ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
Listenarchiv
- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] fixing the economists - Toward a general theory of pricing
- Date: Fri, 08 Aug 2014 22:05:40 +0000
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Thomas,
nochmal komplett, da der vorherige Post versehentlich durch mein Vertippen am Keyboard abgeschickt wurde:
Vielen Dank für den Hinweis, Philip Pilkington kannte ich bisher noch nicht. Ich habe bisher nur kurz in sein paper reingelesen ( http://www.levyinstitute.org/pubs/wp_781.pdf ).
Ja, insgesamt zielen seine Fragen genau in dieselbe Richtung wie meine: nämlich darauf, in ein stock-flow-konsistentes gesamtwirtschaftliches Modell (das mit aggregierten Größen arbeiten kann) realitätsnah agierende individuelle Akteure einzubauen und deren Kalküle und Bewertungsprozesse zu beschreiben. Das wäre die Mikro-Ebene.
Seine Fragestellung ähnelt also meiner und auch der von Bruun/Heyn-Johnsen (über deren Gedanken dazu wir ja schon kurz gesprochen hatten), die ihren Ansatz daher ja "Agent-based almost stock-flow-consistent" nennen, weil flows eben nicht nur durch monetäre Einnahmen/Ausgaben entstehen, sondern eben auch durch Neubewertungen forderungsloser Assets.
Pilkington geht dann allerdings so heran, daß er sich verschiedene /Theorien/ über diese Bewertungsprozesse anschaut und diese vergleicht. Immerhin bezieht er Theorien ein, die auch von relativ praxisnahen Theoretikern formuliert wurden (von Soros z.B., oder von Keynes).
Ich würde da eher zunächst mal direkt empirisch vorgehen und konkret in der Praxis anschauen, wie die Akteure das real machen. Also beschreiben, was die wirklich machen und darin z.B. mithilfe "ethnographischer" Methoden (vergleichender Methoden wie z.B. "grounded theory") Muster suchen.
P. sucht dagegen gleich Muster in bereits theoretisierten Beschreibungen, bei denen die direkte empirische Basis oft nicht mehr nachvollziehbar ist.
Das kann man m.E. zusätzlich zur "direkten" Empirie (Akteure direkt begleiten, mitmachen, selber ausprobieren - so hat Keynes das ja auch gemacht, er hat selber spekuliert) dann auch machen, und auch die Theorien in die vergleichende Untersuchung einbeziehen.
Ich würde aber eher an der Quelle beginnen - bei der Unternehmensbewertung z.B. einfach mal bei einer Bank nachfragen, wie genau die (als Praktiker) das machen; oder bei Unternehmen, wie sie z.B. bei einer Inventur ihre verschiedenen "forderungslosen" (also nominal nicht fixierten) Assets bewerten und welche Überlegungen und Erwartungen dabei eine Rolle spielen. BWL-Lehrbücher dürften auch paar Hinweise geben, allerdings sind die oft schon wieder von Akademikern verfaßt, die mit der realen Praxis wenig zu tun haben und ihrerseits nur Theorien referieren.
Es ist auch eine Frage der Art der Sprache, in der man solche Prozesse beschreibt. Sogenannte "Wissenschaftliche" Sprachformen sind oft eher irreführend, sie klingen zwar gelehrt, aber verbreiten statt Präzision und Klarheit eher Dunkelheit und Mehrdeutigkeit. Schon deswegen würde ich mich zunächst primär an die Praktiker halten.
Letztendlich dürfte dabei aber eben vermutlich als "common sense" - Quintessenz herauskommen (bzw. bestätigt werden), daß die einzelnen Akteure dazu tendieren, im Eigeninteresse ihre Assets trendgemäß zu bewerten und diese Trends damit zu verstärken (positives Feedback). Da Bewertungen in Geld (money of account) prinzipiell nach oben hin keine Grenzen kennen, tendieren solche selbstverstärkenden Trends eben zu Extremen - also zu Booms und Busts. Es käme nur darauf an, das sprachlich präzise, nachvollziehbar und verständlich klar zu beschreiben.
Was eine antizyklische "Globalsteuerung" nach Art eines Thermostaten sinnvoll macht, der dem selbstverstärkenden "positiven Feedback" der individuellen Marktakteure "negatives Feedback" der staatlichen Zentralgewalt hinzufügt, um die Konjunkturzyklen von manisch-depressiven Megazyklen zu erträgliche Stimmungsschwankungen zu modifizieren.
Dieses negative Feedback besteht (aus meiner Sicht) in kurzfristig wirksamer Geldpolitik der ZB und kurzfristig wirksamer Beeinflussung der Erwartungen der Akteure durch Propaganda etc. (die natürlich auch von Marktakteuren im Eigeninteresse prozyklisch betrieben wird) bis zu längerfristig wirksamer Fiskalpolitik, Ordnungspolitik und längerfristigen wirtschaftspolitischen Gesamtkonzepten.
Das wären so in etwa meine Hypothesen, und ich würde dann versuchen, die anhand von zunächst mal direkter Empirie und ggf. historischer Empirie zu überprüfen, und dann erst in zweiter Linie durch Theorievergleich.
ThomasWeiss schrieb:
Mir wurde gestern der Blog http://fixingtheeconomists.wordpress.com von Philip Pilkington empfohlen. Ich hab kurz reingeschaut, und auf den ersten Eindruck sieht das recht gut aus. Kennt jemand den genauer?
Und insbesondere @moneymind:
Seine Dissertation http://fixingtheeconomists.wordpress.com/toward-a-general-theory-of-pricing/ scheint mir recht deutlich in die Richtung zu gehen, die du immer gefordert hast. Eine neue Werttheorie unter Einbeziehung von Zukunftserwartungen, Saldenmechanik. Ist dir das bekannt? Was meinst du dazu?
- [AG-GOuFP] fixing the economists - Toward a general theory of pricing, Thomas Weiß, 06.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] fixing the economists - Toward a general theory of pricing, Marco Schmidt, 06.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] fixing the economists - Toward a general theory of pricing, moneymind, 08.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] fixing the economists - Toward a general theory of pricing, moneymind, 09.08.2014
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.