schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de
Subject: Schiedsgericht-Koordination
List archive
- From: "Dr. Thomas Walter" <dr.th.walter@t-online.de>
- To: <schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de>, <christian.benad@piraten-thueringen.de>
- Cc: schiedsgericht@piraten-sachsen.de, lsg-intern@lists.piraten-sachsen.de
- Subject: [Schiedsgericht-koordination] WG: Richtertreffen zum BPT 2012.2
- Date: Fri, 4 Nov 2011 22:21:36 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/schiedsgericht-koordination>
- List-id: Schiedsgericht-Koordination <schiedsgericht-koordination.lists.piratenpartei.de>
Hallo Christian,
Bettina hat mir diese Email weitergeleitet. Ich bin nun Vorsitzender des LSG
Sachsen. Unser Team steht jetzt seit 1.10.2011. Wir haben auch eine
Geschäftsordnung uns letzte Woche gegeben und haben die ersten 2 Fälle schon
als neue Mannschaft auf dem Tisch.
Ich habe in der AG Recht eine Diskussion zur Reform der Bundesschiedsordnung
angeworfen, habe aber für den BPT noch keinen Antrag gestellt, da man dies am
Freitag vor dem BPT intern erst mal diskutieren will und den BPT nicht
überfordern möchte.
Ich füge mal unten ein paar emails an, aus der Du sehen kannst, wo das
Problem liegt. Ist dies hier die Mailing-Liste aller Schiedsrichter aus der
Bundespartei?
Das Problem ist, dass nach dem § 14 Parteiengesetz, die Verfahrensordnung
eigentlich in SATZUNGSQUALITÄT erlassen werden muss und §2 Abs. 5 deswegen
teilweise rechtswidrig ist, denn es ist ein Verstoß gegen das hier analog
gültige Gewaltenteilungsprinzip. Zudem ist die Schiedsordnung mangels
Verweisung auf andere Verfahrensordnungen ein Fragment. Viele
Verfahrensfragen, die sich stellen können (man denke nur an Fragen einer
Beiladung, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, Ausschluss von Richtern
analog §41 ZPO usw..), sind nirgends geregelt. Und die Satzung sieht nichts
konkreteres vor hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeiten, als das was sich
rudimentär aus dem §14 Parteiengesetz ergibt. Man könnte an X Stellen
aufzeigen, wo es hier hakt, wenn man die Verfahrensfragen zu einzelnen Fällen
sich genau ansieht. So ist z.B. der Geltungsbereich von § 7 wegen
Schlichtungsversuch als Zulässigkeitsvoraussetzung schärfer zu konturieren.
Das zeigen z.B. gerade unsere ersten 2 Fälle. Wenn es nach mir ginge, wäre in
konzertierter Aktion in wenigen Stunden eine handhabbare Verfahrensordnung
gestrickt, eigentlich ist das nicht schwer. Problem ist noch der Bereich
einer mündlichen Verhandlung, wenn man es in Telefonkonferenzen abhandeln
möchte. Das gehört zwingend in die Satzung, ist ein Mehr gegenüber dem
einverständlichen schriftlichen Verfahren, aber ein weniger gegenüber das,
was man sonst unter einer mündlichen Verhandlung versteht und was aber
uneingeschränkt in der Satzung steht. Wie ich hörte, macht das
Bundesschiedsgericht wegen finanziellen und zeitlichen Schwierigkeiten das
aber auch nur fernmündlich, aber immer im Einverständnis der Beteiligten. Das
ist dann wohl noch akzeptabel, dürfte aber nicht mehr gehen, wenn einer eine
physisch anwesende mündliche Verhandlung verlangt.
Also lasst uns das am Vorabend zum BPT besprechen.
VG
Thomas
PS: Wie ist es mit der Freischaltung für uns in Sachsen mit dieser
Mailing-Liste? Wir haben hier folgende emails:
lsg-intern@lists.piraten-sachsen.de
schiedsgericht@piraten-sachsen.de
Kann man das in den Verteiler nehmen?
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ag-recht-intern-bounces@lists.piratenpartei.de
[mailto:ag-recht-intern-bounces@lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von
Konstantin Rapatinski
Gesendet: Donnerstag, 27. Oktober 2011 16:56
An: ag-recht-intern@lists.piratenpartei.de
Betreff: Re: [AG Recht (intern)] Schiedsgerichtsordnung
Ich seh das so wie Thomas.
Niemand darf Richter in eigener Sache sein.
Schau mal bitte jmd mit Jurionanschluss, was in der ordentlichen
Gerichtsbarkeit geschieht, wenn alle geschäftsplanmäßig vorgesehenen Richter
einer Instanz ausfallen. Neben der Übernahme durch das nächsthöhere Gericht
kommt noch in Frage, dass das BSG an ein anderes Gericht gleicher Stufe, also
ein anderes LSG, verweist. Dann bliebe der Instanzenweg erhalten. Es wäre
auch sichergestellt, dass die LSG-Richter von evt Fehlern im anderen
Landesverband persönlich völlig unberührt bleiben.
@Markus Gerstel Dein Vergleich mit Parteischiedsrichtern passt nicht. Die
Schiedsgerichte der Piratenpartei sind ständig bestehende Vereinsgerichte.
Die Richter werden auf den Versammlungen der politischen Partei gewählt und
aus. Schiedsgerichte der politischen Parteien fallen in die Kategorie
"Vereinsgerichtsbarkeit", die konkret Streitenden ernennen keine Richter.
Schiedsrichter werden von den Streitenden ernannt, wenn sie ein ad-hoc
Schiedsgericht konstituieren, um einen Streit der ordentlichen
Zivilgerichtsbarkeit zu entziehen.
> From: dr.th.walter@t-online.de
> To: ag-recht-intern@lists.piratenpartei.de
> Date: Thu, 27 Oct 2011 16:15:00 +0200
> Subject: Re: [AG Recht (intern)] Schiedsgerichtsordnung
>
> Nur kurz:
> 1. Ich meine nicht, dass § 7 generell keinen Sinn macht, sondern dass er
> eben nicht ausreichend gefasst ist und man sich die immer anwendbare
> Vorschrift hinsichtlich des Wortlautes genau überlegen sollte. Also solange
> der Wortlaut nicht passt, muss man mit teleologischen Reduzierungen
> arbeiten.
> 2. Was nicht sein darf, kann auch nicht sein: Falsch. Wenn die Wahl des
> Bundesschiedsgerichtes angefochten wird, kann dieses darüber nicht
> befinden. Dann ginge tatsächlich nur noch der Weg zu den ordentlichen
> Gerichten, oder man macht die Satzung so, dass zuvor amtierende Richter
> wieder als berufen gelten, damit sowas vermieden wird. Es ist aber ein
> Unding, wenn Richter über die Rechtmäßigkeit ihrer eigenen Berufung selbst
> zu entscheiden hätten. Das sind unverzichtbare Bestandteile eines
> Rechtsstaates! Und innerparteiliche Demokratie, die gesetzlich
> vorgeschrieben ist und wenn das Gesetz für ein Parteigerichtsverfahren
> rechtsstaatliche Grundsätze vorschreibt, kann dieses hier elementar gegeben
> Bedürfnis nicht beiseite gewischt werden.
> 3. Natürlich wird sich hier jeder Richter selbst ablehnen können bzw. Kann
> zu Recht abgelehnt werden. Hier geht es nicht um Ablehnung eines
> Spruchkörpers an sich in seiner Gesamtheit. Aber durch die Einzelablehnung
> bleibt zum Schluss halt keiner mehr übrig. Also Pech gehabt :-(, und die
> nächste Instanz muss sich damit beschäftigen. Soll ich die Meinungsäußerung
> so verstehen, als ob Du der Meinung bist, wir sollten und müssten den Fall
> im LSG entscheiden, oder b)dass das BSG bei angenommener Landesmeinung,
> dass kein handlungsfähiges Gericht mehr gegeben ist, aber dennoch anderer
> Auffassung ist und dann den Fall nicht übernehmen will, zurückverweist,
> oder gar den Kläger unbeschieden lässt? Letzteres kann nicht sein.
> VG Thomas
>
> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: ag-recht-intern-bounces@lists.piratenpartei.de
> [mailto:ag-recht-intern-bounces@lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von
> Markus Gerstel
> Gesendet: Donnerstag, 27. Oktober 2011 15:48
> An: AG Recht (intern)
> Cc: ag-recht@lists.piratenpartei.de
> Betreff: Re: [AG Recht (intern)] Schiedsgerichtsordnung
>
> Am 27. Oktober 2011 14:06 schrieb Dr. Thomas Walter
> <dr.th.walter@t-online.de>:
> > Nun liegen bereits die ersten beide Fälle für das Landesschiedsgericht
> > vor.
> > Ein Fall behandelt die Anfechtung des Landesparteitages samt seinen
> > Wahlen am 1.10.2011. Und da wurde auch das Landesschiedsgericht gewählt.
>
> > In der
> > Periode zuvor gab es kein handlungsfähiges Gericht mehr, sodass
> > leider in allen sächsischen Fällen der Vergangenheit sich das BSG
> > damit befassen musste.
>
> Oh, das letzte LSG hatte diese Handungsunfähigkeit aber stets vehement
> bestritten..? Aber alte Kamellen sind alt, belassen wir es dabei.
>
> > Es sollte eigentlich außer Frage stehen, dass das
> > Landesschiedsgericht eigentlich nicht befugt sein sollte, über diese
> > Klage zu entscheiden, denn es kann doch nicht selbst über die
> > Wirksamkeit seiner eigenen Einsetzung entscheiden.
>
> Sehe ich anders. Zunächst ist §41 ZPO dem Wortlaut nach nur auf
> Richter anwendbar, nicht auf Schiedsrichter. Es ist strukturell
> bedingt, dass Schiedsrichter bereits durch ihre Aufstellung nicht mehr
> unabhängig sind: Sie werden immer von der Partei gewählt, und es geht
> immer um Parteisachen. Insofern kann an Schiedsrichter nicht der
> gleiche Maßstab angelegt werden, wie an Richter.
>
> Davon ab sehe ich den Anwendungsbereich von §41 nicht zwingend eröffnet.
> "Der einzelne Richter in Person – nicht das Gericht – ist daher iudex
> inhabilis, wenn ein Tatbestand des § 41 eingreift."
> Heinrich in Musielak, ZPO §41, 8. Auflage 2011, Rn 1 Der BGH sprach
> hierzu:
> "Es entspricht ständiger, vom Schrifttum geteilter Auffassung der
> höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, NJW 1974, 55f. = LM § 42
> ZPO Nr. 5 m.w. Nachw.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl. § 42 Rdnr. 3
> i.V. mit § 45 Rdnr. 4 m.w. Nachw.), dass nur einzelne Mitglieder eines
> Gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden können,
> dass aber eine pauschale Ablehnung eines Spruchkörpers oder des
> gesamten Gerichts rechtsmissbräuchlich und unbeachtlich ist." - NJW-RR
> 2002, 789
>
> Im Umkehrschluss müsste auch gefolgert werden, dass sämtliche
> Wahlanfechtungen des Bundesparteitages stets vor ordentlichen
> Gerichten ausgefochten werden müssten. Damit wäre aber die
> innerparteiliche Gerichtsbarkeit in Punkto Wahlprüfungsbeschwerden
> ausgehebelt. Dass dies nicht die Intention des §14 PartG ist, lässt
> sich nicht nur dem Parteiengesetz selbst, sondern auch den diversen
> Urteilen der ordentlichen Gerichtsbarkeit zur Thematik von
> Wahlprüfungsbeschwerden in politischen Parteien entnehmen.
>
> > Ferner zeigt ein solcher Fall, dass § 7 wegen Schlichtung bei
> > solchen Streitigkeiten doch keinen Sinn macht. Ob ein Parteitag
> > wirksam handelte oder nicht, sollte nicht der Disposition der
> > Streitparteien unterliegen, sondern kann nur durch Gerichtsbeschluss
> > geregelt werden.
>
> Nur weil etwas bei einer Sache keinen Sinn ergibt, heißt es nicht dass
> es generell sinnlos ist :)
>
> > Man stelle sich
> > nur vor, es gibt mehrere Klagen wegen angeblicher
> > Handlungsunfähigkeit eines Parteitages, so kann mit einer
> > erfolgreichen Schlichtung in einem Falle keine Rechtssicherheit für
> > den anderen Fall eintreten. Ich wäre daher geneigt „im Wege der
> > Rechtsfortbildung“ zur bisherigen Satzung zu sagen, dass vorab ein
> > Schlichtungsverfahren hier nicht ein Verfahrenshemmnis darstellt.
>
> Da braucht es gar keine Rechtsfortbildung, ein Schlichtungsversuch ist
> bei einer Wahlanfechtung schlicht unangebracht.
> "Wahlanfechtungsverfahren sind im parteiinternen Instanzenzug mit
> größtmöglicher Beschleunigung zu entscheiden." (KG, NJW 1988, 3159;
> genauso LG Hamburg, NJW 1992, 440)
>
> Beste Grüße,
> -Markus
Von: Dr. Thomas Walter [mailto:dr.th.walter@t-online.de]
Gesendet: Donnerstag, 27. Oktober 2011 15:06
An: 'ag-recht-intern@lists.piratenpartei.de';
'ag-recht@lists.piratenpartei.de'
Betreff: Schiedsgerichtsordnung
Ahoi zusammen,
unser sächsisches Landesschiedsgericht wird sich am Sonntagabend eine
„Geschäftsordnung“ geben, die meines Erachtens wegen den grundlegenden
Bedenken gegen das Bundessatzungssystems ohnehin nur eine „Interimslösung“
darstellen wird. Ich nehme in diesem Zusammenhang auf meine früheren emails
Bezug.
Nun liegen bereits die ersten beide Fälle für das Landesschiedsgericht vor.
Ein Fall behandelt die Anfechtung des Landesparteitages samt seinen Wahlen am
1.10.2011. Und da wurde auch das Landesschiedsgericht gewählt. In der Periode
zuvor gab es kein handlungsfähiges Gericht mehr, sodass leider in allen
sächsischen Fällen der Vergangenheit sich das BSG damit befassen musste.
Unabhängig von der materiell-rechtlichen Lage zur Frage der Berechtigung
einer Anfechtung, zeigt sich schon bei dieser Konstellation, wie ergänzungs-
bzw.- reformbedürftig die Schiedsordnung ist:
Es sollte eigentlich außer Frage stehen, dass das Landesschiedsgericht
eigentlich nicht befugt sein sollte, über diese Klage zu entscheiden, denn es
kann doch nicht selbst über die Wirksamkeit seiner eigenen Einsetzung
entscheiden. Wenn es eine (wenn auch nur teilweise) Hilfsverweisung auf die
ZPO geben würde , müsste man darüber diskutieren, ob nicht bereits kraft
Gesetzes hier ein Ausschluss aller gewählten Richter analog § 41 Nr. 1 ZPO
gegeben wäre. Aber so etwas haben wir nun mal nicht in der Satzung stehen.
Ich bin aber der Auffassung, dass §41 Nr. ZPO einen elementaren
Rechtsgrundsatz enthält, der für ein rechtsstaatliches Verfahren unabdingbar
ist. Daher müsste ich diesen Rechtsgedanken als allgemeinen Rechtsgrundsatz
dem Schiedsgerichtsverfahren unterstellen und von vorneherein sollte das
Gericht sich als ausgeschlossen vom Verfahren erklären, sodass es
handlungsunfähig nach § 5 Abs. 8 wäre und das Bundesschiedsgericht hätte
–entgegen meiner früher geäußerten Meinung, dass ein nun wieder
handlungsfähiges sächsisches Parteigericht nach Möglichkeit versucht, alle
Fälle vom BSG fernzuhalten- wieder sächsische Probleme unmittelbar auf dem
Tisch.
Ich bitte daher um Meinungsäußerung, ob bereits der Gedanke nach §41 Nr. ZPO,
hier unmittelbar Anwendung finden sollte. Es wäre somit eine
Rechtsfortbildung für das innerparteiliche Schiedsgerichtsverfahrensrecht.
Ferner zeigt dieser Fall, dass die sachliche Zuständigkeit der
Schiedsgerichtsbarkeit für solche Streitigkeiten in der Satzung vom Wortlaut
her nicht vollkommen geregelt ist. Nur §14 Parteiengesetz, der die
Schiedsgerichte nur rudimentär bzgl. bestimmter Zuständigkeiten bindet,
erlaubt es hier die sachliche Zuständigkeit anzunehmen. Aber §14
Parteiengesetz gibt den Parteien die Dispositionsfreiheit den Katalog der
Zuständigkeiten zu präzisieren und ggf. zu erweitern. Das sollten wir aus
TRANSPARENZGRÜNDEN auch tun!
Ferner zeigt ein solcher Fall, dass § 7 wegen Schlichtung bei solchen
Streitigkeiten doch keinen Sinn macht. Ob ein Parteitag wirksam handelte oder
nicht, sollte nicht der Disposition der Streitparteien unterliegen, sondern
kann nur durch Gerichtsbeschluss geregelt werden. Man stelle sich nur vor, es
gibt mehrere Klagen wegen angeblicher Handlungsunfähigkeit eines Parteitages,
so kann mit einer erfolgreichen Schlichtung in einem Falle keine
Rechtssicherheit für den anderen Fall eintreten. Ich wäre daher geneigt „im
Wege der Rechtsfortbildung“ zur bisherigen Satzung zu sagen, dass vorab ein
Schlichtungsverfahren hier nicht ein Verfahrenshemmnis darstellt. § 7
Schiedsgerichtsordnung wäre daher auch zu reformieren.
Unabhängig von der Frage des gesetzlichen Ausschlusses des Richters wegen
eigener Betroffenheit, wäre hier natürlich die Befangenheit des ganzen
Gerichtes gegeben. Der Kläger hat sich als Nichtjurist wohl darüber noch
keinen Kopf gemacht, sodass er dazu auch noch nichts aussagte. Aber es wäre
ein gerichtlicher Hinweis dazu erforderlich bzw. das Gericht könnte sich
gleich komplett für befangen erklären und die Sache an das BSG verweisen. Und
da stellt sich schon wieder die Frage, wie ein vom Richterspruch
ausgeschlossenes Gericht überhaupt eine Verweisung machen darf, der Kläger
auf eine gesonderte Eingabe beim BSG verwiesen wäre, wie die Befugnisse der
Landesgeschäftstelle sind, was auch nirgends geregelt ist, was die richtige
Stelle zur Anrufung ist etc. etc. Alles Dinge, die in eine Verfahrensordnung
gehören! Und dann Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand durch
Rechtsfortbildung usw. usw….
Nichtsdestotrotz werde ich –vorbehaltlich gerichtsinterner Beratung- auch bei
der Unzuständigkeit oder Handlungsunfähigkeit des Gerichtes einen Hinweis
geben, der ggf. zu einer Rücknahme der Klage führen könnte und es bestünde
die Chance, dass das BSG verschont bleibt.
Vorstehend soll nur aufzeigen, dass es m.E. unbedingt erforderlich ist, eine
lückenlose Schiedgerichtsordnung zu erarbeiten die abschließend alle
Verfahrensregeln in SATZUNGSQUALITÄT beinhaltet, was m.E. nur durch
Verweisung auf andere anerkannten Regeln in unserer Rechtsordnung machbar
ist, wenn man nicht selbst ein umfangreiches Regelwerk schafft, was aber in
der Praxis parteienunüblich wäre. Ich bin überzeugt, dass jedes Verfahren,
das auf dem Tisch landet, immer wieder Anlass geben wird, über das gesamte
Regelwerk nachzudenken. Lasst uns dies unbedingt aber Vorabend des
Parteitages diskutieren, damit die Mängel spätestens zum nächsten Parteitag
abgestellt werden können.
Viele Grüße aus Leipzig
Thomas
Vorsitzender Landesschiedsgericht Sachsen
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Dr. Thomas Walter [mailto:dr.th.walter@t-online.de]
Gesendet: Dienstag, 18. Oktober 2011 18:43
An: 'AG Recht (intern)'
Betreff: AW: [AG Recht (intern)] Mündlich = persönlich?
Hallo Eric,
Deine Frage kommt gerade richtig, denn ich hatte hier letzte Woche eine
Diskussion über eine Reform der Schiedsordnung neu angeschoben.
Nach der Kommentierung zum Parteiengesetz zu § 14 , insbesondere der von
Lenski, ist es oberster Grundsatz, dass es der Satzungsgewalt der Parteien
obliegt, ihre innere Ordnung zu gestalten, aber wohl im übertragenen Sinne
nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung. Deshalb sind alle Verfahrensordnungen
von den Parteien in Satzungsqualität (so Lenski, Rdn. 22) zu erlassen. Das
bedeutet, dass es nur dem Parteitag mit seiner legislatorischen Kompetenz
vorbehalten ist, die Grundsätze eines gerechten Verfahrens zu bestimmen. Und
der Begriff der mündlichen Verhandlung ist ein in allen sonstigen
Verfahrensordnungen feststehender Rechtsbegriff, der es auch nicht erlaubt,
den Begriff der mündlichen Verhandlung in §10 der Satzung anders zu
interpretieren als sonst. Das heißt eine mündliche Verhandlung ist eine
Zusammenkunft von Gericht und Verfahrensbeteiligten von Angesicht zu
Angesicht. Eine solche Zusammenkunft hat auch den Sinn durch die visuelle
Präsenz sich einen Eindruck von den Parteien und der Glaubwürdigkeit (auch
etwaiger Zeugen) der Parteien zu verschaffen. Umstritten ist, ob § 14
Parteiengesetz (siehe Lenski Rdn 24 im Gegensatz zu Ipsen Rd.22 jeweils zu
§14) den Verzicht auf eine mündliche Verhandlung gestattet. Aber auch wenn,
es müsste in jedem Falle in der Satzung so verankert sein.
Also: Es ist schon mal rechtlich unsicher, ob man in einer Parteisatzung
überhaupt den Begriff der mündlichen Verhandlung so umgestalten darf, dass es
auch eine fernmündliche Verhandlung sein darf. Anders wäre es zu beurteilen,
wenn man mit Videoübertragung auch eine visuellen Eindruck bekommen könnte.
Letzteres dürfte aber problematisch sein, denn nicht jedem Rechtssuchenden
ist es zuzumuten, über eine solche Technik zu verfügen, sodass das auch nur
in eingeschränkten Fällen mit Einverständnis der Beteiligten nur gehen dürfte.
Was aus vorstehendem folgt: Es ist m.E. unzulässig in einer Geschäftsordnung
(auf Grund §2 Abs 5 der Schiedsordnung) durch einen Akt der Gerichte
(judikativer Akt) das Verfahren einer mündlichen Verhandlung in eine
fernmündliche Verhandlung umzuwandeln. Wenn überhaupt, müsste dies in der
Bundessatzung stehen.
Fazit: Alle Schiedsurteile sollten bei derzeitiger Rechtslage -ohne
Satzungsänderung- rechtswidrig sein, denn es obliegt den ordentlichen
Gerichten, Schiedsurteile auch auf formelle Fehler zu überprüfen,
insbesondere wenn elementare rechtsstaatliche Fehler im System begründet
sind. Noch ist es nicht dazu gekommen - es muss auch einer erst mal darauf
kommen- aber die latente Gefahr besteht.
Unser neues Schiedsgericht in Sachsen wird hierüber noch zu diskutieren
haben, ich habe aber meine Meinung dazu schon artikuliert.
Viele Grüße aus Leipzig
Thomas
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ag-recht-intern-bounces@lists.piratenpartei.de
[mailto:ag-recht-intern-bounces@lists.piratenpartei.de] Im Auftrag von
McSmile@gmx.net
Gesendet: Dienstag, 18. Oktober 2011 18:01
An: AG Recht (intern)
Betreff: [AG Recht (intern)] Mündlich = persönlich?
Hoi Ihr Juristen,
Nur um uns einmal noch abzusichern mit unserer Mumble-Verhandlung, da
die Frage in einem Verfahren aufkam:
Bedarf eine 'mündliche Verhandlung' gemäß unserer Schiedsgerichtsordnung
der persönlichen Anwesenheit aller Personen am selben Ort?
§ 10 - Verfahren
[...]
(4) Das Gericht fällt das Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung. Im
Einvernehmen aller Beteiligten kann auch im schriftlichen Verfahren
entschieden werden.
(5) Das Gericht bestimmt Ort und Zeit zur mündlichen Verhandlung. Die
Ladungsfrist beträgt 14 Tage. In dringenden Fällen kann diese Frist bis
auf drei Tage abgekürzt werden. Das Gericht kann auch ohne Anwesenheit
der Beteiligten verhandeln und entscheiden; die Beteiligten sind darauf
in der Ladung hinzuweisen.
Danke und Gruß
Eric
--
--
AG-Recht-intern mailing list
AG-Recht-intern@lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-recht-intern
- -------- Original-Nachricht --------
Betreff: [Schiedsgericht-koordination] Richtertreffen zum BPT 2012.2
Datum: Fri, 4 Nov 2011 20:18:00 +0100
Von: Christian Benad <christian.benad@piraten-thueringen.de>
Antwort an: Schiedsgericht-Koordination
<schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de>
An: schiedsgericht-koordination@lists.piratenpartei.de
Hi,
ist von Eurer Seite aus eine RL Treffen der Richter zum Bundesparteitag nötig?
Thema wäre wie immer, organisatorische Fragen zu den Schiedsgerichten.
Auf der Liste ist es ja sehr ruhig geworden, daher gehe ich davon aus, dass
sich die Gerichte etabliert haben und kaum noch Fragen bestehen.
Ich hätte zumindest die Frage, wie ihr euch mit der nun verpflichtend
vorgeschiebenen GO für Schiedsgerichte arangiert habt? In Thüringen ist sie
smal&simpel und noch nie im Einsatz getestet wurden. Die Frage können wir
genausogut auch hier klären.
Gruß
Christian
- --
Klarmachen zum Ändern!
www.PIRATEN-Thueringen.de
-----BEGIN PGP SIGNATURE-----
Version: GnuPG v2.0.17 (MingW32)
iEYEARECAAYFAk60S3oACgkQBZ7mT4VqzYvBzQCgmMiDb7jdv9MmohjpAHQQQOW5
wFkAoLoo/6YfnymDbVgLI2OcdToxKFfB
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-----END PGP SIGNATURE-----
--
Schiedsgericht-Koordination mailing list
Schiedsgericht-Koordination@lists.piratenpartei.de
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- [Schiedsgericht-koordination] WG: Richtertreffen zum BPT 2012.2, Dr. Thomas Walter, 11/04/2011
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