ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Thomas Weiß <Weiss-Tom AT gmx.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Wissenschaft, Politik, Zins und Grillgutobbyismus
- Date: Mon, 14 May 2012 16:55:04 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Meiner Meinung nach sind Wissenschaft und Politik keineswegs völlig getrennt, vielmehr baut Politik auf Wissenschaft auf (oder sollte das zumindest tun).
Wissenschaft untersucht objektive Fakten, Politik trifft aus der aktuellen Faktenlage heraus Entscheidungen.
Beispiel Umwelt-/Energiepolitik: Atomkraftwerke sind wissenschaftlich klar untersucht. Sie erzeugen vergleichsweise billig und CO2-frei Energie, mit dem Nachteil des Gefahrenpotentials und der Endlagerung. Zweifelsfrei kann die Wissenschaft hier keine eindeutige Handlungsempfehlung geben, trotzdem wäre es geradezu absurd unverantwortlich die aktuelle wissenschaftliche Ansicht nicht zu beachten. Auch ist es klar, dass keine der möglichen Entscheidungen (für bzw. gegen Atomkraft) der Wissenschaft widerspricht.
Ernsthafte Politik sollte erst dort beginnen, wo die Wissenschaft das Ende ihres Aufgabengebiets (-> Objektivität) sieht. Ansonsten gäbe es eine "politischen Diskusion" in der behauptet wird, dass atomare Brennstäbe nach einem halben Jahr ungefährlich sind.
Manche Leute mögen das nun anders sehen, aber ich denke, dass ich, die Öffentlichkeit, die Piratenpartei und auch die AG GOuFP noch viel zu wenig Ahnung von den Fakten, Hintergründen und Zusammenhängen des Finanz-/Wirtschaftswesens haben, um zum jetzigen Zeitpunkt eine politische, überzeugungsmotivierte Diskussion zu führen. (Das ist es übrigens, was die anderen Parteien in Wirtschaftsthemen tun: Vertretung von ideologischen Positionen ohne ausreichende Fakten- und Zusammenhangskenntnis)
In diesem Sinne ist die Arbeitsweise dieser AG, inkl. den Fakten-klärenden Grillfesten, genau richtig. Ob dies in den Aufgaben einer Partei liegt, lässt sich anzweifeln, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist die Alternative schlicht und ergreifend "nichts tun".
Am 14.05.2012 11:13, schrieb SystemPirat:
Hallo Geldsystempiraten,
Wissenschaft und Politik scheinen mir zwei völlig getrennte Systeme zu sein. Beide Systeme besitzen ihren eigenen Operationsmodus und können deshalb in dem anderen System instruktiv nichts bewirken. Deshalb lässt sich auch aus der besten wissenschaftlichen Argumentation nach wissenschaftlicher Logik keine politische Position ableiten. Insofern scheint es mir nicht sinnvoll, wenn wissenschaftliche Argumentation am Anfang des politischen Prozesses steht.
Anders sieht es aus, wenn man versucht, im politischen Prozess gefundene Argumente auch wissenschaftlich zu untermauern. Dabei scheint es mir aber begründungsbedürftig, ob wissenschaftliche Argumentation am "Objekt" in einer politischen Partei stattfinden kann und soll.
Politik wäre Überflüssig, wenn wissenschaftliche Ergebnisse automatisch eindeutige politische Maßnahmen bewirken würden. Politik würde faktisch durch Wissenschaft ersetzt. Daraus ergibt sich eigentlich zwangsläufig, dass Politik wissenschaftlichen Erkenntnissen zumindest partiell widersprechen muss. Sehr wohl kann man bezüglich konkurrierender wissenschaftlicher Positionen Stellung beziehen. Dann ist es aber aus politischer Sicht wertlos bzw. gar nicht möglich, die "richtige" Position zu finden. Aus der Perspektive der Wissenschaft könnte man es geradezu als anmaßend bewerten, wenn Politik über die Richtigkeit wissenschaftlicher Beweisführung befinden würde.
Fazit: Eine Entsprechung von wissenschaftlicher Argumentation und politischer Position scheint mir politisch wertlos. Ich denke sie würde vollkommen von der auf Nachvollziehbarkeit beruhenden Prozesslogik der Wissenschaft vereinnahmt.
Wäre z.B. das, was in der AG Zinsproblematik genannt wird, nach wissenschaftlichen Erklärungen entscheidbar, würde sich m.E. eine politische Position erübrigen, zumindest wenn sie politische Prägnanz haben soll. Ist dem aber nicht so, so scheint mir eine politische Position nicht aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Auffassungen vom Zins ableitbar, sondern vornehmlich aus den eigenen politischen Grundsätzen. Hat man so eine politische Position gewonnen, kann man bei Bedarf immer noch überprüfen, mit welcher wissenschaftlichen Ansicht vom Zins diese kompatibel ist und ob sich aus dieser z.B. politische Zielkonflikte ergeben könnten.
Ich sehe vor diesem Hintergrund die Gefahr, dass eure Grillfeste ohne eigenes politisches Fundament der AG und Bezugnahme auf die Positionen der Piratenpartei dazu führen werden, dass ihr zum Werkzeug eures Grillguts werdet, besonders wenn es wissenschaftlich argumentiert. Ich sehe in eurer AG die Gefahr des Grillgutobbyismus;-)
Widerspruch!?!
LG SystemPirat
- [AG-GOuFP] Wissenschaft, Politik, Zins und Grillgutobbyismus, SystemPirat, 14.05.2012
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaft, Politik, Zins und Grillgutobbyismus, Thomas Weiß, 14.05.2012
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