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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht
- Date: Tue, 03 Feb 2015 15:24:23 +0100
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Am 25.12.14 um 23:33 schrieb moneymind:
>
> Wenn in einem Diskussionsfaden "Geld und Macht" nicht mal von einem
> Quantum-Ökonomen, der die Lohnzahlung in den Mittelpunkt seiner gesamten
> Theorie stellt, irgendwo auch nur eine Frage nach dem Ursprung, der
> Funktion und dem gegenwärtigen Zustand der Lohnarbeiterklasse gefragt
> wird, dann hat offensichtlich jahrzehntelanges neoklassisches
> brainwashing auf ganzer Linie gesiegt.
In meinem Kontakt zu Prof. Cencini geht es der Quantum-Ökonomie einer
Wissenschaftlichkeit des Faches an sich. Aus der politischen Diskussion,
die häufig auch ideologisch gefärbt ist, wie etwa der Begriff
'Lohnarbeiterklasse' zeigt, möchte man sich bewusst raushalten.
Was ich aus meiner Literaturrecherche mitbekommen habe, beschleicht mich
der Eindruck, dass alle Schulen in einem Scheuklappendenken gefangen
sind. Aus der postkeynesianischen Ecke kommt gelegentlich der Vorwurf,
der die Quantum-Ökonomie zu sehr in der Nähe der Neoklassik sieht.
An diesem Vorwurf ist insoweit was dran, als die Quantum-Ökonomie
gewissermaßen eine Synthese aus Klassik und Neoklassik darstellt. Der
Walras-Numeraire, welcher u.a. die Grundlage für die Commodity-Varianten
einer Geldtheorie darstellt, wird komplett verworfen. Stattdessen tritt
das abstrakte Konzept einer quantisierten Zeit, Das in der konkreten
Realisation des Geldeinkommens als reine Zahl im Bankensystem
registriert bleibt. Die Verknüpfung dieses Konzeptes mit der Produktion
durch die Lohnzahlung macht die Annahme einer gesamtgesellschaftlichen
Produktionsfunktion, wie Cobb-Douglas überflüssig, die ihrerseits die
Ursache für einen irrationalen Wachstumszwang darstellt.
Konkret bringen die vorgeschlagenen Reformen folgende Änderungen mit sich:
Arbeitnehmereinkommen werden im Finanzierungsdepartement verbucht. Bei
Firmenkonten werden Einzahlungen sobald sie den ursprünglich zugesagten
Darlehensbetrag überschreiten ins Fixkapitaldepartement umgebucht. Dies
gilt insbesondere und vor allem für Kapitalgesellschaften. Diese
konzeptionelle Unterscheidung ist notwendig um der unterschiedlichen
Natur dieser Kapitalien gerecht zu werden. Das Fixkapitaldepartement
nimmt sozusagen die Einkommen auf, welche den gesellschaftlichen
Produktionsaufwand übersteigen (= Profit). Dieses kann entweder als
Zins-/Dividendeneinkommen an die Eigner ausgeschüttet werden und dann
für Konsumgüter verwendet werden oder auf dem Investitionsgütermarkt für
Maschinen, Anlagen, Immobilien… ausgegeben werden, niemals aber
gleichzeitig auf beiden, wie das heute der Fall ist.
Bei der Verausgabung in Investitionsgüter hat dieses Einkommen seine
endgültige Verwendung gefunden (im marxschen Sinne ist der Zyklus W-G-W
abgeschlossen). Die Investitionen sind so an die Volkswirtschaft
gebunden und können so als Fixkapital zur Produktivitätssteigerung
beitragen. Dieser Vorgang ist aber nicht absolut unumkehrbar. Es wäre
also durchaus möglich, eine Produktionsanlage z.B. an das Ausland zu
verkaufen. Dieser Vorgang stellt ein Einkommen für den Verkäufer dar,
Das Produktionspotential wird aber der Volkswirtschaft entzogen. An
dieser Stelle wird hoffentlich deutlich, wie idiotisch eine blinde
Austeritätspolitik ist, die diese Unterscheidung nicht vornimmt: Nur
allzu leicht kann es dann passieren, dass das Tafelsilber einer
Volkswirtschaft verscherbelt wird.
Die Unterscheidung zwischen nationalen und internationalen Zahlungen,
welche durch die organisatorische Trennung der nationalen Notenbanken in
getrennten Abteilungen bewerkstelligt werden kann, setzt den
globalisierten Finanzmärkten wirksame Fesseln an. Das internationale
Finanzcasino ist dicht.
Die internationalen Abteilungen der Zentralbanken werden sinnvollerweise
in einer internationalen Zahlungsunion zusammengefasst, welche das
Settlement für internationale Zahlungen vornehmen, wie es heute schon
die Notenbanken für nationale Zahlungen tun. Besonders einfach wäre dies
innerhalb der Eurozone zu implementieren, da die institutionellen
Rahmenbedingungen schon vorhanden sind. Grob gesprochen würden dann
Targetsalden nicht mehr bei den nationalen Notenbanken gehalten, sondern
als Guthaben bei der EZB. Dieser Übergang von einem bilateralem
Settlement zu einem multilateralen Settlement wäre der erste Schritt zu
einer echten Währungsunion.
Wie Cencini in seinem Paper 'What Solution to the Euro-Crisis'[1] noch
bescheiden ausführt, erreicht man mit einer derartigen Finanzverfassung
folgende Ziele (meine Übersetzung):
* Finalisierung von Zahlungen zwischen den Staaten
* Wiedererlangung monetärer Souveränität
* Wechselkursstabilität wird gestärkt
* wird verhindert, dass Länder Teile ihrer Ressourcen zugunsten der
Finanzblase verlieren.
Als konsequenteste Currency-Interpretation von Geldtheorien eröffnet
dieser Ansatz eine völlig neue Grundlage Makroökonomie zu verstehen.
[1]
<http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/a/ad/A._Cencini_-_What_Solution_for_the_Euro-Crisis.pdf>
S. 32
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Gerhard, 03.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, thomas, 03.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Gerhard, 08.02.2015
- <Mögliche Wiederholung(en)>
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Axel Grimm, 04.02.2015
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, thomas, 03.02.2015
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