ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik
Listenarchiv
- From: kunstkomplott AT gmx.de
- To: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-Drogen] Tomasio lügt in seinerAnhörung im Bundestag
- Date: Sat, 7 Apr 2012 23:21:20 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
- List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>
Hallo Guido,
ich hab es so verstanden: Im Vergleich zum seit längeren Jahren etablierten
System der medizinischen Rehabilitation (ambulant und stationär) erwachsener
abhängiger Menschen gibt es ein nur sehr unzureichend (faktisch nicht
vorhanden) ausgeprägtes Reha- System für Jugendliche. Es gibt natürlich
Einrichtungen, aber m.E. viel zu wenige. Ich denke, das er das sagt. Dazu
kommt noch, dass ein Mensch nur mit der Diagnose "Abhängigkeit" in eine
Rehabilitation durch RV, KV oder Sozialamt kommt, schädlicher Gebrauch -
trotz psychischer Erkrankung - ist da nicht vorgesehen. Natürlich werden hier
Abhängigkeits- Diagnose vergeben, damit die Leute in Behandlung kommen. Die
Abhängigkeits- Diagnose ist durch die Kostenträger so definiert. Leider.
Sicherlich auch durch Geschichte der med. Reha bei Abhängigkeitserkrankungen
bestimmt. Ich habe häufig Patienten, die gerade 20 sind, mit schweren
Reifestörungen, da ist die max. Behandlungsdauer bei Drogen- Reha von 26
Wochen nicht ausreichend, und die Möglichkeiten für die jungen Erwachsenen -
es sind nicht mal mehr wirklich Jugendliche - zur Weiterbehandlung und
Nachreifung sind tatsächlich sehr beschränkt. Wir haben häufig
Schwierigkeiten sie angemessen weiterbehandeln zu lassen. Tatsächlich kamen
viele von ihnen erstmals in Psychiatrische Behandlung, diese Aussage habe ich
aber nicht als erstrebenswertes Angebot seitens Herrn Thomasius verstanden,
sondern das ist ein Vorgang, den wir auch aus der Drogenbehandlungsgeschichte
kennen. Er zeigt ein Defizit des Systems auf. Die Regierung selbst wußte/
weiß nicht mit Drogenkonsumenten umzugehen. Die Behandlung Drogenabhängiger
oder unter Drogen "abgedrehter" Menschen bestand bis in die 80er Jahre und
frühen 90er Jahre aus psychiatrischer Behandlung und Verwahrung. Erst
Initiativen Betroffener haben zu einer angemessenen Suchthilfe geführt, das
sich ziemlich parallel zur "konventionellen Behandlung" aufbaute.. Ich denke
in der Behandlung jugendlicher Konsumenten ist noch immer ein großes Defizit
vorhanden.
Tom Karla
Am 07.04.2012 um 21:52 schrieb Guido Weyers:
> Hallo Leute,
>
> ich höre mir gerade die Anhörung über die Cannabis Clubs im Deutschen
> Bundestag vom 25.1.2012 an.
> http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2012/37261739_kw04_pa_gesundheit/
>
> Ich bin total entsetzt, was ich dort von Prof Dr. Thomasius, Gutachter der
> Bundesregierung, hören muß.
>
> Zitat: "Wir haben in Deutschland, wenn Sie die Versorgungssituation
> ansprechen, enorme Defizite, weil das was im Erwachsenenbereich eingeführt
> ist, die
> Suchtrehabilitation, gibt es faktisch in Deutschland für Kinder und
> Jugendliche nicht, insofern bleibt nur eine Behandlung der jungen
> Cannabisabhängigen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
> Wir haben 22 Suchtschwerpunkte in der Bundesrepublik mit insgesamt 1000
> Betten. Das reicht bei weitem nicht und wir haben sehr lange
> behandlungsdauern, um erst mal eine Behandlungfähigkeit oder Rehafähigkeit
> bei dieser schwer durch Cannabis gestörten Popolation herzustellen."
>
> Ich habe 7 Jahre in einer Rehabilitationseinrichtung für drogenabhängige
> und gefährdete Jugendliche als Therapeut gearbeitet. Laut Tomasius dürfte
> es mich also überhaupt nicht geben.
> http://www.balance-seilershof.de/
>
> Soweit ich weiß, habe ich dort keine Ameisen, sondern mißbräuchlich
> konsumierende sowie wie schwer abhängigeJugendliche (die meisten von Ihnen
> hatten eine Cannabisproblematik) mehr oder weniger erfolgreich therapiert.
> Ich habe noch nicht genau rescherchiert, wieviele solcher Einrichtungen,
> wie die in der ich gearbeitet habe, es bundesweit gibt. Ich werde dies aber
> mal nachholen bzw. mich informieren. Zu behaupten die Suchtrehabilitation
> in Deutschland für Kinder und Jugendliche gäbe es faktisch nicht ist
> schlicht und einfach eine Lüge, denn er weiß es mit Sicherheit besser. Es
> sind höchstwahrscheinlich zu wenige, richtig, aber es ist unwahr zu
> behaupten es gäbe sie nicht. Ich habe keine Ahnung, was er damit für einen
> Eindruck erwecken will? Ihr? Möglicherweise den: Es gibt eine Flut von
> Tausenden und Abertausenden von fast jugendlichen Cannabisabhängigen, deren
> Biographie völlig ruiniert ist, deshalb brauche wir ganz, ganz viele
> Einrichutngen, um diesen Problem zu bewältigen. Andere Ideen?
> Wir hatten in unserer Einrichtung immer wieder Probleme mit der Belegung.
> Dadurch sind sogar die Gehälter der Mitarbeiter nach unten korriegiert
> wurden. Woran liegt das wohl? Ganz einfach: Die Jugendämter, welche die
> Kosten in 90% der Fälle für diese Maßnahmen tragen wehrten sich oft, weil
> es ihnen zu teuer war, ein Jugendlicher schon zu alt war oder sie die
> Eltern über diese Möglichkeit überhaupt nicht informierten. Es gibt diese
> Einrichtungen also, nur leider, wie in so vielen Bereichen in unserem
> Lande, hängt es an Ämtern bzw. Amtspersonen, die Kostenträgern sind und die
> Jugendlichen ihrem Auftrag nach vermitteln bzw. solche Maßnahmen
> großzügiger gewähren, müßten.
>
> Nun eine weitere Blendgranate von Herrn Prof.
>
> Zitat: "Das Bundesgesundheitsministerium hat in diesem Zusammenhang sehr
> unterschiedliche Programme für Cannabisgefährdete junge Menschen in den
> vergangenen Jahren unterstützt. Die kommen im Moment auf dem Markt. Die
> sind manualisiert worden. Die werden fächendeckend in das deutsche
> Suchthilfesystem implementiert. Da kann man wirklich nicht sagen wir hätten
> keine Cannabisprävention."
>
> Vergleichbar wie auch in anderen Feldern, wie zum Beispiel Projekte zur
> Integration, werden immer wieder viele Projekte als bloße Projekte
> gestartet, um den Eindruck zu erwecken: "Wir tun ja was". Die meisten
> Projekte werden aber nicht
>
> a) wissenschaftlich fundiert begleitet (Ausnahme SKOLL)
> b) nachhaltig gefördert (siehe auch SKOLL)
>
> Aus diesem Grunde verschwieden sie nach geraumer Zeit wieder in der
> Schublade. Das Problem ist, dass auch hier wieder das Problem die
> langfristige bundesweite gesicherte Finanzierung dieser Programme fehlt. Es
> gibt kein Präventionsgesetz das dies regelt.
> Genau hier liegen die Probleme in Deutschland. Es funktioniert alles mit
> bloßen Aktionismus, nach dem Gießkannenprinzip aber nichts hat nachhaltig
> für einen längeren Zeitraum bestand. Diese Programme müssen oft von
> Suchtberatungsstellen gemacht werden, die dies im Rahmen ihres
> Versorgungsauftrages öeisten müßssen, dafür keine spezielle Finanzierung
> erhalten und es dann nach einer gewissen Zeit einfach nicht mehr tun, weil
> sie andere Dachen machen müssen wie Beratung und Therapie.
> Dies ist exakt das, was wir ändern sollten. Egal ob wir 2012, wenn wir in
> den Bundestag kommen, an der Regierungsbeteiligung sind oder nicht. Mit
> Linken, Grünen und einem Teil der SPD hätten wir sicherlich eine Mehrheit
> für eine bessere, nachhaltige Politik in diesem Bereich. Dafür kämpfe ich.
>
> Gruß,
> Guido
> --
> AG-Drogen mailing list
> AG-Drogen AT lists.piratenpartei.de
> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-drogen
- [AG-Drogen] Tomasio lügt in seinerAnhörung im Bundestag, Guido Weyers, 07.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Tomasio lügt in seinerAnhörung im Bundestag, Carmelito Bauer, 07.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Tomasio lügt in seinerAnhörung im Bundestag, Bestenfalls, 07.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Tomasio lügt in seinerAnhörung im Bundestag, Andi_nRw, 07.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Tomasio lügt in seinerAnhörung im Bundestag, Wolfgang Ewert, 07.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Tomasio lügt in seinerAnhörung im Bundestag, Maximilian Plenert, 08.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Tomasio lügt in seinerAnhörung im Bundestag, Wolfgang Ewert, 07.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Tomasio lügt in seinerAnhörung im Bundestag, kunstkomplott, 07.04.2012
- [AG-Drogen] Kontakt zum IACM/SCM, Christoph Rossner, 08.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Kontakt zum IACM/SCM, Michael Demus, 08.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Kontakt zum IACM/SCM, Christoph Rossner, 08.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Kontakt zum IACM/SCM, Maximilian Plenert, 08.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Kontakt zum IACM/SCM, Michael Demus, 08.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Kontakt zum IACM/SCM, Maximilian Plenert, 08.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Kontakt zum IACM/SCM, Michael Demus, 08.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Kontakt zum IACM/SCM, Michael Demus, 08.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Kontakt zum IACM/SCM, Maximilian Plenert, 08.04.2012
- Re: [AG-Drogen] Kontakt zum IACM/SCM, Christoph Rossner, 08.04.2012
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- Re: [AG-Drogen] Tomasio lügt in seinerAnhörung im Bundestag, Carmelito Bauer, 07.04.2012
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