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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - [AG-GOuFP] Differenzierung: Brutto- vs. Nettoschulden ... und ein paar saldenmechanische Übungen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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[AG-GOuFP] Differenzierung: Brutto- vs. Nettoschulden ... und ein paar saldenmechanische Übungen


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: [AG-GOuFP] Differenzierung: Brutto- vs. Nettoschulden ... und ein paar saldenmechanische Übungen
  • Date: Sat, 14 Feb 2015 18:20:46 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

*Differenzierung von Brutto- und Nettoschulden*

Brutto-Schulden: Summe der Verbindlichkeiten auf der Passivseite einer Bilanz

Brutto-Finanzvermögen: Summe der Forderungen auf der Aktivseite einer Bilanz

Netto-Finanzvermögen: Forderungen abzüglich Verbindlichkeiten innerhalb einer Bilanz (Negatives Netto-Finanzvermögen = Netto-Schulden)

Bei positivem Netto-Finanzvermögen ist der Bilanzierende in einer Netto-Gläubigerposition gegenüber der Komplementärgruppe (Rest der Welt).

Bei negativem Netto-Finanzvermögen ist der Bilanzierende in einer Netto-Schuldnerposition gegenüber der Komplementärgruppe.

[*Weitere wichtige Unterscheidungen beim Betrachten von Bilanzen in Bezug auf die gesamte Vermögensposition innerhalb einer einzelnen (oder aggregierten) Bilanz*

Nichtfinanzielles Vermögen (nonfinancial assets): Sachwerte, Patente, forderungsloses Geld wie Warengeld, z.B. Goldmünzen oder Gerste in einem entsprechenden System; "Kreditgeld" zählt hier zu den financial assets (Forderungen)

Bruttovermögen: Summe Aktiva (Forderungen/financial assets + forderungslose Vermögenswerte/nonfinancial assets, also )

Nettovermögen (Eigenkapital): Bruttovermögen minus Verbindlichkeiten.

Bilanzsumme: Summe Aktiva = Summe Passiva (positives Eigenkapital wird dabei auf der Passivseite, negatives Eigenkapital auf der Aktivseite gebucht).]

Alle Aussagen gelten auch für aggregierte Bilanzen von Teilgruppen.

Damit wird beispielsweise klar, daß eine Netto-Schuldnerposition nicht gleichbedeutend mit einer negativen Netto-Vermögensposition ist. Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn die NETTO-Verbindlichkeiten über der Summe der nonfinancial assets liegen. [Wenigstens DAS sollte man doch mal systematisch bei der Diskussion der Staatsschulden berücksichtigen ...]

*WICHTIG FÜR DIE SALDENMECHANIK: *

Ein Leistungsbilanzdefizit führt zu einer Netto-Schuldnerposition, ein Leistungsbilanzüberschuß zu einer Netto-Gläubigerposition (jeweils gegenüber dem Rest der Welt).

In der aggregierten Bilanz der Gesamtwirtschaft entsprechen sich per definitionem Forderungen und Verbindlichkeiten exakt. Deshalb kann die Gesamtwirtschaft niemals Netto-Schuldner oder Netto-Gläubiger sein: das Netto-Finanzvermögen in der Gesamtwirtschaft ist völlig unabhängig von der Höhe der Brutto-Schulden und gleich hohen Brutto-Finanzvermögen immer Null, d.h. in der aggregierten gesamtwirtschaftlichen Bilanz gilt:

*Eigenkapital = nonfinancial assets (forderungslose Vermögenswerte). *

Natürlich kann man durch die Verwechslung oder Nichtunterscheidung von Brutto- und Nettoschulden beliebig Verwirrung erzeugen (siehe dazu die aktuelle McKinsey-"Studie"). Am besten geht das, indem man über "Schulden" redet und ein Gesprächspartner Brutto-Schulden meint (und unterstellt, der Gegenüber meine dasselbe), der andere Nettoschulden meint (und unterstellt, der Gegenüber meine dasselbe) und beide sich dann gegenseitig des "Unsinns" bezichtigen ...

... sehr nützlich in Verbindung mit dem häufigen Gebrauch von Vokabeln wie "Unsinn" ist hier auch der konsequente Verzicht auf Fragen wie, "wie genau meinst Du das?" ... ;-)

*Jetzt können wir in Bezug auf Netto-Gläubiger- und Netto-Schuldner-Positionen Stützel'sche Aussagen machen: *

Partialsatz: Indem ein Wirtschaftssubjekt oder ein Aggregat von Wi-Subjekten mehr Sachvermögen verkauft, als es kauft, schafft es sich eine Netto-Gläubigerposition.

Satz zur Größenmechanik: Ein Wirtschaftssubjekt kann nur in dem Maß mehr Sachvermögen verkaufen, als es kauft, und sich so eine Netto-Gläubigerposition schaffen, in dem die Komplementärgruppe mehr kauft als sie verkauft und damit eine Netto-Schuldnerposition eingeht, hinnimmt oder erleidet.

Globalsatz: Alle Wirtschaftssubjekte (im Sinne von: die Gesamtheit aller Wi-Subjekte) kann niemals mehr Sachvermögen verkaufen, als sie kauft und damit in eine Netto-Gläubigerposition gelangen. Genausowenig können niemals alle Wi-Subjekte (im selben Sinn) mehr SV kaufen als sie verkaufen und damit in eine Netto-Schuldnerposition gelangen. Denn da jeder Verkauf gleichzeitig ein Kauf der Komplementärgruppe ist, entsprechen sich die der Käufe und Verkäufe innerhalb der Gesamtheit immer genau, genauso wie sich Schulden und Forderungen genau entsprechen.

Partialsatz: Verkauft ein Wirtschaftssubjekt genausoviel, wie es kauft (Gleichschritt) entsteht weder eine Netto-Gläubiger- noch eine Netto-Schuldner-Position.

Satz zur Größenmechanik: Verkauft ein Wirtschaftssubjekt genausoviel wie es kauft, entsteht auch für die Komplementärgruppe weder eine Netto-Gläubiger- noch Nettoschuldner-Position.

Globalsatz: Alle Wirtschaftssubjekte (als Gesamtheit) kaufen immer genausoviel wie sie kaufen, also entsteht insgesamt keine Netto-Gläubiger- oder -Schuldnerposition.

*Zu guter Letzt betrachte ich noch einen Bankkredit aus dieser Perspektive. *

Die Gesamtheit bestehe aus A und B (Bank).

A nimmt bei Bank B einen Kredit in Höhe von 100 zum Zinssatz von 10%. Die Bank bucht aktiv eine Forderung gegen A in Höhe von 110 und passiv eine Verbindlichkeit ggü. A in Höhe von 100 (Bilanzverlängerung). A bucht aktiv eine Forderung gegenüber der Bank in Höhe von 100 und passiv eine Verbindlichkeit gegenüber der Bank in Höhe von 110 (Bilanzverlängerung).

Brutto-Schulden für A: 110
Brutto-Schulden für B: 100
Brutto-Schulden (Gesamtsystem): 210

Brutto-Finanzvermögen für A: 100
Brutto-Finanzvermögen für B: 110
Brutto-Finanzvermögen (Gesamtsystem): 210

["Geldmenge": 100]

Netto-Schulden für A: 10
Netto-Forderungen für B (Komplementärgruppe): 10

Netto-Schulden (insgesamt): 10 (Zinsforderung)
Netto-Forderungen (insgesamt): 10 (Zins-Verbindlichkeit)
Netto-Finanzvermögen (Nettoschulden/Nettofinanzvermögen saldiert in der aggregierten Gesamtbilanz): 0

Die Netto-Forderungen von B können bekanntlich verschwinden, indem B von A Güter oder Dienstleistungen in Höhe von 10 kauft ... an dieser Stelle stellt sich natürlich die Frage nach den Gründen für die Zinsforderung (welche Leistung erbringt die Bank dafür? -> Fristen- und Risikotransformation) und generell nach der Existenzberechtigung, der Funktionsweise und den Intreressen des Bankensystems neu.

Wir müssen also offensichtlich viel genauer präzisieren, über welche Art von "Schulden" etc. wir jeweils genau gerade reden ....




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