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schiedsgericht-koordination - Re: [Schiedsgericht-Koordination] Zurückverweisung eines Verfahrens

schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de

Betreff: Schiedsgericht-Koordination

Listenarchiv

Re: [Schiedsgericht-Koordination] Zurückverweisung eines Verfahrens


Chronologisch Thread 
  • From: Florian Zumkeller-Quast <branleb@googlemail.com>
  • To: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [Schiedsgericht-Koordination] Zurückverweisung eines Verfahrens
  • Date: Sat, 06 Jun 2015 16:54:06 -0700 (PDT)
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/schiedsgericht-koordination>
  • List-id: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination.lists.piratenpartei.de>

Hallo zusammen,

anbei ein paar Gedanken dazu von mir.
Ich fände es gut, wenn sich noch Richter aus den Landesschiedsgerichten
melden, die schonmal eine Rückverweisung bekommen haben und erläutern wie sie
das jeweils (anders?) gemacht haben und ggf. warum.

Am Samstag, 6. Juni 2015, 17:26:58 schrieb Therese Lehnen:
> Hallo ich habe einige Verfahrensfragen zu einem Urteil in dem uns ein
> Verfahren durch das BSG zurückverwiesen wurde.
> Wie müssen wir nun formal korrekt vorgehen?
>

Die SGO macht zu den Fragen unten keine Vorgaben, lediglich § 13 Abs. 5 Alt.
2
SGO gibt uns die Möglichkeit, Verfahren an die Ausgangsinstanz
zurückzuverweisen. Hinsichtlich unseres Maßstabs, an dem wir diese nach SGO
freie Ermessensentscheidung orientieren, haben wir in dem von Therese
angesprochenen Urteil ja was geschrieben. Auch wegen anderen Aussagen dort
bzgl. der Zuständigkeit (bei Parteiausschlüssen und Ordnungsmaßnahmen, aber
auch sonstigen Verfahren) und der Vertretungsbenennung etwa ist das Urteil
denke ich lesenwert für aktive Richter in der Partei.

Zu finden inklusive der verfahrensrelevanten Beschlüsse wie üblich auf der
Webseite des BSG: http://piraten-bsg.de/#2044406202

Wir haben soweit ich mich erinnern kann als BSG auch noch kein einziges
Verfahren, dass wir an die Ausgangsinstanz zurückverwiesen hatten, erneut
beurteilen müssen, weswegen wir auch keine Chance hatten, die Maßstäbe zu
prüfen und etwaige Regeln in einem Urteil aufzuschreiben.

Daher ist das folgende mal meine ganz persönliche Meinung, ich hoffe es hilft
euch bei der praktischen Arbeit. Und wie immer gilt,
Alternativvorschläge,Kritik und Diskussion sind gern gesehen, dafür ist diese
Liste ja mitunter da.

> Mit Kenntis des übersandten Urteils haben wir von der Zurückverweisung
> Kenntnis oder wird uns das BSG noch einen gesonderten Verweisungsbeschluss
> übermitteln?

Wir haben bisher in anderen Verfahren, die wir an die Ausgangsinstanz
zurückverwiesen hatten, keine gesonderten Verweisungsbeschlüsse getroffen,
da
diese Teil des Urteils sind. Daher erfolgt in solchen Fällen eine
nachrichtliche Zustellung des Urteils nicht nur an die Streitparteien auch an
die Ausgangsinstanz. Das würden wir vermutlich auch bei einem
nichtöffentlichen
Verfahren so machen, da die Ausgangsinstanz nach § 13 Abs. 5 Alt. 2 SGO die
»Fehler«, die sie gemacht hat, mitgeteilt bekommen muss. (War bisher aber
soweit ich mich spontan erinnere bei keinem Verfahren der Fall).

tl;dr: Ihr braucht nicht auf einen weiteren Beschluss oder sonstiges vom BSG
warten.

> Wir teilen den Beteiligten mit, dass das Verfahren an uns zurückverwiesen
> wurde und eröffnen es neu oder bleibt das bisherige AZ bestehen und was
> teilen wir korrekt den Beteiligten mit?

Ich würde in Anlehnung an die Rückverweisung der ordentlichen Gerichtsbarkeit
(Dort soweit ich weiß typischerweise an eine andere Kammer der
Tatsacheninstanz, korrigiert mich, wenn ich falsch liege; Soetwas haben wir
nicht, daher muss es wohl "die selbe Kammer" tun) sagen, dass ihr ein
"komplett neues" Verfahrens macht.

Ich würde sagen, die Eröffnungsprozedur bleibt daher auch grundsätzlich
Pflicht
und entsprechend sind die dort normalerweise zu tätigenden Mitteilungen über
Besetzung, Berichterstatter, etc. pp. zu tätigen und die nötigen
Stellungnahmefristen zu setzen. Ob das eine direkte oder analoge Anwendung
der
Normen ist, kann man jetzt super akademisch drüber streiten, ist aber
praktisch imho nicht von tieferer Relevanz. Eine Besonderheit gilt natürlich:
Für Befangenheiten sind nur Tatsachen zwischen erstem (aufgehobenen) Urteil
und aktuellem Zeitpunkt relevant, für alles vor dem Zeitpunkt der ersten
Urteilsfällung gilt imho grundsätzlich die Präklusion nach § 5 Abs. 2 Satz 3
SGO.

Zudem würde ich sagen: Aktenzeichen bestimmt sich nach eurer GO
typischerweise
über den echten Anrufungszeitpunkt, das Verfahren ist aber komplett "neu" zu
machen, um auch das rechtliche Gehör gänzlich zu wahren und nicht zu
riskieren, dass evtl. teilweise auf alte Akten zurückgegriffen wird, die
nicht
allen vorliegen.

Soll heißen, das Aktenzeichen dürfte eigentlich nicht das gleiche bleiben,
müsste aber ggf. auf Basis der Originalanrufung erstellt werden. Soweit ich
das überblicken kann, wird das in der Praxis bisher unterschiedlich
gehandhabt. Das LSG Bayern hat soweit ich das weiß das Aktenzeichen behalten,
das LSG NRW hat glaube ich ein neues Vergeben und das LSG Hessen hat eine
römische Nummerierung angehängt.
Letzlich ist das Aktenzeichen aber auch eine Sache, die ihr in eurer GO
regelt, § 2 Abs. 6 Satz 2 SGO. Und ob ihr als für das Aktenzeichen den
relevanten Zeitpunkt der Anrufung oder der Rückverweisung nehmt, ist eure
Sache und nicht weiter von wirklich rechtlicher Relevanz, es wird also auch
kaum in einer neuen Berufung überprüft werden. Wichtiger sind dazu eure
inhaltlichen Sachverhaltswürdigungen (s.u.)

> Wir benenen die nun am Verfahren beteiligten Richter*innen - das sind
> teilweise durch Änderungen in der Besetzung andere als im ursprünglichen
> Verfahren - und teilen den Beteiligten unter Fristsetzung mit, dass eine
> begründete Besorgnis der Befangenheit gegen einzelne Richter*innen
> vorgetragen werden kann?

Wie bereits gesagt: Ja, würde ich so machen.

> Wir fragen an, ob Einverständnis mit einem schriftlichen Verfahren gegeben
> ist und ob die Nichtöffentlichkeit des Verfahrens beantragt wird.

Imho ein klares »Jain«. Die Frage nach Nichtöffentlichkeit ist bei
Parteiausschlussverfahren und OM-Einspruchsverfahren zu stellen. Das mit der
Einverständnis ist eine Auslegung, die die SGO so nicht hergibt. Der Standard
ist ein schriftliches Verfahren, § 10 Abs. 4 Satz 1 SGO. Es ist also
lediglich
nach Anträgen auf eine andere Verfahrensart zu fragen. Wenn ihr eine andere
Verfahrensart für zweckdienlich haltet, könnt und solltet ihr das natürlich
erwähnen. Und nach einer Frist entscheidet ihr dann in freiem Ermessen, § 10
Abs. 4 Satz 3 SGO.

> Wir fragen, ob die Vertretung gemäß § 9 SGO, die im Berufungsverfahren
> benannt ist auch für das zurückgewiesene Verfahren Geltung haben soll?

Imho Nein. Grundsätzlich ist das Verfahren durch Verweisung am weiter laufen,
die benannten Vertreter sind bis auf Wiederruf weiter Ebensolche, § 9 Abs. 2,
3 SGO.

> Wir übermitteln nochmals den im erstinstanzlichen Verfahren nicht
> beschiedenen Anrufungs-Antrag eines Verfahrensbeteiligten und fordern die
> Beteiligten unter Fristsetzung zur Stellungnahme auf?

Das ist in eurem konkreten Fall eine echt trickreiche Konstellation. Zum
konkreten Fall bitte ich eingehend sich mit der Entscheidungsfrage, die wir
euch noch mitgegeben haben und ihren etwaigen Folgen zu beschäftigen.
Aufgrund
des verfassungsrechtlichen Grundsatzes des rechtlichen Gehörs ist eine
Anhörung der Parteien aber grundsätzlich so gut wie nie falsch.

> Bitte entschuldigt die blöden Fragen, aber wir müssen nun formal korrekt
> vorgehen und ich möchte nichts falsch machen. --

Naja, die SGO regelt das nicht explizit und ihr müsst damit umgehen. Da kann
man schonmal Fragen stellen :-)

Das alles ist wie gesagt mal nur meine persönliche Meinung unter teilweisem
Verweis auf unsere auch anonymisiert veröffentlichte Entscheidung.

> dankbare Grüße
> Therese

-Florian

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