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ag-drogen - Re: [AG-Drogen] Parteitag in Erfurt, Linke will Kokain und Heroin langfristig legalisieren

ag-drogen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Mailingliste der AG Drogen- und Suchtpolitik

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Re: [AG-Drogen] Parteitag in Erfurt, Linke will Kokain und Heroin langfristig legalisieren


Chronologisch Thread 
  • From: Stefan Blanke <webmaster AT webmop.de>
  • To: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Drogen] Parteitag in Erfurt, Linke will Kokain und Heroin langfristig legalisieren
  • Date: Mon, 24 Oct 2011 18:58:27 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-drogen>
  • List-id: Mailingliste der AG Drogen <ag-drogen.lists.piratenpartei.de>

So jetzt bekommst du doch noch eine Antwort.
Dafür muss ich etwas ausholen - wird dir evtl. wieder nicht gefallen was ich schreibe.
Ich erzähl jetzt mal kurz von mir (sie wissen ja, auch das private ist politisch). Ich hatte
angedeutet dass ich ebenfalls Erfahrungen mit einer Person aus dem Umfeld der
Heroinabhängigkeit habe/hatte. Diese Person befand sich schon im Methadonprogramm
als ich sie kennen gelernt habe. Sie ist inzwischen seit mehreren Jahren komplett Clean.
Ich habe mich damals dazu entschlossen mich auf eine Beziehung einzulassen. Erstens weil
ich das Gefühl hatte helfen zu müssen (ihr ging es offensichtlich schlecht) und zweitens weil
ich mich wegen meiner Entscheidung dem Alkohol abzuschwören (und noch anderen Gründen
die hier aber nebensächlich sind) von meinem sozialen Umfeld getrennt hatte und in einer
Situation der sozialen Isolation gelebt habe. Ansonsten: Liebe durch Willen, für die die wissen
was das bedeutet. 

Mein Ansatz war: halt den Rücken frei, wirf keine Steine in den Weg, schaff eine sichere Basis
um die Rückkehr in ein drogenfreies Leben zu ermöglicher. Das hat prinzipiell dann wohl auch
so funktioniert.

Das Problem war und hier komme ich auf die Punkte die ich anprechen möchte. Diese Person
fing an mir vorzuwerfen, das ich ihr die Eigenständigkeit absprechen wolle, wenn ich sie auf
Gefahren hinwies die z.B. im Umgang mit Trickbetrügereien (geht in Richtung Abofallen etc.)
und ähnlichen existieren. Ich es also in irgendeiner Weise gewagt habe ihrer Urteilsfähigkeit
die absolute Gültigkeit abzusprechen.

Hier möchte ich mich auf den Heise-Artikel (http://www.heise.de/tp/blogs/6/150687) und explizit
auf diesen Teil beziehen:

"Einer meiner ehemaligen Klienten bekannte, dass ihm durch Heroin-Konsum zum ersten Mal in seinem
Leben das Gefühl vermittelt worden sei, alles sei irgendwie in Ordnung, auch er selbst."
 
So nun noch zu der Geschichte der Person, mit der ich verbunden war. Aufgewachsen ist sie in
konservativen Umfeld niedrigerer Bildung, geprägt von vorgeblicher "Verwöhnung" und körperlicher
Gewalt bei Übertretung von Normen und Regeln (inwieweit dort auch sexuelle Aspekte eine Rolle
gespielt haben ist mir nicht bekannt). Das dieses Umfeld nicht geeignet ist eine sichere
Persönlichkeitsstruktur und das Gefühl richtig zu sein zu generieren, dürfte klar sein. 

Zurück zu mir, im Laufe der Zeit wurde mein "good will" (s.o.) scheinbar aufgebraucht. Wenn ich abends
ins Bett ging und mir vornahm am nächsten Tag das Ganze nochmal in Ruhe anzugehen, wachte
ich am nächsten Tag mit einem unbändigen, mir bis dahin fremden Hass, den ich als Fremdkörper
empfunden habe, auf (ich habe mich übrigens nicht zu Gewaltanwendung in irgendeiner Art dadurch
hinreißen lassen). Eine gütige Interpretation ist (diese christliche Formulierung ist kein Zufall,
 obwohl überzeugter Atheist bin): das ist eine normale Reaktion wenn man ständig gegen eine Wand
aus Verdrehung und Verkehrung der eigenen Intention anrennt. Die Andere Interpretation ist die, dass
ich in die Rolle der ehemaligen Verursacher der Gründe für die Heroinsucht i.e. der Vater gedrängt wurde.
Dies funktioniert über den schwierige Prozess für den (Ex-)Abhängigen Kritik oder auch nur Hinweise
auf Fehlverhalten als angebracht und bedenkenswert zu akzeptieren. Die Ursprüngliche Situation wird,
wenn man an den falschen gerät, reproduziert.

Ich gebe zu das meine vorherige Mail auch aus der Frustration über diese Mechanismen gespeist wurde.

Diese Mechanismen sehe ich ebenfalls bei dir. Unsere Intention ist es, wie schon gesagt, eine Lösung des
Drogenproblems zu entwickeln und Wege für Hilfmöglichkeiten für Menschen mit deinen Erfahrungen zu
ermöglichen . Wir sind nicht deine Feinde und wir sind nicht dein ehemaliges Umfeld.
Du bist im Endeffekt nicht falsch, nur mach dir bitte klar, dass es hier darum geht Dinge genau zu betrachten.
Die Forderung danach ist kein Angriff sondern eine Aufforderung deine Gedanke klar und explizit darzulegen,
mit Beispielen auf-zuwarten und aus deinen Erfahrungen durch nachvollziehbare Erläuterungen Meinung
abzuleiten.

So. Jetzt sollte eingedenk dieser Dinge nochmal über die sofortige und bedingungslose Aufnahme aller
Heroinsüchtigen in geeignete therapeutische Maßnahmen nachgedacht werden. Er bleibt weiterhin
Bedenkenswert ob eine legale Heroinsucht für Menschen mit diesen Erfahrungen, abhängig von der
schwere der seelischen Verletzungen, nicht auch ein Weg sein kann ein befriedigendes Leben zu führen
und ob allen dieser Weg zur Verfügung stehen sollte (generelle Legalität vs Heroin auf Rezept).
Im Verhältnis zum Schmerz und den Verletzungen ist auch eine evtl. lebenslange Heroinabhängigkeit meiner
Meinung nach akzeptabel.

Stefan


 

Am 24.10.2011 07:00, schrieb Alfred Albert:
Schade, dass ich jetzt keine Zeit habe auf deine Ausgüsse einzugehen.
Das werde ich aber bald nachholen.

Soviel kann ich aber schon sagen:
1. Waren die Heroinopfer nicht Bekannte von mir, sondern gute Freunde.
2. Wolltest du nicht auf meine posts antworten...
3  Würde ich deinen Satz "Ich bin nicht allzu blöd" nicht bestätigen.
4. Bis bald 

Am Montag, den 24.10.2011, 01:32 +0200 schrieb Stefan Blanke:
Ich bin nicht allzu blöd. Bevor ich etwas schreibe denke ich lange 
darüber nach oder versuche
maximale Konzentration aufzubringen. Hier geht es schließlich um
etwas. 
Hier geht es nämlich
darum Konzepte zu entwickeln, die bei Umsetzung, Leuten wie dir 
unangenehme Konsequenzen vom Hals
halten sollen, wenn sie dumm genug sind in einer
Prohibitions-Situation 
bei einem Drogenkonsum
einzusteigen, über den allgemein bekannt ist das er mit Sicherheit
keine 
Spielerei ist und
Krankheit und Tod mit sich bringt. Was wir hier versuchen ist
Konzepte 
zu entwickeln, die deinen
fünf Bekannten wenn sie angewandt worden wären, das Leben gerettet 
hätten und dafür gesorgt
hätten das der Zustand deines Gehirn sicher ein besserer wäre als er 
offensichtlich ist. 

    
    



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