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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Kärnten in Zahlungsschwierigkeiten - Zeit Farbe zu bekennen!

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Kärnten in Zahlungsschwierigkeiten - Zeit Farbe zu bekennen!


Chronologisch Thread 
  • From: David Finsterwalder <d.finsterwalder AT gmail.com>
  • To: ag Geldordnung <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Kärnten in Zahlungsschwierigkeiten - Zeit Farbe zu bekennen!
  • Date: Wed, 11 Mar 2015 12:48:04 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hey ukw,

(Wolfgang Antwort an dich kommt später)

Mich von der Utopie einer mündigen Gesellschaft zu verabschieden war für mich auch schmerzlich. Bei Platon hab ich das noch nicht geschluckt, aber Hegel hat mich dann überzeugt.

Der Punkt ist, dass in einer bürgerlichen Gesellschaft (+frühbürglich in Antike) die "Moral in die Sittlichkeit entäußert wird". Während Stammesgesellschaften moralisches Handeln brauchen um zu funktioniere haben Rechtsstaaten die Institutionen. Diese ersetzen quasi die Moral. Wenn die Gesellschaft über Generationen der Moral entbunden ist, kann sie gar nicht mehr wirklich moralisch handeln. Der "Sittenverfall" ist dadurch vorprogrammiert und jeder handelt immer mehr nur nach Einzelinteressen. Auch Desinteresse für Allgemeine Fragen ist da vorprogrammiert. Hegel hat auch ne Prima Kritik an Hobbes mit Gesellschaftsvertrag etc. Aber langes Thema...

Ich denke das sich das Problem auch auf kommunaler Ebene nicht anders wird.

Das heißt nicht, dass ich Basisdemokratische Elemente komplett ablehne etc, aber dich denke diese ist Fragen vorbehalten ist die Menschen sehr unmittelbar betreffen. 

Bei Demokratie muss man immer auch das Konkurrenzparadoxon bedenken (das Hegel auch klar war). Demokratie ist die Summe der Einzelintresse und nicht zwangsläufig das Allgemeininteresse. Aus diesem Grund braucht man für viel Entscheidungen eben "Experten" (Hegel würde sagen, dass eine reine Basisdemokratie deswegen willkürlich ist). Man kann die Menschen nicht zur Vernunft, Mündigkeit und Verantwortungsbewusstsein zwingen. Viele haben die Möglichkeit sich selbst zu informieren und zu bilden, aber tun es nicht

Mehr Verantwortung überlassen, führt nicht zwangsläufig dazu, dass mehr Verantwortung übernommen wird (Diese Hoffnung hatte ich früher mal). Der Grund ist das Recht abstrakt ist, während Moral auf direkter Empathie basiert (Vgl nochmal Spiegelneuronen: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3901003/). Abstraktes Denken kann geschult, aber nicht erzwungen werden. 

Der beste (bürgerliche) Staat ist in meinen Augen (nur mal als Idee/Utopie) der, der mit am wenigsten politischer Beteiligung funktioniert kann. Umso weniger die Politik handeln muss, umso weniger kann sie korrupt (=im Eigenintresse) handeln. Der Staat müsste durch sehr strikte Gesetze und viele Automatismen zur Selbstregulation gekennzeichnet sein. Dazu "hemmungslos" freie Marktwirtschaft mit wenig staatliche eingriffen und einem extrem schlanken Staat (sowenig Bürokratie geht), aber eben mit sehr strikten Gesetzen als die unsichtbare Hand. Dazu gehört, dass ALLE Finanzinstitutionen in öffentlicher Hand sein müssen und deren (Zins)gewinne öffentliche Einnahmen sind. ALLE Zinsgewinne als Leistungslose Einkommen ALLER. Das verhindert ein entgleiten in Ungleichgewichte und verhindert "Erpressung" mit Angst über die eigene Grundsicherung. Die enthemmte Marktwirtschaft bietet wiederum die Möglichkeit, das Unternehmen (wegen des Kredits) immer wieder "Rechenschaft" ohne "Bürokratische Prüfung" ablegen muss. Der "Tag der Tilgung" ist der "Tag der Abrechnung" über die effizienten Umgang mit Ressourcen. Den "Schuldendruck" halte ich für ein Prima mittel zur Selbstregulation der Marktwirtschaft und fördert Innovative Unternehmertum. Schuldendruck darf aber nicht bedrohend sein. Private Vermögen können dann immer noch zum erwirtschaften von Gewinnen genutzt werden, aber eben nur durch Investition in die Realwirtschaft (auch Aktien etc). Kein Erbrecht. Wie mit Schenkungen umzugehen ist, weiß ich nicht genau. Aber Vermögen soll nur durch Befähigung möglich sein und nicht durch Erbrecht. Ist natürlich utopisch das alles, aber so könnte Kapitalismus richtig gut funktionieren. Ach und freien Zugang zu LSD für alle nicht vergessen, um das Unternehmertum anzukurbeln: http://money.cnn.com/2015/01/25/technology/lsd-psychedelics-silicon-valley/

Aber genug philosophiert. 

Grüße
David








Am 10. März 2015 um 20:15 schrieb ukw <ukw AT berlin.com>:
Hallo David,

Heureka! - das macht Spaß - endlich mal eine gute Diskussion. In medias res: Zuerst war ich etwas ungehalten, bezüglich Deiner Gedanken zur Politikverdrossenheit. Nun muss ich einräumen: Ihr (Hegel, Platon und Du) ihr liegt wohl richtig. Die Masse hat weder Zeit noch Wunsch noch Fähigkeit sich in alle Themen einzuarbeiten. Darum ist es nötig, daß sich einige Experten  - in transparenten Entscheidungsprozessen - dieser Dinge annehmen. In Verbindung mit einem radikalen Antikorruptionsmechanismus kann es funktionieren. It's worth a shot.
Nun gibt es unterschiedliche Ebnen der politischen Arbeit, weil es unterschiedliche Ebnen der politischen Entscheidungen gibt. Diejenigen Fragen, die alle weltweit betreffen (Menschenrechte und Finanzen/Wirtschaft) werden wohl ohne Beteiligung aller gelöst werden müssen. Alles andere halte ich eigentlich auch für Utopie. Darum gebe ich diesen Gedanken erstmal auf und schließe mich Deinen Gedanken an.
Dann gibt es aber eimmer kleinere Ebnen. Und spätestens auf der Kommunalen Ebne sollte wirklich jeder vor Ort lebende zumindest in groben Zügen Interesse haben. Social Cocooning ist zwar ein Trend (gewesen) aber das ist nach wie vor eine Gefahr für echte Demokratie. Es wird immer nur ein kleiner Teil sein können, der sich - aus persönlichen Gründen - völlig aus der Politik heraushalten kann ohne das die Gesellschaft in Gefahr gerät. 40%+ "Nicht Wähler" sollte es nicht geben - max 15 % würde ich im Moment akzeptieren.
Kommunale Belange sollten Kommunal und von allen Menschen vor Ort entschieden werden.
Nationale Belange sollten National entschieden werden. Die Interessierten und die Delegierten entscheiden gemeinsam.
Internationale Belange (siehe oben) sollten international entschieden werden. Auch hier sehe ich: Die Interessierten und die Delegierten entscheiden gemeinsam.
Die Gefahr ist: Internationale und bürgerfernen Entscheidungen können sehr leicht  von Lobbygruppen und "Eliten" gesteuert werden. Anti Antikorruptionsmaßnahmen und Tranzparenz / Überwachung durch interessierte Nicht Politiker ist sehr wichtig. So etwas intransparentes wie die "Europäische Kommission" "IWF, TROIKA, ESM Kommission sollte es dann nicht geben. Ebenfalls sollten diese übermächtigen Kommissionen nicht auf nationaler Ebne direkt entscheiden dürfen. - obwohl, hm - über den Punkt muss ich noch mal in Ruhe denken...

Abgesehen davon ist es mir eine große Freude, mich mit Dir über Strategie auszutauschen. Gedanken dieser Art sind hier in den letzten Jahren zu wenig geäußert worden. Deine Anmerkungen zu den Linken und besonders zu den Grünen sind großartig. Die Tatsache, das nur auf der Vernunftebene aufgeklärt wird und Politik betrieben wird - genau das scheint mir auch ein Phänomen bei der Piratenpartei zu sein.

Chapeau!

ukw


Am 10.03.2015 um 13:47 schrieb David Finsterwalder:
Hey ukw,
 
Ich mag keine Massen, die einem Führer folgt, ich will,. das sich die Massen eine eigene Meinung bilden kann und dann ihrer eigenen Meinung entsprechend handelt.

Ich will das auch nicht. Das Problem ist aber, dass die Masse das will! 

In gewisserweise kann ich das auch verstehen. Die meisten interessiert Politik eben nicht. Zumindest solange es keinen zu hohen persönlicher Leidensdruck gibt oder es gerade "schick" ist politisch zu sein - in den 60igern war Adorno lesen sexy :p. Und man kann ja auch niemand dazu zwingen. Diese Problem sah schon Platon und ich bin mittlerweile von der Vorstellung abgerückt, dass eine Basisdemokratie mündiger Bürger realistisch ist. Hegel sah das ähnlich und er hielt es für wichtig deshalb radikale Antikorruptions Mechanismen zu schaffen. Wer in der Politik ist wird jeden privatwirtschaftlichen Rechten entbunden. Keine Nebeneinkünfte etc. Staatsdienst muss eine Bürde (ohne persönliche Vorteile) sein, die nur Menschen auf sich nehmen die Verantwortung übernehmen wollen. Nur so kann ein Staat längere Zeit funktionieren ohne immer korrupter zu werden.

Ich halte diese Überlegungen für wichtig. Die meisten juckt Politik nicht und das ist eine permanente Gefahr für die Demokratie.Ich lehne deswegen Demokratie nicht ab, aber wie viel jeder einzelne politische beitragen möchte, sollte ein freie Entscheidung sein. Wenn man nun in einer Demokratie steckt in der Demagogie und Populismus normal ist, muss man selbst mit Propaganda...äh...PR kontern. 

 
Was könnte die politikverdrossene Masse motivieren sich eine Meinung zu bilden?

IHRE persönlichen Problem. Sonst nix!!! Das war schon immer so! Machtpolitiker haben das immer verstanden und genutzt: http://blog.emeidi.com/downloads/2007-11-14-unsere-letzte-hoffnung-hitler.jpg

Ich sehe es wie du was CDU angeht: Merkels Politik basiert auf Angst vor noch mehr Problemen. Ich denke man kann viele Wähler gewinnen wenn man Überarbeitung/Burn-out/Depression zum Thema macht. Die meisten Menschen sind überarbeitet oder setzten sich auch wegen der sozialen Ungleichheit unter Druck. Entweder erfolgreich oder du bist nix wert. Aus Angst vor sozialem Abstieg tot arbeiten. 

Es gibt eine signifikante Korrelation zwischen sozialem Ungleichgewicht und psychischen Erkrankungen und mittlerweile neurobiologische Erklärungen dafür. Herr/Knecht Dialektik:

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3901003/

Speziell auch das hier: 
http://www.complejidadsocial.cl/wp-content/uploads/2014/01/Billeke-Boardman-Doraiswamy-2013-Social-cognition-in-major-depressive-disorder-A-new-paradigm.pdf

Durch derart wissenschaftliches Absichern kann man auch Technokraten auflaufen zu lassen und sich vor Ideologie Vorwürfen schützen. Für PR dann auch einfache saldenmechanische Zusammenhänge:

Deine Überarbeitung ist die Arbeitslosigkeit der Südländer.


Was meinst du was passiert wenn plötzlich jemand kommt und sagt: "Dass du überarbeitet bist ist nicht deine Schuld".

Christliche Kultur fühlen sich eh immer schuldig und wollen "Erlöser für ihre Sünden". Diese Wertvorstellung findet man auch latent bei westlichen Atheisten.


Weiterhin gibt es ja auch Projekte mit 80% Arbeiten bei vollem Lohn. Produktivität stieg: http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/arbeitszeit-einfuehrung-der-30-stunden-woche-und-elterngeldplus-a-966832.html

Präzidenzfälle sind da!

Weiterhin können hier die Piraten VORALLEM mit Thema Technik punkten. Industrie 4.0 und Digitalisierung stellen den Arbeitsmarkt (Arbeitssucht) vor "Probleme" 

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-01/verdi-bsirske-digitalisierung-jobabbau
http://www.golem.de/news/automatisierungstechnologie-nehmen-roboter-uns-die-jobs-weg-1405-105990.html

GENAU hier könnten die Piraten eine Vision aufbauen! Hier kann man Merkels Angstpolitik unterminierenen und den Spieß umdrehen. Ohne eine Änderung der Politik steuern wir auf einen "Horror" der Arbeitslosigkeit anstatt eine Befreiung von Arbeit zu!

TECHNIK KLAUT KEINE ARBEITSPLÄTZE, SIE NIMMT ARBEIT AB!

Damit kann man richtig Populismus machen. Horrorvisionen von Arbeitslosen Massen vor Vollautomatischen Fabriken! etc!  "Neuland" Merkels Inkompetenz bei Digitalisierung als Gefahr darstellen! Etc.

Die alten Politikern sind diesen neuen Herausforderungen doch nicht gewachsen.

Wenn man das geschickt macht kommt man aalglatt durch jedwede "linkspopulismus" Vorwürfe. Es muss irgendwie neu und wichtig und wissenschaftlich wirken, wenn man die keyanische Wirtschaftspolitik der Nachkriegsboomjahre wieder schmackhaft machen will. Der Michel weiß nämlich: "Links ist ja irgendwie voll gestern und funktioniert nicht." Der Michel weiß: "Die Politik von damals funktioniert heute nicht mehr, weil ja alles GAAANZ anders ist!" Deshalb braucht man neue Schläuche für den eigentlich alten Wein.



Die Linken haben im Grunde auch keine Vision. Sie tun manchmal das richtige, aber man kann sich nicht darauf verlassen. Wer sauer ist auf "Kapitalismus" aber keine Ahnung hat, warum der Kapitalismus scheiße ist, der wählt: Die Linken (wenn solche Leute überhaupt noch wählen gehen)

Keine Ahnung würde ich nicht sagen. Die haben aber keinen Plan von PR. Die Linken haben ein riesen Image Problem und sind zugleich so ideologisch verbohrt um einfache PR zu machen. Die glauben, dass man einfach mit Vernunft aufklären kann. Eigentlich sollten die es mittlerweile gelernt haben, wie der Hase in der Politik läuft.  Soviele linke sind in einer orthodoxen Denke drin und handlungsunfähig. Pragmatismus: Fehlanzeige!
 
Die Grünen: Die Grünen werden von Baumstreichlern gewählt, die Mitleid mit der Umwelt haben. Mitgefühl ist nicht schlecht, aber der Natur würde es mehr helfen, wenn die Menschen den Wachstumszwang und die damit verbundene Umweltzerstörung überwinden würden. Aber die Grünen sind bis heute nicht in der KLage eine Vision zu entwickeln und zu verbreiten.

Das größte Problem der Grünen ist, dass die beste Machtpolitikerin der jüngsten Zeit ihnen ihr ureigenstes Thema (Atomausstieg) einfach geklaut hat. Die hatten ihre Vision, aber Mami hat sie weggenommen und jetzt stehen sie immer noch rum wie ein beleidigtes Kind, das kein Eis mehr hat.
 
Wenn die Piratenpartei irgendwie noch einmal etwas ändern will, bevor sie endgültig im Restrauschen des Universums verschwindet, sollte die Piratenpartei  langsam mal eine Vision entwickeln.
Nicht mal die Geldordnungsliste hat es geschafft eine Vision zu entwickeln.
Mein letzter Aufruf dazu liegt ca 3 Monate zurück (findest Du noch auf der Mailingliste) aber die Resonanz darauf war nicht erfolgversprechend.


Die Vision liegt doch eigentlich vor der Nase: Technik als Utopie statt Dystopie!

Angstpolitik aufgreifen (Arbeitslosigkeit), umdrehen (Arbeitsfreiheit) + "Neuland" Merkel als inkompetent für Zukunftsweisende Politik darstellten und den Menschen bei der Arbeitsbelastung aus der Seele sprechen! PR durch mit wissenschaftlicher Kompetenz (Saldenmechanik etc) spicken. 

Alle andere Themen der Piraten jucken doch keine Sau: "Snowden... Puh... naja... ich hab nix zu verbergen!"

Die Piraten sind doch eigentlich schon tot. Fallen höchstens noch durch negative Schlagzeilen auf. Wenn hier keine Wiederbelebung mit einem ordentlichen Ruck und Ziel passiert, dann war es das.

Gerade wegen Merkels Angstpolitik lässt sich NIRGENDS punkten außer bei Wirtschaft! Merkels mangelnde Technikkompetenz und Industrie 4.0 ist hierfür eigentlich ein Steilpass.

Muss nur noch versenkt werden!

Grüße
David





    



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