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- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Korrespondenzbankbeziehungen
- Date: Thu, 21 Dec 2017 12:07:53 +0000
Hallo Rudolf,
ich empfehle das nicht, sondern weise nur darauf hin, da das fürs Verständnis von Geldgeschichte, von historischen Restphänomenen wie dem staatlichen Münzregal und z.B. auch der MMT und der alten Kontroverse zwischen den Befürwörtern staatlicher vs. den Befürwortern privater Geldschöpfung unverzichtbar ist.
Historische Beispiele dafür wären beispielsweise die US demand notes, mit der der Norden den Bürgerkrieg finanzierte, oder die Reichskassenscheine des deutschen Reichs.
In diesen "reinen" Fällen konnten Halter dieser Noten - Forderungen direkt an den Staat - mit diesen Noten Steuerschulden tilgen und zahlen, was sich für Staat und Steuerzahler dann jeweils als Bilanzverkürzung darstellt (Aufrechnung wechselseitiger Forderungen). Der Unterschied zu einer Aufrechnung wechselseitiger Forderungen zwischen Privaten ist, daß Steuerschulden nicht per Vertrag (Privatrecht), sondern per Befehl (ÖffRecht/Gesetz) entstehen. Da der Staat alle Bürger per Befehl besteuert (Steuerhoheit), kann er für seine Verbindlichkeiten per Befehl eine allgemeine Nachfrage und Akzeptanz schaffen, indem er diese für Steuerzahlungen akzeptiert.
Heute muß der Staat den Umweg über das private Bankensystem gehen, das Staatsschulden als Finanzintermediär monetisiert und dabei eine Risikostreuung vornimmt. Zentralbanken können jedoch Forderungen ggü. Staaten in Pension nehmen - bekanntlich war Draghis 2012er Aktion hierfür ein Beispiel - sodaß dann letztlich die Zentralbank diejenige Instanz ist, die über die quantitative Begrenzung der Staatsschulden entscheidet.
Ein schönes Beispiel für den Versuch, Forderungen gegen den Staat zur Währung zu machen, war bekanntlich auch Finanzminister Varoufakis' "Plan B" einer griechischen Parallelwährung, bei dem dann Tsipras nicht mitmachte.
Varoufakis legte hier ein abenteuerliches Vertrauen in die (hoch korrupten) griechischen Staats- und Rechtsinstitutionen zugrunde, das in seinem (von der MMT geteilten) nonexistenten Verständnis fürs Rechtssystem und zuverlässige Institutionen wurzelt. Die Griechen selbst hätten einer solche Währung sicherlich nicht mehr Vertrauen entgegengebracht als ihrer alten Drachme (die sie ja wegen deren permanenter Inflation loswerden und durch den Euro ersetzen wollten) und ihren Regierungen generell (das haben mir Gespräche mit Griechen 2015 auf Kreta durchweg bestätigt).
Die Bundesbank begrenzt aus den von Dir angeführten Gründen auch die auf der nach wie vor bestehenden staatlichen Münzhoheit https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Aufgaben/Bargeld/rechtliche_rahmenbedingungen_des_muenzwesens.html staatliche Münzgeldschöpfung (Scheidemünzen) quantitativ sehr stark - diese stellen ja in der Tat Knapp'sche "Tokens" dar. In einer Notsituation dagegen wird sich kaum eine nationale Zentralbank der Refinanzierung ihres Staats verweigern - traditionell waren das Kriegssituationen (worauf z.B. auch Perry Mehrling hinweist). Die würden heute allerdings in Westeuropa auf Personalmangel treffen,
Grüße
Wolfgang
Mumken schrieb:
Hallo Wolfgang,
danke für Deine Quellenhinweise, welche ich mir noch ansehen werde.
Deiner Empfehlung, die Möglichkeit des Staates zur Eigenfinanzierung durch Ausgabe von Banknoten mit aufzunehmen, kann ich nicht bedenkenlos folgen. Der Staat darf nach meinem Kenntnisstand sich nicht durch Gelddrucken selbst finanzieren. Dies war mW die Antwort auf die überbordende Papiergelderzeugung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Da ich versuche, den Ist-Zustand des Geldsystems zu beschreiben, wäre ein Ausflug in, aus heutiger Sicht, gesetzeswidrige mögliche künftige Systeme, nicht hilfreich. Die von Dir angeführte "jederzeitige Möglichkeit des Staates, Noten als Verbindlichkeit seiner selbst zu schaffen" ist also mit einigen Fragezeichen zu versehen. Vielleicht ein Fall für den noch rot unterlegten, d.h. bisher noch leeren, Abschnitt "Theorien" im Geldrätsel-Projekt.
Beste Grüße
Rudi
moneymind schrieb:
Hallo Rudolf,----------------------------------------------------------------------ag-geldordnung-und-finanzpolitik mailinglist
vielen Dank für den Hinweis. Das schaue ich mir gerne näher an, sobald ich dazu komme. Vielleicht noch eine Rückmeldung zu deinen Darstellungen hier:
http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php?title=Es_werde_Geld
Hier fehlt leider die jederzeitige Möglichkeit des Staates, Noten als Verbindlichkeit seiner selbst zu schaffen und zum gesetzlichen ZM für Steuerschulden zu erklären (MMT oder http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Steuerfundation?hl=steuerfundation). Die Erfüllung einer Steuerschuld stellt dann eine Verrechnung wechselseitiger Schulden dar, die die Bilanzen von Staat und Steuerzahler verkürzt.
Da alle Rechtssubjekte per Befehl besteuert werden, entsteht dadurch eine universelle Nachfrage nach Staatspapiergeld.
http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Steuerfundation?hl=steuerfundation
Die Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht (Steuerrecht ist Teil des ÖffRechts) erklärt dann, warum Staatsnoten an der Spitze der ZM-Hierarchie stehen.
Siehe hierzu auch Rudolf Kaullas Kritik der Knapp'schen staatl. Theorie des Geldes, in "Rechtsstaat und Währung" (1949), S. 44ff:
https://www.dropbox.com/s/uqlay9ktiait370/Kaulla_Rechtsstaat_%26_W%C3%A4hrung_1949_full.PDF?dl=0
Gruß
Wolfgang
Mumken schrieb:
,[font= Arial],[font= sans]-[font=serif]Hallo Wolfgang,
,[font= Arial],[font= sans]-[font=serif]im Juni dieses Jahres hatten wir uns über Interbankengeschäfte unterhalten und ich sagte eine Zusammenfassung der relevanten, öffentlich zugänglichen Informationen zu. Diese ist nun soweit fertiggestellt und unter Das Geldrätsel: Korrespondenzbanken http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php?title=Das_Geldr%C3%A4tsel:_Korrespondenzbanken abgelegt. Die Quellen mit dem Wortlaut der Veröffentlichungen sind unter Korrespondenzbankgeschäfte http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php?title=Korrespondenzbankgesch%C3%A4fte zu finden.
,[font= Arial],[font= sans]-[font=serif]Beste Grüße
,[font= Arial],[font= sans]-[font=serif]Rudi Müller
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ag-geldordnung-und-finanzpolitik[at]lists.piratenpartei.de
The list homepage: https://lists.piratenpartei.de/sympa/info/ag-geldordnung-und-finanzpolitik
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- [AG-GOuFP] Korrespondenzbankbeziehungen, Rudolf Müller, 19.12.2017
- Re: [AG-GOuFP] Korrespondenzbankbeziehungen, moneymind, 19.12.2017
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