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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Fwd: Re: Wie entsteht Vermögen?

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Fwd: Re: Wie entsteht Vermögen?


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Fwd: Re: Wie entsteht Vermögen?
  • Date: Wed, 21 Oct 2015 18:03:42 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Arne Pfeilsticker schrieb:
Am 13.10.2015 um 14:00 schrieb moneymind <moneymind[at]gmx.de>:
Noch ein bisher vielleicht übersehener Aspekt.
Ein Staat schafft zwar keinerlei Vermögen, wenn er - per Verschuldung - Geld "schöpft" und damit Güter in der Wirtschaft nachfragt.
Hallo Wolfgang,
ich halte diese Aussage in seiner Allgemeinheit für falsch.

Dann muß ich genauer sagen, was ich gemeint habe. Gemeint hatte ich: wenn der Staat sich verschuldet, entsteht dabei direkt und unmittelbar netto kein cent Finanzvermögen, weil sich dabei einfach die Bilanz von Staat und Zentralbank (oder Geschäftsbank) verlängern. Eigenkapital von Staat und Bank bleiben dabei unverändert. Das gesamtwirtschaftliche Nettovermögen ebenfalls.

Wie bei JEDER Kreditvergabe.

Was dabei entsteht, ist nicht "Vermögen". Vielmehr entstehen Verpflichtungsbeziehungen, verbunden mit entsprechenden Risiken, die die Vertragspartner zu bestimmten Handlungen motivieren können - Du bezeichnest das mithilfe einer vagen Metapher als "Rechtsenergie".

Geldschöpfung ist bis zu einem gewissen Umfang auch Wertschöpfung.

Bitte stelle das mal in Bilanzform dar (gesamtwirtschaftliches Modell bilanzierender Akteure). Danke.

Dann ist es nämlich eine präzise und empirisch nachprüfbare Aussage. "Bis zu einem gewissen Umfang auch" = übliches vages VWL-Fabulier-Blah (sorry).

Stell dir unsere Volkswirtschaft ohne Geld vor. Vieles, wenn nicht gar das Meiste wäre nicht möglich. Geld funktioniert als Zahlungsmittel wie eine Art Katalysator. Geld wird beim Zahlungsvorgang nicht verbraucht, aber es erleichtert den Austausch von Waren und Dienstleistungen erheblich.

Das ist natürlich alles ebenso richtig wie oberflächlich. "Wie ein Katalysator" ist aus meiner Sicht eine analytisch unbrauchbare vage Metapher.

Wenn Du eine Wertschöpfung durch Geldschöpfung behauptest, muß diese empirisch bilanziell darstellbar sein (s.o.).

Und die Differenz in der Wertschöpfung einer Volkswirtschaft mit und ohne Geld liegt der Wert bzw. das Vermögen, das durch Geldschöpfung geschaffen wird.

Welche Volkswirtschaft "ohne Geld" meinst Du empirisch? Oder meinst Du nur eine "vorstellbare" Volkswirtschaft ohne Geld?

Nehmen wir die sozialistische Zentralplanwirtschaft. Zwar hatten die auch eine "Währung", allerdings eine, die niemanden groß interessierte. Theoretisch wäre dort alles über zentrale Planung, Aneignung und Redistribution möglich gewesen, "ohne die Dazwischenkunft des vielberühmten Werts" (sprich: Geldes), wie Engels das mal ausgedrückt hatte.

Natürlich gab es deswegen auch keinen bilanzierbaren Vermögenswert im eigentlichen Sinn. Es wurden Güter mit konkreten Gebrauchswerten geschaffen, und zwar "mehr" als vorher (ohne Planwirtschaft, vor 1917). Aber in der Industrie in der Breite weniger innovativ als in den benachbarten Geldwirtschaften (die Spitzenforschung dagegen WAR auch im Sozialismus spitze).

Das hat m.E. mit Schumpeter'schen Entrepreneuren zu tun, die nur unter den Bedingungen von Eigentum und Vertragsfreiheit wirtschaftlich aktiv werden können (im Sozialismus waren die Menschen nicht weniger kreativ und innovativ, nur gab es keine Anreize, das industriell umzusetzen und wurde deshalb in anderen Bereichen - Spitzenforschung, "Privatleben" (soweit im Sozialismus existent) nach Feierabend - umgesetzt.

Habe nicht die Zeit, das genauer auszuführen. In "Deinen" vagen Begriffen: Privatrecht (Vertragsrecht, Prinzip: Konsens und Vermögenshaftung, also Verlierbarkeit von haftendem Eigentum, also Verlustrisiko) erzeugt eine andere Art von "Rechtsenergie" (Motivations- und Handlungsanreizen) als Öffentliches Recht (Z.B. Steuerrecht oder Wirtschaftsplan, Befehlsrecht von oben).

Leider funktioniert diese Wertschöpfung durch Geldschöpfung nur bis zu einem gewissen Umfang. Dieser gewisse Umfang lässt sich nicht genau bestimmen, aber ich würde ihn als die optimale Geldmenge in einer Volkswirtschaft bezeichnen.

Bitte stelle die "optimale Geldmenge" (Aufsatztitel von Milton Friedman) im Rahmen eines gesamtwirtschaftlichen Modells bilanzierender Akteure konkret dar. Sonst bleibt sie die übliche, nicht meßbare vage VWL-Fabuliererei, über die wir jahrelang beliebig fabulieren und "diskutieren" können.

Der Ansatz über Bilanzen zwingt zu Präzision und ganz konkreter Empirienähe. Das sollten wir konsequent nutzen.

Darüber hinaus wird durch die nachgefragten Güter ebenfalls Vermögen geschaffen, das es ohne dieses geschöpfte Geld nicht gäbe.

Durch Geldschöpfung entsteht „Rechtsenergie“, mit deren Hilfe Vermögen geschaffen werden.

Ich verstehe schon, was Du meinst. Natürlich hast Du "im Prinzip" Recht. Allerdings drückst Du das sehr vage (und damit unbrauchbar) aus. Das müßte man erst ganz konkret zeigen.

Besser vielleicht so: bei _Kredit_schöpfung entstehen Verpflichtungsbeziehungen und Risiken für beide Beteiligten, die sie zu bestimmten Handlungen veranlassen können.

Wenn ein Unternehmer der Realwirtschaft sich mit dem Ziel verschuldet, etwas zu produzieren und zu verkaufen, um Tilgung und Zins bedienen und einen Profit machen zu können, dann wird er sich anstrengen, das auch zu erreichen, weil er weiß, wenn er nicht zurückzahlen kann, wird in sein Eigentum vollstreckt. Er kennt sein aus Vermögenshaftung resultierendes Verlustrisiko.

GELINGT ihm auch, über Einkauf, Produktion und Verkauf einen Profit zu machen, dann hat die Kreditschöpfung FÜR IHN ermöglicht, daß er "Wertschöpfung" betrieben hat, die in seinem Profit (Überschuss seiner Einnahmen über seine Ausgaben) zum Ausdruck kommt.

Wie sieht dies nun gesamtwirtschaftlich aus?

Gesamtwirtschaftlich gibt es kein Finanzvermögen (Forderungen - Verbindlichkeiten = 0), sondern nur Realvermögen.

Dieses kann wachsen ("Wertschöpfung"), indem bei gleichbleibenden Güterpreisen die produzierte Gütermenge wächst, oder indem die Anbieter bei gleichbleibender Gütermenge die Preise erhöhen. Es kann schrumpfen, wenn die Güterpreise gleichbleiben und weniger Güter produziert werden, oder wenn gleichviele Güter produziert werden, aber die Anbieter die Preise senken.

An dieser Stelle kommt dann üblicherweise der quantitätstheoretische Kurzschluß ins Spiel ("optimale Geldmenge") und ähnlich oberflächliches Zeug. Tatsächlich entscheidend sind die Absatzerwartungen der Anbieter, und die hängen von ganz unterschiedlichen Beobachtungen, Plänen und Erwartungen ab, die sie hegen - nicht nur von "der Geldmenge". Quantitätstheorie ist deshalb Ideologie, weil sie das Weiterfragen an dieser entscheidenden Stelle ausblendet, indem es die Subjekte und ihre Erwartungen, Pläne, Ziele und Handlungen insgesamt ausblendet und in einem einem oberflächlichen Kurzschluss "Gütermenge --> Geldmenge" hängenbleibt.

Wiederum kann das sinnvoll nur in einem gesamtwirtschaftlichen Modell bilanzierender Akteure genauer betrachtet werden, in dem die Akteure auch ihr Realvermögen bewerten und ihr Umlaufvermögen auspreisen.

Dafür brauchen wir dann in erster Linie eine sinnvolle "Bewertungstheorie" und "Preisfestsetzungstheorie" - bzw. einfach nur Beschreibungen der Bewertungs- und Preisfestsetzungsstrategien der realen Akteure. Nicht umsonst hat Keynes dem in der General Theory so viel Raum eingeräumt - völlig richtig (leider hatte er als Kontext kein gesamtwirtschaftliches Modell bilanzierender Akteure).

Naja ... ich hab im Grunde nur Deinem Blah mehr "Blah" hinzugefügt ;-) Hoffentlich hab ich wenigstens sinnvolle Fragen bzw. Aufgaben formuliert.

Gruß
Wolfgang




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