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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Nachtrag zu Mittwoch 25.2 - Vollgeldkritik

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Nachtrag zu Mittwoch 25.2 - Vollgeldkritik


Chronologisch Thread 
  • From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
  • To: Christoph Mayer <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Nachtrag zu Mittwoch 25.2 - Vollgeldkritik
  • Date: Sat, 28 Feb 2015 13:53:15 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>



Am 28.02.2015 um 09:41 schrieb Christoph Mayer <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>:


Am 28.02.2015 um 09:29 schrieb Comenius <comenius2000 AT gmail.com>:

Am 27.02.2015 um 23:52 schrieb Jürgen:
Moin,

In Folge des Grillabends zur Vollgeldkritik hatten gab es noch eine
Diskussion insbesondere zu These 4 Geldschöpfungsgewinn bzw. Arnes
Kontraposition.
...

ii) *mittelbarer Geldschöpfungsgewinn*
In Folge der Geldschöpfung kann eine FIAT-Bank ihre Bilanz um einen Faktor
(=Hebel) ausdehnen also mehr Kredit vergeben als direkt durch Eigenkapital
oder Einlagen gesichert ist. In der *klassischen* Beschreibung des
FIAT-Systems wird der Hebel über die Mindestreserve durch die jeweilige
Zentralbank festgelegt. In der Podiumsdiskussion wurde hingewiesen, das die
Bundesbank und der Artikel 'Money creation in the modern economy' diese
Erklärung als veraltet ansehen. Allerdings sagt der Artikel nur, dass der
Hebel real nicht direkt durch die Zentralbank festgelegt werde. In der
Praxis hingegen werde die Geldschöpfung und damit einhergehende Bilanzverlängerung
insbesondere durch die Kreditnachfrage, die Risikovorsorge und die
Zinssatzvorgaben der Zentralbank begrenzt. Somit lege die Zentralbank den
Hebel nicht direkt fest (Mindestreserve) sondern habe nur indirekt Einfluss
(Zinssätze). Damit bleibt aber der Effekt der Bilanzverlängerung durch einen
Hebel H und damit ein erhöhtes Gesamtvolumen unverändert gültig.
Somit kann eine FIAT-Bank - entsprechende Kreditnachfrage vorausgesetzt -
bei H=10 das 10fache Kreditvolumen ausgeben wie ein VOLL-Bank und
entsprechend bei gleichem Zinssatz auch einen 10fach höheren Zinsertrag
erwirtschaften. Da dieser erhöhte Ertrag auch nach der Bilanzverkürzung z.B.
durch Rückzahlung der vergebenen Kredite bestehen bleibt, ergibt sich für
die FIAT-Bank ein erheblicher Mehrgewinn im Verleich zur VOLL-Bank.
Diese höheren Erlöse sind an die Möglichkeit der (vorübergehenden)
Bilanzverlängerung also der Geldschöpfung gebunden und stellen somit einen
*mittelbaren Geldschöpfungsgewinn* dar.
Die Argumentation übersieht, dass sich der Kreditbedarf ja durch das "Voll"geld nicht wesentlich ändert. Um den Kreditbedarf der Wirtschaft zu befriedigen, müsste also die Zentralbank mehr Geld in Umlauf bringen, das dann von den Banken ausgeliehen werden könnte. Damit könnte dann, ceteris paribus, auch die "Voll"geldbank genauso viel Geld ausleihen, wie bisher.
Richtig. Und bei Vollgeld würde es evtl. eine sektorale Kreditklemme geben, wenn neues Geld nur über Staatsausgaben emittiert wird.

Hallo Christoph,
genau aus diesem Grund habe ich immer wieder betont, dass nur 60%-80% über den Staatshaushalt emittiert werden sollten, der Rest ist dazu da um Geldpolitik zu betreiben. D.h. die Zentralbank verleiht das Geld an Geschäftsbanken. Dieses Geld wird dann auch wieder Vernichtet, wenn das Darlehen an die Geschäftsbanken getilgt wird. Im heutigen System hat sie gar keinen direkten Einfluss hinsichtlich der Kreditvergabe an die Realwirtschaft.

Bei Bedarf könnten z.B. solche Darlehen gezielt an die Realwirtschaft gehen, indem die Besicherung über Forderungen an Unternehmen für Realinvestitionen erfolgt. Insgesamt könnte durch ein Vollgeldsystem sehr viel effektiver verhindert werden, dass im Finanzsektor mit geliehenem Geld spekuliert wird, das eigentlich für die Realwirtschaft gedacht war. 


Könnte sie das nicht, käme die Wirtschaft in eine Kreditklemme. Um den Kreditbedarf der Wirtschaft zu senken, wären zusätzliche Maßnahmen erforderlich. Durch Vollgeld allein tut sich da wenig bis nichts.

Es würde dann mit Vollgeld besser werden, wenn die Geldschöpfung da ausgeschüttet wird, wo der realwirtschaftliche Investition- und/oder Konsumbedarf da ist.

Ausschütten für Lau wäre sicherlich nicht der richtige Weg, denn das wären de facto verdeckte Subventionen. Aber wie oben angedeutet könnte erwünschte Realinvestition gewissermassen mit „Großhandelskonditionen“ hinsichtlich der Zinsen bedient werden.

Gruß
Arne

Dann sinkt gleichzeitig der Kreditbedarf und Kredite können insgesamt zurückgezahlt werden, die Kreditmenge könnte schrumpfen.

ii) *unmittelbarer Geldschöpfungsgewinn*
In der Situation für (i) wird davon ausgegangen, dass jeder
Bilanzverlängerung auch eine Bilanzverkürzung folgt (Kredit-Rückzahlung).
In diesem Fall ist die Netto-Geldschöpfung Null, da alles einst geschöpfte
Geld (->Brutto-Geldschöpfung) wieder vernichtet ist. Allerdings gibt es
praktisch eine kontinuierliche Ausdehnung der Geldmenge, die nach
*klassischer Inflationstheorie* auch notwendig ist, um das Verhältnis
Warenmenge/Dienstleistungsmenge zu Geld und somit die Preise stabil zu halten.
Wenn jetzt aber alles Geld geschöpft wird, bedeutet dies auch, dass die
Bilanzverkürzung nur für einen Teil des geschöpften Gelds stattfindet. Somit
ist real die Netto-Geldschöpfung größer Null. Dies ist der *unmittelbare
Geldschöpfungsgewinn*, der tatsächlich zum Nominalwert abzüglich
Herstellungskosten anfällt(da sind dann aber die Verwaltungskosten mit zu
berücksichtigen). Aber eben nur auf einem Bruchteil des insgesamt
geschöpften Gelds.
Bestreitet ja keiner. Frage ist nur, wem das letztlich zugute kommt.
iii) zu Kontra 4
Ja, es gibt ein Geldschöpfungsgewinn im FIAT-System, aber Arne erweckt m.E. den
Eindruck der Brutto-Geldschöpfungsgewinn sei die Basis, da er in seiner
Argumentation die zwar die Schöpfung also Bilanzverlängerung aber nicht die
Verkürzung beschreibt. Durch die Ausdehnung der Geldmenge gibt es allerdings
einen Netto-Geldschöpfungsgewinn, bei dem tatsächlich der Nominalwert als
Gewinn verbleibt (wenigstens teilweise bei den FIAT-Banken). Zu diesem
unmittelbaren Geldschöpfungsgewinn kommt noch der mittelbare Geldschöpfungsgewinn,
(siehe i), den Arne in seinem Text nicht berücksichtigt.
Ob diese Gewinne legitim sind oder nicht, ist eine andere Sache. Aber die
Existenz genügt, um FIAT-Banken einen massiven Wettbewerbsvorteil gegenüber
VOLL-Banken zu verschaffen. Schliesslich können sie ihren Schöpfungsgewinn
(oder Anteil daran) nutzen, um ihren Anlegern höhere Zinsen zu zahlen und
ihren Kreditnehmern günstigere Konditionen einzuräumen. Somit sind für
Kredit-Nehmer und Geber FIAT-Banken attraktivere Partner, d.h. VOLL-Banken
werden vom Markt verdrängt, es sei denn der freie Kaptialverkehr wird
entsprechend eingeschränkt. Also z.B. ein Anleger wird durch
Kaptialvorschriften gezwungen sein Geld im VOLL-System anzulegen bzw. ein
Kreditnehmer im VOLL-System darf keine Kredite im FIAT-System nehmen. Damit
ergibt sich aber sehr wahrscheinlich ein Wettbewerbsnachteil der gesamten
Wirtschaft im VOLL-System gegenüber der im FIAT-System (höhere Kaptialkosten
+ Beschränkung des Kapitalverkehrs).
Das Problem entfällt natürchlich, wenn weltweit ein VOLL-System eingeführt
werden würde (oder wenigstens in allen Volkswirtschaften von relevanter Größe).
Richtich.

Es ginge wohl nicht ohne gesetzliche Einschränkung des Kapitalverkehrs. Der wäre allerdings sowieso von Nöten. Immerhin wäre das Geld im Vollgeldsystem „mehr wert“, was dem Export aber z.B. nicht hilft.

Ahoi,
Comenius


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