Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-drogen - Re: [AG-Drogen] AG-Drogen Nachrichtensammlung, Band 25, Eintrag 103

ag-drogen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-Drogen] AG-Drogen Nachrichtensammlung, Band 25, Eintrag 103


Chronologisch Thread 
  • From: Spiff Pirat <spiffpp AT yahoo.de>
  • To: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>, "guidoweyers AT googlemail.com" <guidoweyers AT googlemail.com>
  • Subject: Re: [AG-Drogen] AG-Drogen Nachrichtensammlung, Band 25, Eintrag 103
  • Date: Sun, 30 Oct 2011 01:29:03 +0100 (BST)
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
  • List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>

Hallo Guido,

erstmal was Grundsätzliches zum Thema Demokratie vorweg:
>> Ich sehe mich mit meiner politischen Haltung in dieser AGalso deutlich in
>> der Minderheit, obwohl ich durchaus bereit war mich
überzeugen zu lassen und euch in bestimmten Punkten entgegen zu kommen.

Das sollte kein Grund sein, sich zurückzuziehen, sondern erst Recht
mitzuarbeiten. Demokratische Parteien sind keine Vereine in denen sich
Menschen zusammen finden, die alle einer Meinung sind. Du bist bei den
Piraten, damit Deine Stimme gehört wird und Gewicht hat. Du bist dabei, damit
bei dem Kompromiß, der am Ende rauskommt, Dein Wissen, Deine Erfahrung und
Deine Meinung mit eingeflossen sind. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wenn Dir Christianes Ansichten nicht passen, dann sei das Gegengewicht!
Ich fände es jeden Falls Schade, wenn Du aussteigst, bloß weil jemand Deine
Meinung nicht teilt. Das man sowas nicht persönlich nehmen sollte, hatte ja
schon jemand anderes geschrieben.

Jetzt noch kurz was zum Thema Drogenpolitik:
>> weil sich hier offensichtlich alle einig sind, dass alle Drogenfrei
>> gegeben und frei zur Verfügung gestellt werden sollten.

Das stimmt so nicht. Weder sind wir uns alle einig noch sollen Drogen einfach
frei gegeben werden. Ich versuche es mal ganz kurz zu machen:
In allen Kulturen der Welt gibt es Drogen und Rausch. Menschen haben ein
natürliches Bedürfnis nach Drogen und Rausch. Der Staat, getrieben von der
Idee der Prohibition, hat sich dafür entschieden, daß Drogen böse sind. Bis
auf ein paar kleine Ausnahmen, die läßt der Staat von Unternehmen verkaufen,
die sich dabei nicht besonders verantwortungsvoll aufführen. Beim gesamten
Rest überläßt er der Mafia das Feld.
Ich mag nicht länger einsehen, daß der Staat sich weigert, hier seine
Verantwortung wahrzunehmen und den Drogenmarkt zu regulieren. Allein die
Verantwortungslosigkeit des Staates ermöglicht den gefährilchen Schwarzmarkt,
den wir heute haben.


>> Die Vorstellung, das irgendwann einmal Heroin oder KokaIin in der
Apotheke oder wo auch immer genauso frei erhältlich sein sollte wie ein
Hustenbonbon,verursacht mir körperliche Schmerzen.

Als die Firma Bayer seinerzeit Heroin erfunden hat, da war es zwar kein
Hustenbonbon aber eben sehr wohl ein Mittel gegen Husten und in der Apotheke
frei erhältlich. Cocablätter sind in anderen Kulturen, z.B. in Südamerika ein
anerkanntes Rauschmittel, vergleichbar mit Bier bei uns.


>> Abschließend stelle ich mir hier die Frage, ob es außer einem (ich
glaube es war Stefan) hier auch Leute gibt die mal negative Erfagrungen
mit Drogen gemacht haben oder welche kennen?

Jau, kenne ich. Aber bei keinem ist die Sucht in der Droge selbst begründet.



>> Seht ihr alle denn das
Thema nur aus Sicht der Genußkonsumenten?

Nein, ganz bestimmt nicht. Ich weiß auch nicht wie Du darauf kommst, wenn Du
Dir das anschaust, was wir hier in der AG bereits erarbeitet haben.



>> Jeder Süchtige hat mal als
Genußkonsument angefangen.

Das stimmt nicht. Mir sind gleich mehrer Fälle bekannt, wo Menschen sich
ausschließlich für eine Substanz entschieden haben, weil sie sich davon
erhofft haben, daß das ein guter Weg ist, um ihren Problemen für eine Weile
entfliehen zu können.


Dann noch kurz was zur Außendarstellung/-wahrnehmung:
>> Meine Hoffnung als ich hier angefangen habe, war ein möglichst
differenziertes Konzept bzw. Positionspapier mit euch zu erarbeiten, dass
eine realistische Chance hätte irgendwann einmal Realität zu werden.
Bei der Maximalposition, die die meisten von euch fordern, halte ich dies
jedoch nun für höchst unwahrscheinlich. Nach der Reaktion in den Medien, wie
auf den Beschluss der Linken reagiert wurde, (der Tenor war allgemein, das
sie sich durch ihre Extrempositionen immer
weiter ins Abseits manövrierern) hatte ich die Hoffnung, dass einigeHaltungen
hier sich möglicherweise relativieren würden. Das ist offensichtlich nicht
der Fall.

Aber was interessieren mich denn die Linke und die Medien? Die Linke kann
hier in Deutschland eh nix machen, ohne daß die Presse nicht eine Kampagne
gegen sie fährt. Ich will die Politik machen, die ich für richtig halte. 
Davon ab implizierst Du, daß es einen gesellschaftlichen Konsens gibt, daß
mit der Prohibition weiter gemacht werden soll. Das sehe ich nicht so. In
Portugal und Spanien hat sich in letzter Zeit einiges getan, in Tschechien
ebenfalls. Holland ist schon lange ein Vorbild, leider haben sie ihren guten
Ansatz nicht konsequent zu Ende gefüht und im Moment wird der auch stark von
der konservativen Ecke in Holland untergraben. Dazu sprechen sich vor allem
auch in der internationalen Presse immer wieder hochangesehene
Wissenschaftler und Experten für ein Ende der Prohibition aus.
Es gibt in Deutschland ein ausgeprägtes politisches Establishment. Die sind
sich definitiv einig, daß die Prohibition weiter gehen muß. Aber auch nur,
weil die alle zu feige sind, Politik zu machen, die wirklich was ändert. Das
sieht man aber auch auf anderen Politikfeldern.

Jetzt ist meine Antwort doch etwas länger geworden. Ich hoffe, Du kannst was
mit anfangen.

Bis später,
Spiff

------

Freiheit, für alle, für umsonst.


ACHTUNG: Obige Unterschrift ist nicht ganz ernst gemeint. Weitere Belehrungen
darüber, was und wie Freiheit ist oder nicht werden nicht benötigt. Danke.


www.piratenpartei.de - Klarmachen zum Ändern!


________________________________
Von: Guido Weyers <guidoweyers AT googlemail.com>
An: ag-drogen AT lists.piratenpartei.de
Gesendet: 14:39 Samstag, 29.Oktober 2011
Betreff: Re: [AG-Drogen] AG-Drogen Nachrichtensammlung, Band 25, Eintrag 103


Hallo zusammen!

Nach den letzen emails, insbesondere der von Christiane, denke ich ernsthaft
darüber nach hier auszusteigen.

Einerseits weil ich mich über die pauschalierenden und falschen Ausagen zur
Alkohol- und Drogentherapie von
Christiane persönlich verletzt fühlen und andererseits, weil sich hier
offensichtlich alle einig sind, dass alle Drogen
frei gegeben und frei zur Verfügung gestellt werden sollten. Ich sehe mich
mit meiner politischen Haltung in dieser AG
also deutlich in der Minderheit, obwohl ich durchaus bereit war mich
überzeugen zu lassen und euch in bestimmten Punkten entgegen zu kommen.
Die Vorstellung, das irgendwann einmal Heroin oder KokaIin in der Apotheke
oder wo auch immer genauso frei erhältlich sein sollte wie ein Hustenbonbon,
 verursacht mir körperliche Schmerzen. Oder läuft es letztendlich (mit den so
genannten Übergangslösungen nicht darauf hinaus?) Meiner Meinung nach würde
es dadurch einen drastischen Anstieg der
Süchtigen und Mißbräuchler geben.

Nach über zehn Jahren im Suchthilfebereich und dem ganzen Schmerz und Elend,
dass ich bei den Süchtigen und ihren
Angehörigen durch ihren Suchtmittelkonsum gesehen habe, weiß ich vielleicht
mehr als alle anderen hier, was Suchtmittel anrichten können.
Meine Hoffnung als ich hier angefangen habe, war ein möglichst
differenziertes Konzept bzw. Positionspapier mit euch zu erarbeiten,
dass eine realistische Chance hätte irgendwann einmal Realität zu werden. Bei
der Maximalposition, die die meisten von euch fordern,
halte ich dies jedoch nun für höchst unwahrscheinlich. Nach der Reaktion in
den Medien, wie auf den Beschluss der Linken reagiert wurde,
(der Tenor war allgemein, das sie sich durch ihre Extrempositionen immer
weiter ins Abseits manövrierern) hatte ich die Hoffnung, dass einige
Haltungen hier sich möglicherweise relativieren würden. Das ist
offensichtlich nicht der Fall.

Nun zu folgender Passage von Christianes email, diese bereits schon einmal in
ähnlicher Form äußerte.

"c) Natürlich sollten Therapieangebote ausgebaut werden!"

Therapieangebote müssen nicht ausgebaut werden. Es gibt allein in Deutschland
über 1600
Suchtberatungsstellen.
http://www.suchtmittel.de/seite/interaktiv/suchtberatung/
Dort wird Beratung, Prävention und ambulante Therapie angeboten.
Hinzu kommen zusäzlich, viele Suchtkliniken, in der man eine qualifizierte
Entwöhnungsbehanlung machen kann
http://www.klinik-blitz.de/kliniken/suchtkliniken/suchtkliniken-in-deutschland-von-a-z-434.php

"Aber das ist für mich ein schwieriger Punkt, da Drogen und Alkoholtherapien
oft so
anders sind, als übliche Psychotherapien. Ursache ist sicher teilweise
die verlogene Drogenpolitik. Die Konsumenten haben ja keine
Entscheidungsfreiheit.  "

Das ist vollkommen falsch. Niemand kann zu einer Therapie gezwungen werden.
Sie macht eh nur einen Sinn, wenn jemand es will oder Motivation aufbauen
kann, was oft ein langer und schwieriger Prozess ist.
Ich frage mich was hinter einer solchen Aussage steckt? Die eigene
persöhnliche Erfahrung oder Hören Sagen von Süchtigen, die es nicht
geschafft haben ihre Sucht zu besiegen? Ich sehe jedenfalls die ganzen
Menschen denen ich als Therapeut geholfen habe ihre Sucht zu besiegen
und ihre Dankbarkeit dadurch verhöhnt.

"Für alle anderen Therapien gilt die absolute
Freiwilligkeit, jeder Patient geht so weit er eben kann. Bei Drogen-
und Alkoholtherapien ist das anders. Hier wird je nach Therapieform
und -Anbieter mit Druck und Zwang gearbeitet."

Ich muß mich wirklich beherrschen um hier sachlich zu bleiben. Für diese
Behauptung möchte ich mal einen Beleg haben.
Welche Therapieformen kennst du denn überhaupt. Welche Erfahrungen hast du?
Mit Druck und Zwang erreicht man therapeutisch
überhaupt nichts. Weißt du überhaupt wie richtige unjd seriöse Therapie
funktioniert?

" Rund um Drogentherapien
hat sich auch ein Geschäft gebildet. Jede Therapieform und -
einrichtung verteidigt ihre Pfründe – die Patienten bleiben hier auf
der Strecke. Hier muss genau geprüft werden, was sich verbessern lässt."

Na klar, Christiane. Das stimmt sicherlich was du sagst. Mit dem
Dogentherapiegeschäft habe ich als Suchttherapeut" persönlich schon so viel
Geld verdient,
dass ich drei Villen an der Cote d azur habe. Das habe ichim Übrigen in den
letzten Jahren dadurch geschafft, das ich Süchtige von der Straße geholt
habe, um
sie zur Therapie zu zwingen. Das ist natürlich keine Verschwörungstheorie.

 Sorry, Leute für diese Unsachlichkeit, aber ich möchte nicht wissen wie ihr
reagieren würdet, wenn jemand eure Lebensleistung die zu eurer Identität
gehört,
we3nn auch vermutlich nicht mit Absicht, so dermaßen abwertet und in Frage
stellt.

Abschließend stelle ich mir hier die Frage, ob es außer einem (ich glaube es
war Stefan) hier auch Leute gibt die mal negative Erfagrungen mit Drogen
gemacht haben oder welche kennen?
Seht ihr alle denn das Thema nur aus Sicht der Genußkonsumenten? Jeder
Süchtige hat mal als Genußkonsument angefangen. Viele bleiben beim Genuß,
manche mißrauchen ihr Suchtmittel und einige
wenige (abgesehen von Alkoho, da sind es mehrl) werden süchtig. Ich wünsche
euch aufrichtig, dass euch das nicht passiert.

Viel Erfolg bei der weiteren Arbeit.

Alles Gute, Guido

P.S Sorry Georg, ich habe wirklich lange versucht meine persönlichen Anteile
hier zurückzuhalten und sachlich zu bleiben. Leider ist es mir zum Schluß
nicht mehr gelungen





--
AG-Drogen mailing list
AG-Drogen AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-drogen




Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang