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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] noch zur Erläuterung: Vollgeld vs. Geldpolitik durch ZB/Staat

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] noch zur Erläuterung: Vollgeld vs. Geldpolitik durch ZB/Staat


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] noch zur Erläuterung: Vollgeld vs. Geldpolitik durch ZB/Staat
  • Date: Tue, 01 Apr 2014 13:35:44 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Eine in makroökonomischem Verständnis wurzelnde, auf gesamtwirtschaftliche Ziele ausgerichtetet antizyklische Steuerung des Geldsystems (analog einem Thermostat) mithilfe der geldpolitischen Instrumente der ZBen (Refinanzierungspolitik, Mindestreservepolitik, Offenmarktpolitik) und des Staates (Fiskal- und Defizitpolitik) scheint mir gegenüber einem starren Vollgeldsystem (Flaßbeck in der Diskussion mit der AG: "unflexibler Supermonetarismus") doch eine ganze Reihe von Vorteilen aufzuweisen.

Vielleicht sind es ja diese Vorteile, die dazu führten, daß sich nach der Weltwirtschaftskrise Keynes' Ideen gegenüber denen Fishers durchsetzen konnten.

Erstens baut dieses wirtschaftspolitische Konzept nicht auf der "Inthronisierung" von currency gegenüber credit (ein Kind der alten Vorstellung, Geld sei als Tauschmittel entstanden und habe sich dann "verselbständigt"), sondern auf der Regulierung prozyklischer Kreditverhältnisse durch kreditäre Operationen von Akteuren, die aufgrund ihrer Monopolstellung nicht dem Zwang zur Prozyklik unterliegen: Zentralbank und Staat.

Der Staat ist - sofern die (privat- und staatsrechtlichen) institutionellen rechtlichen Grundlagen dafür gegeben sind - aufgrund seiner Steuergewalt der stärkste Gläubiger und damit auch der beste Schuldner in einer Nationalökonomie. Darauf weisen zu Recht immer wieder die aus der postkeynesianischen Tradition stammenden Vertreter der "Modern Monetary Theory" (Wray, Mosler, Mitchell etc.) hin (und greifen dafür auch auf Saldenmechanik und VGR zurück).

Er ist damit des Zwangs zu prozyklischem Handeln nicht unterworfen. Die Zentralbank ist es nicht aufgrund ihrer Monopolstellung.

Klar läßt sich dieses staatliche Monopol mißbrauchen: einmal zu übermäßiger, inflationärer Staatsverschuldung (wie in der Weimarer Republik). Aber eben natürlich auch für deflationäre Politik, die die Arbeitslosigkeit erhöht und gegen die Interessen der Lohnabhängigen und im Interesse der großen Unternehmen und der Banken wirkt, wie das ja gegenwärtig der Fall ist. Beides wurde jeweils ideologisch mithilfe falscher Wirtschaftstheorien gerechtfertigt.

Eine "Lösung" bestünde m.E. in der Entwicklung theoretisch/paradigmatisch fundierter makroökonomischer Kompetenz, die momentan nur als pragmatischer Werkzeugkasten besteht. Also einer konsistenten politischen Ökonomie der modernen Geldwirtschaft.

Könnten Staat und ZB das Verfolgen makroökonomischer Zielsetzungen ihre Restriktionen aus einer solchen konsistenten Fundierung beziehen, die sich auch in den Lehr- und Schulbüchern und damit in den Köpfen der Bürger fände und damit rational überprüf- und demokratisch kontrollierbar wären, ließen sich ggf. auch die großen, ideologisch bedingten "langen Zyklen" (keynesianische Nachkriegsphase vs. monetaristisch-neoklassische Wachstumsschwund-/Deflationsphase) abflachen zugunsten einer rationaler gesteuerten Wirtschaftspolitik.

Nochmals zurück zum Staat als geldpolitischem Akteur (Fiskal-/Defizitpolitik): dieser Ansatz hat gegenüber dem (soweit ich sehe) auf die ZB fixierten Vollgeldansatz auch den Vorteil, die Verteilungs- und Beschäftigungspolitik einbeziehen zu können (Besteuerung, Staat als "employer of last resort").

Die Demokratie ruht auf einer breiten Mittelklasse, die momentan zugunsten immer extremerer sozialer Polarisierung ausgedünnt wird. Das unterminiert längerfristig auch die Demokratie, und da die Linke noch immer gelähmt und konzeptlos ist, weil sie den Kollaps des Sozialismus nicht verstanden oder überhaupt irgendwie verarbeitet hat, geht der Trend klar nach rechts.




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