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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Wir brauchen eine gesamtwirtschaftliche Theorie / Neue Politische Ökonomie

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Wir brauchen eine gesamtwirtschaftliche Theorie / Neue Politische Ökonomie


Chronologisch Thread 
  • From: Marco Schmidt <mschmidt.mailbox AT web.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Wir brauchen eine gesamtwirtschaftliche Theorie / Neue Politische Ökonomie
  • Date: Sun, 18 May 2014 21:35:39 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Das große Problem ist m.E., dass wir überall Fachexperten haben, die
Lösungen auf einem Teilgebiet erarbeiten, aber aufgrund der
Beschränktheit ihres Tuns die Verwobenheiten des Systems als Ganzes
nicht berücksichtigen (können) und so untaugliche Modelle entwerfen.

Lesenswert hierzu, fast 2 Jahre her:
http://www.wiwo.de/politik/konjunktur/essay-oekonomen-verstehen-nichts-von-wirtschaft-seite-all/6957084-all.html

"Noch immer zaudern die Wirtschaftswissenschaftler, von der
klassischen Markt-Harmonie-Lehre abzurücken – obwohl Adam Smith (was das
anbelangt)
spätestens seit Schumpeter erledigt ist. Noch immer halten sie daran fest,
Märkte
naturgesetzlich erklären zu wollen, obwohl es sich mittlerweile
herumgesprochen haben
sollte, dass es einen politisch unbeeinflussten Markt nie gegeben hat und
Menschen nun
mal keine berechenbare Vernunftwesen sind."
...
"All das führt zu dem beklemmenden Schluss, dass die Volkswirtschaftslehre
unter
schwerem Autismus leidet. Die Ökonomen haben ihre Disziplin mit
Markt-Modell-Mathematik
und Neuro-Schnickschnack von der Realwissenschaft entkoppelt – und sind im
Wolkenkuckucksheim
systemblinder Selbstreferenz gelandet. Sie müssen einsehen, dass ihnen der
Kapitalismus ohne
Kenntnis seiner anthropologischen Voraussetzungen, ohne Kritik seiner
Entstehungs- und
Erhaltungsbedingungen und ohne seine Analyse als menschliche „Kulturform”
(Schumpeter)
vollkommen unverständlich bleibt. Eine Öffnung hin zu den
Geisteswissenschaften tut bitter
not: Nur durch den interdisziplinären Austausch mit Philosophen, Soziologen,
Historikern,
Literaturwissenschaftlern und Juristen kann die Volkswirtschaft ihre
verheerende Verengung
zur Business-School-Economy überwinden."


am Sonntag, 18. Mai 2014 um 16:40 schrieben Sie:

> ... und nicht nur eine Analyse des "Geldwesens" als (scheinbarer)
> "Teilbereich" des Gesamtsystems Staat + Markt + Außenwirtschaft, meine
> ich.

> Flaßbeck richtet das zwar nicht an die Vollgeldler, aber ich möchte es
> denen auch zu bedenken geben:

> /"Ohne eine mehr oder weniger umfassende gesamtwirtschaftliche Theorie aus
> einem Guss bleiben wirtschaftspolitische Empfehlungen, auch wenn sie mit
> empirischen Einzelbeobachtungen untermalt sein mögen, eine bunte Mixtur,
> deren Brauchbarkeit mehr als fraglich ist.

> *Wer sich mit Partialerklärungen für einzelne Bereiche zufrieden gibt
> und aus ihnen wirtschaftspolitische Handlungskonzepte entwickelt, der muss
> damit rechnen, mit seiner Wirtschaftspolitik unerwünschte Nebenwirkungen
> hervorzurufen. Und – das ist der springende Punkt – derjenige kann
> sich nicht darauf hinausreden, er habe es doch nur gut gemeint mit seinen
> Maßnahmen und nur dem und dem Bereich auf die Beine helfen wollen, alles
> andere, was dabei sonst noch herausgekommen sei, stelle unbeabsichtigte
> Kollateralschäden dar. Nein, derjenige muss sich diese Kollateralschäden
> vorhalten lassen. *

> Besser noch: Er muss die Partialbetrachtungen zugunsten einer
> umfassenderen Theorie aufgeben, die der Realität Stand hält, und aus ihr
> sinnvollere Konzepte entwickeln." (Quelle: Heiner Flaßbeck: "Theorie mit
> Empirie - Garant für Glaubwürdigkeit? (1)
> http://www.flassbeck-economics.de/theorie-mit-empirie-garant-fuer-glaubwuerdigkeit-teil-1/"/

> Das kann ich unterschreiben und poste es hier auch nochmal, um etwas, das
> Matthias hier neulich geschrieben hatte, zu bekräftigen:
> /
> "Es ist an der Zeit den Schritt von einer reinen Analyse des Geldsystems
> hinter uns zu lassen und einen größeren Rahmen zu untersuchen. Sowohl
> Axel, Rolf als auch Moneymind haben dafür schon Vorarbeiten geliefert. Es
> geht um nicht geringeres als die Politische Ökonomie ins Zentrum zu
> rücken. Geldsystem, Geldpolitik, Wirtschaftspolitik,
> Institutionenökonomie, Verteilungsökomie etc. und neue
> Forschungsdiziplinen (Chaostheorie, Komplexitätstheorie und
> Verhaltensökonomie) müssen herangezogen und interdisziplinär untersucht
> werden um zu besseren Erklärungen zu gelangen." (Quelle
> https://news.piratenpartei.de/showthread.php?tid=436262)/

> Und eine solche Politische Ökonomie muß m.E. auch eine Analyse der
> politischen Ökonomie des Realsozialismus beinhalten - und eine
> vergleichende Analyse der politischen Ökonomie des Realsozialismus (wie
> z.B. die von Kornai
> https://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Quellen/sortiert_nach_person#Kornai.2C_J.C3.A1nos)
> und der politischen Ökonomie des Staatssektors in einer kapitalistischen
> Ökonomie, die sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede beider
> klar herausarbeitet (Gründe dafür hier
> https://news.piratenpartei.de/showthread.php?tid=437249&pid=2126217&mode=threaded).

> Das fehlt bei Flaßbeck bisher.

> Ebenso fehlt bei ihm wie im gesamten Keynesianismus und Postkeynesianismus
> bisher eine explizite Thematisierung der notwendigen juristischen
> Fundamente für Kapitalismus (sowohl die privatrechtlichen als auch
> staats-/steuerrechtlichen Fundamente), was sich fatal auf keynesianisch
> fundierte Transformationsstrategien auswirkt: Versuche, Kapitalismus ohne
> vorherige Errichtung der staatlichen und juristischen Fundamente
> herzustellen, kann nur fehlschlagen.

> Das ist für die EU essentiell, da sie postsozialistische Länder
> beinhaltet, die genau vor diesem Problem stehen und enorme Schwierigkeiten
> mit der Etablierung dieser Fundamente haben - nicht zuletzt auch deshalb,
> weil sie offensichtlich deren Bedeutung gar nicht erkannt haben.

> Siehe dazu z.b. die Studien von Vinogradova
> https://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Quellen/sortiert_nach_person#Vinogradova.2C_Elena,
> Ledeneva
> https://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Quellen/sortiert_nach_person#Ledeneva.2C_Alena_V.
> oder DeSoto
> https://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Quellen/sortiert_nach_person#DeSoto.2C_Hernando
> (letzterer sieht leider nur die privatrechtlichen, nicht die
> staatsrechtlichen Voraussetzungen für Kapitalismus, die er für
> selbstverständlich nimmt).




--
Mit freundlichen Grüßen
Marco Schmidt
mailto:mschmidt.mailbox AT web.de





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