarchiv
- From: haarbrandt <haarbrandt AT googlemail.com>
- To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-Gesundheit] Krankenversicherung aus piratischer Sicht (Datenschutz)
- Date: Wed, 1 Feb 2012 13:46:44 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
- List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
Hi,
ganz kurzer Einwurf (bin gerade in einer sitzung), später eventuell mehr:
deine Krankenkasse muss nichts über dein Einkommen erfahren, wenn du
solche Fälle über den Gesundheitsfonds abdeckst. D.h. du lässt das
jetzige System so laufen, erhöhst aber massiv den Steuerzuschuss durch
den Staat.
Wir diskutieren das aktuell, würde mich freuen, wenn du dich
einbringst. Übrigens ist die Abrechnung mit PKV noch schlimmer, da du
deine Gesundheitsdaten direkt an die PKV gibst (GKV ist momentan aber
nur wenig besser durch den Morbi-RSA, da müsste man mal über
Anonymisierungsverfahren nachdenken)
Birger
Am 1. Februar 2012 13:32 schrieb trophos <trophos AT news.piratenpartei.de>:
>
> Hallo Zusammen!
>
> Vorweg: Beobachte das Forum Gesundheit noch nicht so lange, bitte
> entschuldigt also, wenn ich ein Thema aufgreife, dass anderswo bereits
> ausführlich behandelt wurde und ich es über die Suchfunktion einfach nicht
> gefunden habe.
>
> nun zunächst meine Beobachtungen: Ein zentraler Grundsatz des piratischen
> Selbstverständnisses scheint ein Recht auf sichere Existenz und
> gesellschaftliche Teilhabe (als Voraussetzung für die Freiheit des
> Einzelnen), und eine Sicherstellung der Versorgung aller mit dem medizinisch
> Notwendigen gewissermaßen ein Aspekt dieser "sicheren Existenz" weswegen
> wahrscheinlich unter Piraten auch fast immer ein Konsens zu erzielen sein
> wird, dass es zumindest eine medizinische Basisversorgung geben muss die
> auch "solidarisch" finanziert werden sollte. Solidarisch wohl aber im
> weitesten Sinne, nämlich dass alle gesellschaftlichen Akteure (Arbeiter,
> Angestellte, Beamte, Selbstständige, Institutionen, Unternehmen) nach ihrer
> je individuellen Leistungsfähigkeit an der Finanzierung beteiligt werden
> sollten. Ab hier scheint es dann, wenn es konkreter wird, auseinander zu
> gehen, wie eine solche Finanzierung aussehen könnte (Stichwort: Reformer vs.
> Solidarier).
>
> Was mich beschäftigt: ein weiterer zentraler Grundsatz (vielleicht sogar
> noch stärker ein Teil der piratischen Identität) ist ja immer der
> Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung als Voraussetzung für
> die Freiheit des Einzelnen. Unter diesem Aspekt müsste man gerade auch das
> Gesundheitswesen - wo es ja immer um hoch sensible persönliche Daten geht -
> so betrachten, dass immer die Prinzipien der Datenvermeidung bzw.
> Datensparsamkeit an höchster Stelle stehen.
>
> eigene Schlussfolgerungen: Dies führt nun meines Erachtens dazu, dass eine
> Bürgerversicherung (so wünschenswert das kurzfristige Ziel einer gerechte
> Beteiligung aller an den Kosten der Gesundheitsversorgung ist) kein
> piratisches Modell der Finanzierung sein kann. Die Vorstellung ich müsste
> meiner Krankenkasse gegenüber regelmäßig meine Einkommensverhältnisse offen
> legen (wieviel verdiene ich durch Arbeit, selbstständige Tätigkeit,
> Vermietung, Börsengewinne, ...), damit diese dann meinen Beitrag festsetzen
> finde ich grauenhaft. Dort wird das dann gespeichert und jeder
> Sachbearbeiter kann das dann einsehen, nur eine von den über 130 KVen
> braucht da ein wenig lockere Einstellungen zum Datenschutz haben und
> plötzlich sind diese Daten von 1000en Versicherten online, und bei jedem
> Kassenwechsel muss ich wieder bei einer neuen Institution "die Hosen runter
> lassen".
>
> Leider ist aus dem selben Grund auch ein privatwirtschaftliches System mit
> Zwangsversicherung bei einer privaten Krankenversicherung schwierig
> (Facebook, googleaus datenschutzrechtlicher Sich und Co beweisen ja täglich
> wieviel Verlass auf meine persönlichen Daten bei einem privaten Unternehmen
> ist), wer schon einmal einen privaten Versicherungsvertrag abgeschlossen hat
> weiss wieviel man da von sich preisgeben muss.
>
> Meines Erachtens muss der piratische Weg einer Finanzierung eines
> Gesundheitssystems daher über die allgemeinen Steuereinnahmen erfolgen.
> Steuerdaten werden immer erhoben werden müssen (der Staat muss sich ja
> finanzieren), das lässt sich wohl nicht vermeiden. Ansonsten muss ich aber
> als Bürger die Freiheit haben mich dem Kontakt (und damit heutzutage der
> Zwangserfassung meiner Daten) mit irgendeiner Institution
> (Krankenversicherung, privates Versicherungsunternehmen) zu entziehen.
>
> Meines Erachtens sollte es aus ähnlichen Beweggründen so sein, dass die o.
> g. medizinische Basisversorgung (Versorgung lebensbedrohlicher akuter
> Erkrankungen, Versorgung bestimmter schwerwiegenden chronischen
> Erkrankungen) jedem Bürger sogar mehr oder weniger anonym zur Verfügung
> steht (ich gehe in eine öffentliche Klinik oder zu einem regional
> festgelegten Arzt und werde behandelt, es werden nur die notwendigsten Daten
> erfasst und der Umgang mit den Daten streng überwacht
> (Datenschutzbeauftragter, ...)), wer darüberhinausgehende Leistungen in
> Anspruch nehmen möchte kann sich natürlich krankenversichern.
>
> Das klingt jetzt vielleicht ein wenig Paranoid (habe gerade mal wieder
> Doctorow: little brother gelesen) und ist natürlich im Konkreten schwierig
> umzusetzen, weil völlig anderes System etc. aber wer wenn nicht die Piraten
> sollte über ein Gesundheitssystem nachdenken, dass nicht von den jetzigen
> Akteuren desselben ausgeht (Ärzte, Apotheker, Pflegekräfte, Manager) sondern
> von den Bürgern und seinem Recht auch in Gesundheitsangelegenheiten
> jederzeit Freiheit und Kontrolle über seine Daten zu haben.
>
> Gruß
>
> trophos
> --
> AG-Gesundheitswesen mailing list
> AG-Gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen
- [AG-Gesundheit] Krankenversicherung aus piratischer Sicht (Datenschutz), trophos, 01.02.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Krankenversicherung aus piratischer Sicht (Datenschutz), haarbrandt, 01.02.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Krankenversicherung aus piratischer Sicht (Datenschutz), trophos, 01.02.2012
- Re: [AG-Gesundheit] Krankenversicherung aus piratischer Sicht (Datenschutz), Wolfgang Gerstenhöfer, 02.02.2012
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- Re: [AG-Gesundheit] Krankenversicherung aus piratischer Sicht (Datenschutz), Wolfgang Gerstenhöfer, 02.02.2012
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