ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
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- Subject: [AG-GOuFP] Warum werden 97% aller Transaktionen in GR in bar abgewickelt?
- Date: Thu, 23 Jul 2015 11:53:09 +0000
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Nur 3% aller Geldtransaktionen kreditär (Überweisung oder Kreditkarte), 97% in bar:
/"Griechenland lebt bisher wie kaum ein anderes Land in der Europäischen Union von und mit dem Bargeld. Der überwiegende Anteil der Geschäftstransaktionen wird noch cash beglichen, mit Scheinen und Münzen, belegen Erhebungen der Europäischen Zentralbank und von Unternehmensberatungen. (...) Weniger als drei Prozent des gesamten Zahlungsverkehrs im Land dagegen werden üblicherweise bargeldlos abgewickelt, also per Kartenzahlung, per Überweisung oder per Lastschrift." /
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-07/griechenland-banken-oeffnung-leben-alltag-bargeld
Vermutung von mir - mit Bitte um Hinterfragen, Kritik etc.:
Wir wissen, daß GR kein verläßliches Vertragsrecht hat. Von der Website einer auf GR spezialisierten Anwaltskanzlei:
/Die Zwangsvollstreckung in Griechenland in der Praxis
"In Anbetracht des aufwendigen Verfahrens sowie landesspezifischer Besonderheiten bezüglich (nicht existenter) Melderegister, Grundbuchamt, Bankgeheimnis etc. ist vor der Einleitung des Anerkennungsverfahrens unbedingt ein im Forderungswesen versierter Rechtsanwalt in Griechenland mit der Überprüfung der Vermögenslage des Schuldners zu beauftragen um fest- bzw. sicher zu stellen, dass bei dem Schuldner überhaupt Vermögen vorhanden ist in das unter realistischen Kriterien vollstreckt werden kann." ( http://www.rechtsanwalt-griechenland.de/forderungswesen-und-zwangsvollstreckung/zwangsvollstreckung-in-griechenland.html ) /
Vermögenshaftung stellt aber erst dasjenige Vertrauen der Gläubiger in den Leistungswillen ihrer Schuldner dar, das notwendige Bedingung für die Abtretung der Forderung an Dritte ist (solche Gläubigerwechsel = Grundlage jedes funktionierenden Kreditsystems).
Was passiert, wenn Verträge nicht zuverlässig eingeklagt und vollstreckt werden können ( =Vermögenshaftung des Schuldners)?
Vermutung: Geschäftsbanken werden kaum Kredite an Private vergeben - wenn, dann nur zu sehr hohem Zins (Risikoprämie). FRAGE: kennt jemand das Zinsniveau für Kredite, griechischer Geschäftsbanken gegenüber ihren griechischen Kunden?
Das bedeutet: Geldschöpfung kann nicht durch Monetisierung von Forderungen gegen Private stattfinden (GB gibt Forderung gegen priv. Kreditnehmer bei der griech. Nationalbank in Pension).
Vertrauen genießt aufgrund seiner Macht nur der Staat. Also wird die griechische Geldschöfpung vor allem auf der Monetisierung von Staatsschulden beruhen. Da so praktisch nur der Staat als Schuldner Geldschöpfung auslösen kann, müssen auch alle Privaten, die an Geld heranwollen, mit dem griechischen STAAT in Beziehung treten: entweder, indem sie für ihn arbeiten oder ihm etwas verkaufen. Hieraus erklärt sich der "aufgeblähte Staatssektor" GR's.
In ihren privaten Transaktionen nutzen die griechichen Privaten dann Bargeld im direkten Tausch: mangels Vertragssicherheit gibt es keine Kreditbeziehungen (z.B. Lieferantenkredit: Bestellung auf Rechnung mit späterer Zahlung), sondern v.a. direkten Tausch von Gütern und Dienstleistungen gegen Bargeld in "informellen Tausch- und Solidarbeziehungen", die darauf beruhen, daß man sich gegenseitig kennt (statt formalen, anonymen Vertragsbeziehungen, die auch zwischen Leuten stattfinden können, die sich noch nie gesehen haben, weil hier die allgemein gültige Vermögenshaftung das Vertrauen in den Leistungswillen des Schuldners allgemein herstellt).
die Geschäftsbanken können auf dieser Basis Kreditgeschäfte nur mit dem Staat betreiben, Einlagengeschäfte jedoch auch mit Privaten, die das vom Staat erhaltene Bargeld dann auf ihre Konten einzahlen und dafür Zins kassieren können. Insofern sehen die griechischen Banken nach außen hin wie "normale Banken" aus, obwohl ihnen die wesentliche Eigenschaft fehlt, die Privaten mit Kredit zu versorgen und auf dieser Basis über die ZB auch auf der Monetisierung privater Schuldtitel basierende ZBG-Schöpfung zu betreiben. Träfe diese Vermutung zu, dann müßten sich auf der Aktivseite der griechischen Nationalbank v.a. Forderungen ggü. dem griechischen Staat befinden, aber kaum Forderungen gegenüber Privaten. Wie sieht das empirisch aus - hat schon mal jemand in die Bilanz der griechischen Zentralbank reingeschaut und kann die auch lesen? (Ich kann kein Griechisch!!!!)
Zwingt man nun den griechischen Staat zum Sparen, wäre zu erwarten, daß in den informellen Beziehungen mangels Bargeld zu BARTER (Tausch Güter gegen Güter) übergegangen wird. Läßt sich das empirisch verifizieren?
*Wozu diese Überlegungen?*
Dies würde eine plausible Begründung für den "aufgeblähten Staatssektor" in GR geben: mangelndes Privatrecht, daher mangelnde auf der Monetisierung privater Schuldtitel beruhende Geldschöpfung.
Kein "Sparen" der Welt wird den "aufgeblähten Staatssektor" reduzieren können, da der für die griechische Ökonomie (kein Privatrecht!) lebenswichtig ist.
Nötig wäre vielmehr die Etablierung funktionierender privatrechtlicher Strukturen - diese Forderung ist aber in KEINEM Reformprogramm enthalten, nicht dem der Troika (und auch nicht im Standard-"Reform"-Programm des "Washington Consensus", das schon eine ganze Reihe von Entwicklungsländern kaputtgemacht hat), und nicht in dem der Syriza oder von Varoufakis. Und in den Forderungen des Juristen Schäuble ("Sparen oder Austreten") ebenfalls nicht.
- [AG-GOuFP] Warum werden 97% aller Transaktionen in GR in bar abgewickelt?, moneymind, 23.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Warum werden 97% aller Transaktionen in GR in bar abgewickelt?, Axel Grimm, 23.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Warum werden 97% aller Transaktionen in GR in bar abgewickelt?, moneymind, 23.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Warum werden 97% aller Transaktionen in GR in bar abgewickelt?, Axel Grimm, 24.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Warum werden 97% aller Transaktionen in GR in bar abgewickelt?, moneymind, 23.07.2015
- [AG-GOuFP] Indizien für Barterökonomie Was: Warum werden 97% aller Transaktionen in GR in bar abgewickelt?, Gerhard, 26.07.2015
- Re: [AG-GOuFP] Warum werden 97% aller Transaktionen in GR in bar abgewickelt?, Axel Grimm, 23.07.2015
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