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schiedsgericht-koordination - Re: [Schiedsgericht-koordination] Schiedsgericht-Koordination Nachrichtensammlung, Band 20, Eintrag 2

schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de

Betreff: Schiedsgericht-Koordination

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Re: [Schiedsgericht-koordination] Schiedsgericht-Koordination Nachrichtensammlung, Band 20, Eintrag 2


Chronologisch Thread 
  • From: Dominik Boecker <dominik.boecker@piratenpartei-nrw.de>
  • To: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [Schiedsgericht-koordination] Schiedsgericht-Koordination Nachrichtensammlung, Band 20, Eintrag 2
  • Date: Fri, 31 Aug 2012 15:06:53 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/schiedsgericht-koordination>
  • List-id: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination.lists.piratenpartei.de>


Moin,

Am 31.08.12 14:16, schrieb Dr. Thomas Walter:
> Hi Kollegen,
>
> zunächst einmal zur Info meine gestrige Email auf die Hauptliste und die
> AG-Recht -Liste.

> Die VWGO passt meines Erachtens noch weniger als die ZPO, denn die
> Spezialvorschriften zu Vorverfahren etc. sind durch die SGO überhaupt nicht
> anwendbar, da die Satzung vorgeht.

Das Vorverfahren ist in den meisten Konstellationen ohnehin ersatzlos
abgeschafft.

Und die VwGO passt zu /diesen/ Schiedsverfahren besser, denn sie gibt
mehr Flexibilität.

Es steht - und man möge mir die offenen Worte verzeihen - ziemlich
Unsinnes in der SchGO. Statthaftigkeit bei der Überprüfung der
Eröffnung(!) eines Verfahrens? WTF: Eröffnung eines Verfahrens? Was in
Gottes Namen soll denn da (da Satzung dazu nichts enthält: nach ZPO!)
geprüft werden?

> Die ZPO ist doch nur das Auffangbecken für allgemeine Rechtsgrundsätze. Das
> eigentliche Verfahren ist durch die SGO geregelt.

In den Theorie: ja; aber wenn die Rechtsgrundsätze des Auffangbeckens
nicht passen, dann hilft das nicht weiter - und die SGO ist zum
Verfahren extrem lückenhaft. Kostenfrei? ich kann mir gut
Konstellationen vorstellen, wo man einer Partei trotzdessen Kosten für
einen Beweis auferlegen kann (und noch vorher: die Beweiserhebung von
einem Vorschuss abhängig macht).

Fehlende Punkte zB: Fortsetzungsfeststellungsklage bei erledigten
Sachen. 91a hilft da nicht weiter, weil es keine Kostengrundentscheidung
gibt (und selbst wenn es eine gäbe kann man da nur pi mal Daumen und
nichts annähernd Verbindliches entscheiden).

Soll mach da als Schiedsrichter schreiben: eine Kostenentscheidung
unterbleibt, aber wenn eine zu treffen wäre, dann wäre darauf
abzustellen gewesen, dass…

Wir hatten in NRW ein Verfahren, wo der Beklagte sich ein Statement des
SG gewünscht hat, weil potentiell Wiederholung drohte. Nach ZPO geht da
gar nicht, nach VwGO ist das (mit FFK) kein größeres Thema.

Amtsermittlungsgrundsatz in der SGO und Dispositionsmaxime in der ZPO.
Das kann gut gehen, aber wenn es darauf ankommen sollte, dann gibt das
Zeter und Mordio… Die VwGO ist mit einer Verfahrensfortführung flexibler.

Anwaltsgericht arbeiten (inzwischen) auch nicht mehr nach FGG, sondern
VwGO. Ich hatte mal einen Plausch mit einem stellvertretetenden
Vorsitzenden eines AGH (bevor die VwGO-Novelle kam). Die sinngemäße
Aussage war: bevor die ZPO kommt, arbeiten wir lieber mit dem FGG, auch
wenn das vorne und hinten nicht passend gemacht werden kann.

> Durch die Verweisung auf die VWGO würde nichts verbessert.

IMO: doch: andere Klagearten und weitergehende Befugnisse des Gerichts
(Amtsermittlung) ohne dass man sich dem Anschein einer Befangenheit
aussetzt. Amtsermittlung und ZPO passt nicht: ich habe durch das
Obergericht eine Abteilung als befangen abgelehnt, weil sie von sich aus
in einer urheberrechtlichen Abmahnung die Kurse nach MFM als passend in
den Raum gestellt hat - und da hatte der Kläger schon das Wort
"Lizenzanalogie" gesagt.

> Die Behauptung in der Initiative, dass durch die ZPO Rechte genommen würden
> ist absolut unzutreffend und durch nichts belegt worden.

Die ZPO ist für jeden Nichtjuristen komplett und völlig unhandlich. Die
VwGO ist da (wenn auch für mich wenig gewohnt) ein wenig handlicher.

> Ich bitte alle Schiedsrichter die Fälle zu benennen, wo sich etwas
> nachteiliges durch die Hilfsverweisung auf die ZPO ergeben hat. Dann können
> wir uns genauer anschauen, wo es klemmt.

Abgesehen von der "Verfahrenseröffnung": § 9 Abs. 6 S. 6 SGO, die
Wiedereinsetzung. Die ist da - wie schon geschrieben - komplett und
völlig unpassend. Die passt (abgesehen von einem "ggf." in einer
Gerichtsordnung) vorne und hinten nicht. Das ist (und kann nicht) eine
Frage der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand sein.

UNd wir haben in den Schiedsverfahren kein offensichtlich zweiseitiges
Verfahren: oft ist der LV mit "Oberhoheit" auf der Gegenseite - das ist
eine zu der Grundkonstellation in der VwGO vergleichbare Ausgangslage.

Bitte nicht mißverstehen: ich mag die ZPO sehr gerne, aber ich bin
Schiedsrichter in NRW und das geht nicht zusammen…

VG
Dominik




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